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UNABHÄNGIGE ÜBERPARTEILICHE TAGESZEITUNG
...
Augsburger Allgemeine
Tod eines Präsidenten
Wie das Lincoln-Attentat
Amerika verändert hat
Politik
MITTWOCH, 15. APRIL 2015
AUSGABE AS | NR. 86 | 71./164. JAHRGANG
Der Mörder mit dem Milchgesicht
Was trieb einen 20-jährigen Soldaten
zur Bluttat von Bad Reichenhall?
Die Dritte Seite
Heiter, 24 Grad
Zahlreiche
Sonnenstunden
Wetter
www.augsburger-allgemeine.de
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Ins Grüne!
Minister Müller
warnt vor riesiger
Flüchtlingswelle
Blickpunkt Lokales
Leben in Augusta-Arcaden
Der erste Bauabschnitt der früheren
Ladenpassage ist fertig, am Samstag eröffnen Naturmuseum und Planetarium. Bis der Bio-Supermarkt
einzieht, dauert es noch.
Interview Der CSU-Politiker fordert Europa auf,
die Probleme in den Herkunftsländern zu lösen
Kommentar
VON JOACHIM BOMHARD
» [email protected]
VON ANDREA KÜMPFBECK
Augsburg Die Flüchtlinge, die derzeit Schutz in Deutschland suchen,
sind erst der Anfang einer riesigen
Welle, warnt Entwicklungsminister
Gerd Müller (CSU). „In den nächsten Jahren werden nicht hunderte,
sondern hunderttausende Flüchtlingen zu uns kommen“, sagte Müller
im Gespräch mit unserer Zeitung.
Sie würden durch Bürgerkriege, vor
allem aber durch Armut, Hunger
und Ausbeutung aus ihrer Heimat
vertrieben. „Das ist für jedes Land
und jeden Landkreis eine Herausforderung“, sagt Müller. Mit der
kämen manche besser, andere
schlechter zurecht. Im Oberallgäu
beispielsweise werden 600 Flüchtlinge nach einem festen Schema verteilt: Jede Gemeinde bekommt ein
Prozent ihrer Einwohnerzahl an
Flüchtlingen zugeteilt.
Obwohl Deutschland zu den fünf
europäischen Staaten gehört, die
mehr als 50 Prozent aller Flüchtlinge aufnehmen, „werden auf uns
noch weitere Herausforderungen
zukommen“, sagt Müller. Zum
Vergleich: Im Libanon mit seinen
4,5 Millionen Einwohnern leben inzwischen 1,2 Millionen Kriegsflüchtlinge aus dem benachbarten
Syrien. Mehr als 50 Prozent aller
Flüchtlinge – beim Bundesamt für
Migration und Flüchtlinge liegen
derzeit 200 000 offene Asylanträge –
kommen derzeit aus den Balkanstaaten: aus dem Kosovo, aus Serbien, Bosnien oder Mazedonien. Ein
Problem, das nur mit der Einstufung der Staaten als sichere Herkunftsländer in Griff zu bekommen
ist, sagt Müller.
Laut dem Bundesminister müsse
klar unterschieden werden zwischen
Bürgerkriegsflüchtlingen beispielsweise aus Syrien, die in ihrer Heimat
um ihr Leben fürchten müssen, und
den Armuts- oder Klimaflüchtlingen, wie sie aus Afrika kommen.
„Der Mittelmeerraum ist unser
Schicksal“, betont Müller. So sind
beispielsweise in Ägypten 60 Pro-
Regierung fördert
Industrie 4.0
Hannover Die Bundesregierung will
den Weg für die Digitalisierung der
deutschen Wirtschaft schneller ebnen. Gestern haben dafür Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel
(SPD) und Forschungsministerin
Johanna Wanka (CDU) am Rande
der Hannover Messe eine neue
„Plattform Industrie 4.0“ gestartet.
Rund 150 Experten aus Politik, Industrie, Forschung und Gewerkschaften sollen nun über die Fabrik
von morgen beraten, in der immer
mehr Maschinen vernetzt sind.
Kürzlich hat das Beratungsunternehmen Boston Consulting Group
berichtet, dass durch den Trend zur
Industrie 4.0 rund 390 000 neue
Stellen in Deutschland entstehen
könnten. Was unter Industrie 4.0
genau zu verstehen ist, lesen Sie in
der Wirtschaft. (mke)
zent der Jugendlichen arbeitslos.
Auch Tunesien steht wirtschaftlich
vor dramatischen Problemen. Und
Libyen ist ein Land ohne Strukturen. Darauf müsse Europa wirtschaftlich und politisch eine Antwort
finden.
Europa könne keine Mauern bauen, sondern müsse in die Herkunftsländer investieren, betont Müller.
Mit öffentlichen Mitteln allein sei es
aber nicht getan. Denn: „Wenn wir
die Probleme nicht lösen, kommen
sie zu uns.“ Nötig seien Kooperationsmodelle, beispielsweise neue
EU-Wirtschaftspartnerschaften.
Mit Blick auf die dramatische Situation der Bürgerkriegsflüchtlinge
fordert der Minister einheitliche
Standards in Europa zur Betreuung
der Kriegsflüchtlinge. Dazu gehöre,
dass sie beispielsweise sofort
Deutsch lernen können und einen
Zugang zum Arbeitsmarkt bekommen. „Mich sprechen immer wieder
Handwerker an, die die Flüchtlinge
gerne einstellen würden“, betont
Müller, doch es gebe immer noch
große Unsicherheit, und die Arbeitsvermittlung funktioniere nicht
ausreichend.
Wie es Minister Gerd Müller
schaffen will, dass die Welt gerechter wird, lesen Sie auf der Wirtschaft.
Ein Ausweg für
arme Rentner
D
Heute schaut zum ersten Mal (vielleicht) der Sommer vorbei
Meteorologen nehmen es ja gerne etwas genauer, und
deswegen lässt sich nicht exakt vorhersagen, ob es
heute einen sogenannten Sommertag gibt oder nicht.
Dazu muss nämlich, wie auf Bayern zu lesen ist, eine
bestimmte Temperatur erreicht werden, tja, und das
lässt sich eben erst sagen, wenn man sie misst. Alle
Nicht-Meteorologen können sich heute und morgen
aber zumindest über ziemlich schönes, ziemlich war-
mes Wetter freuen – und sollten deswegen auch raus
ins Grüne. Zum Beispiel in den Garten (wo ja noch
einiges zu tun ist) oder in den Park wie auf unserem
Bild aus Augsburg, selbst wenn es nur ein kurzes
Picknick in der Mittagspause ist. Denn eines ist zumindest sicher, meteorologische Definitionen hin
oder her: Am Freitag ist es erst mal wieder vorbei mit
„Sommer“.
Foto: Ulrich Wagner
Asyl in Deutschland
Die Zahl der Asylbewerber steigt seit
einigen Jahren kontinuierlich. Im
vergangenen Jahr kamen so viele
Schutzsuchende ins Land wie seit
Anfang der 90er Jahre nicht mehr.
● Anträge 202 834 Asylanträge
wurden 2014 gestellt, rund 60
Prozent mehr als im Vorjahr.
● Syrien Jeder Fünfte kam aus dem
Bürgerkriegsland Syrien.
● Prognose Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge rechnet
heuer mit 300 000 Asylbewerbern.
● Rekord Den bisherigen Höchststand erreichte Deutschland 1992
mit 438 191 Asylanträgen. (dpa)
Ab 2017 soll es eine Mindestrente geben
Soziales Angebot an langjährig Beschäftigte mit geringen Ansprüchen
Berlin Auf Rentner mit geringen Altersbezügen kommen Verbesserungen zu: Noch vor der Wahl 2017 will
die Bundesregierung eine „solidarische Lebensleistungsrente“ einführen, die vor allem jenen Rentnern
zugutekommen soll, die langjährig
beschäftigt waren und dabei wenig
verdient haben. Dies geht aus der
Regierungsantwort auf eine Grünen-Anfrage hervor.
Die Lebensleistungsrente ist nach
Mütterrente und Rente mit 63 das
dritte Projekt der Koalition zur Verbesserung der Altersbezüge. Sie soll
der Altersarmut entgegenwirken
und aus Steuern finanziert werden.
Im Gegenzug könnten die Ausgaben
für die Grundsicherung sinken.
Profitieren sollten diesmal vor allem Geringverdiener mit vielen Beitragsjahren und Menschen, die Angehörige gepflegt und Kinder erzogen hätten, heißt es in der Antwort
des Sozialministeriums. Demnach
sollen die Renten langjährig Versi-
Ein Plädoyer für Entschleunigung
Verkehr Warum in Bayern der „Blitzmarathon“ länger dauert als anderswo
VON TILL HOFMANN
Augsburg Bleifüße aufgepasst! Wer
gerne etwas schneller als mit der zulässigen Höchstgeschwindigkeit unterwegs ist, hat schwere Tage vor
sich. Morgen startet in Deutschland
wieder der „Blitzmarathon“. Bayern ist bei der Tempomessung im
großen Stil zum dritten Mal
dabei. Am Donnerstag
geht es um 6 Uhr los.
Schwerpunkt sind Landstraßen. Dieses Mal ist
ausnahmsweise um Mitternacht Schluss und
nicht erst 24 Stunden
später. Die MarathonKontrolle wird am 17.
April nicht fortge-
setzt – aus Respekt vor den Toten
des Flugzeugabsturzes in den südfranzösischen Alpen. An diesem Tag
findet im Kölner Dom der staatliche
Trauerakt statt. „Das bedeutet keinesfalls, dass übliche Geschwindigkeitsmessungen ausfallen“, so
ein Sprecher des bayerischen Innenministeriums.
Aufnehmen wird die
verstärkte Kontrolltätigkeit ab 18.
April (bis 23.
April, 6 Uhr)
dann
nur
noch
ein
Bundesland:
Bayern! Der
Freistaat erhofft sich bei
den Verkehrsteilnehmern mit der
Kontrollwoche einen „nachhaltigeren Effekt“, heißt es aus dem Innenministerium, das auch für den Verkehr zuständig ist. An 2200 Messstellen werden insgesamt 2000 Polizeibeamte Dienst tun – fünf Prozent
aller Polizisten in Bayern. Die waren
vergangenes Jahr mit mobilen Radarfallen und Laserpistolen fleißig.
26 402
Geschwindigkeitsübertretungen wurden gemessen. Rekordhalter war 2014 ein Motorradfahrer,
der nahe des niederbayerischen
Hengersberg mit 197 Sachen (statt
der erlaubten 100 km/h) unterwegs
war. Die „Quittung“: Der Biker
musste 1200 Euro bezahlen, erhielt
zwei Punkte in Flensburg und ein
dreimonatiges Fahrverbot.
cherter, die zwischen 2017 und 2023
mindestens 35 Beitragsjahre und danach 40 Beitragsjahre nachweisen
können, bis auf die Höhe einer Rente aus 30 so genannten Renten-Entgeltpunkten aufgestockt werden,
falls ihr eigener Rentenanspruch geringer ist. Gäbe es diese Mindestrente bereits, hätte sie 2014 nach
Abzug der Beiträge zur Krankenund Pflegeversicherung im Westen
bei 763,47 und im Osten bei 701,31
Euro gelegen. (afp) »Kommentar
Kippt Karlsruhe das
Betreuungsgeld?
Karlsruhe Das Bundesverfassungsgericht zweifelt an der Rechtmäßigkeit des umstrittenen Betreuungsgeldes. Wie zum Auftakt des Verfahrens vor dem höchsten deutschen
Gericht deutlich wurde, sind die
Richter nach einer Klage Hamburgs
skeptisch, ob der Bund überhaupt
zuständig für die Einführung der
Familienleistung war. „Das Betreuungsgeld wirft etliche staatsorganisationsrechtliche und grundrechtliche Fragen auf“, sagte Gerichts-Vizepräsident Ferdinand Kirchhof.
Bayerns CSU-Sozialministerin Emilia Müller verteidigte das von ihrer
Partei durchgesetzte Gesetz. Das
Betreuungsgeld sei nicht nur Anerkennung für häusliche Betreuung
der Kinder: „Es gibt Eltern mehr
Wahlfreiheit zur Gestaltung ihres
Familienlebens.“ (dpa)
»Politik
ie Klage wird häufig geführt:
Die Menschen haben jahrzehntelang gearbeitet, brav in die
Rente eingezahlt – und am Ende
bleibt im Ruhestand zu wenig zum
Leben. Dafür gibt es heute zwar
die Grundsicherung, die früher mal
Sozialhilfe hieß. Aber wer ist schon
gerne auf Almosen angewiesen,
wenn er/sie ein Leben lang gearbeitet hat.
Die „solidarische Lebensleistungsrente“, die ab 2017 aus Steuermitteln bezahlt werden soll, wäre
hier ein Ausweg. Sie sichert den
Menschen auch im Alter ein Mindesteinkommen, ohne permanent
die eigene Bedürftigkeit nachweisen
zu müssen, was für sich allein
schon äußerst demütigend sein
kann. Zugleich ist sie jenen vorbehalten, die beruflich oder durch besonderes soziales Engagement etwas geleistet haben.
Auf der anderen Seite darf nicht
vergessen werden, dass am Ende
eines langen Berufslebens eigentlich
die Rente für einen auskömmlichen Ruhestand reichen sollte. Unabdingbare Voraussetzung dafür
ist, dass man vorher ausreichend
verdienen und dafür entsprechende Rentenbeiträge leisten konnte.
Das geht mit Niedrigstlöhnen,
450-Euro-Jobs und Ähnlichem natürlich nicht. Deshalb ist die Mindestrente zwar eine Hilfe gegen Altersarmut, aber sie löst das grundsätzliche soziale Problem nicht.
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