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Liebe Leserin, lieber Leser,
die Integration der Flüchtlinge ist eine mächtige Herausforderung für die kommenden
Jahre. Aus dem schönen Satz „Wir schaffen das“ muss der Satz werden „Wir machen das“.
Wir müssen jetzt die Voraussetzungen dafür schaffen, dass wir die Aufgaben anpacken
können.
Und wir können selbstbewusst sein. Denn wir sind in der Bundesregierung, in den Ländern
und Kommunen der Motor für die schnelle und gute Integration von Flüchtlingen.
Klar ist dabei für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten immer: Es geht uns um
die ganze Gesellschaft. Das sagen wir seit Monaten: keinen "Flüchtlingswohnungsbau",
sondern sozialer Wohnungsbau für alle, die bezahlbare Wohnungen suchen. Keine
Flüchtlings-Kitas, sondern ausreichend Kinderkrippen und Kitas für alle, die einen Platz
suchen. Und vor allem: Hilfe für die Städte und Gemeinden, denn sie schultern die
eigentlichen Aufgaben der Integration. Keine Stadt soll die Leistungen für seine
Bürgerinnen und Bürger einschränken müssen, um die Integrationsaufgaben finanzieren
zu können.
Darauf müssen vor allem wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten achten: dass
niemand in unserem Land den Eindruck gewinnt, seine berechtigten Sorgen oder
Forderungen an die Politik würden nun nicht mehr gehört, weil sich die gesamte politische
Debatte um die große Herausforderung der Flüchtlingszuwanderung dreht. Schnell kann
daraus eine Stimmung werden, bei der die Flüchtlinge "schuld" sind, dass Aufgaben in
Deutschland nicht angepackt werden. Das aber ist schon deshalb falsch, weil die Aufgaben
schon vor der großen Zuwanderung klar waren: zu hohe Mieten vor allem in den
Großstädten, Mini-Renten, die selbst nach 40 Jahren Arbeit noch unter der Sozialhilfe
liegen oder fehlende Hilfen für Alleinerziehende, die arbeitslos bleiben, weil sie keine
Betreuungsangebote für ihre Kinder finden. Grüne, Liberale und die Christdemokraten
ignorieren das, weil sie ihr „Ohr nicht am Volke“ haben und ihnen die sozialen Fragen des
Landes weit weniger wichtig sind.
Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten haben deshalb eine doppelte
Integrationsaufgabe: diejenigen integrieren, die als Flüchtlinge zu uns kommen, aber auch
unsere eigene Gesellschaft zusammenhalten. Deshalb streiten wir schon lange für
Fortschritte, die allen Bürgerinnen und Bürgern in unserer Gesellschaft zu einem guten
und sicheren Leben verhelfen. Wir brauchen ein neues Solidarprojekt für alle – auch
für diejenigen, die schon lange in Deutschland leben.
Es geht um die ursozialdemokratische Forderung nach besseren Bildungschancen für alle.
Es geht um Chancen am Arbeitsmarkt für all jene, die schon lange vergeblich versuchen,
Tritt zu fassen. Es geht um Rentnerinnen und Rentner, die nach einem Leben voller Arbeit
nicht von ihrer Rente leben können. Es geht um Familien, die gute Kitas brauchen und
Wohnraum, den sie bezahlen können.
Wir haben in den vergangenen zwei Jahren wichtige Vorhaben wie den Mindestlohn, die
Rente mit 63 Jahren und die Mütterrente durchgesetzt. Wir haben uns im Koalitionsvertrag
aber auch noch Weiteres vorgenommen, das wir jetzt umsetzen müssen. Neben dem
Gesetzentwurf zur Regulierung von Leiharbeit und Werkverträgen, der mit Arbeitgebern
und Gewerkschaften abgestimmt ist, von der CSU aber aktuell blockiert wird, geht es auch
um die Lebensleistungsrente, die Rentenangleichung Ost-West und das
Bundesteilhabegesetz.
Mit dem Bundesteilhabegesetz wollen wir Menschen mit Behinderungen darin
unterstützen, ein selbstbestimmtes und eigenverantwortliches Leben zu führen. Wegen
einer Behinderung soll niemand mehr bedürftig sein. Mit einer solidarischen
Lebensleistungsrente soll sich Arbeit und langjährige Beitragszahlung in die gesetzliche
Rentenversicherung wieder auszahlen und im Alter zu einer Rente oberhalb der
Grundsicherung führen. Eine solche Aufwertung niedriger Rentenansprüche hilft vor allem
Menschen mit geringen Einkommen und denjenigen, die für Kinder gesorgt und
Angehörige gepflegt haben. Über 25 Jahre nach der Wiedervereinigung können wir
Unterschiede im Rentenrecht nicht mehr akzeptieren. Der Fahrplan zur vollständigen
Rentenangleichung muss daher in dieser Wahlperiode gesetzlich festgeschrieben werden
und bis 2020 umgesetzt sein.
Das alles haben wir uns vorgenommen und das wollen wir auch umsetzen. Jetzt ist aber
auch die Zeit, mutig weiterzudenken. Denn heute kommen zwei Entwicklungen
zusammen: Haushaltsüberschüsse auf der einen und die Herausforderung, die Gesellschaft
zusammenzuhalten, auf der anderen Seite. Verantwortliche Politik muss in einer solchen
Zeit die Prioritäten richtig setzen.
In den aktuell laufenden Haushaltsverhandlungen kämpfen wir darum für:
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insgesamt eine Milliarde Euro zusätzlich für Sprachkitas, Schulsozialarbeit und
bessere Nachmittagsbetreuung,
eine Verstärkung der Initiativen gegen Langzeitarbeitslosigkeit für alle in
Deutschland und die Schaffung von mehr geförderten Arbeitsgelegenheiten
nicht nur für Flüchtlinge,
die Ausweitung des sozialen Wohnungsbaus über die im vergangenen Jahr
erfolgte Verdoppelung hinaus mit weiteren Mitteln des Bundes und eine Erhöhung
der Mittel für Städtebauförderung (Programm "Soziale Stadt"), ebenso für
steuerliche Anreize für den Neubau bezahlbaren Wohnraums.
Ja, das alles kostet Geld. Aber wenn wir jetzt nicht in den sozialen Zusammenhalt
investieren, dann wird uns das am Ende mehr kosten als nur Geld. Und wie hoch die
Folgekosten wären, wenn Rechtspopulisten die Gesellschaft spalten, kann heute noch
keiner abschätzen.
Angesichts von Haushaltsüberschüssen in Milliardenhöhe soll keiner sagen, es sei kein
Geld da für ein Solidarprojekt, das allen zugutekommt. Haushaltsdisziplin bleibt wichtig,
aber vorhandene Reserven müssen wir vollständig nutzen. Wir müssen jetzt in den
Zusammenhalt unserer Gesellschaft investieren. Das ist verantwortungsvolle Politik für die
Zukunft unseres Landes.
Herzliche Grüße
Dein Sigmar Gabriel
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