Lösung - Technische Universität München

¨ MUNCHEN
¨
TECHNISCHE UNIVERSITAT
Zentrum Mathematik
Prof. Dr. M. Wolf
Dr. M. Pr¨
ahofer
Funktionentheorie
MA2006/MA2008
Sommersemester 2015
L¨osungsblatt 4
(5.5.2015)
http://www-m5.ma.tum.de/Allgemeines/MA2006 2015S
Hausaufgaben
H4.1. Kurvenintegrale
R
2
Berechnen sie zeπz dz, wobei γ die Kurve von 0 nach 1 + i entlang eines Viertelkreises
γ
mit Mittelpunkt i ist.
L¨
osung:
2
2
1 πz
Wie im Reellen besitzt f (z) = zeπz die Stammfunktion F (z) = 2π
e . Somit ist ohne
auch nur eine Parametrisierung der Kurve γ : [0, 1] → C angeben zu m¨
ussen
Z
2
2
1
1
zeπz dz = F (γ(1)) − F (γ(0)) = 2π
(eπ(1+i) − e0 ) = 2π
(e2πi − 1) = 0.
γ
H4.2. Hauptzweig des komplexen Arcustangens
Der komplexe Arcustangens wird als die Stammfunktion von z 7→
C \ i(R \ ]−1, 1[) mit arctan(0) = 0 definiert.
1
z 2 +1
auf dem Gebiet
(a) Dr¨
ucken Sie arctan(z) durch den komplexen Logarithmus aus.
Hinweis: Partialbruchzerlegung. log(±iz) ist Stammfunktion von z1 auf der nach
oben/unten geschlitzten Ebene.
(b) Bestimmen Sie Real- und Imagin¨arteil von arctan(x + iy) f¨
ur |y| < 1.
(c) Skizzieren Sie die H¨
ohenlinien von Real- und Imagin¨arteil des Arcustangens.
Hinweis: Es sind Kreissegmente, deren Mittelpunkt und Radius Sie bestimmen sollen.
x+y
+ C, wobei C = 0 f¨
ur xy < 1 und C = sgn(x)π
arctan(x) + arctan(y) = arctan 1−xy
f¨
ur xy > 1.
L¨
osung:
(a) Das Gebiet U = C \ i(R \ ]−1, 1[) ist sternf¨ormig. Partialbruchzerlegung ergibt
1
1
1
1
=
−
2
2i z−i
z+i
z +1
1
Eine Stammfunktion von z−i
auf C− + i ist log(z − i). Durch Rotation erh¨ahlt man
1
eine Stammfunktion auf C \ (i[1, ∞[). Somit ist log(i(z − i)) Stammfunktion von z−i
1
auf U . Analog ist log(−i(z + i)) Stammfunktion von z+i
auf U . Insgesamt erh¨alt man
arctan(z) =
1
2i (log(i(z
− i)) − log(−i(z + i)))
f¨
ur z ∈ U , wie gefordert mit arctan(0) = 0.
(b) F¨
ur z = x + iy, |y| < 1, erh¨
alt man
p
arctan(x + iy) = 2i1 log( x2 + (y − 1)2 ) + i arg(1 − y + ix)
p
− log( x2 + (y + 1)2 ) − i arg(1 + y − ix)
2
2
x
−x
+ 12 atn( 1−y
) − atn( 1+y
)
= 4i1 log xx2 +(y−1)
+(y+1)2
2
2
x
x
= 12 atn( 1−y
) + atn( 1+y
) + i 14 log xx2 +(y+1)
,
+(y−1)2
da f¨
ur a > 0 gilt arg(a+ib) = atn( ab ). F¨
ur y = 0 ergibt sich nat¨
urlich, dass der komplexe Arcustangens auf der reellen Achse mit dem reelen Arcustangens u
¨bereinstimmt.
2
2
(c) Im arctan(x + iy) = 41 log xx2 +(y+1)
gilt u
¨brigens auf ganz U und l¨asst sich sogar
+(y−1)2
stetig auf C \ {±i} fortsetzen. Die H¨ohenlinien dieser Funktion sind gegeben durch
Im arctan(x + iy) = const, bzw.
x2 + (y + 1)2 = C(x2 + (y − 1)2 ),
(1 − C)x2 + (1 − C)y 2 + 2(1 + C)y = C − 1,
x2 + y 2 + 2 1+C
1−C y = −1,
x2 + (y −
C+1 2
C−1 )
2
= −1 + ( C+1
C−1 ) =
(C+1)2 −(C−1)2
(C−1)2
=
4C
.
(C−1)2
√
4C
Das sind also Kreise mit Mittelpunkt i C+1
C−1 und Radius |C−1| .
x
x
x2
2
2
Im arctan(x + iy) = 12 atn( 1−y
) + atn( 1+y
) . F¨
ur 1−y
2 < 1, bzw. x + y < 1, ist nach
der Formel aus dem Hinweis f¨
ur den arctan
!
2x
2
1−y
Im arctan(x + iy) = 12 atn
= 12 atn 1−x2x
2 −y 2 .
x2
1 − 1−y2
F¨
ur x2 + y 2 > 1 gilt die gleiche Formel plus eine Konstante. Die H¨ohenlinien dieser
Funktion sind in jedem Falle gegeben durch Re arctan(x + iy) = const, bzw.,
2x
= C,
1 − x2 − y 2
x2 + y 2 + C2 x = 1,
1 2
C)
(x +
+ y2 = 1 +
1
.
C2
Diese liegen auf Kreisen mit Mittelpunkt − C1 auf der rellen Achse und Radius 1 + C12 ,
so dass sie alle durch die Punkte ±i laufen.
Um sich weitere Fallunterscheidungen zu sparen betrachten wir die Funktion geometrisch. F¨
ur x > 0 sind arg(1 − y + ix) und − arg(1 + y − ix) = arg(1 + y + ix)
die beiden linken Innenwinkel des Dreiecks mit den Ecken i, −i, x + iy. Somit ist
π − 2Re arctan(x + iy) der rechte Innenwinkel dieses Dreiecks. Die H¨ohenlinien sind
also Thaleskreise, alle Dreiecke mit Basis [i, −i] und konstantem gegen¨
uberliegendem
Winkel haben ihre Spitze auf so einem Kreis.
Retan-1 (x + ⅈ y )
Imtan-1 (x + ⅈ y )
3
3
2
2
1.0
1
1
1
0
0
0.5
0
0
-0.5
-1
-1
-1
-1.0
-2
-2
-3
-3
-3
-2
-1
0
1
2
3
-3
-2
-1
0
1
2
3
Tutoraufgaben
T4.1. Reelle Asymptotik des Integralsinus
R∞ sin x
it
Wir wollen
π] f¨
u1r r > 0.
x dx = π beweisen. Dazu sei γr (t) = re , t ∈ [0, −R
−∞
∞
R sin x
R sin x
RR sin x
(a) Skizzieren Sie den Integranden. Warum gilt
x dx = lim
x dx+
x dx ?
R→∞
−∞
(b) Zeigen Sie
R
γr
(c) Zeigen Sie
R
γr
−R
1
R
eiz
z dz
→ 0 f¨
ur r → ∞. Hinweis: z.B. majorisierte Konvergenz.
eiz
z dz
→ iπ f¨
ur r → 0. Hinweis:
eiz
z
=
1
z
+ f (z), mit f ganz.
(d) Durch Integration entlang des Randes von G = {z ∈ C | R1 < |z| < R, Im(z) > 0}
− R1
R eix
RR eix
R∞ sin x
dx
+
dx
=
iπ
und
folgere
zeige man lim
x
x
x dx = π.
R→∞
−R
−∞
1
R
L¨
osung:
π(k+1)
R
(a) Definiert man ak :=
πk
sin x
x dx,
k ∈ N0 , so ist klar, dass (ak ) alterniert und |ak |
monoton fallend gegen 0 geht. Nach dem Leibnitzkriterium existiert
∞
P
ak , und damit
k=0
auch das uneigentliche Integral
R∞ sin x
0
x
dx = lim
RR sin x
x
R→∞ 0
dx, denn die Stammfunktion
von sinx x ist stetig und zwischen den Punkten πk und π(k + 1) immer streng monoton
(fallend oder steigend).
R eiz Rπ ir(cos t+i sin t) ireit Rπ −r sin t
dt ≤ e
dt → 0 f¨
ur r → ∞, da fr (t) = e−r sin t
(b) z dz = e
reit
γr
0
0
punktweise f¨
ur jedes t ∈ (0, π) gegen 0 konvergiert und 0 ≤ fr (t) ≤ 1, also unabh¨angig
von r beschr¨
ankt durch eine integrierbare Funktion ist (Majorisierte Konvergenz).
Ohne majorisierte Konvergenz kann man auch weniger elegant aber elementar zeigen,
π
π
Rπ −r sin t
R2 −r(2t/π)
π −2rt/π 2
dass e
dt ≤ 2 e
dt = 2[− 2r
e
]0 = πr (1 − e−r ) → 0 f¨
ur r → ∞.
0
(c)
eiz
z
=
= z1 + i − z2 ± · · · = z1 + f (z) wobei f durch eine Potenzreihe mit
unendlichem Konvergenzradius gegeben ist, also besitzt f eine ganze Stammfunktion
F . Somit ist
Z iz
Z
Z
Zπ
e
dz
ireit
r→0
dz =
+ f (z)dz =
dt+F (−r)−F (+r) = iπ+F (−r)−F (+r) −→ iπ.
z
z
reit
γr
(d)
0
1+iz+ 21 (iz)2 +···
z
γr
γr
0
eiz
z
ist holomorph auf dem sternf¨ormigen Gebiet C\iR−
0 , besitzt dort also eine Stammfunktion. Somit ist
1
Z
0=
eiz
z
Z− R
dz =
eix
dx −
x
eiz
dz +
z
γ1
−R
∂G
Z
ZR
1
R
R
| {z }
→iπ
eix
dx +
x
eiz
dz .
z
γR
| {z }
Z
→0
Im Limes R → ∞ ergibt sich
Z∞
1
sin x
dx
x
(a)
=
−∞
Z− R
lim
R→∞
sin x
dx +
x
−R
=
Im(iπ) = π.
ZR
1
R
1
Z− R ix
ZR ix sin x
e
e
dx = lim Im
dx +
dx
R→∞
x
x
x
−R
1
R