1200-Jahrfeier von Retzbach am 26. April 2015

DIE REGIERUNG
VON UNTERFRANKEN
TEILT MIT
- Es gilt das gesprochene Wort Grußwort des Herrn Regierungspräsidenten Dr. Paul Beinhofer
anlässlich der 1200-Jahrfeier von Retzbach am 26. April 2015
Anrede
Der Weinort Retzbach und seine Bürgerinnen und Bürger können heute einen Tag der Freude
begehen. 1200 Jahre sind vergangen, seitdem in Retzbach am 27.03.815 ein Kompromiss zwischen Bischof Wolfger von Würzburg (810-832) und dem Abt Ratgar aus Fulda geschlossen
wurde. Hintergrund des Kompromisses waren die Bestrebungen des Bischofs Wolfger von
Würzburg, schon bald nach seinem Amtsantritt das in seiner Diözese gelegene Fuldaer Kloster
zehntpflichtig zu machen. In diesem Vertrag aus dem Jahre 815, der dem Fuldaer Kloster das
Zehntrecht zusprach, fand der Name „Retzbach“ somit zum ersten Mal in schriftlicher Form Erwähnung. Genaueres werden wir sicherlich im Anschluss noch von Herrn Simon Heßdörfer hören, der die Retzbacher Ortsgeschichte ausführlich beleuchten wird.
Gerne habe ich die Schirmherrschaft für die 1200-Jahrfeier übernommen und bin heute gerne
der Einladung in Ihren wunderschönen, von bemerkenswerten Fachwerkhäusern geprägten Ort
gefolgt. Wie alle Städte und Dörfer in Unterfranken ist auch Retzbach etwas ganz Besonderes
und ein einzigartiger Ort. Mit dem historischen Rathaus von 1576, das seit der Sanierung im
Jahre 2001 wieder ein Kleinod darstellt, und dem imposanten Turm der vom berühmten Würzburger Baumeister Balthasar Neumann 1736 bis 1738 erbauten katholischen Pfarrkirche
St. Laurentius verfügt Ihr Ort über herausragende Gebäude.
Retzbach steht darüber hinaus für unseren hervorragenden Frankenwein, den alljährlich viele
Pilger zur Wallfahrtskirche „Maria im grünen Tal“ zum Abschluss ihrer Wallfahrt und der verdienPressesprecher:
Johannes Hardenacke
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-2ten Einkehr in einem der Gasthäuser genießen dürfen – eine wahrlich geschichtsträchtige Wallfahrt, soll doch ihr Ursprung schon über 800 Jahre zurück liegen; der Überlieferung nach Anno 1202.
Hervorzuheben ist außerdem, dass in Retzbach auch die Sprache und der dorfeigene Dialekt
ein Teil der Ortsgeschichte ist, der lebendig gepflegt wird. Aus Anlass des diesjährigen Jubiläums ist dieser Dialekt gar sichtbar – nicht nur hörbar – geworden in Form eines Kalenders von
Herrn Bruno Eisenmann.
1200 Jahre, in denen Retzbach verschiedenen Herrschaften zugeordnet war, haben im Lauf der
Geschichte einen unverwechselbaren Heimat-Ort geschaffen, der im Tal des Retzbaches als
Namensgeber der Ortschaft, durch eine mainfränkisch-dörfliche Baukultur geprägt ist.
Weil Retzbach Heimat war und ist, ist es trotz aller Widrigkeiten der Vergangenheit, trotz oder
gerade wegen all der Herausforderungen den Menschen in Retzbach durch alle Jahrhunderte
gelungen, ihr Gemeinwesen zum Wohl der Allgemeinheit fortzuentwickeln.
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
vor diesem Hintergrund kommt der Heimatpflege eine ganz besondere Bedeutung zu. In den
letzten hundert Jahren haben sich die Vertreter der Heimatpflege große Verdienste um den Erhalt einzelner Kulturgüter erworben, so auch in Retzbach, wie wir sehen können. Die kulturelle
Welt wäre überall deutlich ärmer, ohne das Bemühen, Denkmäler und Ensembles, Ortsbilder
und Landschaften, Bräuche und Musiktraditionen, Mundarten und Regionalliteratur zu erhalten
sowie historisches und volkskundliches Wissen zu vermehren. Da unsere Heimat aber auch
durch die aktuellen Entwicklungen beeinflusst wird, muss der Blick der Heimatpflege weiter reichen als zu den historischen Wurzeln und zur Herkunft: Wie gehen wir in unserer Heimat, in
unserem Heimatort z.B. damit um, wenn in den Ballungsräumen Zersiedelung, Landverbrauch
und Grundstücksspekulationen nie gekannte Ausmaße erreichen, während in anderen Regionen Landflucht und Strukturschwäche ganze Dörfer veröden lassen? Wie gehen wir in unserem
Heimatort mit unserer Demokratie um, wenn neue Herausforderungen wie der demografische
Wandel, der Flüchtlingszustrom und der Umgang mit anderen Religionen als unserer christlichen Werteprägung nicht wenige Menschen zunächst einmal verunsichern? Heimat ist kein Idyll
– und Heimatliebe darf nicht zur „Heimattümelei“ werden! Das Gute und Liebenswerte in der
gewachsenen örtlichen Gemeinschaft zu erhalten, ohne sich dabei ängstlich den Wandlungen
Pressesprecher:
Johannes Hardenacke
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-3um uns herum zu verschließen, war und ist in allen Zeiten reizvoll, aber auch fordernd. Heimatpflege betrifft deshalb alle Bürgerinnen und Bürger, die sich um das heimatliche Gemeinwesen
kümmern. In diesem Sinne ist auch Kommunalpolitik, die im Rahmen der Selbstverwaltung dem
Allgemeinwohl verpflichtet handelt, letztlich praktische Heimatpflege. Heimatpflege so verstanden wird aus historisch fundierter Verantwortung heraus gegenwärtige und zukünftige Lebensprozesse unserer Gesellschaft reflektieren und mitgestalten.
Die Marktgemeinde Zellingen mit ihren Ortsteilen Retzbach und Duttenbrunn ist hier auf einem
guten Weg, wie erst am Donnerstag dieser Woche die Auftaktveranstaltung der ILE Main-WeinGarten in Leinach deutlich gemacht hat. Gemeinsam mit sieben weiteren Gemeinden aus den
Landkreisen Würzburg und Main-Spessart werden künftig mit Unterstützung des Amtes für
Ländliche Entwicklung Projekte in Interkommunaler Zusammenarbeit gemeinsam in Angriff genommen. Ganz bewusst werden dabei die Bürgerinnen und Bürger mitgenommen, um diese mit
ihren Ideen in die weitere Entwicklung ihrer Heimat einzubeziehen und zur Mitarbeit anzuregen.
In Retzbach ist daneben mit dem Gesundheitsgarten in der Nähe zur Wallfahrtskirche „Maria im
grünen Tal“ auch ein bedeutendes Projekt der LAG Wein, Wald, Wasser angesiedelt. Die Interkommunale Zusammenarbeit ist zu einem wichtigen Instrument zur Entwicklung gerade der
ländlichen Räume geworden und hat das früher weit verbreitete Kirchturmdenken weitgehend
abgelöst.
Ich bin mir sicher, nur ein ausgewogenes Verhältnis von Tradition und Fortschritt wird uns allen
helfen, die Herausforderungen der Zukunft zu bestehen. In Unterfranken brauchen wir einerseits die Verwurzelung in Geschichte, Tradition und Brauchtum unserer unterfränkischen Heimat, ebenso aber die Aufgeschlossenheit für neue Entwicklungen. Heimatverbunden und weltoffen – in dieser Kombination liegt die Zukunft.
Es ist daher sehr wichtig, die Heimatpflege kontinuierlich in das öffentliche Bewusstsein zu rücken. Denn in unserer modernen Gesellschaft fällt es zunehmend schwer, sich mit dem Anliegen der Heimatverbundenheit und Heimatpflege Gehör zu verschaffen. Ein Festakt wie am heutigen Tag bietet die Gelegenheit, Menschen für die Aufgabe der Heimatpflege zu begeistern,
also für die Aufgabe, ihre Heimat aus der Tradition heraus zu gestalten. Ich freue mich daher
besonders, dass das „Organisationsteam“ unter dem Motto „Mein Retzbach“ im Jubiläumsjahr
einen bunten Strauß an verschiedenen Veranstaltungen auf die Beine gestellt hat.
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Johannes Hardenacke
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-4Darin wird deutlich, dass es nur mit vielen Freiwilligen und ehrenamtlich Tätigen gelingt, das
kulturelle Erbe eines Dorfes zu schützen, lebensfähig zu halten und verträglich zu entfalten, um
es dann künftigen Generationen weiter zu vermitteln.
Meine sehr verehrten Damen und Herren,
es ist eines der wichtigsten Anliegen des Staates, diese Strukturen zur eigenverantwortlichen
Gestaltung der Heimat zu fördern und sie zukunftsfähig zu machen; denn nur so bleiben unsere
Gemeinden Zentren eines vielfältigen Lebens mit einer vitalen örtlichen Gemeinschaft und nicht
nur bloße Wohn- und Schlafstätten. Wichtig ist dabei auch eine gut funktionierende Infrastruktur
und Erreichbarkeit der Gemeinden. Vor diesem Hintergrund ist es erfreulich, dass der Markt
Zellingen am zurückliegenden Donnerstag aus den Händen von Herrn Staatsminister Dr. Söder
den Förderbescheid in Höhe von knapp 90.000 Euro zum Breitbandausbau erhalten hat, der
neben großen Teilen der Kommune gerade auch die Ortsteile Retzbach und Duttenbrunn umfasst.
Die Marktgemeinde Zellingen mit ihrem Ortsteil Retzbach verfügt über eine Infrastruktur, die das
Leben hier auch künftig liebens- und lebenswert macht. „Tradition leben – Neues schaffen“ –
nach dieser Devise haben die Bürgerinnen und Bürger von Retzbach durch die Jahrhunderte
gehandelt und so ein blühendes Gemeinwesen geschaffen. Von einem intakten Dorfleben zeugen zuvorderst auch die vielen Vereine, in denen sich die Retzbacher zusammengeschlossen
haben. Ein solch aktives Vereinsleben erfährt auch Unterstützung von staatlicher Seite. So hat
der Moderne Spielmanns- und Fanfarenzug Retzbach e.V. 2010 für die Errichtung eines neuen
Übungs- und Probezentrums bei Gesamtkosten von 440.000 € einen Zuschuss von 40.000 €
aus dem Kulturfonds Bayern erhalten.
Ehrenamtliches Engagement in den Vereinen ist Ausdruck einer vitalen Dorfgemeinschaft in der
Gegenwart für die Zukunft. Es setzt nicht nur wichtige Impulse auf kulturellem Gebiet in einer
Gemeinde, sondern kann auch im Bereich sozialer Aktivitäten und des Sports die Interessen
und die Begeisterung der Menschen für eine Sache bündeln und zum Wohle der Dorfgemeinschaft zusammenführen.
Für den künftigen Weg Retzbachs wünsche ich allen Bürgerinnen und Bürgern viel Tatkraft und
Schaffensfreude für eine weiterhin positive Weiterentwicklung ihres Heimatortes und allzeit Gottes Segen.
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