Emissions- und Imissionsminimierung durch biotechnologische Prozesse mit Wertstoffrückgewinnung Sandra Manske1, Stefan Kurtz1, Norbert Räbiger1 1 Institut für Umweltverfahrenstechnik, Universität Bremen Ausgangssituation Aufgabenstellung Im landwirtschaftlichen Raum können feste und wässrige Abfälle aus Viehmast und Milchviehwirtschaft Belastungen von Böden, Grund- und Oberflächenwässern hervorrufen. Es werden dezentrale biotechnologische Verfahren benötigt, welche die aus der Gülleverwertung (z.B. direkte Ausbringung, Biogasproduktion und Ausbringung sowie weitergehende Behandlung und Ausbringung) stammende Belastung der Schutzgüter Boden, Grund- und Oberflächenwasser mindern. Dabei müssen neben Makroschadstoffen auch veterinärpharmakologische Spurenstoffe, ökotoxische Substanzen sowie pathogene Mikroorganismen und Antibiotikaresistenzen berücksichtigt werden. Im vorgestellten Themenzusammenhang liegt der Fokus der Untersuchungen des Instituts für Umweltverfahrenstechnik (IUV) im Wesentlichen auf den beiden Aufgabenbereichen Abwasserbehandlung und Wertstoffrückgewinnung. Im Rahmen von Teilprojekt 1 des Verbundprojekts RiskAGuA („Risiken durch Abwässer aus der intensiven Tierhaltung für Grund- und Oberflächenwasser“) soll ein Anlagenkonzept erstellt werden, welches die Möglichkeit bietet, den wässrigen Anteil von Gülle und Gärresten hinsichtlich der Vermeidung pathogener Inhaltstoffe und Gewässerbelastungen sowie der Rückgewinnung von Ammoniak (NH3) dezentral zu behandeln (siehe nebenstehende Abb.). Projektdurchführung Wertstoffrückgewinnung Abwasserbehandlung SZR-Verfahren (Strahl-Zonen-Schlaufenreaktor) Membrandestillation (MD) zur NH3-Rückgewinnung Funktionsprinzip Schlaufenströmung: Über eine Zweistoffdüse werden „Abwasser“, Belebtschlamm und Sauerstoff in den unteren Teil des SZR gedüst. Im System bilden sich drei Schlaufen aus, wobei nur eine Schlaufe über Pumpenenergie erzeugt werden muss. Die anderen folgen dem Dichteunterschied im SZR. Die Zweistoffdüse schert Bakterienflocken und Sauerstoffblasen, deren Oberflächen sich so vergrößern. Das Ergebnis ist eine Steigerung der Umsatzrate bei geringem Energieeintrag. Pilotanlage (Containerbauweise) Partialdruckgetriebenes Verfahren, bestehend aus zwei Kreislaufströmungen, die durch eine hydrophobe Membran voneinander getrennt sind (vgl. folgendes Verfahrensschema). Feed- SGMD (kalt) Abreicherung von Ammonium (Abwasserbehandlung) Membranmodul Produkt: Ammoniakwasser (Wertstoffrückgewinnung) NH3 dringt in gasförmigem Zustand durch die Membran und wird im Permeat wieder aufgenommen. Die Feed-Flüssigkeit bzw. Suspension wird durch die Membran zurück gehalten. Funktionsprinzip des SZR DCMD Kreislauf (warm) 200 L-SZR, mit Ultrafiltration (UF; Membran Memos, PES, Trenngrenze 100 kD) und Umkehrosmose (UO; Membran Hydranautics, ESPA 2540). Die untersuchten Verfahrensvarianten (gem. [Mel07]1) Beim Direct-Contact-Verfahren (DCMD) ist der Permeatkreislauf flüssig und beim SweepingGas-Verfahren (SGMD) gasförmig (vgl. Abb. oben rechts). Versuchsprogramm Versuchsprogramm Vorversuche zur Festlegung der Betriebsweise des Aufbereitungsverfahrens. Laborversuche mit einem 20 L-SZR zur Vorbereitung des SND-Betriebs (Simultane Nitrifikation / Denitrifikation via Nitrit) in der Pilotanlage. Pilotierung im 200 L-SZR mit Gärrest und separierter Schweinegülle. Permeat- NH3 Kreislauf Untersuchung des DCMD- und SGMD-Verfahrens mit handelsüblichen hydrophoben Mikrofiltrationsmodulen (vgl. Abb. rechts). Ausgangssubstrat: an die Beschaffenheit von Gülle bzw. Gärrest angepasstes Modellwasser und separierte Schweinegülle. Verfahrensoptimierung in Bezug auf die Einflussfaktoren Temperatur, pH-Wert, Strömungsgeschwindigkeit und NH4-N-Konzentration im Feed. Pilotanlage mit SZR, UF und UO in Containerbauweise 1 Eingesetztes Mikrofiltrationsmodul MELIN, T. & RAUTENBACH, R. (2007): Membranverfahren, Grundlagen der Modul- und Anlagenauslegung. Springer-Verlag. Projektauswertung Ergebnisse Zusammenfassung und Ausblick Abwasserbehandlung mittels SZR-Verfahren Gärrest und auch Gülle zeichnen sich durch ein zu schlechtes C:NVerhältnis für ein klassisches biologisches Reinigungsverfahren aus (Ammonium im Überschuss). Das SND-Verfahren im SZR benötigt ca. 60 % weniger Kohlenstoff, wodurch im Verhältnis zu den klassischen Verfahren mehr N abgebaut werden kann. Eine Zudosierung von C erhöht den Umsatz von Ammonium. SZR-Betrieb: Aufgrund des schlechten C:N-Verhältnisses wurde der SND-Betrieb angewendet. Die Grenzwerte (AbwV, Anhang 23) können bei störungsfreiem Anlagenbetrieb nach der UF teilweise und nach der UO ganz eingehalten werden. Für einen sicheren Antibiotikarückhalt ist eine UO-Stufe notwendig. Technisch ist das SND-Verfahren energieeffizienter und platzsparender als ein klassisches Nitrifikations-/Denitrifikations-Verfahren. In Gülle wurden höhere Antibiotikagehalte als im Gärrest detektiert. Ein Ab- bzw. Umbau (Metabolite) wurde nachgewiesen. Multiresistente Keime wurden weder in Gärrest noch in Gülle nachgewiesen. Aufbereitung von Gülle mittels SZR-Verfahren Wertstoffrückgewinnung mittels Membrandestillation (MD) SGMD: Deutlich höhere NH3-Konzentration im produzierten Wertstoff Ammoniakwasser erzielbar. Maximal erreichte Konzentration im Permeat: ca. 1 Ma.-%. Die erreichbare NH4-Abreicherung im Feed bzw. NH3-Konzentration im Permeat des eingesetzten Membranmoduls ist mit Hilfe der untersuchten Einflussgrößen in verfahrenstechnisch und physikochemisch bedingten Bereichen steuerbar. Kontakt: [email protected] [email protected] [email protected] 60 DCMD 50 Masse NH4-N/ g DCMD: Im Vergleich zum SGMD-Verfahren höherer transmembraner NH3-Flux bzw. höhere absolute NH3-Ausbeute erreichbar. Maximal erreichte NH4Abreicherung in der eingesetzten Gülle: ca. 50 Ma.-% (siehe Abb. rechts). 40 30 20 Feed 10 Permeat 0 0 60 120 180 240 Zeit/ min Zeitliche Entwicklung der absoluten NH4-NMasse im Feed- und Permeatkreislauf Die beiden untersuchten MD-Verfahren sind für die im Fokus stehenden Anforderungen (Wertstoffrückgewinnung, Abwasserbehandlung) und standortspezifischen Stoffzusammensetzungen der Ausgangsubstrate (Gärreste, Gülle) anwendbar und können energieund ressourceneffizient betrieben werden. Um das Verfahren künftig ökonomisch vertretbar betreiben zu können, bedarf es weiterer Verfahrensoptimierungen. Eine Erhöhung der Betriebstemperatur steigert den transmembranen NH3-Flux. Hierfür ist die Entwicklung eines speziell ausgelegten Membranmoduls erforderlich. Bei der MD handelt es sich um ein flexibles Verfahren, welches gut mit anderen Aufbereitungsverfahren, wie dem SZR-Verfahren, kombinierbar ist. Hierbei ist eine vor- oder eine nachgeschaltete Anordnung möglich.
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