Ausgabe 119 - Ökonomie mit Energie

Dossier „Ökonomie mit Energie“ vom 18.03.2015
Dossier „Ökonomie mit Energie“
Ausgabe 119, 2015
1. Artikel/Grafik: Eon mit Rekordverlust (05.03.2015)
2. Artikel/Grafik: Eon arbeitet an der Kernspaltung (12.03.2015)
3. Artikel/Grafik: Eon und RWE: Abschied vom Stammgeschäft
(13.03.2015)
4. Artikel: Energiewende zieht auch EnBW in die Verlustzone (18.03.2015)
Die großen Energieversorgungsunternehmen spüren derzeit massiv die Auswirkungen
der politisch entschiedenen Energiewende. Dadurch, dass die angestammten
Betätigungsfelder nicht länger lukrativ sind, brechen die Bilanzzahlen ein und werden
strategische Neuausrichtungen notwendig. Der Eon-Vorstand hat mit der Aufspaltung
des Unternehmens dabei eine radikale Strategie gewählt, der die anderen großen
Kraftwerksbetreiber nicht folgen.
Verortung v. a. in den Themenbereichen „Wettbewerbsstrukturen“,
„Wertschöpfung“ und „Rahmenbedingungen der Energiewirtschaft“
1.
Fassen Sie die aktuelle Geschäftssituation der großen Energieversorgungsunternehmen in Deutschland zusammen. Geben Sie hierzu wesentliche Kennzahlen wieder.
2.
Erläutern Sie, inwieweit sich die Rahmenbedingungen für das Unternehmen in
der jüngsten Vergangenheit verändert haben und wie sich dies auf das Geschäft auswirkt.
3.
Arbeiten Sie konkret heraus, inwieweit die traditionellen Geschäftsmodelle
und Handlungsmöglichkeiten durch die Energiewende infrage gestellt wurden
und werden.
4.
Ermitteln Sie, welche „hausgemachten Probleme“ die Situation von Eon zudem verschärfen.
5.
Analysieren Sie vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen die vom
Eon-Unternehmensvorstand beschlossene Aufspaltung des Unternehmens. Beschreiben Sie die geplante Vorgehensweise, und benennen Sie die hiermit verfolgten Ziele.
6.
Bewerten Sie, inwiefern von einem „radikalen Schritt“ der Unternehmensführung gesprochen werden kann. Begründen Sie Ihre Einschätzungen.
7.
Überprüfen Sie, inwieweit das Vorgehen Eons als „Blaupause“ für andere
Branchenunternehmen dient.
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Dossier „Ökonomie mit Energie“ vom 18.03.2015
5. Artikel: RWE: In Westfalen droht ein Totalausfall (05.03.2015)
„Die Partnerschaft von RWE zu den Kommunen an Rhein und Ruhr ist nicht immer
einfach. Im Aufsichtsrat lassen die Vertreter der kommunalen Aktionäre, die
gemeinsam rund ein Viertel der Anteile halten, regelmäßig die Muskeln spielen. […]
Am Donnerstag [05.03.2015] dürfte es in der Konzernzentrale in Essen ungemütlicher
werden. Dann kommen die Vertreter von 23 Stadtwerken, die am Kraftwerksprojekt
Gekko von RWE beteiligt sind, zur Gesellschafterversammlung. Und es gibt großen
Diskussionsbedarf: Das einstige Prestigeprojekt könnte nach Informationen des
Handelsblatts endgültig zur Investitionsruine werden.“
Verortung v. a. in
den Themenbereichen
„Rahmenbedingungen der Energiewirtschaft“
„Wertschöpfung“
und
1. Erläutern Sie die Beziehungen zwischen dem Energieversorgungsunternehmen
RWE und den Kommunen im Ruhrgebiet.
2. Geben Sie die Eckdaten des Kraftwerkprojekts Gekko sowie die ursprünglich
mit dessen Bau angestrebten Zielsetzungen wieder.
3. Arbeiten Sie die auftretenden Probleme und deren konkrete Auswirkungen heraus.
4. Erschließen Sie sich die in diesem Zusammenhang zwischen Unternehmensführung und Kommunalpolitik auftretenden Konflikte.
6. Artikel: Heizen per App (10.03.2015)
7. Artikel/Grafik: Warnung vor ungebetenen Gästen (10.03.2015)
„Durch das Smart Home ist das Thermostat plötzlich mehr als nur ein
Temperaturregler: Das Gerät kann in der digitalen Welt dafür sorgen, dass nur dann
geheizt wird, wenn der Bewohner auch zu Hause ist. Diese eigentlich naheliegende
Justierung drosselt Energiekosten. Einige Hersteller werben mit einer Reduktion von
bis zu 60 Prozent. Dem Thermostat kommt so eine besondere Rolle zu: Es wird zum
wichtigsten Treiber für das vernetzte Heim. Für Anbieter tut sich ein lukrativer Markt
auf.“ Allerdings bergen die neuen Technologien auch die Gefahr der Manipulation
und des externen Zugriffs. Dies hält viele potenzielle Kunden noch ab, und das
Schließen von Lücken stellt die größte Herausforderung für die Branche dar.
Verortung v. a. in den Themenbereichen „Wertschöpfung“ und „Energiesparen“
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Dossier „Ökonomie mit Energie“ vom 18.03.2015
1. Legen Sie dar, was unter einem „Smart Home“ verstanden wird.
2. Erläutern Sie am Beispiel des Heizungsthermostats die Anwendungsmöglichkeiten im Energiebereich.
3. Erschließen Sie sich die hieraus resultierenden Vorteile für die Nutzerinnen
und Nutzer. Arbeiten Sie hierzu heraus, inwieweit effizientere Möglichkeiten
des Energiesparens geschaffen werden.
4. Beschreiben Sie die für die Anbieter entstehenden neuen Geschäftsfelder.
5. Analysieren Sie die bestehenden Risiken und Unsicherheiten. Erörtern Sie die
hieraus resultierenden Herausforderungen für die Anbieter von Smart-HomeLösungen.
8. Artikel: EU-Energiepolitik soll effizienter werden (09.02.2015)
„Die EU-Kommission will Forschung und Entwicklung im Bereich der
Energietechnologie vorantreiben. Das geht aus einem Strategiepapier zur
Energieunion hervor, das die Kommission derzeit intern diskutiert und das dem
Handelsblatt vorliegt. […] Gelänge es nicht, die nationale Fragmentierung des
Energiemarkts zu überwinden, werde es infolge der damit verbundenen
wirtschaftlichen, sozialen und umweltpolitischen Kosten immer schwieriger, den Weg
in eine kohlenstoffarme Wirtschaft zu beschreiten. […] Das Projekt ist eine der
politischen Prioritäten der Kommission unter Jean-Claude Juncker. Ziele sind eine
bessere Versorgungssicherheit, die Vollendung des Energiebinnenmarkts sowie die
weitere Reduzierung der CO2-Emissionen in der Wirtschaft.“
Verortung v. a. im Themenbereich „Energiepolitik“
1. Benennen Sie die Eckpunkte des sogenannten energiepolitischen Zieldreiecks.
2. Fassen Sie die aktuellen Pläne der EU-Kommission zusammen. Verorten Sie
deren Zielsetzungen im Dreieck.
3. Erläutern Sie die wesentlichen Herausforderungen, die es bei der Vereinheitlichung der energiepolitischen Strategien in Europa zu bewältigen gilt.
4. Bewerten Sie die Notwendigkeit einer Abstimmung und Vereinheitlichung der
Vorgehensweisen in den EU-Staaten. Begründen Sie Ihre Einschätzungen.
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9. Artikel: Koalition der tiefen Gräben (12.03.2015)
„Die Liste der Streitigkeiten [innerhalb der Regierungskoalition] wird länger und
länger […] Auch beim Bau neuer Stromautobahnen liegen der CSU- und der SPDChef über Kreuz. Der bayerische Ministerpräsident torpediert das Lieblingsprojekt des
Wirtschaftsministers, die Energiewende. Gabriels Vorrat an Geduld sei aufgebraucht,
er sei entnervt, heißt es in Koalitionskreisen. Er hatte anfangs gehofft, die Kanzlerin
würde Seehofer umstimmen. Doch es tut sich nichts.“
Verortung
v. a.
in
den
Themenbereichen
„Rahmenbedingungen der Energiewirtschaft“
„Energiepolitik“
und
1. Geben Sie die energiepolitischen Streitpunkte innerhalb der Bundesregierung
wieder.
2. Analysieren Sie deren Auswirkungen. Überprüfen Sie, welche Akteure und Prozesse hiervon besonders betroffen sind.
3. Erschließen Sie sich die Ursachen für die Streitigkeiten. Erläutern Sie hierzu
auch die politischen Kosten-Nutzen-Kalkulationen der einzelnen Parteien und
politischen Vertreter.
10. Artikel: Vattenfall: Mit beschränkter Haftung (13.03.2015)
„Die Bundesregierung tappt im Umgang mit den Atomrückstellungen im Dunkeln.
Das belegt die Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums auf eine Anfrage der
Grünen, die dem Handelsblatt vorliegt. So räumt das Ministerium ein, ihm seien die
Einzelheiten der aktuellen Umstrukturierungspläne bei Vattenfall „nicht bekannt“.
Und über die Folgen der bereits 2012 vorgenommen Umstrukturierung bei Vattenfall
für die nuklearen Entsorgungsverpflichtungen habe man „keine Erkenntnisse“, heißt
es in der Antwort des Ministeriums. Die vier Betreiberkonzerne sind gesetzlich
verpflichtet, für den Rückbau von Kernkraftwerken und für die Lagerung der
abgebrannten Brennelemente Rückstellungen zu bilden. Sie belaufen sich nach
Angaben des Wirtschaftsministeriums derzeit auf 36 Milliarden Euro. Sollten die
Rückstellungen nicht ausreichen, haften die Unternehmen bis zum letzten Cent.
Politiker und Fachleute warnen, die Unternehmen könnten bestrebt sein, die Haftung
zu begrenzen.“
Verortung
v. a.
in
den
Themenbereichen
„Energiepolitik“,
„Rahmenbedingungen der Energiewirtschaft“ und „Umweltschutz“
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Dossier „Ökonomie mit Energie“ vom 18.03.2015
1. Beschreiben Sie die Maßnahmen zur Umstrukturierung des VattenfallKonzerns in ihren Grundzügen.
2. Erklären Sie, was unter den „Atomrückstellungen“ verstanden wird. Erläutern
Sie in diesem Zusammenhang die Verantwortlichkeiten der Atomkraftwerksbetreiber bezüglich der zukünftig anstehenden Atommüllentsorgungen und Rückbaumaßnahmen.
3. Arbeiten Sie die Befürchtungen der genannten Oppositionspolitiker hinsichtlich
der Auswirkungen des Konzernumbaus auf die Atomrückstellungen heraus.
4. Setzen Sie sich in diesem Zusammenhang auch mit der generellen AtommüllDiskussion sowie den Vorschlägen der Kraftwerksbetreiber auseinander, und
nehmen Sie Stellung.
11. Artikel/Grafik: Atomkraft, ja bitte? (13.03.2015)
„[Die] EU [will] den Ausstoß des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) bis 2030 um 40
Prozent im Vergleich zu 1990 reduzieren. Die Nuklearbranche hofft, vom Ehrgeiz der
Europäer profitieren zu können. Derzeit sind in 14 EU-Staaten 131 Kernkraftwerke in
Betrieb. Sie liefern rund ein Drittel des in der EU produzierten Stroms. Laut
[Atombranche] helfen sie damit, jährlich 600 Millionen Tonnen Ausstoß von CO2 zu
vermeiden. Die zu Toshiba gehörende Westinghouse ist auf Technologie zum Bau von
Atomreaktoren spezialisiert. In mehreren EU-Staaten stößt die Branche auf offene
Türen.“
Verortung v. a. in den Themenbereichen „Energiepolitik“, „Energiemix der
Zukunft“ und „Umweltschutz“
1. Geben Sie die Klimaschutzziele der Europäischen Union (EU) wieder.
2. Ermitteln Sie die Anzahl und (grobe) Verteilung von Atomkraftwerken innerhalb der EU.
3. Arbeiten Sie Deutschlands Position und Entscheidungen hinsichtlich der zukünftigen Nutzung von Atomkraft heraus. Überprüfen Sie, inwieweit diese von
anderen EU-Staaten getragen wird bzw. zu diesen in Widerspruch steht.
4. Erschließen Sie sich die Hoffnungen der Atomindustrie, die sie an die EUZielsetzungen und -Vereinbarungen knüpft.
5. Bewerten Sie die ökologische Bilanz der Atomkraft, und vergleichen Sie diese
mit anderen, derzeit verwendeten Energieträgern.
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Dossier „Ökonomie mit Energie“ vom 18.03.2015
12. Artikel: Betreiber fordern Hilfe vom Staat (16.03.2015)
„Die Situation der Gaskraftwerke in Deutschland ist in der Tat paradox. Vor wenigen
Jahren wurden sie von der Politik eingefordert, weil sie bei der Energiewende die
ideale Ergänzung zu den erneuerbaren Energien sind. Gaskraftwerke können rasch
hoch- und runtergefahren werden - und so einspringen, wenn Wind- und
Sonnenenergie wetterbedingt keinen Strom liefern. Tatsächlich werden sie aber gerade
durch den Boom der Erneuerbaren aus dem Markt gedrängt. Weil grüner Strom
vorrangig ins Netz eingespeist wird, sinkt der Anteil des Stromverbrauchs, den Atom-,
Kohle- und Gaskraftwerke bedienen dürfen.“
Verortung v. a. in
den Themenbereichen
„Rahmenbedingungen der Energiewirtschaft“
„Wertschöpfung“
und
1. Arbeiten Sie am Beispiel des genannten Eon-Kraftwerks heraus, wie sich die
Rahmenbedingungen für den Betrieb konventioneller Kraftwerke in den vergangenen Jahren verändert haben. Benennen Sie die wesentlichen Einflussfaktoren.
2. Überprüfen Sie, inwieweit insbesondere Gaskraftwerke im Rahmen der Energiewende und in der Zukunft benötigt werden.
3. Geben Sie vor diesem Hintergrund die Forderungen der Kraftwerksbetreiber
an die Politik wieder. Erklären Sie dabei, was unter einer Kapazitätsmarktverordnung verstanden wird.
4. Ermitteln Sie im Rahmen einer weiter gehenden Recherche die Argumente der
Befürworter und Gegner einer solchen Marktregelung. Nehmen Sie anschließend selbst begründet Stellung.
13. Artikel: EU bremst Ungarn bei Atomplänen (16.03.2015)
„Die EU-Kommission will Ungarn bei einem milliardenschweren Atomgeschäft mit
Russland bremsen. Demnach teilt die Kommission die Einwände der Atombehörde
Euratom gegen den Plan der rechtspopulistischen Regierung in Budapest, zwei neue
Atomreaktoren ausschließlich mit Nuklearbrennstoff aus Russland zu befeuern. Eine
solche Vereinbarung werfe Fragen der Versorgungssicherheit auf, hieß es in Brüssel.
Zwei oder drei Bezugsquellen seien erforderlich. Damit würden auch nicht-russische
Unternehmen ins Geschäft mit Ungarn kommen. […] Die Euratom-Agentur ESA
muss grundsätzlich alle Importe von nuklearem Brennstoff in die EU genehmigen.“
Verortung v. a. in den Themenbereichen „Energiepolitik“ und „Perspektiven
der Weltenergieversorgung“
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Dossier „Ökonomie mit Energie“ vom 18.03.2015
1. Erklären Sie, was unter dem Begriff der „Versorgungssicherheit“ verstanden
wird.
2. Geben Sie die aktuellen Pläne der ungarischen Regierung sowie deren Bewertung durch die EU-Kommission wieder. Erläutern Sie den zutage tretenden
Konflikt.
3. Ermitteln Sie die Kompetenzen der Euratom-Agentur ESA in diesem Bereich.
14. Artikel: Rückschritte bei der Kraft-Wärme-Kopplung (17.03.2015)
„Der Anteil der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) an der Stromerzeugung von derzeit
etwa 17 Prozent dürfte sich in den nächsten Jahren kaum mehr stark erhöhen. Der
Grund: Die Große Koalition entwickelt bei der Novelle des KWK-Gesetzes keinen
besonderen Ehrgeiz. Vom seit Jahren formulierten Ziel, den KWK-Anteil bis 2020 auf
25 Prozent zu steigern, ist nicht mehr die Rede. […] In KWK-Anlagen wird die bei
der Stromproduktion entstehende Wärme genutzt, etwa für Heizzwecke oder für
industrielle Prozesse. Bei einem großen Teil konventioneller Kraftwerke dagegen
entweicht die Wärme komplett ungenutzt. KWK-Anlagen haben daher im Vergleich
zu herkömmlichen Kraftwerken einen höheren Wirkungsgrad von bis zu 90 Prozent
und leisten somit einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz.“
Verortung
v. a.
in
den
Themenbereichen
„Energiepolitik“,
„Rahmenbedingungen der Energiewirtschaft“ und „Energiemix der Zukunft“
1. Beschreiben Sie die Funktionsweise der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK).
2. Erläutern Sie die Vorteile von KWK- gegenüber herkömmlichen Kraftwerken.
Nehmen Sie dabei sowohl die betriebliche wie die volkswirtschaftliche/gesellschaftliche Perspektive ein.
3. Geben Sie die ursprünglichen Ziele der Bundesregierung hinsichtlich der Verbreitung von KWK-Kraftwerken wieder.
4. Arbeiten Sie heraus, aus welchen Gründen und in welcher Form aktuell von
den ursprünglich formulierten Zielsetzungen abgewichen wird.
5. Erschließen Sie sich die hierüber entbrannte Diskussion, und ermitteln Sie u. a.
die Forderungen der Betreiber von KWK-Kraftwerken sowie die KostenNutzen-Kalkulation der politischen Entscheidungsträger.
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Dossier „Ökonomie mit Energie“ vom 18.03.2015
15. Artikel/Grafiken: EU: Gemeinsam unabhängig werden (18.03.2015)
16. Interview: Oliver Geden: „Ich warne vor überzogenen Hoffnungen“
(18.03.2015)
„Die Lösung liegt im Schulterschluss, das Ziel heißt Einigkeit: Die Staats- und
Regierungschefs der Europäischen Union werden an diesem Donnerstag in Brüssel
über die Vorschläge der EU-Kommission zur Schaffung einer „Energieunion“ beraten.
Die von der Behörde vorgestellte Initiative soll eine „sichere, nachhaltige,
wettbewerbsfähige und erschwingliche Energie“ für Bürger und Unternehmen
sicherstellen. Dabei ist der kleinste gemeinsame Nenner zwischen den 28 EU-Staaten
unstrittig: Europa will sich aus der Energieabhängigkeit von Russland lösen.“ Darüber
hinaus gibt es jedoch eine große Zahl von Interessenkonflikten zwischen den
Mitgliedstaaten.
Verortung v. a. in den Themenbereichen „Energiepolitik“ und „Perspektiven
der Weltenergieversorgung“
1. Benennen Sie die Eckpunkte des energiepolitischen Zieldreiecks.
2. Geben Sie die aktuellen energiepolitischen Pläne der EU-Kommission wieder.
3. Erläutern Sie, welche zentralen energiepolitischen Zielsetzungen hiermit umgesetzt werden sollen.
4. Analysieren Sie, in welchen Punkten weitgehende Einigkeit zwischen den Mitgliedstaaten herrscht bzw. wo es zu Konflikten kommt.
5. Erschließen Sie sich die diesbezüglichen Einschätzungen des Leiters der Forschungsgruppe EU bei der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP).
17. Artikel: Gefüllte Lager belasten den Ölpreis (18.03.2015)
„An den Rohstoffmärkten hat sich die Talfahrt der Ölpreise noch einmal beschleunigt.
Stark gebeutelt wurde zuletzt vor allem das amerikanische Leichtöl. Noch billiger als
zurzeit war WTI-Öl nur nach Ausbruch der Finanzkrise Ende 2008. […] Der
Hauptgrund für den wachsenden Abstand (Spread) der Rohölsorten liegt in den USA.
Der WTI-Preis wird in Cushing, dem Haupthandelspunkt des Leichtöls, gebildet. Dort
kommt Öl aus Kanadas Ölsanden ebenso an wie Lieferungen aus den USSchieferölvorkommen. Vor allem Letztere haben zum massiven Bestandsaufbau in
Cushing geführt.“
Verortung v. a. in den Themenbereichen
„Angebot/Nachfrage/Preisbildung“
und
Weltenergieversorgung“
„Wettbewerbsstrukturen“,
„Perspektiven
der
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Dossier „Ökonomie mit Energie“ vom 18.03.2015
1. Fassen Sie die Entwicklung des Ölpreises in den letzten Monaten zusammen.
2. Ermitteln Sie die aktuelle Ausgestaltung des Angebots auf dem Ölmarkt. Benennen Sie die Faktoren, die das Angebot derzeit maßgeblich bestimmen.
3. Beschreiben Sie mit Hilfe eines einfachen Angebot-Nachfrage-Diagramms die
konkreten Auswirkungen der Angebotsentwicklung auf den Ölpreis.
4. Geben Sie die Prognosen für die weitere Preisentwicklung in den kommenden
Monaten wieder.
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Dossier „Ökonomie mit Energie“ vom 18.03.2015
Eon mit Rekordverlust
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Mit der geplanten Aufspaltung des Energieriesen will Vorstandschef Teyssen neue
Kräfte freisetzen. Doch nun zeigt sich, wie schlecht es um den Konzern wirklich steht:
2014 summierte sich der Fehlbetrag auf rund drei Milliarden Euro.
In der Eon-Zentrale in Düsseldorf herrscht seit Wochen unverkennbar Aufbruchstimmung. Das Jahr 2015 soll für den gebeutelten Energiekonzern endlich den Neubeginn
markieren. Bis zum Jahresende will Vorstandschef Johannes Teyssen den radikalen
Strategiewechsel, den er im Dezember verkündet hat, auf den Weg bringen. Bis dahin
soll klar sein, wie sich Deutschlands größter Energiekonzern in zwei Gesellschaften
aufspalten wird: in die Eon SE, die sich um das Zukunftsgeschäft mit der Energiewende kümmert, und ein komplett neues Unternehmen, in das die notleidenden Kohle-, Gas- und Kernkraftwerke kommen.
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Vor dem Neubeginn steht freilich die schonungslose Bestandsanalyse - und die fällt
erschreckend aus. Nach Informationen des Handelsblatts aus Konzernkreisen hat Eon
im Geschäftsjahr 2014 unter dem Strich einen Rekordverlust verbucht: Der Konzernfehlbetrag wird sich auf rund drei Milliarden Euro summieren. Das ist nach 2011
überhaupt erst das zweite Mal in der Firmengeschichte, dass Eon am Ende des Jahres
in die Verlustzone gerutscht ist, und damals fiel der Fehlbetrag mit 2,2 Milliarden
Euro noch um fast ein Drittel niedriger aus. 2013 hatte Eon noch einen Überschuss
von 2,1 Milliarden Euro erreicht. Noch ist die heikle Zahl unter Verschluss. Vorstandschef Teyssen wird sie Anfang nächster Woche dem Aufsichtsrat offenbaren - und am
Mittwoch dann auf der Bilanz-Pressekonferenz am liebsten nur am Rand erwähnen.
Ein Sprecher des Konzerns lehnte auf Anfrage auch einen Kommentar ab.
„Dass es einen Verlust gibt, ist nicht überraschend“, sagt Analyst Stephan Wulf von
Warburg Research, „spannend ist aber die Höhe.“ Über die hat der Finanzmarkt wild
spekuliert. Die Analystenprognosen reichten von zwei bis vier Milliarden Euro. „Eon
hat eben viele Baustellen“, sagt Analyst Wulf. Den Hauptgrund für den Rekordverlust
hatte Teyssen Anfang Dezember bei der Präsentation der neuen Strategie geliefert. Er
teilte mit, dass Eon Wertberichtigungen von rund 4,5 Milliarden Euro vor Steuern
vornehmen muss - zusätzlich zu den 700 Millionen Euro, über die er bereits im Laufe
des Jahres berichtet hatte.
Mit den Abschreibungen reagierte Eon zum einen auf das drängendste Problem: die
zunehmend unrentable Stromproduktion mit den großen Kraftwerken. Weil der Markt
mit Ökostrom geflutet wird, der nicht nur in Deutschland politisch gefördert wird,
werden Gas- und Kohlekraftwerke aus dem Markt gedrängt. An der Energiebörse
dümpeln die Notierungen bei 32 Euro je Megawattstunde. Vor drei Jahren waren es
noch gut 20 Euro mehr. Entsprechend sind die Margen in der Stromproduktion zusammengeschmolzen. Vor allem aber stehen immer mehr Kraftwerke still - und müssen abgeschrieben werden. Mit diesen Problemen steht Eon nicht allein da. Auch
RWE leidet unter der Energiewende. Der zweitgrößte deutsche Energiekonzern hatte
2013 bereits einen Milliardenverlust gemacht. Die Zahlen für 2014 legt RWE ebenfalls kommende Woche vor.
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Marktführer Eon hat aber auch viele hausgemachte Probleme. So reagierte Teyssen
mit den Abschreibungen auch auf Fehlinvestments. Ein Teil der Abschreibungen entfiel auf unrentable Geschäfte in Südeuropa. Eine der vor Jahren teuer eingekauften
Niederlassungen, die Spanien-Aktivitäten, stieß er Ende des Jahres offenbar mit Verlusten wieder ab. Die Tochter in Russland, wo der Konzern Milliarden in die Stromproduktion investiert hat, leidet zudem unter der Schwäche des Rubels. In der Türkei
lasten hohe Kosten auf dem neuen Investment. Und das Engagement in Brasilien ist
komplett aus dem Ruder gelaufen. Der Stromproduzent Eneva, bei dem der Konzern
2012 unter Teyssens Ägide eingestiegen war, musste Ende 2014 Gläubigerschutz beantragen, weil sich Eon nicht mit den Partnern über eine Finanzspritze einigen konnte.
Dabei hat Eon schon 1,3 Milliarden Euro investiert - viermal mehr als geplant.
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Und zu allen Problemen kam im vergangenen Jahr noch Unerwartetes hinzu: der drastische Verfall des Ölpreises, der vor einem Jahr noch bei rund 110 Dollar je Barrel
notierte und jetzt bei gerade einmal 60 Dollar. Das spürt Eons Sparte Exploration und
Produktion, die vor allem in Russland und der Nordsee Gas fördert.
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Angesichts der vielfältigen Probleme und des Rekordverlusts können die Aktionäre
beruhigt sein, dass sie schon Klarheit über die Dividende haben: Ihnen hat Teyssen für
2014 und 2015 schon 50 Cent je Aktie garantiert. Das sind zwar zehn Cent weniger
als zuletzt. Aber auch die 50 Cent sind nur möglich, weil Eon als Bemessungsgrundlage den „nachhaltigen Konzernüberschuss heranzieht“. Bei dem rechnet der Konzern
die meisten Sondereffekte heraus. Er soll zwischen 1,5 bis 1,9 Milliarden Euro liegen.
Und für die anstehende Umstrukturierung hat das Großreinemachen in der Bilanz
auch etwas Gutes, wie ein Insider betont: Die Vermögensverhältnisse sind jetzt - vor
der Aufspaltung - geklärt.
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Quelle: Flauger, J., Handelsblatt, Nr. 045, 05.03.2015, 16
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Eon arbeitet an der Kernspaltung
Der Energiekonzern will im zweiten Quartal Details zur Aufteilung in zwei
Gesellschaften nennen.
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Das Jahr 2014 war das schlechteste in der Geschichte von Eon. Der Energiekonzern
verbuchte unter dem Strich einen Rekordverlust von 3,2 Milliarden Euro. 2015 wird
aber nicht einfacher - daran ließ Vorstandschef Johannes Teyssen am Mittwoch auf
der Bilanzpressekonferenz keinen Zweifel: „Das wird ein ebenso hartes Jahr wie
2014, wenn nicht härter.“
Das liegt aber weniger an den Rahmenbedingungen auf dem Energiemarkt, sondern
der Aufgabe, die Teyssen selbst vorgegeben hat: Die Aufteilung von Deutschlands
größtem Energiekonzern in zwei Gesellschaften. „Was wir vorhaben, ist nicht nur die
größte Unternehmensabspaltung, die jemals in Deutschland stattgefunden hat, sondern
auch eine der größten weltweit im Energiesektor“, stellte Teyssen nüchtern fest. Der
Eon-Chef hatte Anfang Dezember Aktionäre und Mitarbeiter mit seinem radikalen
Plan überrascht: Die Eon SE soll sich auf das Geschäft mit der Energiewende
konzentrieren, das bisherige Kerngeschäft, der Betrieb von großen Atom-, Kohle- und
Gaskraftwerken, wird in eine neue Gesellschaft abgetrennt, an der Eon die Mehrheit
abgeben will. Und Teyssen hat einen ambitionierten Zeitplan vorgegeben: Auf der
Hauptversammlung 2016 sollen die Anteilseigener die neue Struktur beschließen.
Seit Bekanntgabe arbeitet Eon mit Hochdruck daran, die Aufspaltung rechtlich und
wirtschaftlich vorzubereiten. „Schon im zweiten Quartal wollen wir Ihnen weitere
Details zu Management und Organisation beider künftigen Unternehmen mitteilen“,
versprach Teyssen. Selbst die Frage, welche Aufgabe er selbst übernehmen wird, hält
Teyssen offen. Zuerst werde über die Struktur entschieden, dann über das
Anforderungsprofil und dann über Personen, sagte er. Wie es in Konzernkreisen heißt,
gibt es tatsächlich noch keine Entscheidungen. Es wird aber davon ausgegangen, dass
Teyssen Vorstandschef der Eon SE bleibt und den Aufsichtsrat der neuen Gesellschaft
führt. Eine Schlüsselrolle bei den Personalrochaden kommt Finanzvorstand Klaus
Schäfer zu. Er könnte sowohl die Führung der neuen Kraftwerksgesellschaft
übernehmen oder als Finanzvorstand bei der Eon SE bleiben, um später Teyssen zu
beerben. Als Chef der neuen Gesellschaft werden auch die Vorstände Mike Winkel,
derzeit für Erzeugung zuständig, und Leonhard Birnbaum gehandelt.
Die meisten der 60 000 Mitarbeiter wüssten dagegen schon, wo sie arbeiten würden,
sagte Teyssen. Schließlich sind die Aufgaben klar definiert. Die Eon SE wird sich
neben erneuerbaren Energien auch um Vertrieb und Netze kümmern, die
Kraftwerksgesellschaft auch um Energiehandel, Wasserkraft und Gasproduktion. An
der Suche nach einem Namen, die von der Markenagentur Metadesign koordiniert
wird, beteiligen sich auch die Mitarbeiter. 2 000 Vorschläge wurden eingereicht selbst von Vorständen und Aufsichtsräten.
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RWE-Chef Peter Terium hatte am Tag zuvor einen ähnlich radikalen Schritt
ausgeschlossen. Als größter Stromproduzent in Deutschland wolle sich der Konzern
nicht aus der Verantwortung stehlen, sagte er: „Der Letzte macht das Licht aus - nicht
mit uns.“
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Dabei kämpfen beide Unternehmen mit den gleichen Rahmenbedingungen. Weil der
Markt mit Solar- und Windenergie geflutet wird, verfallen die Strompreise, die die
Kraftwerke erzielen können. Eon musste 2014 unter anderem deswegen
Abschreibungen in Höhe von 5,5 Milliarden Euro vornehmen, was den Konzern in die
Verlustzone drückte. RWE war das im Jahr zuvor passiert. Aber auch im operativen
Geschäft sinken die Gewinne. Eons Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen
(Ebitda) sank um neun Prozent auf 8,3 Milliarden Euro - und wird sich 2015 auf 7,0
bis 7,6 Milliarden verringern. Bei RWE brach das Ebitda um zehn Prozent ein - und
wird auch weiter sinken.
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Quelle: Flauger, J., Handelsblatt, Nr. 050, 12.03.2015, 20
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Eon und RWE: Abschied vom Stammgeschäft
Die Energiekonzerne verdienen mit ihren Kraftwerken kein Geld mehr.
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Mehr als 40 Charts benutzte Eon-Chef Johannes Teyssen am Mittwoch, um den
Analysten den Ernst der Lage zu erläutern. Schaubild Nummer 37 zeigte das ganze
Ausmaß der Misere von Deutschlands größtem Energiekonzern. Dort stand mit roten
Balken, mit welchen Strompreise der Konzern im Großhandel in den nächsten Jahren
rechnen kann. 2015 bekommt Eon in Zentraleuropa noch im Schnitt 49 Euro je
Megawattstunde. 2016 werden es 38 Euro sein - und 2017 nur 33 Euro. In
Skandinavien sind es schon in diesem Jahr gerade einmal 38 Euro. Den Analysten
lieferte der Chart bittere Erkenntnisse. Erstens: Die Margen in der Stromproduktion
schmelzen im Rekordtempo dahin. Zweitens: Es wird noch alles viel schlimmer, als es
ohnehin schon ist. Dabei war schon 2014 ein Horrorjahr: Der Konzern verbuchte
einen Rekordverlust von 3,2 Milliarden Euro - weil er den Wert der Kraftwerke
abwerten musste. Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda)
schrumpfte um neun Prozent auf 8,3 Milliarden Euro.
Eon spürt die Energiewende immer stärker. Der Strommarkt wird von Solar- und
Windenergie geflutet, die Vorrang im Netz haben. Damit wird der Markt für die
Kohle-, Gas- und Atomkraftwerke immer enger, die Preise fallen, die Margen
schwinden - und immer mehr Kraftwerke stehen komplett still. Dabei kann der
Konzern das Problem noch etwas kaschieren, weil er einen Großteil am Terminmarkt
verkauft. Das Problem wird aber immer drängender. 2015 wird das Ebitda auf bis zu
sieben Milliarden Euro sinken. „Das Fahrwasser bleibt schwierig“, sagte Teyssen.
Bei RWE sieht es nicht besser aus. Die hohen Abschreibungen und den Rekordverlust
hat der Konzern zwar schon vor einem Jahr verbucht. Das Ebitda brach aber um zehn
Prozent auf 7,1 Milliarden Euro ein - und wird 2015 auf bis zu 6,1 Milliarden sinken.
„Das Umfeld in der konventionellen Stromerzeugung verschlechtert sich schneller, als
wir gegensteuern können“, sagte Vorstandschef Peter Terium. Die Situation sei
„dramatisch“. 35 bis 45 Prozent der Kraftwerke verdienen kein Geld. Schon bald
könnte die Sparte, die einstmals die Hälfte des operativen Gewinns beisteuerte,
Verluste schreiben.
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Die Konzerne kommen mit dem Sparen nicht nach, immer neue Programme werden
aufgelegt. Welche Zukunft haben die Energiekonzerne noch, wenn nicht weniger als
das traditionelle Kerngeschäft, der Betrieb von großen Kraftwerken, wegbricht?
Verzweifelt suchen Terium und Teyssen nach neuen Wachstumsgeschäften. Aber für
groß angelegte Investitionen in erneuerbare Energien ist kaum Geld da. Und das
Geschäft mit Energiedienstleistungen ist mühsam.Teyssen hat deshalb den denkbar
radikalsten Weg eingeschlagen. Er spaltet Eon auf. Die Eon SE wird sich auf
erneuerbare Energien, Vertrieb und Netze konzentrieren. Die Kraftwerke werden in
eine neue Gesellschaft ausgelagert. Mitte 2016 soll es zwei Aktien geben - mit zwei
Chancen und zwei Risiken. Jürgen Flauger
Quelle: Flauger, J., Handelsblatt, Nr. 051, 13.03.2015, 53
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Dossier „Ökonomie mit Energie“ vom 18.03.2015
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Dossier „Ökonomie mit Energie“ vom 18.03.2015
Energiewende zieht auch EnBW in die Verlustzone
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Der drittgrößte deutsche Versorger EnBW leidet stark unter den Kosten der
Energiewende. Die Nummer drei der deutschen Energiekonzerne nach Eon und RWE
schrieb im vergangenen Jahr unterm Strich einen Verlust von 450 Millionen Euro.
Vorstandschef Frank Mastiaux, der den Energieriesen vom Atomkonzern zum
Ökostromerzeuger umbaut, kündigte deshalb ein weiteres Sparprogramm an. „Bis
2020 wollen wir zusätzlich zu den bereits erreichten 750 noch einmal 400 Millionen
Euro einsparen“, sagte der seit zweieinhalb Jahren amtierende EnBW-Chef in
Karlsruhe. In den kommenden drei Jahren könnten etwa 500 der insgesamt gut 20 000
Arbeitsplätze verloren gehen, sagte Mastiaux. EnBW hatte bereits im vergangenen
Jahr den Vorstand verkleinert. „Bei uns wird die Treppe von oben gekehrt“, sagte der
Manager.
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Die Badener kämpfen wie Eon und RWE mit dem Preisverfall. Der Ausbau der
Energiequellen Wind und Sonne macht Kohle- und Gaskraftwerke unrentabel. EnBW
musste Abschreibungen auf Kraftwerke von mehr als einer Milliarde Euro
vornehmen.
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Quelle: mwb, Handelsblatt, Nr. 054, 18.03.2015, 21
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RWE: In Westfalen droht ein Totalausfall
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Die Partnerschaft von RWE zu den Kommunen an Rhein und Ruhr ist nicht immer
einfach. Im Aufsichtsrat lassen die Vertreter der kommunalen Aktionäre, die
gemeinsam rund ein Viertel der Anteile halten, regelmäßig die Muskeln spielen.
Am Mittwoch ging es da vergleichsweise friedlich zu. Zuerst wurde der Vertrag von
Vorstandschef Peter Terium um fünf Jahre verlängert - mit den Stimmen der
Kommunen. Dann beschloss der Aufsichtsrat, dass die Dividende für 2014 stabil bei
einem Euro je Aktie bleiben soll - wie von den Kommunen gefordert.
Am Donnerstag dürfte es in der Konzernzentrale in Essen ungemütlicher werden.
Dann kommen die Vertreter von 23 Stadtwerken, die am Kraftwerksprojekt Gekko
von RWE beteiligt sind, zur Gesellschafterversammlung. Und es gibt großen
Diskussionsbedarf: Das einstige Prestigeprojekt könnte nach Informationen des
Handelsblatts endgültig zur Investitionsruine werden.
Mitte 2008 hatte RWE gemeinsam mit den 23 Stadtwerken, die zusammen 23 Prozent
halten, in Hamm in Westfalen den Bau von zwei Steinkohle-Kraftwerksblöcken
begonnen. Eigentlich sollte der Bau 2012 abgeschlossen sein und das Kraftwerk
Strom für drei Millionen Haushalte produzieren. Nach verschiedenen Pannen ging im
Sommer 2014 zwar ein Block ans Netz, die Inbetriebnahme des zweiten wurde aber
auf unbestimmte Zeit verschoben.
Am Donnerstag soll auf der Gesellschafterversammlung über das weitere Vorgehen
gesprochen werden. Wie es in Kreisen der Anteilseigner heißt, gibt es zwar ein
Sanierungskonzept. Das würde aber zwei weitere Jahre beanspruchen. Zudem wolle
Kraftwerksbauer Alstom dafür keine Gewährleistung übernehmen. Der gibt RWE die
Schuld an der Verzögerung, weil bei einem Probebetrieb 2013 versehentlich Salzsäure
in die Rohre gelangt war.
Die Situation ist so verfahren, dass die kommunalen Partner darauf drängen, den
Block endgültig aufzugeben. RWE lehnte eine Stellungnahme ab. Der Konzern soll
aber prinzipiell dazu bereit sein. Aber zu welchen Konditionen? Der Vertrag mit den
Kommunen läuft über beide Blöcke. Und von den geplanten zwei Milliarden Euro
Investitionen ist ein Großteil verbaut. Die Lage sei so verzwickt, dass das Problem
vermutlich auch am Donnerstag ungelöst bleibe.
Quelle: Flauger, J., Handelsblatt, Nr. 045, 05.03.2015, 17
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Heizen per App
Intelligente Thermostate reduzieren den Energieverbrauch - und werden zum
Schlüsselfaktor für die Branche.
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Schon mit dem Gang zum Auto lassen sich Heizkosten sparen - zumindest im
vernetzten Zuhause, neudeutsch Smart Home. Wenn der Letzte die eigenen vier
Wände verlässt, fährt die Heizung automatisch herunter. Alles, was es dafür braucht:
ein intelligentes Thermostat und ein Smartphone. Weil das Thermostat auf die
Standortdaten des Handynutzers zugreifen kann, funkt es ein Signal an die Heizung.
Je weiter weg sich der Hausbewohner bewegt, desto mehr fahren die Heizkörper
herunter. Eine solche Funktion bietet das Start-up Tado an. Die Münchener gelten als
einer der führenden Anbieter für smarte Temperaturregler. Tados Thermostat wird an
den Heizkessel angeschlossen und ist laut Unternehmen mit rund 5 000 europäischen
Heizungstypen kompatibel. „Wir sind überzeugt, dass unser Produkt nicht nur
effizient ist, sondern dem Verbraucher auch Arbeit abnimmt“, sagt Geschäftsführer
Leopold von Bismarck.
Durch das Smart Home ist das Thermostat plötzlich mehr als nur ein
Temperaturregler: Das Gerät kann in der digitalen Welt dafür sorgen, dass nur dann
geheizt wird, wenn der Bewohner auch zu Hause ist. Diese eigentlich naheliegende
Justierung drosselt Energiekosten. Einige Hersteller werben mit einer Reduktion von
bis zu 60 Prozent. Dem Thermostat kommt so eine besondere Rolle zu: Es wird zum
wichtigsten Treiber für das vernetzte Heim. Für Anbieter tut sich ein lukrativer Markt
auf. Die Wirtschaftsprüfung und Unternehmensberatungs Deloitte veranschlagt den
Umsatz von Smart-Energy-Anbietern auf 490 Millionen Euro im Jahr 2017. Es wären
fast 60 Prozent mehr als 2013.
Die Höhe der Heizkosten steigere die Bedeutung des Themas, meint Peter Hug: „Die
Heizung hat traditionell den größten Bedarf im Haushalt“, sagt der
Gebäudeautomation-Experte beim Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau
(VDMA). Studien zufolge sind Heizkörper für drei Viertel des Energieverbrauchs in
einem Haushalt verantwortlich. Natürlich lässt sich die Heizung auch per Hand
abdrehen. Doch man muss daran denken. Thermostate seien „die einfachste Form der
Regelung“, so Hug.
Zahlreiche Digital-Funktionen der Thermostate sind möglich - von der simplen
Zeiteinstellung über die Bedienung per Smartphone bis hin zu Algorithmen, die neben
persönlichen Gewohnheiten auch das Wetter einbeziehen. Das französische Start-up
Netatmo bietet eine Funktion an, mit der das Thermostat auch auf Faktoren wie
Isolierung und Außentemperatur reagiert. „Unser Thermostat ist einfach zu
installieren und einfach zu nutzen“, wirbt Unternehmensgründer Fred Potter. Wie
auch bei Tado funktioniert das Thermostat von Netatmo über den Heizkessel.
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Die Steuerung von Thermostaten ist nicht nur zentral möglich, sondern auch in
einzelnen Räumen. Beim Energieversorger RWE funktioniert die Bedienung über
Ventile. Zwar haben sie den Nachteil, dass sie einzeln in jedem Raum angebracht
werden müssen, doch sie sind dafür auch in Mietwohnungen einsetzbar. Volker Brink,
Manager bei RWE Effizienz, sieht noch einen weiteren Vorteil: „Der Kunde kann die
Thermostatventile genau für die Räume kaufen, für die er sie benutzen will.“ So
würden manche Kunden ein Thermostat im Bad installieren, aber nicht in der Küche.
Wenn der Kunde viele Räume digital kontrollieren will, kann das jedoch die Kosten
treiben. Der Preis für ein Thermostat bei RWE liegt bei 50 Euro. Bei mobiler Nutzung
kommen noch einmal 15 Euro jährlich hinzu. Zum Vergleich: Tado nimmt 250 Euro
für sein Thermostat, Netatmo 180 Euro.
Die Frage nach der Energieeffizienz geht längst über Privathaushalte hinaus. Während
sich Tado, Netatmo oder RWE gezielt an den Endverbraucher richten, spezialisieren
sich Unternehmen wie MeteoViva aus Jülich auf mehr Effizienz am Arbeitsplatz. Es
geht um Großprojekte: Das Unternehmen hat am Bonner Post Tower und am Neubau
der EZB-Zentrale in Frankfurt mitgearbeitet und die Eventstätte BMW Welt
energetisch optimiert. „In Nutzgebäuden macht eine solche Regelung noch mehr Sinn
als in Privathaushalten“, sagt VDMA-Experte Hug. Mitarbeiter würden selten die
Heizung nach unten schrauben. Das Wort „Smart“ hat dort allerdings eine andere
Bedeutung als im Einfamilienhaus. „Durch Licht und Computer ist die
Wärmeentwicklung in einem Bürogebäude höher als in einem Privathaushalt“,
bemerkt Markus Werner, Gründer von MeteoViva. So sei es an Arbeitsplätzen
tendenziell eher zu warm als zu kalt.
MeteoViva setzt auf Simulationen: In die Prognosen für den Energiebedarf fließen
sowohl die Bauphysik als auch die Wettervorhersage mit ein. MeteoViva funktioniert
über eine kleine Box, die sich über ein Internetportal steuern lässt. Mitarbeiter
bekommen dabei unterschiedliche Zugriffsrechte eingeräumt. Nicht jeder darf das
Heizprofil verändern - und auch die Maximaltemperatur legt der Betreiber vorher fest.
Weniger geht immer.
Quelle: Hegemann, L., Handelsblatt, Nr. 048, 10.03.2015, 24
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Warnung vor ungebetenen Gästen
Die Sorge vor virtuellen Eindringlingen hemmt den Smart-Home-Markt. Die Industrie
arbeitet mit Hochdruck an sicheren Verbindungen.
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Den kleinen Lauschangriff gab es zum Abend auf der Couch gratis dazu: Vor wenigen
Wochen wurde bekannt, dass die per Sprache gesteuerten smarten Fernseher von
Samsung die aufgezeichneten Daten zur weiteren Auswertung an einen Drittanbieter
übermitteln.
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Neue Möglichkeiten, neue Sorgen: Die Verknüpfung von digital aufgerüsteten
Haushaltsgeräten kann das Leben angenehmer und sicherer machen. Doch intelligente
Häuser bieten auch neue Angriffspunkte für Datendiebstahl und Manipulationen. „Das
Smart Home ist ein Punkt, an dem die digitale Welt und die physische Umgebung
intensiv in Kontakt treten“, schreiben Wissenschaftler der EU-Agentur für Netzwerkund Informationssicherheit (ENISA). „Das wird für beide Welten neue und noch
unbekannte Gefahren und Verwundbarkeiten mit sich bringen.“
Die Technologiefirma HP suchte 2014 in einer Studie nach Lücken. Bei 60 Prozent
der Smart-Home-Geräte fand man Zugangsmöglichkeiten für Fremde. 70 Prozent
nutzten unverschlüsselte Netzwerkverbindungen. An Gegenmaßnahmen wird eifrig
gearbeitet: In Deutschland tüftelt eine Allianz am „Smart Home ready“-Siegel, das
zuverlässige Lösungen kennzeichnen soll. An der technischen Basis ist auch ein
Normungsausschuss des Verbands der Elektrotechnik, Elektrik und
Informationstechnik (VDE) tätig.
Die Ingenieure richten ihr Augenmerk auf Gateways, sichere Übertragungsbrücken
also. Denn im Haushalt von morgen treffen diverse Technologien verschiedener
Anbieter aufeinander. Mit einer gemeinsamen Plattform, die nach Ansicht der ENISA
möglichst mit Open-Source-Protokollen funktioniert, könnte man die Sicherheit
steigern. Zwar sei vieles normungstechnisch gut abgedeckt, aber die Standards würden
kaum gemeinsam genutzt, bemängelt der VDE.
Los geht es aber schon bei simpleren Dingen wie der Passwortvergabe. Acht von zehn
Geräten im HP-Test forderten den Benutzer nicht auf, einen komplexen Zugriffscode
zu wählen. Forscher des Fraunhofer-Instituts für Kommunikation,
Informationsverarbeitung und Ergonomie warnen ebenfalls: Passwortsicherheit sei
auch im Smart Home oberstes Gebot.
Stimmen die Schutzmaßnahmen, können Smart-Home-Lösungen dazu beitragen, die
physische Sicherheit zu erhöhen: Automatisch aktivierte Rollladen täuschen in der
Urlaubszeit ein bewohntes Haus vor. Wenn doch etwas passiert, werden durch Türoder Fenstersensoren die Überwachungskameras aktiviert. Die schlagen Alarm,
informieren den Geschädigten per SMS und senden Bilder der Eindringlinge zur
Beweissicherung in die private Cloud.
Quelle: Heckel, M., Handelsblatt, Nr. 048, 10.03.2015, 24
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EU-Energiepolitik soll effizienter werden
Internes Kommissionspapier: Mehr Forschung, bessere Wettbewerbsfähigkeit,
weniger Emissionen.
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Die EU-Kommission will Forschung und Entwicklung im Bereich der
Energietechnologie vorantreiben. Das geht aus einem Strategiepapier zur
Energieunion hervor, das die Kommission derzeit intern diskutiert und das dem
Handelsblatt vorliegt. „Wenn es um saubere, kohlenstoffarme Technologien geht,
verlieren wir an Boden. Diese Fakten dürfen wir nicht länger ignorieren“, warnt das
Team des für die Energieunion zuständigen Vizepräsidenten der Kommission, Maros
Sefcovic. Gelänge es nicht, die nationale Fragmentierung des Energiemarkts zu
überwinden, werde es infolge der damit verbundenen wirtschaftlichen, sozialen und
umweltpolitischen Kosten immer schwieriger, den Weg in eine kohlenstoffarme
Wirtschaft zu beschreiten. Am 25. Februar macht Brüssel die Vorschläge öffentlich.
Das Projekt ist eine der politischen Prioritäten der Kommission unter Jean-Claude
Juncker. Ziele sind eine bessere Versorgungssicherheit, die Vollendung des
Energiebinnenmarkts sowie die weitere Reduzierung der CO2-Emissionen in der
Wirtschaft. „Unsere gegenwärtige Energiepolitik ist nicht nachhaltig und muss in
jeder Hinsicht neu gestaltet werden“, betont Vizepräsident Sefcovic. Die EU deckt
ihren Energiebedarf zu 55 Prozent aus Einfuhren.
Eines von fünf Kernelementen der Energieunion ist eine verbesserte
Innovationspolitik. Sie soll die EU davor bewahren, ihre Stellung bei nachhaltigen
Technologien zu verspielen. Tatsächlich finden immer mehr technologische
Durchbrüche außerhalb Europas statt. Unter den zehn weltweit führenden
Solarunternehmen ist keines aus der EU. „Unsere Energieabhängigkeit sollte nicht
auch noch in einer Technologieabhängigkeit münden“, warnt Brüssel - und entwickelt
nun eine Strategie, die den Trend stoppen soll. Investitionen sollen demnach stärker an
Innovationen mit besonders hohem Mehrwert ausgerichtet sein und weniger an
ausgereiften Technologien. So schwärmen die Experten im Papier von „einem
Element der Zerstörung alter Technologien und Geschäftsmodelle“. Nur so könnten
neue Geschäftsfelder entstehen. Smart Grids, Speichertechnologien, Fernwärme- und
Fernkühlungssysteme sowie Windkraft und mehr Effizienz sind die Stichworte.
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Doch nicht nur der nachhaltigen Innovation soll die Energieunion neue Impulse
verleihen. Um sich aus der Versorgungsabhängigkeit von Russland zu lösen, soll
Europa stärker an die Gasvorkommen im Mittelmeerraum angebunden werden.
Infrastrukturlücken sollen geschlossen und der erhöhten Produktion aus erneuerbaren
Energien angepasst werden. Um den Energieverbrauch zu senken, gerät der
Gebäudesektor noch stärker ins Visier. Rund 90 Prozent der Gebäude verschwendeten
Energie, deshalb soll es mehr finanzielle Anreize für die Sanierung geben.
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Wer mit den Plänen zur Energieunion auf den großen Wurf hofft, dürfte indes
enttäuscht werden. „Die Kommission hat hohe Erwartungen geweckt, serviert aber
viel neuen Wein in alten Schläuchen“, heißt es im Umfeld großer Versorger. Dort
begrüßt man, dass zumindest die Idee einer EU-weiten Gaseinkaufsgemeinschaft vom
Tisch ist. Im Papier ist die Rede davon, einen Mechanismus auszuloten, der es Staaten
ermöglicht, sich in Krisenzeiten freiwillig zusammenzutun, um die
Verhandlungsposition zu verbessern.
Grundsätzlich will die Kommission künftig mehr koordinieren und besser informiert
werden von den Staaten - energiepolitische Alleingänge soll es nicht mehr geben.
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Quelle: Ludwig, T., Handelsblatt, Nr. 027, 09.02.2015, 8
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Koalition der tiefen Gräben
CDU, CSU und SPD sind sich mittlerweile in großem Misstrauen verbunden. Das
lähmt die Regierung.
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[…] Die Liste der Streitigkeiten wird länger und länger: Merkels und Seehofers Plan,
den Soli auslaufen zu lassen, erzürnt Gabriel. Auch beim Bau neuer Stromautobahnen
liegen der CSU- und der SPD-Chef über Kreuz. Der bayerische Ministerpräsident
torpediert das Lieblingsprojekt des Wirtschaftsministers, die Energiewende. Gabriels
Vorrat an Geduld sei aufgebraucht, er sei entnervt, heißt es in Koalitionskreisen. Er
hatte anfangs gehofft, die Kanzlerin würde Seehofer umstimmen. Doch es tut sich
nichts. Und das Zutrauen der Sozialdemokraten in den Chef des Bundeskanzleramts,
Peter Altmaier (CDU), der solche Streitigkeiten eigentlich schlichten und für
möglichst reibungslose Arbeit in der Koalition sorgen müsste, schwindet. „Es ist
offensichtlich, dass es ihm nicht ausreichend gelingt, für Ausgleich zu sorgen“, klagt
ein Koalitionär. […]
Stromtrassen: Gestörte Verbindung
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Aus Sicht von Sigmar Gabriel (SPD) ist die Sache klar: Zusätzliche Stromautobahnen
sind erforderlich, um den Windstrom aus dem Norden Deutschlands in die
Verbrauchszentren im Süden zu bringen. Das gilt umso mehr, weil gerade in Bayern
und Baden-Württemberg in den kommenden Jahren Kernkraftwerke vom Netz gehen
und Strom dort ohne zusätzliche Leitungen aus dem Norden zur Mangelware zu
werden droht.
Bis zum Herbst vergangenen Jahres war auch Bayern auf dieser Linie. Doch dann
scherte Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) aus, weil er bemerkt hatte, dass große
Teile der Bevölkerung die Leitungen ablehnen. Er verordnete ein Moratorium für den
Leitungsbau in Bayern und rief einen „Energiedialog“ ins Leben. Im Februar
verkündete seine Wirtschaftsministerin Ilse Aigner das Ergebnis: Statt der zwei
Stromautobahnen, die von Norddeutschland bis nach Bayern führen sollen, seien nur
„zwei minus x“ erforderlich - also höchstens eine. Am liebsten möchten die Bayern
auch diese Leitung überflüssig machen. Dafür sollen Gaskraftwerke in Bayern gebaut
werden. Die wiederum soll der Bund subventionieren. Bayern will sich so möglichst
energieautark machen.
Im Bundeswirtschaftsministerium bewertet man Seehofers Plan als energiepolitischen
Amoklauf. Das Haus stützt sich dabei auf den Bundesbedarfsplan, der den
erforderlichen Stromleitungsausbau für die nächsten Jahre definiert - und den Bayern
im Bundesrat durchgewinkt hat. Die Netzbetreiber stehen derweil parat, ihrem
gesetzlichen Auftrag zu folgen: Sie wollen die Leitungen bauen. Gegen den
Widerstand Bayerns dürfte das schwierig werden. Eine Lösung des Problems ist nicht
Sicht.Klaus Stratmann.
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Energetische Gebäudesanierung: Projekt beerdigt
Deutschland hat sich ehrgeizige Ziele für die Steigerung der Energieeffizienz gesetzt.
Nachzulesen sind sie im Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz (Nape) aus dem
Bundeswirtschaftsministerium, den das Bundeskabinett Ende 2014 verabschiedet
hatte. Zu den im Nape aufgeführten Instrumenten, die der Erreichung der
Effizienzziele dienen sollen, zählt die steuerliche Förderung der energetischen
Gebäudesanierung. Doch dieses Instrument wird nicht kommen.
Aus Sicht der SPD erklärt sich das Scheitern so: CSU-Chef Horst Seehofer habe sich
beim Treffen der Koalitionsspitzen Ende Februar nicht darauf einlassen wollen, zur
Gegenfinanzierung des Vorhabens den Handwerkerbonus abzuschmelzen. Die CSU
sieht die Sache anders und wirft der SPD vor, sie versuche, „die bayerische Position
falsch darzustellen“. Seit 2006 können Bürger Handwerkerleistungen bei der Steuer
absetzen. Der 2009 erweiterte Steuerbonus beträgt 20 Prozent der Aufwendungen,
höchstens 1 200 Euro im Jahr.
Im Moment deutet nichts darauf hin, dass die steuerliche Förderung der
Gebäudesanierung noch Realität wird. In Koalitionskreisen heißt es, viele Eigentümer
würden derzeit Sanierungen zurückstellen, weil sie noch auf den Steuervorteil
warteten. Wenn man diesen Attentismus auflösen wolle, müsse man den Leuten
reinen Wein einschenken und das Projekt endgültig beerdigen.
Das Aus für die steuerliche Förderung der energetischen Sanierung ist insbesondere
für Wirtschaftsminister Gabriel ein Ärgernis. In seinem Energieeffizienzplan nimmt
das Instrument eine wichtige Rolle ein.
Quelle: Stratmann, K., Handelsblatt, Nr. 050 vom 12.03.2015 Seite 006
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Vattenfall: Mit beschränkter Haftung
Der Energiekonzern Vattenfall ändert seine Struktur. Kann er damit Kosten für den
Abriss der Atomkraftwerke abwälzen?
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Die Bundesregierung tappt im Umgang mit den Atomrückstellungen im Dunkeln. Das
belegt die Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums auf eine Anfrage der Grünen,
die dem Handelsblatt vorliegt. So räumt das Ministerium ein, ihm seien die
Einzelheiten der aktuellen Umstrukturierungspläne bei Vattenfall „nicht bekannt“.
Und über die Folgen der bereits 2012 vorgenommen Umstrukturierung bei Vattenfall
für die nuklearen Entsorgungsverpflichtungen habe man „keine Erkenntnisse“, heißt
es in der Antwort des Ministeriums.
Die vier Betreiberkonzerne sind gesetzlich verpflichtet, für den Rückbau von
Kernkraftwerken und für die Lagerung der abgebrannten Brennelemente
Rückstellungen zu bilden. Sie belaufen sich nach Angaben des
Wirtschaftsministeriums derzeit auf 36 Milliarden Euro. Sollten die Rückstellungen
nicht ausreichen, haften die Unternehmen bis zum letzten Cent. Politiker und
Fachleute warnen, die Unternehmen könnten bestrebt sein, die Haftung zu begrenzen.
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Bereits 2012 hatte Vattenfall die für Deutschland bis dahin zuständige Holding
Vattenfall Europe AG auf die Vattenfall Deutschland GmbH verschmolzen und in
Vattenfall GmbH umbenannt. Damit endete der Beherrschungsvertrag zwischen dem
schwedischen Mutterkonzern Vattenfall AB und Vattenfall Europe. Vor allem aber
endete damit auch die Haftung der Schweden für die deutschen Atomlasten. Das
Unternehmen bestätigt, dass die Haftung von Vattenfall nur bis zur obersten deutschen
Konzerngesellschaft reicht. Bis zur Umstrukturierung dagegen war auch der
schwedische Mutterkonzern im Boot.
Die Energiekonzerne stehen jeweils als Ganzes für die Rückstellungen gerade - und
nicht nur die Gesellschaft, die für den Betrieb eines Kernkraftwerks eingerichtet
wurde. Die Klammer zwischen der Betriebsgesellschaft und dem Gesamtkonzern
bilden Gewinnabführungs- und Beherrschungsverträge oder Patronatserklärungen.
Grundlage dafür ist eine noch bis April 2022 geltende Vereinbarung, die die vier
Kernkraftwerksbetreiber 2001 untereinander geschlossen haben. Was passiert, wenn
die im April 2022 endende Vereinbarung ausläuft, ist unklar. Wenn nichts weiter
geschieht, haftet nur die Betriebsgesellschaft des jeweiligen Kernkraftwerks.
Wird Vattenfall schon vorher die Haftung in Deutschland verkürzen? Derzeit
verhandelt das Unternehmen über den Verkauf seiner Braunkohle-Aktivitäten in
Ostdeutschland. Experten schätzen den Wert dieser Sparte, die aus Tagebauen und
Kraftwerken besteht, auf Beträge zwischen zwei und vier Milliarden Euro. Aus Sicht
der Grünen besteht die Gefahr, dass ein Verkauf die Haftungsmasse verkürzt: „Die
Bundesregierung weiß im Prinzip nicht, was Vattenfall vorhat. Sie verkennt völlig,
dass die Umstrukturierung mit einem Milliardenrisiko für uns Steuerzahler
einhergehen kann, wenn wir für Rückbau und Entsorgung der Atomaltlasten
Vattenfalls einspringen müssen“, sagte Sylvia Kotting-Uhl, atompolitische Sprecherin
der Grünen, dem Handelsblatt. Die Regierung sei „im Blindflug unterwegs“, kritisiert
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sie. Ein Vattenfall-Sprecher sagte, das Unternehmen werde „natürlich dafür Sorge
tragen, dass die gesetzlichen Bedingungen erfüllt werden“.
An Brisanz gewinnt das Thema durch die Ankündigung von Eon-Chef Johannes
Teyssen, seinen Konzern in zwei Teile aufzuspalten. Und zwar in einen für die
Zukunft (erneuerbare Energien, Netze) und einen für die Historie (Kohle, Atom, Gas).
Die Atomrückstellungen von 14,6 Milliarden Euro gehen an diesen zweiten Teil.
Sollten die Rückstellungen nicht ausreichen, würde nach einer Übergangsfrist nur
noch der zweite Teil haften: Die Nachhaftung des ersten Teils besteht nicht
unbegrenzt.
Die Bundesregierung müsse die „diversen Signale“ der Kernkraftwerksbetreiber
„endlich ernst nehmen und handeln“, warnt Kotting-Uhl. Erforderlich sei ein
öffentlich-rechtlicher Fonds für die Atom-Rückstellungen. Für die Konzerne könnte
das teuer werden. Sie müssten die Rückstellungen mobilisieren und würden weiter in
Anspruch genommen werden, wenn die Rückstellungen nicht ausreichen.
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Die Unternehmen propagieren eine andere Lösung: Sie wollen dem Staat die
Rückstellungen nebst den Kernkraftwerken überantworten. Dahinter steckt die
Überlegung, dass sich die derzeitige Regelung zu einem Fass ohne Boden entwickelt.
Die Betreiber müssen zwar für die Kosten der Atommülllagerung aufkommen, haben
aber keinen Einfluss auf die Bedingungen, unter denen das geschieht, weil das Thema
fest in der Hand der Politik liegt. Zuletzt hatten sich Bund und Länder darauf
verständigt, die Suche nach Endlagerstätten neu aufzurollen. Die Kosten sind nach
oben unbegrenzt.
Quelle: Stratmann, K., Handelsblatt, Nr. 051, 13.03.2015, 10
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Atomkraft, ja bitte?
Die Klimaziele der EU wecken in der Nuklearbranche neue Hoffnungen.
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Yves Brachet ist guter Dinge. Nachdem die EU soeben ihr Verhandlungsangebot für
die internationale Klimakonferenz in Paris auf den Tisch gelegt hat, ist für den
Europapräsidenten des Technologiekonzerns Westinghouse Electric Company klar:
„Will die EU ihre Klimaziele erreichen, kann sie es sich nicht leisten, die Vorzüge der
Nuklearenergie zu ignorieren.“
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Tatsächlich will die EU den Ausstoß des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) bis
2030 um 40 Prozent im Vergleich zu 1990 reduzieren. Die Nuklearbranche hofft, vom
Ehrgeiz der Europäer profitieren zu können. Derzeit sind in 14 EU-Staaten 131
Kernkraftwerke in Betrieb. Sie liefern rund ein Drittel des in der EU produzierten
Stroms. Laut Westinghouse helfen sie damit, jährlich 600 Millionen Tonnen Ausstoß
von CO2 zu vermeiden. Die zu Toshiba gehörende Westinghouse ist auf Technologie
zum Bau von Atomreaktoren spezialisiert.
In mehreren EU-Staaten stößt die Branche auf offene Türen. Allein Polen listet für
den Einstieg in die Kernenergie Projektkosten von gut zwölf Milliarden Euro auf.
Auch Rumänien, Lettland und Ungarn haben Investitionen in Atomenergie
angekündigt. Insgesamt acht Staaten fordern in einem Brief an die Kommission, die
Pläne für eine Europäische Energieunion nachzubessern und der Förderung von
Kernenergie mehr Bedeutung beizumessen. Atomkraftgegner sind alarmiert. Erst im
Oktober 2014 hat die Kommission britische Staatshilfen in Höhe von umgerechnet
rund 22 Milliarden Euro für das Atomkraftwerk Hinkley Point des Landes erlaubt.
Tschechien betrachtet das als Präzedenzfall für das Kernkraftwerk Temelin; auch dort
wird der Bau neuer Reaktorblöcke ohne öffentliche Subventionen nicht zu realisieren
sein.
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In der EU sorgt die neu entflammte Debatte um Kernkraft für Streit. Vor allem
Deutschland bremst. „Eine 50 Jahre alte Technologie, die sich nicht rechnet, mit
Steuermitteln zu fördern geht gar nicht“, betonte Bundeswirtschaftsminister Sigmar
Gabriel (SPD). Deutschland werde einer öffentlichen Förderung von Atomenergie
nicht zustimmen.
Quelle: Ludwig, T., Handelsblatt, Nr. 051, 13.03.2015, 10
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Betreiber fordern Hilfe vom Staat
Das Bereithalten von Reserven soll vergütet werden.
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Die Probleme beim Gaskraftwerk in Irsching brachten Eon-Chef Johannes Teyssen
am vergangenen Mittwoch bei der Bilanz-Pressekonferenz regelrecht in Rage: „Eines
der modernsten Kraftwerke der Welt - ideal zur Unterstützung von Wind und Sonne,
weil flexibel und höchst effizient - kann derzeit kaum noch seine Kosten
erwirtschaften“, sagte er. Der Beitrag, den Irsching zur Stabilisierung der
Stromversorgung leiste, habe „eine angemessene und faire Vergütung“ verdient.
Die Situation der Gaskraftwerke in Deutschland ist in der Tat paradox. Vor wenigen
Jahren wurden sie von der Politik eingefordert, weil sie bei der Energiewende die
ideale Ergänzung zu den erneuerbaren Energien sind. Gaskraftwerke können rasch
hoch- und runtergefahren werden - und so einspringen, wenn Wind- und
Sonnenenergie wetterbedingt keinen Strom liefern.
Tatsächlich werden sie aber gerade durch den Boom der Erneuerbaren aus dem Markt
gedrängt. Weil grüner Strom vorrangig ins Netz eingespeist wird, sinkt der Anteil des
Stromverbrauchs, den Atom-, Kohle- und Gaskraftwerke bedienen dürfen. Innerhalb
von drei Jahren sind die Strompreise im Großhandel um 20 auf 32 Euro je
Megawattstunde abgestürzt. Das trifft vor allem Gaskraftwerke, die zwar günstig im
Bau sind, aber teuer im Betrieb.
„Es gibt niemanden, der die Notwendigkeit von effizienten und flexiblen
Gaskraftwerken bestreitet, wenn es um die Frage geht, wie man die wetterabhängigen
Energieformen absichern will“, klagte Teyssen, „aber vom öffentlichen Bekenntnis
bis zur praktischen Tat ist es ein weiter Weg.“ Die Branche fordert einen
Kapazitätsmarkt, der die Betreiber alleine für das Bereithalten von
Reservekraftwerken belohnt. Aktuell hat die Bundesnetzagentur zwar die Möglichkeit,
Kraftwerke in Sonderfällen zu entlohnen. Nach Teyssens Worten reicht das zwar für
alte und abgeschriebene Anlagen, nicht aber für neue, weil Kapitalkosten und
Abschreibungen nicht berücksichtigt würden. Jürgen Flauger
Quelle: Flauger, J., Handelsblatt, Nr. 052, 16.03.2015, 17
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Dossier „Ökonomie mit Energie“ vom 18.03.2015
EU bremst Ungarn bei Atomplänen
Brüssel verlangt Alternativen zum Nuklearbrennstoff aus Russland.
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Die EU-Kommission will Umgarn bei einem milliardenschweren Atomgeschäft mit
Russland bremsen. Demnach teilt die Kommission die Einwände der Atombehörde
Euratom gegen den Plan der rechtspopulistischen Regierung in Budapest, zwei neue
Atomreaktoren ausschließlich mit Nuklearbrennstoff aus Russland zu befeuern. Eine
solche Vereinbarung werfe Fragen der Versorgungssicherheit auf, hieß es in Brüssel.
Zwei oder drei Bezugsquellen seien erforderlich. Damit würden auch nicht-russische
Unternehmen ins Geschäft mit Ungarn kommen.
2014 hatte sich Moskau bereiterklärt, mit einem Kredit von zehn Milliarden Euro zwei
neue Reaktorblöcke für das Atomkraftwerk in Paks zu bauen. Damit hat Ungarns
Premier Viktor Orbán sein Land auf Jahrzehnte an Russland gebunden. Die
Reaktorblöcke werden vom russischen Konzern Rosatom errichtet. Der Brennstoff für
die Reaktoren soll exklusiv von Russland geliefert werden.
Eine Sprecherin der EU-Kommission bekräftigte, die Einwände bezögen sich nur auf
die Brennstoffversorgung und nicht auf den Reaktorneubau. Die Euratom-Agentur
ESA muss grundsätzlich alle Importe von nuklearem Brennstoff in die EU
genehmigen. Die Regierung unter Premier Viktor Orbán sieht unterdessen kein ernstes
Problem für ihre ehrgeizigen Atomkraftpläne in Paks. Regierungssprecher Zoltan
Kovacs sagte, die kolportierte Blockade von Paks durch Brüssel sei eine
Falschmeldung. Insider in Ungarn nehmen die Bedenken der EU-Kommission nicht
allzu ernst.
Während Ungarn die Nähe zu Russland sucht, will die Ukraine künftig Brennstoff von
Westinghouse in den USA beziehen. Ungarns Premier Orbán sagte dem Handelsblatt
zuletzt zur Abhängigkeit von Russland, die die ungarischen Atompläne für Kritiker
mit sich brächten: „Wir haben das allen Ländern angeboten. Die Bedingung war, dass
es sicher sein muss, der Partner die nötigen Finanzressourcen mitbringt und das AKW
im Besitz des ungarischen Staates bleibt. Nur die Russen waren dazu bereit.“
Quelle: Ludwig, T./Siebenhaar, H.-P., Handelsblatt, Nr. 052, 16.03.2015, 12
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Dossier „Ökonomie mit Energie“ vom 18.03.2015
Rückschritte bei der Kraft-Wärme-Kopplung
Große Koalition verabschiedet sich vom Ziel des 25-Prozent-Anteils an der
Stromerzeugung.
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Der Anteil der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) an der Stromerzeugung von derzeit
etwa 17 Prozent dürfte sich in den nächsten Jahren kaum mehr stark erhöhen. Der
Grund: Die Große Koalition entwickelt bei der Novelle des KWK-Gesetzes keinen
besonderen Ehrgeiz. Vom seit Jahren formulierten Ziel, den KWK-Anteil bis 2020 auf
25 Prozent zu steigern, ist nicht mehr die Rede. „Aus meiner Sicht ist es falsch, sich
zu stark auf das 25-Prozent-Ziel zu fixieren. Die ersten 20 Prozent sind die
wichtigsten“, sagte Florian Post, Berichterstatter der SPD-Bundestagsfraktion bei der
Novellierung des KWK-Gesetzes, dem Handelsblatt. Auch Unionspolitiker wie
Fraktionsvize Michael Fuchs (CDU) haben sich davon verabschiedet, das 25-ProzentZiel hoch zu halten.
In KWK-Anlagen wird die bei der Stromproduktion entstehende Wärme genutzt, etwa
für Heizzwecke oder für industrielle Prozesse. Bei einem großen Teil konventioneller
Kraftwerke dagegen entweicht die Wärme komplett ungenutzt. KWK-Anlagen haben
daher im Vergleich zu herkömmlichen Kraftwerken einen höheren Wirkungsgrad von
bis zu 90 Prozent und leisten somit einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz.
Gefördert werden die Anlagen über das KWK-Gesetz, das den Betreibern - ähnlich
wie das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) - eine bestimmte Vergütung garantiert.
Die Kosten werden auf die Stromverbraucher umgelegt. 2013 summierte sich die
KWK-Förderung auf 350 Millionen Euro. Zum Vergleich: Die EEG-Förderung
überschreitet mittlerweile die Grenze von 20 Milliarden Euro pro Jahr.
Die Große Koalition ist zwar bereit, für die KWK-Förderung mehr Geld auszugeben.
„Auf mindestens eine Milliarde Euro sollte man sich schon verständigen“, sagt SPDParlamentarier Post. Die von Branchenverbänden geforderten Summen lehnt er
dagegen ab: „Vier Milliarden Euro pro Jahr sind illusorisch.“ Er geht davon aus, dass
„spätestens im Juni“ ein Gesetzentwurf aus dem Wirtschaftsministerium vorliegt. Die
Förderung solle auf Anlagen konzentriert werden, die der öffentlichen Versorgung
dienen, so Post. Andere Anlagen dagegen sollen leer ausgehen: „MiniBlockheizkraftwerke, wie sie etwa von Hotels und Krankenhäusern eingesetzt werden,
erzielen mit der KWK-Förderung zweistellige Renditen. Solche Anlagen brauchen
künftig gar keine KWK-Förderung mehr.“ Eingriffe in den Bestand schließt Post aus.
Aus Sicht der Unterstützer der KWK-Technik behandelt die Große Koalition das
Thema stiefmütterlich. „KWK trägt zu einer klimaverträglichen und bedarfsgerechten
Strom- und Wärmeversorgung bei und ist eine sinnvolle und notwendige Ergänzung
zu den fluktuierenden erneuerbaren Energien im Strommarkt“, sagte GrünenFraktionsvize Oliver Krischer dem Handelsblatt. In den Reihen der SPD gibt es viele
Abgeordnete, die das ebenso sehen: „Die Politik muss am 25-Prozent-Ziel festhalten“,
sagte Dirk Becker, wirtschafts- und energiepolitischer Sprecher der SPD-Fraktion,
dem Handelsblatt. Mit der anstehenden Gesetzesnovelle, so Becker, müsse „der
Rückstand bei der hocheffizienten und flexiblen KWK aufgeholt werden“.
Quelle: Stratmann, K., Handelsblatt, Nr. 053, 17.03.2015, 9
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Dossier „Ökonomie mit Energie“ vom 18.03.2015
Gemeinsam unabhängig werden
Die EU will die Energieversorgung sicherer und nachhaltiger machen. Doch Details
der „Energieunion“ sind vor dem Gipfel umstritten.
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Die Lösung liegt im Schulterschluss, das Ziel heißt Einigkeit: Die Staats- und
Regierungschefs der Europäischen Union werden an diesem Donnerstag in Brüssel
über die Vorschläge der EU-Kommission zur Schaffung einer „Energieunion“ beraten.
Die von der Behörde vorgestellte Initiative soll eine „sichere, nachhaltige,
wettbewerbsfähige und erschwingliche Energie“ für Bürger und Unternehmen
sicherstellen.
Dabei ist der kleinste gemeinsame Nenner zwischen den 28 EU-Staaten unstrittig:
Europa will sich aus der Energieabhängigkeit von Russland lösen. Über Details aber
wird gestritten. Während vor allem die osteuropäischen Staaten den Schwerpunkt auf
Versorgungssicherheit - und damit auch auf Kohle und Kernkraft - legen wollen,
mahnen Deutschland, Dänemark und Österreich mehr Engagement bei
Energieeffizienz und Erneuerbaren an. Die Fakten sind klar, die Abhängigkeit ist
groß: Zuletzt importierte die EU rund 53 Prozent ihres Energieaufkommens für etwa
400 Milliarden Euro jährlich. Sechs Mitgliedstaaten beziehen ihre gesamten
Erdgaslieferungen aus Russland. Nun soll die EU Lücken in der Strominfrastruktur
schließen, mehr Flüssiggas importieren und verstärkt auf Gaslieferungen aus dem
Mittelmeerraum und der kaspischen Region zurückgreifen.
Mehrere EU-Staaten setzen aber auf Atomstrom und haben in einem Brief an die
Kommission dafür plädiert, der Nuklearenergie mehr Bedeutung beizumessen. Polen,
Tschechien, Ungarn, Lettland und Rumänien haben Milliardeninvestitionen in die
Kernkraft angekündigt. Und Großbritannien hat bereits die Zustimmung der
europäischen Wettbewerbsaufsicht für Subventionen im Nuklearbereich in
Milliardenhöhe erhalten. Berlin passt das gar nicht. Beim Gipfel am Donnerstag wird
also noch viel zu diskutieren sein. Insbesondere die Position Polens sorgt für
Zündstoff. „Polen sieht Kohle und Atomkraft nicht als Auslaufmodelle, sondern als
Assets, die in der Auseinandersetzung mit Russland wertvolle Dienste leisten
können“, heißt es in der Energiebranche.
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Lässt sich die Regierung in Warschau umstimmen? „Polen müssen wir wohl kaufen“,
verlautet aus Diplomatenkreisen. Nur mit neuen Strukturfördermitteln lasse sich das
Land wohl zum Klimaschützer machen. Im Entwurf zur Gipfelerklärung ist nach
zähen Verhandlungen zumindest davon die Rede, die Gesetzgebung hinsichtlich der
„Emissionsreduzierung, Energieeffizienz und Erneuerbaren gemäß den vereinbarten
Zielen für das Jahr 2030“ zu schaffen. „Die Energiesicherheit lässt sich durch den
Rückgriff auf einheimische Ressourcen wie auch auf sichere und umweltverträgliche,
kohlenstoffarme Technologien verbessern“, heißt es in dem Papier, das dem
Handelsblatt vorliegt.
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Analysen im Rahmen des EU-Projekts „Towards 2030“ zeigen, dass verstärkte
Anstrengungen beim Energiesparen in den Staaten an der EU-Ostgrenze den
Gasbedarf um 14 Prozent senken könnten. Das entspräche einer Ersparnis von rund
3,5 Milliarden Euro pro Jahr. Eine stärkere Nutzung regenerativer Energien reduziere
den Bedarf zusätzlich. Gleichwohl ist beispielsweise Polen nur schwer dazu zu
bewegen, mehr Energie zu sparen. Zwar haben die EU-Staaten vereinbart, die
Effizienz bis 2030 um 27 Prozent zu verbessern. Das Ziel ist aber weder verbindlich
noch auf nationale Ziele heruntergebrochen - Warschau und London hatten das
verhindert. Nicht zuletzt auf Betreiben Deutschlands gibt es Überlegungen, im
Rahmen der Energieunion nachzubessern.
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Auch bei der Reform des Emissionshandels hat Polen eine Sperrminorität organisiert.
Die Herausnahme von zwei Millionen Verschmutzungsrechten aus dem Handel und
die Einrichtung einer Marktstabilitätsreserve sollen den Preis der
Verschmutzungszertifikate in die Höhe treiben. Firmen hätten dann größere Anreize,
in nachhaltige Technologie zu investieren. Vor allem die Osteuropäer, allen voran
Polen, sind dagegen, diesen Mechanismus wie von Berlin gefordert schon 2017
einzuführen. Das EU-Parlament hat mit 2019 einen Kompromiss skizziert.
Umstritten ist der Vorstoß der Kommission, künftig bereits im Vorfeld mehr
Mitspracherechte bei der Verhandlung von Energieverträgen von EU-Ländern und Unternehmen mit Drittstaaten zu bekommen. Wenn die Versorgungssicherheit
betroffen sei, müssten die Gespräche transparent verlaufen, fordert die Behörde.
Brüssel will dadurch auch verhindern, dass sich Fehlschläge wie das Scheitern der
Erdgas-Pipeline South Stream wiederholen.
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Quelle: Ludwig, T., Handelsblatt, Nr. 054, 18.03.2015, 6
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Oliver Geden: „Ich warne vor überzogenen Hoffnungen“
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Der Leiter der Forschungsgruppe EU bei der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP)
über Chancen beim gemeinsamen Gaseinkauf, Liefersicherheit und den Bau neuer
Leitungen.
Herr Geden, was versprechen Sie sich von einer europäischen Energieunion?
Die geplante Energieunion mag in vielen Punkten etwas unkonkret wirken. Ich
erwarte aber auf einzelnen Feldern eine Reihe durchaus konkreter Fortschritte.
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Zum Beispiel?
Das Konzept für die Energieunion misst Acer, der Agentur für die Zusammenarbeit
der Energieregulierungsbehörden, eine größere Bedeutung bei. Das ist sehr gut. Im
Moment tritt Acer nur bei grenzüberschreitenden Leitungsbauprojekten in
Erscheinung, wenn sich zwei Staaten nicht einigen können. Die Agentur braucht aber
mehr Einfluss, wenn der europäische Energiebinnenmarkt wirklich Realität werden
soll.
Braucht die EU statt einer Agentur wie Acer nicht eine europäische
Regulierungsbehörde?
Langfristig ist das sicher sinnvoll.
Würde ein gemeinsamer Gaseinkauf die Position der EU stärken?
Ich warne vor überzogenen Hoffnungen. Auf freiwilliger Basis mag das funktionieren.
Ansonsten stößt man schnell an wettbewerbsrechtliche Grenzen.
Die Kommission will ihre Möglichkeiten verbessern, Einfluss zu nehmen auf
Gaslieferverträge. Wie bewerten Sie das?
Das erscheint mir äußerst problematisch. Soweit es um zwischenstaatliche
Vereinbarungen geht, mag das noch in Ordnung sein. Die Offenlegung
privatwirtschaftlicher Verträge dagegen wird nicht funktionieren.
Wie bewerten Sie die Sicherheit der Gasversorgung?
Seit der Gasversorgungskrise von 2009 hat es eine Reihe beachtlicher Fortschritte
gegeben. Die Möglichkeit einer Umkehrung der Fließrichtung in Erdgaspipelines, der
sogenannte „reverse flow“, ist mittlerweile in vielen Leitungen Realität. Zusätzlich
wurden länderübergreifende Leitungsverbindungen ausgebaut. Sollte es wieder zu
ähnlichen Situationen kommen wie 2009, dürfte es heute viel leichter sein, Gas in
unterversorgte Regionen Südosteuropas zu bringen.
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Russland hat den Bau der South-Stream-Pipeline abgesagt, das Gas soll nur noch in
die Türkei geliefert werden. Was bedeutet das?
Wenn die Russen das tatsächlich so in letzter Konsequenz ernst meinen, müssen die
Europäer selbst eine Möglichkeit schaffen, das Gas an der türkisch-griechischen
Grenze abzuholen. Dafür sehe ich allerdings im Moment keine wirtschaftliche Basis.
Es ist unklar, wie man dieses Problem lösen könnte.
Quelle: Stratmann, K., Handelsblatt, Nr. 054, 18.03.2015, 6
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Gefüllte Lager belasten den Ölpreis
Experten erwarten erst für das zweite Halbjahr eine Angebotsverringerung.
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An den Rohstoffmärkten hat sich die Talfahrt der Ölpreise noch einmal beschleunigt.
Stark gebeutelt wurde zuletzt vor allem das amerikanische Leichtöl. Noch billiger als
zurzeit war WTI-Öl nur nach Ausbruch der Finanzkrise Ende 2008.
Am Dienstag notierte WTI bei 43 Dollar je Barrel (159 Liter). Damit kostet es rund
zehn Dollar weniger als das europäische Brent-Öl, das mit 52 Dollar von den
diesjährigen Tiefständen noch entfernt ist. Ende Januar war der Preis unter 46 Dollar
gerutscht. Verglichen mit den Spitzenwerten 2014 von 115 Dollar ist aber auch BrentÖl viel billiger.
Der Hauptgrund für den wachsenden Abstand (Spread) der Rohölsorten liegt in den
USA. Der WTI-Preis wird in Cushing, dem Haupthandelspunkt des Leichtöls,
gebildet. Dort kommt Öl aus Kanadas Ölsanden ebenso an wie Lieferungen aus den
US-Schieferölvorkommen. Vor allem Letztere haben zum massiven Bestandsaufbau
in Cushing geführt. Anfang Oktober 2014 lagen die Bestände bei gut 19 Millionen
Barrel, heute sind es 51,5 Millionen.
„Damit bewegen wir uns ganz sicher an der operativen Kapazitätsgrenze in Cushing“,
sagt Frank Schallenberger, Energieexperte der Landesbank Baden-Württemberg. „Das
hat den Spread noch einmal ausgeweitet.“ Das Problem: Zwar wurden in der
Schieferölindustrie wegen des Preisrutsches schon einige Bohrungen aufgegeben,
doch ist dies noch nicht im Angebot spürbar.
Ian Taylor, Chef des weltweit größten unabhängigen Ölhändlers Vitol, rechnet mit
einer Angebotsverringerung und so mit einer Stabilisierung der Ölpreise im zweiten
Halbjahr. Es gebe immer noch ein Überangebot am Markt, sagte Taylor laut
Bloomberg.
„Die US-Produktion und Lagerbestände sind trotz einer Reduktion der Förderanlagen
weiter gestiegen“, betont auch Ole Hansen von der Saxo Bank. Zudem rücke Iran
wieder in den Fokus. Sollten die Sanktionen aufgehoben werden, werde das Land die
Produktion wohl erhöhen.
Das globale Überangebot würde damit weiter steigen. Denn bei einer Konferenz in
Doha verlautete, dass auch Russland gegenüber Saudi-Arabien beim Opec-Treffen im
Dezember einen Produktionsschnitt abgelehnt habe.
Quelle: Palm, R., Handelsblatt, Nr. 054, 18.03.2015, 34
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