Compliance-Special Nr. 237 I BANKINGNEWS Regulatorische Herausforderungen für Factoringinstitute Einheitliche Implementierung der Compliance- und Geldwäschepräventionsfunktion unter Berücksichtigung des Proportionalitätsprinzips.Von Dr. Ramin Romus und Robbin Zielke Der durch die Balsam AG mit Hilfe eines Factoringunternehmens begangene Betrug zählt zu den schwersten Fällen von Wirtschaftskriminalität in der deutschen Geschichte. Daneben machen zahlreiche ähnlich gelagerte Fälle deutlich, wie anfällig das Geschäftsmodell Factoring für Betrug und sonstige strafbare Handlungen ist. Dies im Speziellen und die Finanzkrise 2007/2008 im Allgemeinen veranlasste die Aufsichtsbehörden im Zuge des Jahressteuergesetzes 2009 den Regulationsrahmen auch auf Factoringinstitute auszuweiten und die Regulationslücke zu schließen. Die gesamte Factoringbranche sah sich mit erheblichen Implementierungskosten konfrontiert und hatte innerhalb weniger Jahre den Aufbau einer Geldwäschepräventionsfunktion, der zentralen Stelle, die Implementierung eines adäquaten Risikomanagements sowie die Schaffung einer Compliancefunktion und eines wirksamen Beschwerde- und Meldemanagements sicherzustellen. Die Fülle neuer Vorschriften und die zu erwartende aufsichtsrechtliche Harmonisierungsanpassung setzen die Branche wieder unter Handlungsdruck und macht dem Factoring als alternativer Finanzierungsform schwer zu schaffen. Warum nicht Synergieeffekte nutzen? Die gelebte Praxis nimmt die Bereiche Compliance und Geldwäscheprävention als separate Funktionsbereiche wahr, anstatt gesamtperspektivisch nach Synergien zu suchen. Die für die Branche relevanten Auslegungs- und Anwendungshinweise bestärken dabei diese eindimensionale Position und lassen die mögliche verwaltungsrechtliche Gestaltungsoption der Funktionskopplung vollkommen unkommentiert. Im Hinblick auf das Proportionalitätsprinzip und des risikobasierten Ansatzes ist es für kleinere und mittlere Institute durchaus möglich, die Compliancefunktion an die Geldwäschepräventionsfunktion zu koppeln und somit ökonomisch sinnvolle Synergien zu heben. Die BaFin, das Fachgremium MaRisk sowie die Deutsche Kreditwirtschaft formulieren explizit, dass gegen eine in Personalunion geführte Doppelfunktion keine Einwände bestehen, solange sich die Kontrolleinheiten auf gleicher Ebene unmittelbar unter der Geschäftsleitung befinden und die Wirksamkeit sowie Unabhängigkeit der Compliance-Funktion nicht beeinträchtigt wird. Die Implementierung einer in Personalunion geführten Doppelfunktion zentralisiert durch die gemeinsame Nutzung sachlicher und personeller Ausstattung wesentliche Ressourcen und trägt zu einer erheblichen administrativen Vereinfachung bei, wodurch entbehrliche Überschneidungen vermieden werden. Dieser Ansatz bedeutet für das Tagesgeschäft deutlich weniger institutsinterne Abstimmungsarbeit sowie eine integralere Einbindung in sämtliche Fachabteilungen durch Abbau unklarer Zuständigkeiten. Die Doppelfunktion kann dazu genutzt werden, das nach MaRisk geforderte Complianceniveau auf das der Geldwäscheprävention bzw. der MaComp anzuheben, um somit den Implementierungsund Umsetzungsaufwand der anstehenden Harmonisierungsanpassung zu begegnen. Unter Berücksichtigung der Funktionsüberlagerung lassen sich die Einzelkonzepte orga- nisatorisch in einem gemeinsamen Schwerpunkthandbuch entwickeln, welches einerseits eine klare Abgrenzung der Aufgabenbereiche gewährleistet und andererseits eine ressourcenschonende Sachverhaltsanalyse aus zwei unterschiedlichen Perspektiven ermöglicht. Zentralisierung bietet bessere Möglichkeiten tung eine qualitativ bessere Analyse bei gleichzeitiger Vermeidung von ressourcenbindenden Doppelerhebungen. Der Reportingbericht Die Maßgabe zur schlichten Hinwirkung der Compliance auf die Implementierung wirksamer Verfahren und entsprechender Kontrollen kann im Rahmen der Doppelfunktion auf den für die Geldwäscheprävention geforderten Umfang angehoben und in einem gemeinsamen Reproting gebündelt werden. Die bislang separaten Tätigkeitsberichte werden dabei zu einem Reportingbericht zusammengefasst und transportieren neben funktionsbezogenen Inhalten und Tätigkeitsberichten interdisziplinäre Sachverhaltsanalysen wie z.B. die Mitarbeiterzuverlässigkeitsprüfung, die Auslagerungsanalyse gem. MaRisk AT 9 und die rollierenden Datenschutzaudits. Der Reportingbericht ist geeignet, Einschätzungen beider Funktionsbereiche wiederzugeben und ermöglicht eine fundierte und umfassendere Risikoeinschätzung. Im Rahmen gemeinsamer Schulungsveranstaltungen und Beratungsleistungen lassen sich Mitarbeiter stärker sensibilisieren. Die Gestaltung eines funktionsübergreifenden Hinweisgebersystems verhindert ein irritierendes Parallelsystem und verringert die Hürde zur Abgabe einer Meldung aufgrund intransparenter Sachverhalte. Die Zentralisierung des Hinweisgebersystems birgt nicht nur Kostenvorteile, sondern trägt durch die zentrale Datenerfassung direkt zur Erhöhung der Verdachtsmeldungen bei und erlaubt umfassendere Auswertungs- und Analysemöglichkeiten. Durch die Fusion beider Gefährdungsanalysen werden rollierende Aktualisierungsund Anpassungsarbeiten übersichtlicher und tragen im Gesamtkontext aktiv zu einer Fazit funktionsübergreifenden Optimierung der Überwachung Vor dem Hintergrund der bei. Dies gewährleistet im Ver- zu erwartenden aufsichtsgleich zur separaten Betrach- rechtlichen Harmonisie- rungsanpassungen erscheint es zielführend, das Niveau der nach MaRisk geforderten Compliance im Hinblick auf Ausstattung, Tätigkeit, Kontrollumfang und Reporting auf den entsprechenden Umfang und Detailierungsgrad der Geldwäscheprävention respektive der korrespondierenden MaComp-Vorgaben anzuheben. Die damit einhergehende Qualitätssteigerung wird nicht nur dem aufsichtsrechtlich geforderten Standard gerecht, sondern bietet vor allem mittelständischen Instituten die Möglichkeit, die geforderten Funktionen in einem unternehmerisch tragbaren Rahmen zu implementieren. Dr. Ramin Romus ist seit 2006 in verschiedenen Positionen u.a. in Compliance Management eines international agierenden Unternehmens tätig, wo er auch als Geldwäschebeauftragter fungierte. Robbin Zielke ist Leiter Risiko- und Forderungsmanagement der MCC Medical CareCapital GmbH und darüber hinaus als Compliance- sowie Geldwäschebeauftragter bestellt. Die Chance auf eine bessere Kundenbeziehung Das Beratungsprotokoll bedeutet ein Mehr an Bürokratie – aber auch Vorteile für Kun- die empfohlenen Finanzanladen wie Bankberater. Verbessern Regularien die Anlageberatung? Die Antwort ist ja – gen für den Kunden geeignet aber nur, wenn sie sinnvoll eingesetzt werden. Ein Beispiel dafür ist das sogenannte Be- und angemessen sind. ratungsprotokoll, das seit 2010 vorgeschrieben ist. Von Andreas Gehrke Regelmäßiger KundenkonDie ursprüngliche Inten- Klare Verhältnisse bei möglichen auftretenden takt tion des Beratungsprotokolls Unstimmigkeiten und deren ist logisch und zweckmäßig: Die Qualität und damit Klärung. Hatten Banken bei Die regelmäßige Beratung Es soll den Anleger schüt- die Aussagekraft des Proto- Beschwerden und späteren hinsichtlich Anlagestrategie zen und ausführlich über die kolls hängt letztlich von den Klagen von Anlegern bislang und Asset Allocation („Stragewählten Finanzprodukte „Protokollanten“ ab. Wenn eher geringe Chancen, stellt tegiegespräche“) kann für alle aufklären. Für Banken und Fi- sie es nur als Pflichtübung das Anlageberatungsproto- Berater zur Pflicht gemacht nanzdienstleister bedeutet das sehen, standardisierte sowie koll nun ein Instrument dar, werden. Aktuell fällt diese Beratungsprotokoll in der jet- wenig aussagekräftige Text- das die Sachlage während der aufgrund der darin fehlenden zigen Form zunächst einmal bausteine einzusetzen, hilft es Beratung möglichst objektiv Empfehlung konkreter Fieines: mehr bürokratischen niemandem. Oder gehen sie widerspiegelt. nanzprodukte aus der gesetzAufwand und damit auch weiter ins Detail und steigern Das Beratungsprotokoll lichen Protokollierungspflicht mehr Kosten. Insbesondere somit den wirklichen Nutzen hat noch weitere Vorteile: Es heraus. Auf jeden Fall aber für den Kleinkunden verfehlt für den Kunden und damit bietet Beratern die Möglich- sollten solche Beratungsgedas Beratungsprotokoll kom- auch für das eigene Haus? Erst keit, sich umfassend mit den spräche in bestimmten, regelplett sein Ziel. Denn anstatt wenn Banken und Finanz- Wünschen und der Risikon- mäßigen Abständen für alle eine umfassende Beratung dienstleister aus der Pflicht eigung der Kunden auseinan- Berater verpflichtend werden. mit einem ausführlichen Do- eine Tugend machen und das derzusetzen und kann somit Denn nur, wenn sie ihre Kunkumentations- und Warnin- Beratungsprotokoll auch als einen klaren Mehrwert in der den sehr gut kennen, können strument anzubieten, wählen Chance begreifen, können sie Betreuung schaffen. So kön- sie diese auch anlage- und viele Banken einen anderen den Service und nicht zuletzt nen zum Beispiel mögliche anlegergerecht beraten. ReWeg: Sie reduzieren ganz ein- die eigene Effizienz für den Chancen für eine Anlage auf- gelmäßige Strategiegespräche fach die Beratungsleistungen Kunden verbessern. gedeckt und Aspekte berück- sind somit ein wichtiger Bauund sparen damit einfach den Die formalen Anforderun- sichtigt werden, die ansonsten stein in der umfassenden Bemöglichen Mehraufwand und gen haben, bei allem zusätzli- eher im Hintergrund blieben. treuung von Kunden. die zusätzlichen Kosten ein. chen Aufwand, einen grund- Eine gewisse Strukturierung Eine besondere Rolle Doch auch in der Beratung sätzlichen Vorteil: Sie legen des Protokolls ist nützlich, da- kommt im Beratungsprozess von Vermögenden kann das wie ein Vertrag die getroffe- mit sich Berater wie Kunden den Compliance-Abteilungen Beratungsprotokoll zu mehr nen Vereinbarungen sowie die im Gespräch an einem „roten der Banken und FinanzdienstBürokratie und unnötigen entsprechenden Grundlagen Faden“ orientieren können. leister zu: Sie schulen die Ausgaben führen – und auch dar und dienen beiden Sei- Allerdings sollte der Schwer- Berater hinsichtlich der regudie Kunden stören, die mit ten, also Kunden genauso wie punkt dabei auf den individu- latorischen Anforderungen, jedem Beratungstermin ein Beratern, als Dokumentation. ellen Empfehlungen und der unterstützen bei Fragen zum neues Dokument erhalten. Somit hilft das Protokoll etwa Begründung liegen, warum Beratungsprozess und kontSeite 6 I 17. April 2015 rollieren, zumindest stichprobenartig, die Ergebnisse, also sämtliche zur Beratung gehörenden Dokumente. Diese Arbeit erfolgt nicht nur im Vorfeld einer Beratung, sondern genauso rückwirkend. Sollten Fehler auftreten oder Unterlagen fehlen, werden die Berater erneut geschult – diesmal aber noch gezielter hinsichtlich der festgestellten Mängel. Transparenz, Vertrauen und Augenmaß Das Beratungsprotokoll kann insofern zum Nachdenken anregen. Dies sollte aber nicht missverstanden werden: Die Qualität der Anlageberatung und damit die Anlagekultur in Deutschland hängen nicht davon ab, dass die Berater die regulatorischen Pflichten als Maßstab einer guten Bankarbeit sehen. Dann wird der bürokratische Akt zum Selbstzweck. Vielmehr gilt, was seit jeher für eine gute Kundenbeziehung gelten sollte: Transparenz, Vertrauen und eine stetige Verbesserung der Beratung. Zusammen mit der Eigenverantwortung der Kunden („Mündiger Anleger“) ist dies die Grundlage für eine nachhaltig erfolgreiche Partnerschaft – so denn dann auch noch die Aufsichtsbehörden ein ausreichendes Augenmaß mitbringen. Wenn nämlich die Regularien allzu strikt werden, sich Berater leicht in Haftungsrisiken begeben, werden einige Instrumente möglicherweise nicht mehr beraten. Dies ginge zu Lasten von Diversifikation und damit Anlagequalität. Zudem werden bestehende und künftige Regeln wie die ebenfalls nach MiFID II geforderte Product Governance die Anlageberatung verteuern und weitere Herausforderungen für die Banken darstellen. Dadurch wird es kleinen Vermögen künftig vielleicht noch schwerer fallen, anlage- und anlegergerechten Rat zu erhalten. Sinnvollere Alternativen wären verpflichtende Telefonaufzeichnungen und ein umfassend dokumentiertes Jahresgespräch mit den Kunden. Andreas Gehrke ist Country Head of Compliance Germany der ABN AMRO Bank Gruppe und mit seinem Team für sämtliche Compliance-Belange der Geschäftseinheiten der Gruppe in Deutschland zuständig.
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