1. Stoffübergang im begasten Rührkessel

1. Stoffübergang im begasten Rührkessel
1.1.
Aufgabenstellung
In diesem Praktikumsversuch soll abgeschätzt werden, wie schnell eine mögliche
Reaktion in einem begasten Rührkessel ablaufen kann. Dazu soll der flüssigkeitsseitige Stoffübergangskoeffizient während der Absorption von O2 in Wasser bestimmt
werden.
Dafür wird das Wasser in einem Rührkessel mit Hilfe eines Begasungsrohres mit
dem Gas solange angereichert, bis die Sättigungsgrenze erreicht ist. Dieser Absorptionsprozess ist bei verschiedenen Bedingungen (z.B. Rührerdrehzahl, Temperatur,
Beimischungen) durchzuführen und zu vergleichen.
1.2.
Theoretische Grundlagen
Ein einfaches, häufig verwendetes Modell zur Beschreibung des Stoffaustausches
zwischen zwei fluiden Phasen ist das sogenannte Zweifilmmodell (Abb. 1), bei dem
man davon ausgeht, dass auf beiden Seiten der Phasengrenze ruhende Grenzschichten
existieren, in denen der gesamte Transportwiderstand lokalisiert ist.
Phasengrenze A
gasseitige Grenzschicht
flüssigseitige Grenzschicht
Abb. 1 Stoffübergang nach dem Zweifilmmodell
Unter Berufung auf das 1. Fick’sche Gesetz geht man von einem linearen Konzentrationsgefälle in den Grenzschichten aus. Für den Stoffübergang an der Phasengrenzfläche gilt somit
auf der Flüssigkeitsseite
;
(1)
bzw. analog auf der Gasseite
;
(2)
Da die Phasengrenzfläche A oftmals nur schwer bestimmbar ist, werden die Gleichungen (1)
und (2) durch das Reaktionsvolumen V (Volumen der flüssigen Phase) dividiert und die spezifische Phasengrenzfläche a =A/V eingeführt.
Die Produkte
,
und
net. Die Koeffizienten
werden als volumetrische Stoffübergangskoeffizienten bezeich-
,
und
,
,
können bei Gültigkeit des 1. Fick’schen Gesetzes aus den
Diffusionskoeffizienten in der Flüssig- bzw. Gasphase und den Grenzschichtdicken berechnet werden.
Die Sättigungskonzentration
ist über das Henry’sche Gesetz bestimmbar.
(3)
Im stationären Fall müssen die Stoffströme durch den flüssigkeitsseitigen und den gasseitigen Grenzfilm übereinstimmen und es gilt für die Stoffstromdichte:
(4)
Durch Einsetzen von Gl. (3) und (4) in Gln. (1) können die nicht messbaren Größen
und
eliminiert und die Stoffstromdichte gemäß Gleichung (5) berechnet werden.
;
1
1
;
;
(5)
Formal setzen die beiden Gleichungen voraus, dass der gesamte Stofftransportwiderstand
nur auf einer Seite der Phasengrenzfläche liegt, daher werden die Koeffizienten kla bzw. klg
als auf die Flüssigkeitsseite oder auf die Gasseite bezogene Stoffdurchgangskoeffizienten
bezeichnet.
1.3.
Versuchsdurchführung
Für die Versuche wird der Rührbehälter einmalig mit 1 Liter Leitungswasser gefüllt. Am
Thermostaten wird anschließend die jeweilige Wassertemperatur des Behälters eingestellt
und kontrolliert. Nun werden Begaser und Sauerstoffsonde an den Behälter montiert. Zur
Kontrolle wird der Rührer mit kleinster Drehzahl betrieben, so soll überprüft werden, dass
dieser nicht an die innenliegenden Bauteilen schlägt.
Als nächstes wird der bereits gelöste Sauerstoff mit Hilfe von Stickstoff aus dem Wasser gestrippt bis sich der Wert am Messgerät nicht mehr signifikant ändert. Dieser Wert ist der
Startwert für die Anreicherung mit Sauerstoff. Danach wird bei einer Rührerdrehzahl von etwa 140 [1/min] ein Sauerstoffstrom von 0,6 [l/min] eingeregelt.
(! Stellen Sie diesen Wert vor dem Versuch ein und beachten Sie, dass der Durchflussmesser auf Luft (1,013bar) kalibriert ist !).
Öffnen Sie das Sauerstoffventil und protokollieren Sie die Werte. Ist die Sättigung erreicht,
wird durch Umschalten auf Stickstoff der Sauerstoff wieder verdrängt und die Apparatur so
für den nächsten Versuch vorbereitet (Nehmen Sie auch diese Werte auf!).
1.4.
Auswertung
Zur Bestimmung des volumetrischen Stoffübergangskoeffizienten
wird die Gleichung (1)
zunächst über die Zeit integriert.
·
ln
Durch Auftragen von
ln
über t erhält man eine Gerade, deren Steigung gleich dem
volumetrischen Stoffübergangskoeffizienten ist.
Besser lässt sich aber die Geschwindigkeit analog zur Auswertung des Kinetik-Versuchs
durchführen. Dabei wird die Konzentration in der Flüssigphase nach der Zeit abgeleitet
(Stoffübergangsgeschwindigkeit) und als Funktion der Konzentration aufgetragen. Der
Schnittpunkt mit der X-Achse ergibt ci* , aus der Steigung kann der kla-Wert abgelesen werden.
Der Einfluss der Rührerdrehzahl auf den wird anhand einer logarithmischen Darstellung des
volumetrischen Stoffübergangskoeffizienten über der Reynoldszahl beurteilt. Die Reynoldszahl ist hierbei wie folgt definiert:
· ·
wobei  die kinematische Viskosität und n die Rührerdrehzahl ist. Für Wasser bei 20 °C und
1 bar gilt:  = 10-6 [m²/s].
1.) Finden Sie geeignete Auftragungen, um das Stoffübergangsverhalten zu charakterisieren!
2.) Bestimmen Sie den Henry-Koeffizienten unter der Annahme, dass keine gasseitige Stofftransportlimitierung vorliegt. Vergleichen Sie diesen Wert mit Literaturdaten!
3.) Wie schnell kann eine Reaktion maximal sein, wenn die Konzentration vom der
Phasengrenzfläche zum Bulk um maximal 10% absinkt?
Welche RZA ergibt sich daraus für den Rührkessel, wenn bei einer Reaktion stöchiometrisch 1 mol Sauerstoff pro 1 mol Edukt 2 verbraucht wird und das Edukt eine
Molmasse von 100 g/mol hat (Ausbeute 100%)?
4.) Schlagen Sie mögliche Maßnahmen vor, um die RZA zu erhöhen!
1.5.
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Mögliche Fragen zum Eingangskollog
Wie hängt bei der Zweifilmhypothese der Stoffübergangskoeffizient vom Diffusionskoeffizienten ab?
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Welchen Zusammenhang hat man in Experimenten gefunden?
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Welche Einflüsse ermöglichen einen schnelleren Stoffübergang?
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Welche Rührertypen sind für den Gaseintrag in eine Flüssigkeit geeignet?
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Was ist die bei Fluid/Fluid-Reaktionen kennzeichnende Kenngröße?
Wie ist sie definiert?