Bericht - Evangelisches Dekanat Darmstadt-Land

Öffentlichkeitsarbeit
Pressemitteilung 14/2014
Ober-Ramstadt, 16. März 2015
"Integration von Anfang an"
An der Frühjahrstagung der Synode des Evangelischen Dekanats Darmstadt-Land am
Freitag (13.) in Ober-Ramstadt nahmen 49 Delegierte teil. Schwerpunktthema des
Treffens war die Flüchtlingsarbeit der Evangelischen Kirche – auf Landesebene und in
den Kommunen. Einen sehr guten Einblick in das komplexe Thema gab der
Impulsvortrag von Hildegund Niebch (Diakonie Hessen). Die Situation der Flüchtlinge
und Asylsuchenden in den Kommunen schilderten Männer und Frauen, die sich vor Ort
in Asylkreisen engagieren. Die Delegierten forderten per Resolution, einen besseren
Betreuungsschlüssel für Flüchtlinge. Es folgten Berichte von der Synode der
Landeskirche, von der Arbeit im Ausschuss „Mission und Ökumene“ und zu den
zahlenmäßigen Veränderungen im Dekanat.
Ober-Ramstadt. Von offizieller Seite wird gerne die Willkommenskultur gegenüber Flüchtlingen
herausgehoben. „Wir brauchen eine neue Haltung – von der Willkommenskultur zur
Willkommensstruktur“, betonte Hildegund Niebch gleich zu Beginn ihres Vortrags, in der sie die
Herausforderungen der Flüchtlingsarbeit benannte. Die Referentin für Flucht und Integration
der Diakonie Hessen ist seit 1992 beruflich mit dem Thema befasst und nennt die Unterschiede
zu früher: „die meisten der Flüchtlinge werden nicht in ihre Herkunftsländer wie Syrien
zurückkehren können, sondern hier bleiben. Das sagen auch politisch Verantwortliche“.
Deshalb gehe es um „Integration von Anfang an“ und einen verbesserten Zugang zum
Arbeitsmarkt. „Was fehlt, das sind staatliche Integrationskurse, aber auch ein
Perspektivwechsel“. Es gelte die Neuankömmlinge nicht als Objekt der Fürsorge
wahrzunehmen, sondern als Menschen mit Kompetenzen, Talenten und Gaben. Insbesondere
Kirchengemeinden sollten der Jesusfrage „Was willst Du, dass ich Dir tun soll?“ folgen und „den
Flüchtlingen zunächst einmal zuhören, sie bestärken und den Aufbau von Beziehungen fördern
– beispielsweise im Nachbarschaftsbereich“, so die Referentin. Sie zeigte auf, was
Kirchengemeinden tun können. Beispielsweise ehrenamtliche Beschäftigungsmöglichkeiten für
die Männer und Frauen finden, ob in der Feuerwehr, im Sportverein oder in der Tafelarbeit. Die
Mitglieder der Asylkreise könnten auch potenzielle Arbeitgeber.innen gerade im Handwerk
ansprechen, mit (nicht für!) Flüchtlinge eine Fahrradwerkstatt wie in Dietzenbach einrichten
oder interkulturelle Gärten bewirtschaften. Wichtig sei es, sich für ein „Integriertes Wohnen“
einzusetzen. Sie plädiert für kleine Einheiten: „Je kleiner desto besser, dann gelingen
Nachbarschaften“ und regt an, in der eigenen Gemeinde Wohnraum zu suchen, gegebenenfalls
auch leerstehende Gemeinderäume zur Verfügung zu stellen. Laut Niebch ist die Koordination
und Begleitung der Ehrenamtlichen eine große Herausforderung. „Dass sich viele engagieren
ist wunderbar, doch wer koordiniert, begleitet und motiviert? Wer strukturiert und kanalisiert?
Wer bildet aus?“, fragt sie. Da seien hauptamtlich Beschäftigte gefragt. Eine davon ist Andrea
Alt. Die Bildungsreferentin im Evangelischen Dekanat Vorderer Odenwald organisiert unter
anderem Fortbildungen für ehrenamtliche Helferinnen und Helfer und Netzwerktreffen der
Asylkreise. „Es geht auch darum, die Informationen zu kanalisieren, die Unterstützung zu
koordinieren sowie die enge Zusammenarbeit mit dem Landkreis Darmstadt-Dieburg und dem
regionalen diakonischen Werk zu pflegen“, betont Alt. Sie arbeitet gerade in Kooperation mit
dem Landkreis an einem Leitfaden für Ehrenamtliche in der Flüchtlingsarbeit. Eine
1
Evang. Dekanat Darmstadt-Land
Öffentlichkeitsarbeit
Sigrid Maline Thierolf-Jöckel
Grabengasse 20
64372 Ober-Ramstadt
℡ 0 61 54 / 69 43 - 39
0 61 54 / 69 43 - 32
[email protected]
Öffentlichkeitsarbeit
Internetplattform, die Informationen über die Asylkreise, weitere Angebote für Flüchtlinge und
eine Tauschbörse bietet, ist im Entstehen. Hildegund Niebch wies darauf hin, dass die
Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) eine Million Euro in einem Fonds
bereitgestellt habe, um Projekte für Flüchtlinge in Gemeinden und Dekanaten zu unterstützen.
Dass nicht die Unterbringung der Flüchtlinge in den Kommunen des Landkreises doch sehr
unterschiedlich ist, sondern es auch Unterschiede in der Arbeit der örtlichen Arbeitskreise gibt,
das zeigten die Delegierten aus Erzhausen, Griesheim, Modautal, Mühltal, Ober-Ramstadt,
Pfungstadt, Roßdorf und Weiterstadt in einem kurzen „Schlaglicht“ auf. So engagieren sich 40
Ehrenamtliche im Asylkreis und dem Förderverein in Griesheim und bieten vom
Deutschunterricht bis zur Arbeitsvermittlung ein breites Angebot. Sind in Roßdorf die Flüchtlinge
in großen Wohneinheiten untergebracht, so stellt Ober-Ramstadt dagegen kleine Einheiten in
zentraler Lage bereit. Wie schwierig es für Flüchtlinge ist, weit ab von den Ortskernen zu
wohnen, zeigt das Beispiel Mühltal mit den Räumlichkeiten über der Firma Azur. Dass ein
Evangelisches Gemeindehaus für Deutschkurse genutzt und zu einem „Cafe der Begegnung“
werden kann, zeigen die Beispiele aus Ernsthofen und Traisa. Der große Helferkreis Asyl in
Erzhausen unterstützt 60 Flüchtlinge in drei verschiedenen Einrichtungen – und begleitet sie
auch bei Behördengängen und Arztbesuchen. Ebenfalls vielfältig sind die Aktivitäten des
Asylkreises in Weiterstadt, der seit 25 Jahren besteht, gut vernetzt ist und große Unterstützung
aus der Bevölkerung erhält. Auch in Pfungstadt ist die Hilfsbereitschaft groß, doch es gibt auch
kritische Stimmen zum Neubau einer großen Einrichtung für zirka 120 Bewohner.
Resolution an Landkreis
„Die Sozialpädagogische Arbeit für Flüchtlinge im Landkreis Darmstadt-Dieburg ist
unzureichend“, erläuterte Dekan Arno Allmann. Zurzeit sei eine Kraft für 170 Asylbewerber
zuständig. Die Diakonie fordert, dass eine Sozialarbeiterin oder ein Sozialarbeiter für maximal
80 Flüchtlinge zuständig ist. Dieser Forderung schlossen sich die Kirchengemeinden des
Dekanats an und votierten einstimmig für eine Resolution mit diesem Inhalt an den
Kreisausschuss des Landkreises Darmstadt-Dieburg. In der Andacht hatte Pfarrer Martin
Kuhlmann aus Gundernhausen an die Worte des Apostels Paulus „Nehmt einander an, wie
Christus euch angenommen hat“ erinnert – und die ursprüngliche Bedeutung thematisiert:
„Einander helfen, dass das Leben gelingt. Menschen in der Not beistehen, sie begleiten und
stärken.“ Deshalb seien Christinnen und Christen aufgefordert, ein Herz für Menschen in Not
zu haben und auch endsprechend zu handeln. Er beklagte das Leid und das Sterben der
Flüchtlinge im Mittelmeer und kritisierte die Haltung der Europäischen Union dazu. Damit werde
das Abendland verraten und das Recht auf Leben. „Wie Christus uns angenommen und
aufgenommen hat, wird es uns leicht fallen andere anzunehmen, die in Not sind“, so Kuhlmann.
Erhöhte Austrittszahlen
Eine gute Nachricht hatte Arno Allmann zu verkünden: alle Pfarrstellen im Dekanat DarmstadtLand werden bis zum 1. August 2015 besetzt sein, dann tritt Pfarrer Markus Sauerwein seinen
Dienst in der Kirchengemeinde Traisa an. Die Stelle ist seit dem Wechsel von Andreas Klein
nach Frankfurt vakant.
Der demografische Wandel und besondere Ereignisse schlagen sich auch in den Zahlen nieder,
die Dekan Arno Allmann für das Evangelische Dekanat Darmstadt-Land aufzeigte: so ist 2014
die Anzahl der Mitglieder in den 19 Kirchengemeinden in einem Jahr um 1199 auf nunmehr
47.661 gesunken, ein Rückgang von zweieinhalb Prozent. So stehen beispielsweise 616
Bestattungen im Dekanat 355Taufen gegenüber. Signifikant erhöht haben sich die
Austrittszahlen: 667 Menschen sind ausgetreten oder weggezogen, 52 haben sich für einen
Wiedereintritt entschieden bzw. sind hierher gezogen. „Die erhöhte Zahl von Austritten hängt
sicherlich auch mit dem Schreiben der Banken an die Kontoinhaber zusammen, dass auf
2
Evang. Dekanat Darmstadt-Land
Öffentlichkeitsarbeit
Sigrid Maline Thierolf-Jöckel
Grabengasse 20
64372 Ober-Ramstadt
℡ 0 61 54 / 69 43 - 39
0 61 54 / 69 43 - 32
[email protected]
Öffentlichkeitsarbeit
Kapitalerträge - zum Beispiel Zinsen von Sparkonten – automatisch von der Bank Kirchensteuer
abgeführt wird“, erläuterte der Dekan. Zwar habe sich steuerlich nichts geändert, nur der Einzug
erfolge seit diesem Jahr automatisch. Dennoch seien sehr viele Menschen irritiert und verärgert
gewesen und hätten ihrer Kirche den Rücken gekehrt – auch Personen, die gar keine
Kapitalerträge haben und Ruheständler, die keine Kirchensteuern zahlen.
Nach dem Rückblick auf das vergangene Jahr, gab Dekan Arno Allmann einen Ausblick auf
Projekte und Aktivitäten, die 2015 und in den folgenden Jahren für das Dekanat bedeutsam
sind. Im Projekt „DRIN: Dabeisein – Räume entdecken – Initiativ werden – Nachbarschaft
leben“ kooperieren Evangelische Kirche und Diakonisches Werk, um vor Ort Begegnungen
zwischen Menschen aus unterschiedlichen Lebenszusammenhängen zu fördern.
Beispielsweise können Ratgeber für Familien entstehen oder Hilfe im Alltag geleistet werden.
Ortsläden oder Gemeindehäuser können zu Treffpunkten werden - beim Internationalen Cafe
oder Inklusiven Schülertreff. Allmann betonte, dass das Dekanat sich weiterhin aktiv an dem
Netzwerk „Allianz für den freien Sonntag“ beteilige und informierte die Delegierten über die
Planungen zum Reformationsgedenken 2017.
Ökumene und Leitbild ‚Gerechter Frieden‘
Über die vielfältigen Aktivitäten des Dekanatsausschusses für Mission und Ökumene berichtete
die Vorsitzende Ulrike Hoppe (Griesheim). So stellte sie die verschiedenen
Veranstaltungsreihen vor, die Pfarrer Clemens Bittlinger, der Referent für Mission und
Ökumene im Dekanat, initiiert hat: von den ökumenischen Sternstunden-Gottesdiensten in
Pfungstadt, Eschollbrücken und Griesheim, über „Kluge Köpfe“ in Traisa bis zu
„Donnerstags:Kultur“ in Ober-Ramstadt. Die Ausschussmitglieder treffen sich drei- bis viermal
im Jahr und tauschen sich über die Ökumene-Aktivitäten in den Kirchengemeinden aus.
Außerdem begleiten und beraten sie den Referenten in seinem Arbeitsfeld, zu dem auch der
christlich-islamische Dialog und Studienfahrten - wie zuletzt nach Nord-Irland – gehören.
Die Synode der EKHN hat auf ihrer Herbsttagung zwei Anträge des Dekanats mehrheitlich
befürwortet, das berichtete Pfarrer Christoph Mohr aus Nieder-Ramstadt, Mitglied dieser
Kirchensynode. So soll es auch weiterhin einen Mindestzuweisungsbetrag für kleine
Kirchengemeinden geben und die Zahl der Gottesdienstorte wird ebenfalls berücksichtigt.
Außerdem ist es nach der neuen Kita-Verordnung auch Kirchengemeinden möglich,
gemeinsam mit Kommunen Anmeldeplattformen für Kindertagesstätten zu nutzen. Eine
Änderung der Datenschutzregelungen war dazu erforderlich. Schwerpunktthema der
Herbsttagung sei die „Pilgerreise der Gerechtigkeit und des Friedens“ gewesen. „Kirchliche und
gemeindliche Initiativen der Gerechtigkeit und des Friedens sollen mit regionalen, nationalen
und internationalen Initiativen verbunden werden“, sagte Mohr und nannte Beispiele wie
Armutsbekämpfung, Initiativen gegen Rüstungsexporte, Klimagerechtigkeit und
Willkommenskultur für Flüchtlinge. Gerechter Frieden, das sei das neue Leitbild in der
Ökumenischen Theologie.
Hintergrund
Die Dekanatssynode ist das regionale Kirchenparlament des Dekanates. Die Mitglieder sind für
eine Periode von sechs Jahren gewählt. Sie bestimmen die inhaltlichen Schwerpunkte und
wichtigen Ziele, verabschieden den Haushalt und wählen den Dekan bzw. die Dekanin. Der
Vorstand jeder Kirchengemeinde entsendet – abhängig von deren Größe - zwei bis drei
Delegierte in dieses Gremium, dem sowohl Pfarrerinnen und Pfarrer, als auch theologische
Laien angehören. Die Synode tagt dreimal pro Jahr und ist das „politische“
Entscheidungsgremium des Dekanates. So können die Mitglieder Anträge beschließen, die sie
in die Synode der Landeskirche einbringen.
3
Evang. Dekanat Darmstadt-Land
Öffentlichkeitsarbeit
Sigrid Maline Thierolf-Jöckel
Grabengasse 20
64372 Ober-Ramstadt
℡ 0 61 54 / 69 43 - 39
0 61 54 / 69 43 - 32
[email protected]