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Foto: Horst Ossinger/DPA
Family Office
Die Frage nach der Generationengerechtigkeit und dem
Erhalt des Vermögens stellt sich auch bei der Familiendynastie von Thurn und Taxis: Fürstin Gloria mit ihrem
mittlerweile verstorbenen Mann Johannes und ihren drei
Kindern. Lösungsvorschläge für die rechtliche Ausgestaltung gibt es viele
Die perfekte Nachfolge
Gerechtigkeit innerhalb und über die
Generationen hinweg, Erhalt des Familienvermögens, Steueroptimierung und minimaler
Verwaltungsaufwand – die Nachfolgeplanung
einer Unternehmerfamilie ist mindestens
hochkomplex. Ein Lösungsversuch
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Für Familien stellt sich häufig die Frage, wie sie das im
Familienunternehmen gebundene Vermögen für künftige Generationen erhalten können. Dabei soll der Generation, die momentan aktiv die Unternehmensführung
wahrnimmt, ein ausreichender unternehmerischer
Handlungsspielraum möglich sein und allen Generationen ein angemessenes Einkommen zugutekommen.
Die Rechtsberatungspraxis hat hierfür eine Vielzahl
von Gestaltungsvarianten entwickelt. Diese reichen
von der Ausgestaltung des Familienunternehmens in
der Rechtsform einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft (die Gesellschaft bürgerlichen Rechts
oder Kommanditgesellschaft) bis hin zur Rechtsform
einer GmbH oder Familienstiftung.
Während die Familienstiftung unflexibel ist, weil
sie das Vermögen dauerhaft dem Zugriff der Unternehmerfamilie entzieht, bietet die Einbringung eines
Familienunternehmens in eine Gesellschaft, an der die
Mitglieder der Familie beteiligt sind, mehr Gestaltungsfreiheiten. Nicht nur ist möglich, durch besondere vertragliche Gestaltungen das Unternehmensvermögen
generationenübergreifend zu erhalten, sondern auch,
die erbschaftssteuerrechtliche Privilegierung von Betriebsvermögen auszunutzen.
Die Gestaltungsspielräume des Personengesellschafts- aber auch des GmbH-Rechts erlauben dabei
auch eine besondere, disquotale Ausgestaltung der
Rechtsstellung der Familienmitglieder: Die Vermögenssubstanz des Unternehmens wird dabei bereits der Kindergeneration zugewiesen, während die Stimm- und
Gewinnbezugsrechte der Elterngeneration zustehen,
die das Familienunternehmen lenkt.
Schutz der nachfolgenden Generationen
Frühzeitig das Vermögen auf die Nachfolgegeneration zu übertragen, hat aber nicht nur steuerliche
Vorteile, sondern dient zugleich dem häufig verfolgten
Zweck, das Familienunternehmen langfristig zu erhalten. Bestehen Vermögenssubstanz und Vermögensertrag voneinander getrennt, ist die aktive Unternehmergeneration nicht versucht, das Familienunternehmen
oder dessen wesentliche Vermögenswerte zu versilbern. Denn die Erlöse würden nicht ihnen, sondern der
Nachfolgegeneration zustehen. Die Möglichkeit, aus
dem Unternehmen oder Unternehmensvermögen Einkommen zu erwirtschaften, ist für die Unternehmergeneration vielmehr auf den laufenden Geschäftsbetrieb
beschränkt. Ebenso verhindern Entnahme- und Thesaurierungsvorschriften übermäßige Gewinnentnahmen.
Die herkömmlichen rechtlichen Gestaltungen weisen Nachteile auf: Bei Personengesellschaften muss
bei einer gängigen disquotalen Ausgestaltung laufend
der Gesellschaftsvertrag an die sich ändernden Familienverhältnisse angepasst werden. Jede Geburt und
jeder Todesfall birgt ein erhöhtes Konfliktpotenzial in
der Familie, da über jede Änderung abgestimmt werden
muss. Bei einer GmbH bestehen darüber hinaus – im
Einzelfall lästige – notarielle Formerfordernisse bei Anteilsübertragungen von einer Generation auf die nächste wie auch bei Satzungsänderungen.
Eine Alternative sollte die Vor- und Nachteile der
bisher verwendeten Gestaltungsvarianten und zugleich mehrere weitere Zielsetzungen berücksichtigen.
Diese lauten:
• Generationengerechtigkeit herstellen, also die
Gleichbehandlung der Mitglieder innerhalb einer
Generation sicherstellen
• Eine generationenüberdauernde Verstetigung des
Nachfolgekonzepts
• Die automatische Übertragung des Familienvermögens
• Steuerliche Optimierung der Unternehmensübergabe an nachfolgende Generationen
• Minimierung des Verwaltungsaufwands.
Eine Lösung, die all diesen Aspekten gerecht wird,
ist die Ausgestaltung einer disquotalen Familiengesellschaft mit Anteilsklassensytem. Das Grundprinzip ist dabei simpel. Es beruht auf bereits bekannten
Strukturen. Die Familienmitglieder werden in mehrere
Anteilsklassen unterteilt. Die erste Anteilsklasse besteht aus den noch nicht mit der Unternehmensführung betrauten Personen (Nachfolgegeneration). Die
zweite besteht aus den momentan mit der laufenden
Unternehmensführung betrauten Personen (Unternehmergeneration). Die dritte Anteilsklasse besteht aus
den bereits aus der Unternehmensführung ausgeschiedenen Personen (Gründer- oder Vorgängergeneration,
siehe Grafiken Seite 28). Der Anteilsklasse der aktiven
Unternehmergeneration werden dabei die für diese
Personengruppe wesentlichen Rechte zugewiesen: Die
wichtigsten Entscheidungsrechte bei der laufenden
Unternehmensführung und – damit korrelierend – der
Anspruch auf den größten Teil der laufenden Erträge
des Familienunternehmens. Gleichzeitig wird die Vermögenssubstanz der Nachfolgegeneration, also den
Kindern und Enkelkindern, zugeordnet.
Die Aufnahme in die Gesellschaft und der Wechsel zwischen den Anteilsklassen werden in ihrer einfachsten Form an das Erreichen eines bestimmten
Lebensalters anknüpfen. Denkbar sind auch andere
oder zusätzliche Bedingungen. Die können das Erlangen bestimmter beruflicher Qualifikationen (etwa eine
Ausbildung oder ein Studienabschluss) oder auch eine
Berücksichtigung der physischen wie psychischen Konstitution oder auch des bisherigen Lebenswandels des
jeweiligen Familienmitglieds (keine Drogen- oder Sektenabhängigkeit) sein.
Anteilsklasse im Fokus
Die Besonderhei des Anteilsklassensystems liegt
darin, dass das Rechtebündel, das die Gesellschafterstellung ausmacht – wie der Anspruch auf eine Gewinnbeteiligung, das Stimmrecht und der Gesellschaftsanteil –, nicht wie üblich dem einzelnen Gesellschafter
zugeordnet ist, sondern der gesamten jeweiligen Anteilsklasse. Damit wird erreicht, dass die Rechtsstellung der Familienmitglieder innerhalb der einzelnen
Anteilsklassen identisch ist.
Der Umfang der einzelnen Rechte eines Gesellschafters bestimmt sich dann auch nicht, wie sonst
üblich, auf der Grundlage seiner Kapitalbeteiligung.
Vielmehr werden die Rechte, die im Gesellschaftsvertrag den einzelnen Anteilsklassen zugewiesen werden,
nach Köpfen auf die Gesellschafter verteilt, die der jeweiligen Anteilsklasse angehören (siehe untere Grafik
auf Seite 28).
Was passiert, wenn einzelne Familienmitglieder
ein Grenzalter erreichen und automatisch von einer
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Die GmbH & Co. KG als Alleskönner
Anteilsklasse in die andere wechseln?
Oder aufgrund ihres Todes oder aus
sonstigen Gründen aus der Gesellschaft ausscheiden? Dies hätte zur
Folge, dass die anteilsmäßigen Rechte
der jeweils betroffenen Anteilsklassen
sich nicht verändern, sondern nur die
individuellen Quoten der einzelnen
Mitglieder innerhalb der jeweiligen
Anteilsklasse. Die Abgabe der Kapitalanteile innerhalb einer Anteilsklasse sollte man dann als Schenkung
vornehmen. Der Vorteil: Aus dem Automatismus, den das Anteilsklassensystem schafft, folgen (Rechts-)Sicherheit, Klarheit und eine Befriedungsfunktion.
Steht bei einer vermögenden Familie ein Unternehmen im Hintergrund, bietet die Rechtsform einer GmbH & Co. KG im Zusammenspiel mit einem disquotalen Anteilsklassensystem
viele Vorteile. Die einzelnen Generationen erhalten die für sie wichtigen Rechte – seien es
Gewinnezugs-, Stimm- oder Anteilsrechte (siehe obere Grafik). Die individuelle Quote eines
Familienmitglieds ist abhängig von der Anzahl der Mitglieder einer Anteilsklasse (siehe untere
Grafik). Die Prozentangaben sind nur beispielhaft.
Familienunternehmen
GmbH & Co. KG
KomplementärGmbH
Kommanditisten
Anteilsklasse 1
Kommanditisten
Anteilsklasse 2
Kommanditisten
Anteilsklasse 3
insgesamt
insgesamt
insgesamt
5% Gewinnbezugsrechte
80% Gewinnbezugsrechte
15% Gewinnbezugsrechte
5%
Stimmrechte
80%
Stimmrechte
15%
Stimmrechte
5%
Anteilsrechte
15%
Anteilsrechte
80%
Anteilsrechte
ab 65 Jahre
30 bis 65 Jahre
0 bis 30 Jahre
Passende Rechtsformen
KomplementärGmbH
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Kommanditisten
Anteilsklasse 1
Kommanditisten
Anteilsklasse 2
Kommanditisten
Anteilsklasse 3
bei 2 Mitgliedern
individuelle
Quoten jeweils
bei 2 Mitgliedern
individuelle
Quoten jeweils
bei 5 Mitgliedern
individuelle
Quoten jeweils
2,5% Gewinnbezugsrechte
40% Gewinnbezugsrechte
3% Gewinnbezugsrechte
2,5%
Stimmrechte
40%
Stimmrechte
3%
Stimmrechte
2,5%
Anteilsrechte
7,5%
Anteilsrechte
16%
Anteilsrechte
ab 65 Jahre
30 bis 65 Jahre
0 bis 30 Jahre
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Quelle: SEIKEL/MÖLLER/GSK STOCKMANN + KOLLEGEN
Familienunternehmen
GmbH & Co. KG
Als Rechtsform für die Umsetzung
eines solchen Anteilsklassensystems
empfiehlt sich die GmbH & Co. KG.
Sie bietet die erforderliche rechtliche
Gestaltungsfreiheit und ermöglicht
zugleich eine Haftungsbegrenzung für
die beteiligten Personen. Auf diese
Weise kann man in der KomplementärGmbH die Familienmitglieder, die dauerhafte Geschäftsführungsfunktionen
in der Familiengesellschaft übernehmen, bündeln und absichern.
Mit etwas gestalterischem Mehraufwand könnte man das Anteilsklassensystem auch in der Rechtsform
der GmbH umsetzen. Hier wären die
einzelnen Anteilsklassen als Innengesellschaften bürgerlichen Rechts auszugestalten, um den Beurkundungsaufwand bei den Wechseln zwischen
den Anteilsklassen zu vermeiden. Die
Innengesellschaften halten dann den
jeweiligen Anteilsklassen-GmbH-Geschäftsanteil. Dadurch vollzieht sich
der Anteilsklassenwechsel auf Ebene
der Innengesellschaften formfrei.
Eine solche rechtliche Gestaltung
stellt sicher, dass die jeweilige Generation, der die Unternehmensführung
zukommen soll, durch eine gleichbleibende Höhe der Stimmrechte ihrer
Anteilsklasse stets einen ausreichenden unternehmerischen Handlungsspielraum hat. Zudem profitiert sie
durch eine gleichbleibende Höhe der
Gewinnbezugsrechte an der Unternehmensentwicklung. Steuerrechtliche
Vorteile bietet ein Anteilsklassenmodell, bei dem die Kapitalanteile bei ei-
Sicherheit geht vor
nem Anteilsklassenwechsel als Schenkung übertragen
werden. Nach momentaner Rechtslage besteht keine
oder nur eine teilweise Schenkungssteuerpflicht, soweit für Betriebsvermögen eine Steuerbefreiung greift.
Nach Ansicht der Finanzverwaltung stellt die Einräumung eines überhöhten Gewinnanteils eine selbstständige Schenkung im Sinn des Erbschaftssteuergesetzes
dar. Mit Blick auf mögliche Gesetzesänderungen sollte
der Gesellschaftsvertrag Regelungen für etwaige Anpassungen enthalten. Im Übrigen muss die Neuregelung des Erbschafts- und Schenkungssteuerrechts berücksichtigt werden.
Die Rechtsform der GmbH & Co. KG ist eine Sonderform der Kommanditgesellschaft. Mit ihr können Haftungsrisiken für die handelnden
Personen vermieden werden.
Eigentümer
haften nur
mit Stammeinlage
Familien- und erbrechtliche Aspekte
Ein besonderes Augenmerk ist bei der konkreten
Ausgestaltung – abgestimmt auf die jeweilige Familiensituation – auf eine Einfügung und Anpassung ergänzender erb- und familienrechtlicher Regelungen zu
legen. Dies betrifft zum einen Regelungen zur Aufnahme von minderjährigen Familienangehörigen in die Gesellschaft. Eine Schenkung von Unternehmensanteilen
an Minderjährige gilt nur dann als rechtlich vorteilhaft,
wenn es sich um voll eingezahlte Anteile handelt und
die Übertragung der Genehmigung des Familiengerichts bedarf. Häufig wird dabei aufgrund der drohenden Interessenkollision oder des Verbots von In-sichGeschäften die Bestellung eines Ergänzungspflegers
notwendig sein.
Zum anderen sind für Familienangehörige, die durch
das Unternehmen nicht begünstigt werden sollen – wie
beispielsweise angeheiratete Familienmitglieder –, besondere gesellschafts- und erbrechtliche Nachfolgeregelungen einzuplanen. So lässt sich das Gesellschaftsoder Familienvermögen vor möglichen Abfindungs- und
Auseinandersetzungsansprüchen bewahren. Ein etwaiger Zugewinnausgleichsanspruch lässt sich durch
eine ehevertragliche Modifizierung der ehelichen Zugewinngemeinschaft (Herausnahme der Unternehmensbeteiligung) oder durch eine vertragliche Vereinbarung
der Gütertrennung ausschließen. Ebenso kann ein entsprechendes Erbrecht des Ehegatten durch Erbvertrag
ausgeschlossen oder alternativ ein Pflichtteilsverzicht
etwa im Ehevertrag erklärt werden. Der Gesellschaftsvertrag müsste dabei, beispielsweise unter Androhung
des Verlustes der Gesellschafterstellung, die Verpflich-
KomplementärGmbH
haften nur
mit Kommanditeinlage
haftet
uneingeschränkt
KG
Operatives
Unternehmen
tung zu entsprechenden Maßnahmen vorsehen. Ein
Anteilsklassenmodell kann für Familienunternehmen
eine interessante Option bieten, das Unternehmensvermögen für nachfolgende Generationen zu erhalten.
Die gesellschaftsrechtliche Flexibilität ermöglicht dabei
eine Gestaltung, die der das Unternehmen leitenden
Generation einen hinreichenden Spielraum gibt und
gleichzeitig in steuerrechtlicher Hinsicht die Unternehmensübertragung auf die nachfolgenden Generationen
vereinfachen kann. Um das beschriebene Anteilsklassensystem in einer vorhandenen Gesellschaftsstruktur
umzusetzen, bedarf es meist einer umfassenden Überarbeitung des vorhandenen Gesellschaftsvertrags. Am
einfachsten lässt sich ein solches Anteilsklassensystem bei Unternehmen in der Rechtsform der GmbH &
Co. KG realisieren, da dort umfassende Gestaltungsfreiheit besteht und eine formfreie Übertragung von
Gesellschaftsanteilen möglich ist. Allerdings ist bei
einer solchen Ausgestaltung eine Vielzahl von rechtlichen Aspekten zu berücksichtigen. n
Der Autor Dr. Gregor Seikel ist Partner bei der international tätigen Wirtschaftskanzlei GSK Stockmann + Kollegen. Seine Arbeitsschwerpunkte liegen in den Bereichen
Corporate, Corporate Real Estate, Private Clients und Stiftungen. Hierbei berät er Unternehmer bei Fragen der Unternehmensnachfolge und Vermögenssicherung. Er ist Aufsichtsrat mehrerer mittelständischer Unternehmen und Vorstand einer Stiftung.
Der Autor Dr. Matthias Möller ist Local-Partner bei GSK Stockmann + Kollegen in
Frankfurt. Seine Arbeitsschwerpunkte liegen in den Bereichen Corporate und Corporate Finance. Insbesondere berät er Unternehmer und mittelständische Firmen sowie
sogenannte Wachstumsunternehmen.
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