Foto: Horst Ossinger/DPA Family Office Die Frage nach der Generationengerechtigkeit und dem Erhalt des Vermögens stellt sich auch bei der Familiendynastie von Thurn und Taxis: Fürstin Gloria mit ihrem mittlerweile verstorbenen Mann Johannes und ihren drei Kindern. Lösungsvorschläge für die rechtliche Ausgestaltung gibt es viele Die perfekte Nachfolge Gerechtigkeit innerhalb und über die Generationen hinweg, Erhalt des Familienvermögens, Steueroptimierung und minimaler Verwaltungsaufwand – die Nachfolgeplanung einer Unternehmerfamilie ist mindestens hochkomplex. Ein Lösungsversuch 26 private banking magazin 02_2015 Für Familien stellt sich häufig die Frage, wie sie das im Familienunternehmen gebundene Vermögen für künftige Generationen erhalten können. Dabei soll der Generation, die momentan aktiv die Unternehmensführung wahrnimmt, ein ausreichender unternehmerischer Handlungsspielraum möglich sein und allen Generationen ein angemessenes Einkommen zugutekommen. Die Rechtsberatungspraxis hat hierfür eine Vielzahl von Gestaltungsvarianten entwickelt. Diese reichen von der Ausgestaltung des Familienunternehmens in der Rechtsform einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft (die Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder Kommanditgesellschaft) bis hin zur Rechtsform einer GmbH oder Familienstiftung. Während die Familienstiftung unflexibel ist, weil sie das Vermögen dauerhaft dem Zugriff der Unternehmerfamilie entzieht, bietet die Einbringung eines Familienunternehmens in eine Gesellschaft, an der die Mitglieder der Familie beteiligt sind, mehr Gestaltungsfreiheiten. Nicht nur ist möglich, durch besondere vertragliche Gestaltungen das Unternehmensvermögen generationenübergreifend zu erhalten, sondern auch, die erbschaftssteuerrechtliche Privilegierung von Betriebsvermögen auszunutzen. Die Gestaltungsspielräume des Personengesellschafts- aber auch des GmbH-Rechts erlauben dabei auch eine besondere, disquotale Ausgestaltung der Rechtsstellung der Familienmitglieder: Die Vermögenssubstanz des Unternehmens wird dabei bereits der Kindergeneration zugewiesen, während die Stimm- und Gewinnbezugsrechte der Elterngeneration zustehen, die das Familienunternehmen lenkt. Schutz der nachfolgenden Generationen Frühzeitig das Vermögen auf die Nachfolgegeneration zu übertragen, hat aber nicht nur steuerliche Vorteile, sondern dient zugleich dem häufig verfolgten Zweck, das Familienunternehmen langfristig zu erhalten. Bestehen Vermögenssubstanz und Vermögensertrag voneinander getrennt, ist die aktive Unternehmergeneration nicht versucht, das Familienunternehmen oder dessen wesentliche Vermögenswerte zu versilbern. Denn die Erlöse würden nicht ihnen, sondern der Nachfolgegeneration zustehen. Die Möglichkeit, aus dem Unternehmen oder Unternehmensvermögen Einkommen zu erwirtschaften, ist für die Unternehmergeneration vielmehr auf den laufenden Geschäftsbetrieb beschränkt. Ebenso verhindern Entnahme- und Thesaurierungsvorschriften übermäßige Gewinnentnahmen. Die herkömmlichen rechtlichen Gestaltungen weisen Nachteile auf: Bei Personengesellschaften muss bei einer gängigen disquotalen Ausgestaltung laufend der Gesellschaftsvertrag an die sich ändernden Familienverhältnisse angepasst werden. Jede Geburt und jeder Todesfall birgt ein erhöhtes Konfliktpotenzial in der Familie, da über jede Änderung abgestimmt werden muss. Bei einer GmbH bestehen darüber hinaus – im Einzelfall lästige – notarielle Formerfordernisse bei Anteilsübertragungen von einer Generation auf die nächste wie auch bei Satzungsänderungen. Eine Alternative sollte die Vor- und Nachteile der bisher verwendeten Gestaltungsvarianten und zugleich mehrere weitere Zielsetzungen berücksichtigen. Diese lauten: • Generationengerechtigkeit herstellen, also die Gleichbehandlung der Mitglieder innerhalb einer Generation sicherstellen • Eine generationenüberdauernde Verstetigung des Nachfolgekonzepts • Die automatische Übertragung des Familienvermögens • Steuerliche Optimierung der Unternehmensübergabe an nachfolgende Generationen • Minimierung des Verwaltungsaufwands. Eine Lösung, die all diesen Aspekten gerecht wird, ist die Ausgestaltung einer disquotalen Familiengesellschaft mit Anteilsklassensytem. Das Grundprinzip ist dabei simpel. Es beruht auf bereits bekannten Strukturen. Die Familienmitglieder werden in mehrere Anteilsklassen unterteilt. Die erste Anteilsklasse besteht aus den noch nicht mit der Unternehmensführung betrauten Personen (Nachfolgegeneration). Die zweite besteht aus den momentan mit der laufenden Unternehmensführung betrauten Personen (Unternehmergeneration). Die dritte Anteilsklasse besteht aus den bereits aus der Unternehmensführung ausgeschiedenen Personen (Gründer- oder Vorgängergeneration, siehe Grafiken Seite 28). Der Anteilsklasse der aktiven Unternehmergeneration werden dabei die für diese Personengruppe wesentlichen Rechte zugewiesen: Die wichtigsten Entscheidungsrechte bei der laufenden Unternehmensführung und – damit korrelierend – der Anspruch auf den größten Teil der laufenden Erträge des Familienunternehmens. Gleichzeitig wird die Vermögenssubstanz der Nachfolgegeneration, also den Kindern und Enkelkindern, zugeordnet. Die Aufnahme in die Gesellschaft und der Wechsel zwischen den Anteilsklassen werden in ihrer einfachsten Form an das Erreichen eines bestimmten Lebensalters anknüpfen. Denkbar sind auch andere oder zusätzliche Bedingungen. Die können das Erlangen bestimmter beruflicher Qualifikationen (etwa eine Ausbildung oder ein Studienabschluss) oder auch eine Berücksichtigung der physischen wie psychischen Konstitution oder auch des bisherigen Lebenswandels des jeweiligen Familienmitglieds (keine Drogen- oder Sektenabhängigkeit) sein. Anteilsklasse im Fokus Die Besonderhei des Anteilsklassensystems liegt darin, dass das Rechtebündel, das die Gesellschafterstellung ausmacht – wie der Anspruch auf eine Gewinnbeteiligung, das Stimmrecht und der Gesellschaftsanteil –, nicht wie üblich dem einzelnen Gesellschafter zugeordnet ist, sondern der gesamten jeweiligen Anteilsklasse. Damit wird erreicht, dass die Rechtsstellung der Familienmitglieder innerhalb der einzelnen Anteilsklassen identisch ist. Der Umfang der einzelnen Rechte eines Gesellschafters bestimmt sich dann auch nicht, wie sonst üblich, auf der Grundlage seiner Kapitalbeteiligung. Vielmehr werden die Rechte, die im Gesellschaftsvertrag den einzelnen Anteilsklassen zugewiesen werden, nach Köpfen auf die Gesellschafter verteilt, die der jeweiligen Anteilsklasse angehören (siehe untere Grafik auf Seite 28). Was passiert, wenn einzelne Familienmitglieder ein Grenzalter erreichen und automatisch von einer private banking magazin 02_2015 27 Family Office Die GmbH & Co. KG als Alleskönner Anteilsklasse in die andere wechseln? Oder aufgrund ihres Todes oder aus sonstigen Gründen aus der Gesellschaft ausscheiden? Dies hätte zur Folge, dass die anteilsmäßigen Rechte der jeweils betroffenen Anteilsklassen sich nicht verändern, sondern nur die individuellen Quoten der einzelnen Mitglieder innerhalb der jeweiligen Anteilsklasse. Die Abgabe der Kapitalanteile innerhalb einer Anteilsklasse sollte man dann als Schenkung vornehmen. Der Vorteil: Aus dem Automatismus, den das Anteilsklassensystem schafft, folgen (Rechts-)Sicherheit, Klarheit und eine Befriedungsfunktion. Steht bei einer vermögenden Familie ein Unternehmen im Hintergrund, bietet die Rechtsform einer GmbH & Co. KG im Zusammenspiel mit einem disquotalen Anteilsklassensystem viele Vorteile. Die einzelnen Generationen erhalten die für sie wichtigen Rechte – seien es Gewinnezugs-, Stimm- oder Anteilsrechte (siehe obere Grafik). Die individuelle Quote eines Familienmitglieds ist abhängig von der Anzahl der Mitglieder einer Anteilsklasse (siehe untere Grafik). Die Prozentangaben sind nur beispielhaft. Familienunternehmen GmbH & Co. KG KomplementärGmbH Kommanditisten Anteilsklasse 1 Kommanditisten Anteilsklasse 2 Kommanditisten Anteilsklasse 3 insgesamt insgesamt insgesamt 5% Gewinnbezugsrechte 80% Gewinnbezugsrechte 15% Gewinnbezugsrechte 5% Stimmrechte 80% Stimmrechte 15% Stimmrechte 5% Anteilsrechte 15% Anteilsrechte 80% Anteilsrechte ab 65 Jahre 30 bis 65 Jahre 0 bis 30 Jahre Passende Rechtsformen KomplementärGmbH 28 Kommanditisten Anteilsklasse 1 Kommanditisten Anteilsklasse 2 Kommanditisten Anteilsklasse 3 bei 2 Mitgliedern individuelle Quoten jeweils bei 2 Mitgliedern individuelle Quoten jeweils bei 5 Mitgliedern individuelle Quoten jeweils 2,5% Gewinnbezugsrechte 40% Gewinnbezugsrechte 3% Gewinnbezugsrechte 2,5% Stimmrechte 40% Stimmrechte 3% Stimmrechte 2,5% Anteilsrechte 7,5% Anteilsrechte 16% Anteilsrechte ab 65 Jahre 30 bis 65 Jahre 0 bis 30 Jahre private banking magazin 02_2015 Quelle: SEIKEL/MÖLLER/GSK STOCKMANN + KOLLEGEN Familienunternehmen GmbH & Co. KG Als Rechtsform für die Umsetzung eines solchen Anteilsklassensystems empfiehlt sich die GmbH & Co. KG. Sie bietet die erforderliche rechtliche Gestaltungsfreiheit und ermöglicht zugleich eine Haftungsbegrenzung für die beteiligten Personen. Auf diese Weise kann man in der KomplementärGmbH die Familienmitglieder, die dauerhafte Geschäftsführungsfunktionen in der Familiengesellschaft übernehmen, bündeln und absichern. Mit etwas gestalterischem Mehraufwand könnte man das Anteilsklassensystem auch in der Rechtsform der GmbH umsetzen. Hier wären die einzelnen Anteilsklassen als Innengesellschaften bürgerlichen Rechts auszugestalten, um den Beurkundungsaufwand bei den Wechseln zwischen den Anteilsklassen zu vermeiden. Die Innengesellschaften halten dann den jeweiligen Anteilsklassen-GmbH-Geschäftsanteil. Dadurch vollzieht sich der Anteilsklassenwechsel auf Ebene der Innengesellschaften formfrei. Eine solche rechtliche Gestaltung stellt sicher, dass die jeweilige Generation, der die Unternehmensführung zukommen soll, durch eine gleichbleibende Höhe der Stimmrechte ihrer Anteilsklasse stets einen ausreichenden unternehmerischen Handlungsspielraum hat. Zudem profitiert sie durch eine gleichbleibende Höhe der Gewinnbezugsrechte an der Unternehmensentwicklung. Steuerrechtliche Vorteile bietet ein Anteilsklassenmodell, bei dem die Kapitalanteile bei ei- Sicherheit geht vor nem Anteilsklassenwechsel als Schenkung übertragen werden. Nach momentaner Rechtslage besteht keine oder nur eine teilweise Schenkungssteuerpflicht, soweit für Betriebsvermögen eine Steuerbefreiung greift. Nach Ansicht der Finanzverwaltung stellt die Einräumung eines überhöhten Gewinnanteils eine selbstständige Schenkung im Sinn des Erbschaftssteuergesetzes dar. Mit Blick auf mögliche Gesetzesänderungen sollte der Gesellschaftsvertrag Regelungen für etwaige Anpassungen enthalten. Im Übrigen muss die Neuregelung des Erbschafts- und Schenkungssteuerrechts berücksichtigt werden. Die Rechtsform der GmbH & Co. KG ist eine Sonderform der Kommanditgesellschaft. Mit ihr können Haftungsrisiken für die handelnden Personen vermieden werden. Eigentümer haften nur mit Stammeinlage Familien- und erbrechtliche Aspekte Ein besonderes Augenmerk ist bei der konkreten Ausgestaltung – abgestimmt auf die jeweilige Familiensituation – auf eine Einfügung und Anpassung ergänzender erb- und familienrechtlicher Regelungen zu legen. Dies betrifft zum einen Regelungen zur Aufnahme von minderjährigen Familienangehörigen in die Gesellschaft. Eine Schenkung von Unternehmensanteilen an Minderjährige gilt nur dann als rechtlich vorteilhaft, wenn es sich um voll eingezahlte Anteile handelt und die Übertragung der Genehmigung des Familiengerichts bedarf. Häufig wird dabei aufgrund der drohenden Interessenkollision oder des Verbots von In-sichGeschäften die Bestellung eines Ergänzungspflegers notwendig sein. Zum anderen sind für Familienangehörige, die durch das Unternehmen nicht begünstigt werden sollen – wie beispielsweise angeheiratete Familienmitglieder –, besondere gesellschafts- und erbrechtliche Nachfolgeregelungen einzuplanen. So lässt sich das Gesellschaftsoder Familienvermögen vor möglichen Abfindungs- und Auseinandersetzungsansprüchen bewahren. Ein etwaiger Zugewinnausgleichsanspruch lässt sich durch eine ehevertragliche Modifizierung der ehelichen Zugewinngemeinschaft (Herausnahme der Unternehmensbeteiligung) oder durch eine vertragliche Vereinbarung der Gütertrennung ausschließen. Ebenso kann ein entsprechendes Erbrecht des Ehegatten durch Erbvertrag ausgeschlossen oder alternativ ein Pflichtteilsverzicht etwa im Ehevertrag erklärt werden. Der Gesellschaftsvertrag müsste dabei, beispielsweise unter Androhung des Verlustes der Gesellschafterstellung, die Verpflich- KomplementärGmbH haften nur mit Kommanditeinlage haftet uneingeschränkt KG Operatives Unternehmen tung zu entsprechenden Maßnahmen vorsehen. Ein Anteilsklassenmodell kann für Familienunternehmen eine interessante Option bieten, das Unternehmensvermögen für nachfolgende Generationen zu erhalten. Die gesellschaftsrechtliche Flexibilität ermöglicht dabei eine Gestaltung, die der das Unternehmen leitenden Generation einen hinreichenden Spielraum gibt und gleichzeitig in steuerrechtlicher Hinsicht die Unternehmensübertragung auf die nachfolgenden Generationen vereinfachen kann. Um das beschriebene Anteilsklassensystem in einer vorhandenen Gesellschaftsstruktur umzusetzen, bedarf es meist einer umfassenden Überarbeitung des vorhandenen Gesellschaftsvertrags. Am einfachsten lässt sich ein solches Anteilsklassensystem bei Unternehmen in der Rechtsform der GmbH & Co. KG realisieren, da dort umfassende Gestaltungsfreiheit besteht und eine formfreie Übertragung von Gesellschaftsanteilen möglich ist. Allerdings ist bei einer solchen Ausgestaltung eine Vielzahl von rechtlichen Aspekten zu berücksichtigen. n Der Autor Dr. Gregor Seikel ist Partner bei der international tätigen Wirtschaftskanzlei GSK Stockmann + Kollegen. Seine Arbeitsschwerpunkte liegen in den Bereichen Corporate, Corporate Real Estate, Private Clients und Stiftungen. Hierbei berät er Unternehmer bei Fragen der Unternehmensnachfolge und Vermögenssicherung. Er ist Aufsichtsrat mehrerer mittelständischer Unternehmen und Vorstand einer Stiftung. Der Autor Dr. Matthias Möller ist Local-Partner bei GSK Stockmann + Kollegen in Frankfurt. Seine Arbeitsschwerpunkte liegen in den Bereichen Corporate und Corporate Finance. Insbesondere berät er Unternehmer und mittelständische Firmen sowie sogenannte Wachstumsunternehmen. private banking magazin 02_2015 29
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