Strategische Fokusbereiche in der Forschung 2017-2020 - ETH-Rat

Strategische Fokusbereiche in der Forschung 2017–2020
Personalisierte Medizin und Medizintechnologien
Die heutige Medizin zu einer personalisierten Medizin weiterentwickeln: In Zusammenarbeit mit
Schweizer Kliniken erforschen die Institutionen des ETH-Bereichs klinische Proben, entwickeln neue
Technologien im Bereich der Medizintechnik und erweitern klinisches Know-how – nicht zuletzt
auch mit ihren grossen Forschungsinfrastrukturen. Von den gewonnenen Erkenntnissen und Weiterentwicklungen profitieren die Bevölkerung und die Gesundheitssysteme in der Schweiz und weltweit.
Ausgangslage
Weltweit sind grosse Fortschritte in der Genomforschung mit schnellen, verlässlichen Gensequenzierungen zu moderaten Kosten zu verzeichnen.
Personalisierte Medizin berücksichtigt diese messbaren genetischen und nichtgenetischen Merkmale einzelner Menschen, um Patienten statt
mit standardisierten Behandlungsmustern aufgrund
ihrer biologischen Besonderheiten wirksam und
schonend therapieren zu können. Voraussetzung für
Personalisierte Medizin ist, dass zahlreiche Daten
zu Biomarkern erhoben und ausgewertet werden
können. Personalisierte Medizin baut daher sowohl
auf neuen Erkenntnissen in der Biomedizin als
auch auf Fortschritten in der Informationstechnik
auf. Dafür ist eine intensive Zusammenarbeit zwischen
Naturwissenschaften, Medizin und Ingenieurwissenschaften erforderlich – Disziplinen übergreifend
und über die Grenzen verschiedener Institutionen
hinweg.
Bisherige Beiträge des ETH-Bereichs
Bezüglich der (bio)medizinischen Forschung
und Medizintechnik nehmen die Institutionen des
ETH-Bereichs eine wichtige Rolle im schweizerischen Universitätssystem und damit auch im heutigen
Gesundheitssystem der Schweiz wahr. Sie leisten
zahlreiche Beiträge zur Stärkung und Entwicklung
des MedTech-Standortes Schweiz und zur medizinischen Grundlagenforschung. Dazu gehören u. a.
die weltweit anerkannte Forschung in hochspezialisierten Bereichen der Biotechnologie, der Ingenieurwissenschaften sowie in den Lebens- und Gesundheitswissenschaften. Auch der Betrieb und die
Weiterentwicklung von Forschungsinfrastrukturen
und Technologieplattformen, insbesondere in der
translationalen medizinischen Forschung, stärken
die Forschungslandschaft im MedTech-Bereich. Damit trägt der ETH-Bereich in bedeutender Weise zur
Hochschulmedizin Schweiz bei (s. Entwicklungsziel 5,
S. 31). Forschende des ETH-Bereichs stehen im intensiven wissenschaftlichen Austausch und pflegen
nachhaltige Partnerschaften mit Forschenden
von anderen Universitäten sowie von Spitälern der
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Schweiz, die so vom Know-how des ETH-Bereichs
direkt profitieren können.
Kürzlich ins Leben gerufen wurden in Zürich
das Kompetenzzentrum Personalisierte Medizin im
Rahmen der Dachorganisation Hochschulmedizin
Zürich, in Lausanne am Universitätsspital CHUV eine
innovative Biobank, in der Genferseeregion die
Initiative Health 2030 sowie das Zentrum für Personalisierte Medizin und an der Empa die Initiative
«Nanomedizin». Bereits seit 1984 betreibt das PSI
das Zentrum für Protonentherapie in enger Zusammenarbeit mit der ETH Zürich, den Universitäten
Zürich und Bern sowie Spitälern in Zürich, Bern,
Baden und Aarau. Die Zusammenarbeit mit Kliniken
sichert den Institutionen des ETH-Bereichs den
Zugang zu klinischen Proben, klinischem Know-how
und zu Patienten. Die Institutionen ihrerseits
tragen mit ihrer weltweit anerkannten Forschungsund Lehrkompetenz in den Bio- und Ingenieurwissenschaften sowie mit ihrer ausgezeichneten
Forschungsinfrastruktur in den Bereichen Strukturbiologie (z. B. die Schweizer Synchrotronlichtquelle,
SLS, und der SwissFEL am PSI), Imaging und Informationstechnologie zur erfolgreichen Zusammenarbeit bei.
Beiträge des ETH-Bereichs 2017–2020
Die Institutionen des ETH-Bereichs und ihre Partner
(insbesondere medizinische Fakultäten, Universitäts- und Kantonsspitäler sowie Klinken und spezialisierte Firmen) sind aufgrund ihrer bestehenden
Fachkompetenz prädestiniert, den strategischen
Fokusbereich «Personalisierte Medizin und Medizintechnologien» als treibende Kraft mit zu entwickeln.
Dies umfasst insbesondere auch die Beteiligung
an der geplanten nationalen Initiative «Personalisierte Gesundheit», bei welcher der ETH-Bereich
in der Konzeption stark involviert war. Die Institutionen des ETH-Bereichs können zu dieser Initiative
massgebliche Beiträge leisten durch:
–– den Aufbau hochspezialisierter Technologieplattformen für die Forschung, die beispielsweise
mit hohem Durchsatz Daten erzeugen,
–– die Entwicklung und Bereitstellung der erforder-
Strategische Planung 2017-2020 für den ETH-Bereich
Personalisierte Medizin und Medizintechnologien
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lichen Computerinfrastruktur für das Management und die Analyse riesiger Datenmengen
(Big Data),
Biobanken für medizinische Proben,
Hochleistungsrechner für komplexe Simulationen
auf Systemebene,
die Entwicklung von Diagnose- und Therapieinstrumenten mit entweder hoher räumlicher
Auflösung oder hoher biomolekularer Sensitivität,
die Ausbildung der nächsten Generation von
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie
von medizinischen Fachkräften für die integrierte Wissenschaft der Personalisierten Medizin
und Medizintechnik als zentraler Baustein des
Fokusbereiches.
Personalisierte Medizin verknüpft und analysiert
grosse Mengen an Gesundheitsdaten wie genetische
Daten und nichtgenetische Biomarker (z. B. Proteine).
Neben neuen Erkenntnissen in der Biomedizin
sind für die Auswertung dieser Datenmengen Fortschritte in der Informationstechnologie unabdingbar.
Zentrale Voraussetzung für den Erfolg der nationalen
Initiative «Personalisierte Gesundheit» ist daher
die Umsetzung und Finanzierung des komplementären Fokusbereiches «Big Data und Digitale Wissenschaften» im ETH-Bereich (s. S. 50). In diesem
Fokusbereich arbeiten Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler des ETH-Bereichs eng mit der
nationalen Initiative «Personalisierte Gesundheit»
zusammen und entwickeln die benötigten neuen
Technologien zur Datenerfassung auf den Ebenen
Molekül, Zelle, Gewebe und Organismus sowohl in
präklinischen Modellen als auch im Menschen sowie neue Algorithmen für die Mehr-ebenen-Datenintegration und für die Klassifizierung von Krankheitskohorten basierend auf ihren molekularen
Strukturmerkmalen. Die Zusammenführung anonymisierter Patientendaten der einzelnen Schweizer
Strategische Planung 2017-2020 für den ETH-Bereich
Spitäler wird zu Stichprobengrössen führen, welche
den Hochschulplatz Schweiz zu einem interessanten Partner für internationale Kooperationen in der
biomedizinischen Forschung machen.
Bedeutung für Wissenschaft und Gesellschaft
Die Zielsetzungen der Initiative «Personalisierte
Medizin und Medizintechnologien» sollen erreicht
werden durch eine enge Zusammenarbeit in Forschung und Lehre zwischen den Institutionen des
ETH-Bereichs, den medizinischen Fakultäten der
kantonalen Universitäten, Spitälern und der Industrie (Pharma, Nahrungsmittel, Medizintechnik, IT).
Zentraler Stellenwert kommt dabei auch ethischen
und rechtlichen Fragen zu (z. B. im Hinblick auf die
Persönlichkeitsrechte, den Datenschutz oder den
Umgang mit Betroffenen von Krankheitsrisiken).8
Mit der Etablierung des strategischen Fokusbereichs
«Personalisierte Medizin und Medizintechnologien»
strebt der ETH-Bereich eine weltweit führende
Position an in den sich in starkem Wandel befindenden Bereichen der Biowissenschaften, der
Medizintechnik und der klinischen Forschung. Letztlich geht es darum, die heutige Medizin hin zur
Personalisierten Medizin weiterzuentwickeln, um
wesentliche Verbesserungen hinsichtlich der
Wirksamkeit, der Wirtschaftlichkeit und der Sicherheit von medizinischen Interventionen zu erreichen.
Davon werden die Bevölkerung und das Gesundheitssystem der Schweiz, aber auch die exportorientierte MedTech-Industrie und damit die Gesundheitsmärkte weltweit profitieren.
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Anne Eckhardt, Alexander A. Navarini, Alecs Recher,
Klaus Peter Rippe, Bernhard Rütsche, Harry Telser, Michèle Marti
(2014) Personalisierte Medizin. TA-SWISS-Studie erhältlich
im Buchhandel oder beim vdf Hochschulverlag AG als Download
open access. ISBN 978-3-7281-3591-9 (Printausgabe)
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