20150523_TZ_KANDIDATENBEFRAGUNG NR. 3

KANDIDATENBEFRAGUNG NR. 3
TORGAUER ZEITUNG AM 23.05.2015
Wie stehen die Landratskandidaten zum Thema Asyl?
von unserem Chefredakteur Sebastian Stöber
Nordsachsen. Kaum ein Thema wurde in den vergangenen Monaten so ausführlich
diskutiert, wie das Thema Asyl. Krisen rund um den Erdball treiben die Zahl derer,
die ihre Heimat verlassen stetig nach oben. Gleichzeitig wächst die Kluft zwischen
den Lebensstandards innerhalb Europas, was ebenfalls die Zahl der Asylanträge
nach oben beeinflusst. Das Bundesamt für Migration geht in diesem Jahr von
insgesamt 400 000 Erstanträgen und 50 000 Folgeanträgen auf Asyl aus. Erst
langsam stockt das Bundesamt seine Kapazitäten auf, um die Anträge schneller
bearbeiten zu können. Solange es keine Entscheidungen gibt, dürfen alle
Antragsteller in Deutschland bleiben. Verantwortlich für die Unterbringung von
Asylbewerbern sind in jedem Fall die Landkreise, die wiederum auf ihre Kommunen
weiterverteilen. Insgesamt werden in diesem Jahr rund 1000 Asylbewerber nach
Nordsachsen kommen, ungefähr genauso viele wie im vergangenen Jahr. Der neue
Landrat muss sich damit einer Herausforderung stellen, die viel Fingerspitzengefühl,
politisches Geschick aber auch eine klare Haltung verlangt. Nach wie vor gilt es, im
Landkreis eine Willkommenskultur zu etablieren und alle knapp 200 000
Nordsachsen auf diesem Weg mitzunehmen. Gleichzeitig muss an der Finanzierung
geschraubt werden. Nach wie vor reicht das Geld, das der Freistaat an die Kreise für
diese Aufgabe weiterleitet nicht aus, um die tatsächlichen Kosten zu decken.
CDU Kai Emanuel: Es ist selbstverständlich, dass Menschen, die auf der Flucht vor
politischer Verfolgung, Krieg und Terror sind und in unserem Land Schutz suchen,
aufgenommen und betreut werden. Mit Respekt und Anerkennung verfolge ich
Anstrengungen vor Ort. Der aktuelle Flüchtlingsstrom stellt unseren Landkreis vor
große Herausforderungen. Migration und Asyl sind Aufgaben, die Bund, Länder und
Kommunen nur gemeinsam schultern können. Eine Politik ist notwendig, um
Mitmenschen, die in Not sind, schnell helfen zu können. Konsequent muss aber auch
der Missbrauch bekämpft werden. Ich setze mich für Gesetzesänderungen auf
Bundes- und Landesebene ein, die Asylverfahren beim Verwaltungsverfahren als
auch bei der gerichtlichen Überprüfung beschleunigen. Es müssen Hürden im
Verwaltungsverfahren abgebaut werden, um abgelehnte Asylbewerber zügig
rückzuführen. Ich trete für eine zentrale Aufnahmeeinrichtung des Bundes bei der
Betreuung von Asylbewerbern aus sicheren Herkunftsländern und aus EU-Ländern
ein. “
SPD Lars Menzel: „Nordsachsen wird seine Augen der Not der Flüchtlinge nicht
verschließen – auch hier haben wir Verantwortung und auch hier gilt Prävention vor
Nachsorge. Nur wenn wir Flüchtlinge sozial betreuen, können wir vermeiden, von
,Flüchtlingsproblemen‘ sprechen zu müssen. Bei der dezentralen Unterbringung hat
Nordsachsen bisher gute Arbeit geleistet, die ich unbedingt fortführen will. Denn die
dezentrale Unterbringung von Flüchtlingen ist und bleibt die bessere Alternative zu
zentralisierten Massenunterkünften, wie sie anderen Orts gebaut werden. “
FDP Jörg Döring: „Ich befürworte die dezentrale Unterbringung von Flüchtlingen. Es
gibt keine allgemeingültige Anzahl von Asylbewerbern pro Unterkunft. Vielmehr sind
die Interessen der Einwohner der Gemeinden und die Interessen der Flüchtlinge
miteinander in Einklang zu bringen. Dazu gehört auch, dass es eine Unterbringung
gegen den Willen der Mehrheit der Gemeindeeinwohner nicht geben darf. Vielmehr
sollte jede Gemeinde entscheiden können, ob und in welcher Form Flüchtlinge
untergebracht werden. Allein mit einer angemessenen Unterbringung ist es jedoch
nicht getan. Die Flüchtlinge müssen auch intensiv und nachhaltig betreut werden.
Hier sind die Betreuungskapazitäten durch Sozialarbeiter zu erhöhen. Dies darf
jedoch nicht zu Lasten anderer Bereiche gehen. Die Flüchtlinge haben auch
Anspruch auf Schulbildung. Hierfür sind zusätzliche Lehrer einzustellen. Die Kosten
der Asylaufgaben haben Freistaat und Bund zu tragen. Der Landkreis kann und wird
diese nicht dauerhaft vorfinanzieren.“
AfD Ralph Olenizak: „Dies ist und wird zunehmend ein immer wichtigeres Thema.
Hier bedarf es neben meinen Zielen auch mehr Aufklärung der Bürgerinnen und
Bürger. Zu meinen Zielen in diesem Bereich gehört die Durchsetzung der
bestehenden Rechtslage bei Ablehnung von Asylanträgen, damit den tatsächlich
Asylberechtigten und Kriegsflüchtlingen optimal geholfen werden kann. Es muss eine
menschenwürdige Unterbringung der Asylbewerber gewährleistet werden, wobei
eine schnelle Antragsbearbeitung für Asylbewerber im Vordergrund stehen muss.
Oberstes Gebot ist zudem die Transparenz und Bürgerbeteiligung bei Standortfragen
zu Asylbewerberheimen beziehungsweise Unterkünften. “
Bündnis Linke/Grüne Peter Hettlich: „Flüchtlinge und Asylbewerber brauchen
unseren Schutz und unsere Solidarität. Wir werden sie als unsere Gäste auf Zeit
würdig behandeln. Ich strebe eine dezentrale Unterbringung an, die Unterkünfte
sollen nach den Standards des sächsischen Ausländerbeauftragten kontrolliert
werden. Ich werde mich für eine unbürokratische Gesundheitsversorgung nach dem
Beispiel des „Bremer Modells“ einsetzen. Ich werde mit den Bürgermeistern eine
offensive Informationspolitik betreiben und mich für soziale Betreuung,
Treffmöglichkeiten und Sprachlernangebote einsetzen. Die
Eingliederungsmöglichkeiten für Kinder in Kindertagesstätten, Schulen und
Sportvereinen und der Spracherwerb müssen verbessert werden. Die Angebote des
Bildungs- und Teilhabepakets werden umgehend zur Verfügung gestellt. Dies alles
stellt sowohl den Landkreis als auch unsere Kommunen vor große
Herausforderungen. Ich fordere daher zumindestens eine vollständige
Kostendeckung durch die Staatsregierung nach dem Vorbild von Sachsen-Anhalt.