Liebe Einwohnerinnen und Einwohner, in der letzten Gemeinderatssitzung wurde die Aufnahme von Asylbewerbern in der Gemeinde Klingenberg ausführlich behandelt. Ich möchte diese Informationen deshalb gern an Sie weitergeben und über den bisherigen Stand der Planung informieren. Wir wissen, dass nach den letzten Prognosen des Bundesministeriums des Innern bis zum Jahresende ca. 800.000 Asylbewerber in Deutschland erwartet werden. Nach einem Verteilungsschlüssel ist davon auszugehen, dass 5% dieser Asylbewerber, also ca. 40.000, im Freistaat Sachsen aufgenommen werden müssen. Von diesen 40.000 Asylbewerbern werden dann wiederum 6,1 % auf den Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge zur Aufnahme verteilt. Aufgrund dieser Prognosen wird die Zahl der aufzunehmenden Flüchtlinge im Landkreis bis zum Jahresende auf 2.430 Asylbewerber steigen. Die Gemeinden sind nach dem Flüchtlingsaufnahmegesetz verpflichtet, den Landkreis bei der Unterbringung von Flüchtlingen zu unterstützen. Um dies sinnvoll zu organisieren, hat der Landkreis im Kreistag ein Unterbringungskonzept beschlossen. Darin wird als vorrangige Lösung eine dezentrale Unterbringung angestrebt. Die Zahl der Asylbewerber die von jeder Gemeinde aufzunehmen ist soll sich dabei auch nach einem festgelegten Schlüssel orientieren. Um die Aufnahme möglichst dezentral, das heißt in Wohnungen zu gewährleisten, hatte ich bereits in den Amtsblättern im Monat … und … um freie, private Wohnungen geworben. Die Meldungen waren bis jetzt jedoch sehr gering. Ist eine dezentrale Unterbringung nicht möglich, soll bzw. muss auf zentrale Unterkünfte zurückgegriffen werden. Diese Plätze sind auch dann einzurichten, wenn die Entscheidungsgremien in den Städten und Gemeinden nicht bereit sind, dies zu dulden. Die Gemeinde wurde vom Landkreis im Laufe des Jahres darüber informiert, wie viele Asylbewerber sie nach dem bekannten Verteilungsschlüssel aufzunehmen hat. Nach bisherigen Informationen waren es mindestens 78. Nun haben wir uns natürlich Gedanken gemacht wie eine Aufnahme erfolgen kann, wenn nur sehr begrenzt Wohnungen zur Verfügung stehen. Auf der Suche nach einer geeigneten Unterkunft hat sich die Gemeinde mit dem Landkreis abgestimmt. Mit dem Grundstückseigentümer des Flurstückes 20/1 im Ortsteil Klingenberg - Gewerbepark Klingenberg wurde sich dahingehend geeinigt, dass das Grundstück mit dem darauf stehenden Hochhaus für eine Flüchtlingsunterkunft genutzt wird. Die dem Landkreis gehörende Grundstücksverwaltungsgesellschaft (GVS) hat dieses Grundstück dazu erworben. Diese GVS ist für alle organisatorischen Belange zuständig, welche im Zusammenhang mit der Planung und dem Umbau des Gebäudes stehen. Ebenso für die Aufnahme, Unterbringung und Versorgung der Asylbewerber. Das Hochhaus hat insgesamt 6 Stockwerke mit einer Fläche von ca. 950 m² je Stockwerk. Nach dem Ausbau sollen insgesamt 300 Flüchtlinge in diesem Gebäude Seite 2 untergebracht werden. Der Ausbau selbst ist bis Ende des Jahres geplant. Bei der Größe des Gebäudes und dem notwendigen Umfang ist das eine anspruchsvolle Aufgabe. Die Aufnahme dieser Flüchtlinge wird unsere Gemeinde und insbesondere den Ortsteil Klingenberg vor eine besondere Herausforderung stellen. Wir kennen die bisherigen größeren zentralen Unterkünfte in Schmiedeberg, Langburkersdorf, Freital und wir wissen aus Medienberichten, wie schwierig die Zustände in den Erstaufnahmeeinrichtungen des Freistaates sein können. Die Vorbehalte die der Eine oder Andere gegen diese Einrichtung haben wird, kann ich leider nicht entkräften. Diese Einrichtung ist kein Dauerzustand für vernünftiges Wohnen. Selbst dann nicht, wenn dieses Gebäude den festgelegten Standards für Flüchtlingsunterkünfte angepasst wird. Es ist jedoch, aufgrund der wachsenden Zahl der zu erwartenden Flüchtlinge und den fehlenden dezentralen Unterkünften die einzige Alternative, diese Menschen sicher und bei der herannahenden kalten Jahreszeit vernünftig und warm unterzubringen. Die GVS wird in diesem Gebäude auch das Hausrecht ausüben und mit einem ständig vor Ort anwesenden Wachdienst begleiten. Ebenfalls wird die Sozialarbeit für eine gute Integration wichtig sein. Wir stehen zurzeit in ständigem Kontakt mit dem Landratsamt, um die Aufnahme der Flüchtlinge so gut wie möglich vorzubereiten. Das ist eine Herausforderung, weil wir bisher nicht wissen wer zu uns kommen wird. Sind es vorwiegend Männer, Frauen oder Familien mit Kindern? Unterliegen diese Kinder der Schulpflicht? Wie wirkt sich die Anzahl der ankommenden Kinder auf unsere Einrichtungen aus? Wie kann die Aufnahme in unseren Einrichtungen organisatorisch funktionieren? Was benötigen sie? Was für Erwartungen haben diese Menschen an uns? Wie lange werden sie bleiben? Da die Unterbringung solange gewährleistet wird wie das Asylverfahren läuft, ergibt sich auch die Frage, was nach der Bestätigung des Asylantrages wird. Wo finden diese Menschen dann Unterkunft? Eine soziale Integration kann nur gelingen, wenn beide Seiten aufeinander zugehen. Dazu brauch der Landkreis und die Gemeinde Unterstützung aus der Bevölkerung, von Ihnen. Ich plane mit freiwilligen Helfern ein Netzwerk aufzubauen, welches dann in Abstimmung mit der GVS bei Bedarf die Asylbewerber unterstützen soll. Es gibt bereits eine Vielzahl von Einwohnern, die mir Ihre Unterstützung angeboten haben. Dafür bin ich diesen bereits jetzt sehr dankbar. Gleichfalls möchte ich um weitere Unterstützung werben. Wenn Sie Interesse haben, würde ich mich sehr freuen, wenn Sie sich direkt bei mir, bzw. in der Gemeindeverwaltung melden. Wie die Unterstützung inhaltlich erfolgen soll, welche Hilfe und in welchem Umfang diese notwendig sein wird kann ich aus heutiger Sicht noch nicht sagen. Das werden wir erst dann abstimmen können, wenn die ersten Asylbewerber da sind und wir deren Bedürfnisse kennen. Seite 3 Ich möchte auf diesem Wege jedoch noch einmal deutlich machen, dass die Gemeindeverwaltung die ehrenamtliche Arbeit allein nicht abdecken kann. Ich denke, dass es wichtig sein wird mit den Asylbewerbern in Kontakt zu treten. Es wird wichtig sein Ihnen zu helfen sich zu integrieren, ihre Erwartungen genauso wie unsere Erwartungen aufeinander abzustimmen. Je besser dies gelingt, desto weniger Vorbehalte wird es auf beiden Seiten geben. Umso schneller wird auch das Vertrauen zueinander wachsen. Zurzeit gibt es viele Einwohner die sich verständlicherweise Gedanken über die Aufnahme der Asylbewerber machen. In den letzten Tage wurde ich z.B. auch über die weitere Aufnahme von Asylbewerbern in anderen Ortsteilen gefragt und viele andere Dinge, die unklar erschienen bzw. als Gerücht kursierten. Ich möchte Ihnen anbieten möglichst transparent und schnell Ihre Fragen zu beantworten. Dass ist zum Beispiel möglich, wenn Sie sich mit Ihrer Frage telefonisch oder schriftlich (auch per Mail) direkt an die Gemeinde wenden. Das wurde von einigen Einwohnern in den letzten Tagen bereits genutzt. Sollte die Antwort allgemein von Interesse sein, werde ich diese Frage und Antwort auf der Homepage der Gemeinde einstellen. Damit lässt sich vielleicht das eine oder andere kursierende Missverständnis schnell ausräumen. Wir haben eine derartige Völkerwanderung noch nicht erlebt. Die Auswirkungen bieten weltpolitisch gesehen eine Menge Gesprächsstoff. Wir lesen täglich in den Zeitungen oder sehen dramatische Bilder in den Nachrichten. Uns selbst als Gemeinde bleibt aus meiner Sicht zunächst das humanitäre Handeln. Die Hand denjenigen zu reichen, die aus Not und Verzweiflung zu uns kommen und Hilfe brauchen. In diesem Sinne hoffe ich, dass wir gemeinsam diese Herausforderung annehmen und dass es uns genauso gelingt, wie es anderen Gemeinden auch gelungen ist, die Asylbewerber reibungslos aufzunehmen und in unsere Gemeinde und unser gesellschaftliches Leben einzubinden. Torsten Schreckenbach Bürgermeister
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