06.05.2015_ADIDAS_Sportmarke im Abseits

24 DAX-KONZERNE UNGESCHMINKT
MITTWOCH, 6. MAI 2015, NR. 86
2004
2005
2006
2007
2008
ADIDAS 25
MITTWOCH, 6. MAI 2015, NR. 86
1
1
2009
2010
2011
2012
2013
2014
’15
92,92 €
Hoch
22.1.2014
60
Aktienkurs
2.1.2004
23,68 €
5.5.2015
75,40 €
Handelsblatt | Fotos:
M. Schrader/ap,
/a dpa; imago/DeFodi,
Stand: 15:30 Uhr; Quelle: Bloomberg
Herbert Hainer
Vorstandschef
seit März 2001
80
40
Besonders bedrohlich: Gerade in Nordamerika, also auf dem wichtigsten Sportmarkt der Welt, machten die Kunden einen Bogen um die Marke. Die Erlöse brachen um sieben Prozent auf knapp drei
Milliarden Euro ein. Ganz anders Weltmarktführer Nike. Der Rivale von der amerikanischen Westküste verkauft in einem
Quartal inzwischen in der Region so viel
wie Adidas im Jahr. Trotzdem legen die
20
Sportmarke
im Abseits
Wir haben an
Begehrlichkeit
verloren, weil wir uns
nicht genug auf die
Bedürfnisse unserer
Kunden konzentriert
haben.
Herbert Hainer
Vorstandschef Adidas
Der Blick in die Bilanz liefert viel Anlass
zur Kritik am Adidas-Management.
Schnelle Besserung ist nicht in Sicht.
Joachim Hofer
München
D
ie Aktivisten von Greenpeace
waren jahrelang der Höhepunkt der Hauptversammlungen von Adidas. Mit ihrem
lautstarken Protest gegen Gift
in den Fabriken, gegen Chemikalien in
Shirts, Shorts und Turnschuhen der Sportmarke sorgten die Umweltschützer für
Aufregung am Rande einer ansonsten sehr
harmonischen Veranstaltung.
Die Bannerträger der Umweltschutzorganisation sind längst nicht mehr die einzigen Kritiker des Sportkonzerns aus Herzogenaurach. Im Gegenteil, Adidas hat viele Forderungen von Greenpeace erfüllt –
mitunter wird Europas größter Turnschuhhersteller von den Hamburgern sogar ausdrücklich gelobt. Heute sind es die
früher so zufriedenen Anteilseigner, die
mit ihrem Unternehmen hart ins Gericht
gehen.
Schon vergangenes Jahr gab es in der
Stadthalle in Fürth vereinzelt die Forderung, Vorstandschef Herbert Hainer solle
angesichts der schlechten Zahlen zurücktreten. An diesem Donnerstag könnten es
noch mehr Redner werden, die einen Neuanfang an der Spitze fordern.
Der Blick in die Bilanz liefert den Kritikern
genug Munition. Hainer hat vergangenes
Jahr fast alle seiner selbst gesteckten Ziele
verfehlt. Am schlimmsten für die Anteilseigner: Der Gewinn ist um fast 40 Prozent
auf nur noch 490 Millionen Euro eingebro-
chen. Das lag einerseits am unerwartet
schlechten Geschäftsverlauf. So ist der Umsatz 2014 nur um magere zwei Prozent auf
14,5 Milliarden Euro geklettert. Damit
konnte der Manager nicht einmal den Erlösrückgang vom Vorjahr ausgleichen.
Doch es sind nicht allein die fehlenden
Einnahmen, die den Überschuss gedrückt
haben. Dazu kommen Abschreibungen
von 78 Millionen Euro; das liegt vor allem
am Verkauf der Sportmode-Tochter Rockport. Doch Hainer traf auch der Verfall
wichtiger Währungen wie des russischen
Rubels, des argentinischen Pesos oder des
brasilianischen Reals. Das kostete den
Konzernherrn unterm Strich 170 Millionen
Euro.
Das allein wäre schon schlimm genug,
doch Hainer musste im Laufe des Jahres
auch sein in der sogenannten „Route
2015“ formuliertes Mittelfristziel kassieren. Ende dieses Jahres wollte der 60-Jährige auf Einnahmen von 17 Milliarden Euro
kommen. So hatte er es im November
2010 angekündigt. Völlig illusorisch, wie
sich im Sommer 2014 schließlich herausstellen sollte.
Ärgerlich für die Investoren: Zahlreiche
Probleme aus dem Vorjahr hat Hainer
auch 2014 nicht gelöst. Vor allem die Golfsparte setze nicht so viel ab wie geplant.
Das zeigt sich im Geschäftsbericht unter
dem Posten Zubehör: Die Umsätze der Kategorie sind um zwölf Prozent auf 1,6 Milliarden Euro eingebrochen. Das schwache
Golfgeschäft ließ den Betriebsgewinn zudem um 200 Millionen Euro sinken.
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21,48 €
Tief
21.11.2008
Amerikaner noch zu, und zwar um sechs
Prozent in dem am 28. Februar beendeten
dritten Quartal des Geschäftsjahrs.
Auch an anderer Stelle ist Hainer weit
von der „Route 2015“ abgekommen. Die
operative Marge sollte Ende 2015 bei elf
Prozent liegen. So hatte es der sportliche
Konzernlenker den Investoren vor fünf
Jahren versprochen. Doch vergangenes
Jahr kam Europas größter Turnschuh-Her-
Auszüge aus dem Geschäftsbericht
Umsatz nach Regionen
in Mio. Euro
Gesamt
davon Westeuropa
europäische Schwellenländer
Nordamerika
China
andere
e asiatisch
a
e Märkte
Lateinamerika
2014
Veränd.
zu 2013
14 534
+2 %
Bruttomarge
4 112
+9 %
Operative Marge
in %
6,6
-2,1
21P
PP
1 932
+ %
+4
Eigenkapitalquote
in %
45,3
-2,0 PP
2 972
-7 %
Eigenkapitalrendite
in %
8,7
-5,6 PP
1 811
+9 %
2 085
-2 %
1 622
+3 %
Umsatz nach Produktbereichen
in Mio. Euro
Gesamt
davon Schuhe
Bekleidung
Zubehör
in Mio. Euro
Vorräte
Forderungen und sonstige kurzfrist
ige
e Ve
Vermögenswerte
Kurzfristiges Betriebskapital
Netto-Cashposition
Auf Anteilseigner entfallen
tfallendes Kapital
Investitionen
Mittelzuf
ufluss
luss aus betrieblicher Tätigkeit
PP = Prozentpunkte
Handelsblatt | Quellen: Unternehm
en, Geschäftsb
eschäftsbe
ericht
richt
c 2014,
Seiten 108, 109, 113,
3, 114, 116, 118, 120, 126 & 190
in %
2014
Veränd.
zu 2013
47,6
-1,7 PP
Kennzahlen je Aktie
Unverwässertes Ergebnis
Mittelzufluss aus betrieblicher Tätigkeit
2014
Veränd.
zu 2013
14 534
+2 %
Dividende
6 658
+1 %
in Mio. Euro
+8 %
Umsatzerlöse
1 597
7
-12 %
Umsatzkosten
Bruttoergebnis
2014
Veränd.
zu 2013
12 417
+7 %
2 526
-4 %
2 861
+11 %
2 970
+40 %
-185
VJ 295
5 624
+3 %
554
+16 %
701
+11 %
2014
Veränd.
zu 2013
in €
2,72
-32 %
in €
3,36
+11 %
in €
1,50
±0 %
Konzern-Gewinn- und Verlustrechn
ung
6 279
Bilanz- und Cashflow-Daten
Bilanzsumme
Wichtige Kennzahlen
Lizenz- und Provisionserträge
Sonstige betriebliche Erträge
Sonstige betriebliche Aufwend
fwendun
ungen
gen
Wertmin
minderu
derungs
ngsa
aufwendungen
Be
Betriebs
ergebnis
Finanzerträge
Finanzaufwendungen
Gewinn vor Steuern
Ertragsteuern
Gewinn aus fortgeführten Geschäf
tsbereichen
Verlust aus aufgegebenen Geschäft
sbereich
sbere en
Gewinn
Auf Anteilseigner entfallender Gewinn
2014
Veränd.
zu 2013
14 534
+2 %
7 610
+6 %
6 924
-1 %
102
-1 %
138
-3 %
6 203
+3 %
78
+49 %
883
-25 %
19
-27 %
67
-28 %
835
-25 %
271
-20 %
564
-27 %
-68
496
-37 %
490
-38 %
steller nur auf 6,6 Prozent, deutlich unter
dem Wert von 2013 und den ursprünglich
für das Jahr 2014 angepeilten 8,5 bis neun
Prozent. Schnelle Besserung ist nicht in
Sicht, fürs laufende Jahr stellt Finanzvorstand Robin Stalker maximal sieben Prozent in Aussicht.
Damit nicht genug der Enttäuschungen.
So ist die Bruttomarge vergangenes Jahr
um 1,7 Prozentpunkte auf 47,6 Prozent gefallen. Dieser Wert wird in der Sportbranche gerne herangezogen, um die Wettbewerber zu vergleichen. Er gibt an, wie viel
eine Firma nach Abzug der Herstellungskosten verdient.
Es gibt viele Gründe für die niedrigere
Rendite, einer davon: Adidas musste seine
Ware in den Fabriken in Asien teurer einkaufen als im Jahr zuvor. Zudem ließen
sich viele Shirts und Shorts auf dem wichtigen russischen Markt wegen der Krise in
dem Land nur mit Rabatten absetzen. In
der angeschlagenen Golfsparte wiederum
mussten die Franken die Preise senken,
um die Lager zu räumen. Hainer gab sich
angesichts der vielen Probleme jüngst
selbstkritisch: „Wir haben an Begehrlichkeit verloren, weil wir uns nicht genug auf
die Bedürfnisse unserer Kunden konzentriert haben.“
Gleichwohl steht Adidas im Industrievergleich gar nicht so schlecht da. Beim
fränkischen Lokalrivalen Puma etwa lag
die Rohertragsmarge vergangenes Jahr bei
46,6 Prozent und damit deutlich unter
dem Wert von Adidas. Die Marke mit dem
Raubtierlogo musste oft den Rotstift bemühen, um ihre Shirts und Shorts loszuwerden. Weltmarktführer Nike kam in dem
am 28. Februar beendeten dritten Quartal
des Geschäftsjahrs auf 45,9 Prozent.
Angesichts des enttäuschenden Geschäftsverlaufs ist es kein Wunder, dass
sich die Kasse leert. Die Netto-Cash-Position stürzte von 295 Millionen Euro im Vorjahr auf minus 185 Millionen Euro zum 31.
Dezember vergangenen Jahres ab. Das lag
dem Unternehmen zufolge vor allem daran, dass Adidas kräftig in Logistikzentren
und neue Läden investiert hatte. Ein
Warnsignal für Management und Investoren sollte sein, dass der Cashflow aus dem
operativen Geschäft zum zweiten Mal in
Folge sank: 2014 gleich um 36 Prozent auf
530 Millionen Euro.
Die Anteilseigner leiden allerdings nicht
darunter, dass das Traditionsunternehmen aus Herzogenaurach vergangenes
Jahr nicht so gut in Fahrt war wie erwartet.
Denn die Dividende bleibt konstant bei
1,50 Euro je Aktie. Alles in allem schüttet
der Konzern 306 Millionen Euro aus, acht
Millionen weniger als im Vorjahr. Der
Grund: Im Jahresverlauf haben die Franken eigene Aktien zurückgekauft. Wegen
des deutlich niedrigeren Gewinns klettert
die Ausschüttungsquote jedoch von 37,4
Prozent auf mehr als 50 Prozent.
Damit liegt Adidas weit über dem Korridor von 20 bis 40 Prozent, den sich der
Konzern selbst gesetzt hat. Doch eine verlässliche und kontinuierliche Dividendenpolitik habe Vorrang, meint Finanzchef
Robin Stalker. Künftig soll das ohnehin der
Normalfall werden und die Spannbreite
zwischen 30 und 50 Prozent vom Gewinn
betragen, kündigte der Neuseeländer
jüngst an.
SERIE
Stärken und Schwächen
„Dax-Konzerne ungeschminkt“
nimmt die Aktionärstreffen deutscher
Großunternehmen zum Anlass, deren
Jahresabschlüsse kritisch zu durchleuchten. Die nächsten Serienteile:
7.5. Eon
7.5. Heidelberg Cement
Hainer verspricht den Aktionären derweil bessere Zeiten. Den Gewinn will der
Konzernlenker von 2016 an bis 2020 im
Schnitt jedes Jahr um 15 Prozent steigern.
Ziel sind rund 1,4 Milliarden Euro. Der Umsatz soll im selben Zeitraum jährlich um
bis zu neun Prozent klettern. In fünf Jahren käme das Label dann auf Erlöse von
gut 22 Milliarden Euro. Hainer wird den
Plan nicht mehr vollenden. Der Niederbayer wird in spätestens zwei Jahren abtreten.
Für ihn ist es kein Problem, seinem noch
unbekannten Nachfolger eine auf fünf Jahre angelegte Strategie zu hinterlassen:
„Das ist nicht mein Plan, das war Teamarbeit, wir stehen alle dahinter.“
26 DAX-KONZERNE UNGESCHMINKT
MITTWOCH, 6. MAI 2015, NR. 86
11 774
Adidas
ADIDAS 27
MITTWOCH, 6. MAI 2015, NR. 86
1
1
Taylor Made
Reebok
Rockport
Reebok CCM
Hockey
8 714
6 626
1 979
1 913
1 578
856
Umsatz in Mio. Euro
2006 2010
2014
Umsatz in Mio. Euro
Adidas-Fußball-Ausrüstung | Foto: imago
2006 2010
2014
Umsatz in Mio. Euro
913
909
293
Umsatz in Mio. Euro
Model Miranda Kerr mit Reebok-Schuhen | Foto: I. Kato/Reuters
2006 2010
2014
2006 2010
Golfer mit Taylor-Made-Ausrüstung | Foto: Anemel/imago
Umsatz in Mio. Euro
202 200 269
283
252
2014
2006 2010
Rockport-Flagge | Foto: D. Karmann/dpa
2014
Eishockey-Ausrüstung | Foto: PR
Handelsblatt | Quelle: Unternehmen
Fans in neuen Märkten
Schneller, größer, profitabler
Starker Rivale Nike
K
Adidas soll in den nächsten fünf Jahren kräftig wachsen. Doch das Programm hat seine Tücken.
G
STÄRKE 1
urz vor Ostern hat sich
Fidel Castro nach langer
Zeit wieder einmal in
der Öffentlichkeit blicken lassen. Und siehe da, der greise
Revolutionär trug wieder eine
Jacke von Adidas. Das ist
nicht weiter überraschend:
Der 88-Jährige lässt sich seit
Jahrzehnten in Trainingsanzügen des fränkischen Sportlabels ablichten.
Castro ist der wahrscheinlich
bekannteste Adidas-Fan in einem Schwellenland weltweit;
aber bei weitem nicht der einzige. Ob in Peking, Rio de
Janeiro oder Moskau, in vielen aufstrebenden Volkswirtschaften hat Adidas vergangenes Jahr wesentlich mehr
Kickstiefel, Turnschuhe und
Leibchen verkauft als noch
Wachstumsmärkte
Umsatz* 2014 in Mrd. Euro
Änderung zum Vorjahr
+19 %
1,6
Lateinamerika
+10 %
1,8
China
+19 %
1,9
Europäische
Schwellenländer
*auf Basis konstanter Wechselkurse
Handelsblatt
Quelle: Unternehmen
2013. „In China und in Lateinamerika sind wir deutlich
schneller gewachsen als unser Hauptwettbewerber“,
brüstet sich Adidas-Chef Herbert Hainer. Allerdings konnten sich die Controller in der
Zentrale in Herzogenaurach
nicht so recht an den guten
Geschäften erfreuen. Denn in
der Bilanz blieb nur wenig
hängen davon. Beispiel Russland: Adidas ist Marktführer
in dem Riesenreich, die Russen lieben das deutsche Label; damit nicht genug, die
Konzerntochter Reebok ist
die Nummer drei im Land.
Doch die russische Währung
ist gegenüber dem Euro brutal in die Knie gegangen. So
kam es, dass die Einnahmen
in Rubel vergangenes Jahr
zwar um ein Fünftel kletterten; bei der Währungsumrechnung ging das aber völlig
verloren. Genauso verhielt es
sich 2014 mit dem Real in
Brasilien oder dem Peso in
Argentinien.
In Russland kommt nun noch
etwas dazu: Angesichts der
Wirtschaftssanktionen des
Westens und der Ukraine-Krise haben die Leute inzwischen andere Sorgen, als sich
neue Fitnessklamotten in den
Schrank zu hängen. Gleichwohl: Wenn es in Russland
wieder aufwärtsgeht, ist Adidas in der Poleposition. jojo
► Fachhändler kritisieren
die vielen Läden der Marke.
► Konzern startet gut
ins neue Jahr.
Joachim Hofer
München
S
eit 14 Jahren führt Herbert
Hainer Adidas, er ist damit dienstältester Chef eines Dax-Konzerns. Doch
Routine hat sich bei dem
60-Jährigen noch nicht eingestellt,
im Gegenteil. Die vergangenen
zwei Jahre hat Hainer seine Investoren enttäuscht. Jetzt will er es
noch einmal allen zeigen, ehe der
Vertrag in zwei Jahren ausläuft.
Der Start ins laufende Geschäftsjahr war schon einmal verheißungsvoll. Der Umsatz im ersten
Quartal ist um 17 Prozent auf 4,1
Milliarden Euro geklettert, der Gewinn stieg derweil um acht Prozent auf 221 Millionen. Der schwache Euro hat den Franken geholfen, doch auch auf Basis
konstanter Wechselkurse wären
die Einnahmen noch um neun
Prozent gestiegen.
Nach Hainers Lesart ist das ein
sicheres Zeichen für die Erholung
und ein Start in eine strahlende Zukunft. Bis 2020 soll der Umsatz
Jahr für Jahr um bis zu neun Pro-
Gute Ideen für moderne Laufschuhe
W
Um das zu erreichen, soll Adidas
schneller werden, urbaner und offen für Ideen von außen. So hat es
Hainer zusammen mit einem halben Dutzend seiner besten Leute
Ende März am Stammsitz in Herzogenaurach verkündet. „Creating
the New“ hat der Vorstand seine
neue Strategie genannt.
Die Investoren nahmen die vielen Versprechen bisher reserviert
auf. Der Aktienkurs ist seit Wochen
auf Zickzackkurs. Angesichts der
guten Zahlen ging es am Dienstag
allerdings knapp zwei Prozent
nach oben auf rund 77 Euro.
fränkischen Duell. „Boost“ gibt’s schon seit
zwei Jahren, die „Ignite“-Modelle kamen gerade erst in die Läden. Der Vorteil von „Boost“:
Die zusammen mit BASF entwickelte Sohle
sieht aus, als wäre sie aus Styropor, sie besteht aus kleinen Kügelchen. So erkennen die
Kunden schon auf den ersten Blick, dass hier
etwas ganz Neues in den Regalen der Sporthändler steht. Mag sein, dass der „Ignite“ genauso gut ist und den Sportlern einen zusätzlichen Kick gibt. Denn genau das versprechen
beide Konzepte. Doch mit dem „Boost“ hatten die Adidas-Entwickler gemeinsam mit
BASF eine richtig gute Idee, und zwar vor
dem Rivalen Puma. Das spürt Adidas in der
Kasse: Sieben Millionen Paar gingen vergangenes Jahr über die Ladentheken. Mit Laufschuhen ist die Marke bei „Boost“ gestartet, inzwischen aber reicht die Palette vom Basketball
über Golf bis hin zu Trekkingstiefeln. jojo
Jetzt heißt es
abwarten, inwiefern
das Programm
von Adidas
umgesetzt wird.
Überraschend seien die Ideen des
neuen Langfristplans nicht, meint
denn auch Jochen Schnell, Vorstand der Sporthandelskette Intersport. Schnell muss es wissen, niemand verkauft in Deutschland so
viele Turnschuhe, Kickstiefel und
Badehosen wie Intersport.
Jochen Schnell
Vorstand Intersport
Einen Punkt in Hainers Langfristplan sieht Schnell besonders
kritisch. Mehr als 60 Prozent vom
Umsatz will Adidas künftig auf
selbst kontrollierten Flächen einspielen; bisher hat das Label nur
50 Prozent angepeilt.
Dadurch soll die Marke mit den
drei Streifen zügiger auf Trends
reagieren können. Zudem sind die
Margen in den eigenen Läden höher. Die Sporthändler empfinden
das jedoch als Bedrohung – und
könnten Adidas deshalb künftig
Kennzahlen 2014
Vergleich der Wettbewerber
Umsatz und Gewinn 2014
14,53
28,16
490
Mrd. €
Mio. €
Gewinn
Mrd. €
Umsatz
2 892
Mio. €
2,97
Mitarbeiter
Adidas
Nike*
53 731
56 500
45,9 %
Bezogen auf die fortgeführten Geschäftsbereiche
Mio. €
Mrd. €
Puma
10 700
46,6 %
zum 28.2.2015
194
Mio. €
Under Armour
11 267
zum 31.5.2014
47,6 %
2,87
64
Mrd. €
Bruttomarge in Prozent
STÄRKE 2
enn die Mitarbeiter von BASF nach
Herzogenaurach fahren, dann müssen sie auf der vierspurigen Umgehungsstraße gut aufpassen. Wenn der Auftrag
von Puma kommt, heißt es nach links abbiegen. Rechts blinken müssen sie hingegen,
wenn Adidas ruft. Die Ingenieure des Chemiekonzerns sind in Diensten beider Sportkonzerne – und waren maßgeblich daran beteiligt,
die neuesten Schuhe der fränkischen Marken
zu entwickeln.
„Boost“ heißt die Schuhkollektion von Adidas, „Ignite“ die Konkurrenzlinie von Puma.
Schon lange verlassen sich die zwei größten
europäischen Sportartikelhersteller nicht
mehr allein auf ihre Kompetenz im eigenen
Haus. Zulieferer wie der Chemiekonzern
BASF werden eng eingebunden.
Wenn es um technische Neuheiten geht, hat
Adidas allerdings seit Jahren die Nase vorn im
zent klettern, der Gewinn soll sogar um 15 Prozent jährlich steigen.
SCHWÄCHE 1
568**
Mio. €
600
400
Schuhe
6,66 Mrd. €
Bekleidung
6,28 Mrd. €
6
33 %
Europäische
Schwellenländer
24 %
Nordamerika
4
200
2
Zubehör
1,60 Mrd. €
0
2005
* Kumuliert 1. Q. bis 3. Q. 2015 und
© Handelsblatt GmbH. Alle Rechte vorbehalten. Zum Erwerb weitergehender Rechte wenden Sie sich bitte an [email protected].
Mitarbeiter nach Regionen
8
2014
0
2005
4. Q. Gj. 2014, Umrechnung aus US-Dollar;
**Ohne Wertminderung von Fir
2014
menwerten in Höhe von 78 Mio. €
Gesamt
53 731 (+8 %)
6%
Andere
Asiatische
Märkte
8%
Lateinamerika
8%
China
14,5
12,8
6,6
’05 ’10 ’14
Nike*
Handelsblatt
’05 ’10 ’14
Adidas
*Geschäftsjahr bis Ende Mai
Quelle: Unternehmen
in Amerika investiert“, betont der Manager. Die zusätzlichen Millionen fließen daher vor allem in die USA, wo
Nike meilenweit vor den
Deutschen liegt. Gut ein Fünftel des Konzernumsatzes
stammt aus Nordamerika,
doch der Abwärtstrend ist bedrohlich. Der Umsatz in der
Region liegt heute um gut
400 Millionen Euro unter
dem von 2012.
Dass Nike künftig etwas langsamer tritt, ist gleichwohl
nicht zu erwarten. „Wir sind
eine Wachstumsfirma“, verkündet die Marke bei jeder
sich bietenden Gelegenheit.
Im Gegensatz zu Adidas ist
das Unternehmen diesem Anspruch zuletzt auch gerecht
geworden. jojo
US-Tochter Reebok fällt zurück
A
Umsätze der Produktberei che in
Mrd. Euro
800
Allerdings könnte auch Intersport
vom Wandel bei Adidas profitieren. Viele Produkte sollen künftig
innerhalb einer Saison entwickelt
werden, verspricht Hainer. Dann
könnte die Marke öfter genau die
Shirts und Shorts anbieten, die bei
den Kunden gerade ankommen.
„Wir müssen die Kunden jeden Tag
überraschen“, fordert der Unternehmenschef. Der Vorteil für die
Händler: Sie müssten weniger Rabatte geben.
Zudem will der Manager den Ladenbesitzern weniger, dafür aber
attraktivere Ware anbieten. Bislang
sorgen die zehn Topprodukte für
15 Prozent vom Umsatz, bald sollen
es 30 Prozent sein. Weniger Aufwand, mehr Ertrag, so lautet Hainers Formel.
Um cooler zu werden, fokussiert
sich das Label zudem auf einige
ausgewählte Großstädte wie Los
Angeles oder Tokio. Dort fließt besonders viel Marketinggeld, hier
werden die Trendsetter umgarnt.
Das soll dann auf das Geschäft
rund um den Globus abstrahlen.
Nike zieht davon
Umsatz in Mrd. Euro
25,9
SCHWÄCHE 2
49,0 %
Adidas
Gewinn nach Steuern in Mio. Euro
weniger Platz in ihren Regalen freiräumen.
Hainer geht also ein hohes Risiko ein, wenn er stärker auf die sogenannten Monomarken-Stores
setzt. „Die brauchen den Fachhandel“, gibt sich Intersport-Vorstand
Schnell selbstbewusst.
röße ist in der Sportbranche kein Selbstzweck. Wer mehr Geld
einnimmt, kann mehr ausgeben für das lebenswichtige
Marketing. Weil die Hersteller
stets einen fixen Prozentsatz
der Erlöse in Werbung und
Sponsoring stecken, hat Weltmarktführer Nike einen wesentlichen Vorteil gegenüber
Adidas.
Die Amerikaner haben Adidas
schon vor Jahren überholt. Damit hat sich Adidas abgefunden. Was den Aktionären jedoch Sorgen bereiten sollte:
Nike vergrößert den Abstand
sogar noch. Vor zehn Jahren
erzielte die Marke etwa sechs
Milliarden Euro mehr Umsatz
im Jahr. Inzwischen sind es
schon rund zehn Milliarden.
Bei einem Marketinganteil von
etwa zwölf Prozent der Erlöse
kann das Label aus Oregon also 1,2 Milliarden Euro mehr
ausgeben als die Franken.
Um einigermaßen mitzuhalten, stockt Adidas-Chef Hainer das Marketingbudget dieses Jahr auf und gibt statt
zwölf bis 13 Prozent nun 14
Prozent vom Umsatz aus; damit stehen rund 200 Millionen Euro mehr zur Verfügung
als 2014.
Das drückt erst einmal den
Gewinn. Doch Hainer hat keine Wahl, er muss angreifen.
„Wir haben bisher zu wenig
21 %
Westeuropa
Handelsblatt | Quelle: Unternehm
en
ls Adidas den US-Wettbewerber Reebok
2006 übernahm, da verkaufte die Marke
Shirts und Schuhe für knapp zwei Milliarden Euro. Vergangenes Jahr waren es rund
400 Millionen Euro weniger. Seit Jahren
schrumpft das Label, noch immer ist völlig offen, ob und wann die Trendwende gelingt.
Dazu kommt: Bis heute ist die Tochter nicht
so profitabel wie die Kernmarke Adidas.
Dabei hätte Adidas-Chef Hainer wissen können, dass Übernahmen riskant sind: 2005 hatte der Manager die französische WintersportTochter Salomon nach acht Jahren entnervt
wieder verkauft. Erst der finnische Amer-Konzern hat inzwischen aus Salomon ein florierendes Geschäft gemacht.
Von dem Flop aber ließ sich Hainer nicht abschrecken. Sein Kalkül: Reebok war in den
USA die Nummer zwei, Adidas auf Rang drei.
Gemeinsam müsste man doch an den Markt-
führer Nike herankommen. Weit gefehlt, Nike
zog davon. Reebok dagegen verzettelte sich,
musste mehrmals neu ausgerichtet werden.
Das hat nicht nur viel Geld gekostet, es bindet
bis heute wertvolle Management-Kapazitäten.
Im Gegensatz zu Salomon vor zehn Jahren ist
Reebok heute freilich nahezu unverkäuflich.
Den Franzosen hatte Hainer damals viel Spielraum gelassen, bei Reebok führte er eng. Der
Nachteil: Heute könnte Adidas lediglich die
Markenrechte abstoßen.
Doch eine Trennung kommt laut Hainer ohnehin nicht infrage. Stattdessen soll Reebok als
Fitnessmarke aufblühen. Zielgruppe sind die
Besucher von Fitnessstudios, Yoga-Fans sowie
Läufer. Darüber hinaus will Reebok-Chef Matt
O’Toole Sportmode an Mann und Frau bringen. So solle die Marke von nun an jedes Jahr
um einen hohen einstelligen Prozentsatz
wachsen. jojo