24 DAX-KONZERNE UNGESCHMINKT MITTWOCH, 6. MAI 2015, NR. 86 2004 2005 2006 2007 2008 ADIDAS 25 MITTWOCH, 6. MAI 2015, NR. 86 1 1 2009 2010 2011 2012 2013 2014 ’15 92,92 € Hoch 22.1.2014 60 Aktienkurs 2.1.2004 23,68 € 5.5.2015 75,40 € Handelsblatt | Fotos: M. Schrader/ap, /a dpa; imago/DeFodi, Stand: 15:30 Uhr; Quelle: Bloomberg Herbert Hainer Vorstandschef seit März 2001 80 40 Besonders bedrohlich: Gerade in Nordamerika, also auf dem wichtigsten Sportmarkt der Welt, machten die Kunden einen Bogen um die Marke. Die Erlöse brachen um sieben Prozent auf knapp drei Milliarden Euro ein. Ganz anders Weltmarktführer Nike. Der Rivale von der amerikanischen Westküste verkauft in einem Quartal inzwischen in der Region so viel wie Adidas im Jahr. Trotzdem legen die 20 Sportmarke im Abseits Wir haben an Begehrlichkeit verloren, weil wir uns nicht genug auf die Bedürfnisse unserer Kunden konzentriert haben. Herbert Hainer Vorstandschef Adidas Der Blick in die Bilanz liefert viel Anlass zur Kritik am Adidas-Management. Schnelle Besserung ist nicht in Sicht. Joachim Hofer München D ie Aktivisten von Greenpeace waren jahrelang der Höhepunkt der Hauptversammlungen von Adidas. Mit ihrem lautstarken Protest gegen Gift in den Fabriken, gegen Chemikalien in Shirts, Shorts und Turnschuhen der Sportmarke sorgten die Umweltschützer für Aufregung am Rande einer ansonsten sehr harmonischen Veranstaltung. Die Bannerträger der Umweltschutzorganisation sind längst nicht mehr die einzigen Kritiker des Sportkonzerns aus Herzogenaurach. Im Gegenteil, Adidas hat viele Forderungen von Greenpeace erfüllt – mitunter wird Europas größter Turnschuhhersteller von den Hamburgern sogar ausdrücklich gelobt. Heute sind es die früher so zufriedenen Anteilseigner, die mit ihrem Unternehmen hart ins Gericht gehen. Schon vergangenes Jahr gab es in der Stadthalle in Fürth vereinzelt die Forderung, Vorstandschef Herbert Hainer solle angesichts der schlechten Zahlen zurücktreten. An diesem Donnerstag könnten es noch mehr Redner werden, die einen Neuanfang an der Spitze fordern. Der Blick in die Bilanz liefert den Kritikern genug Munition. Hainer hat vergangenes Jahr fast alle seiner selbst gesteckten Ziele verfehlt. Am schlimmsten für die Anteilseigner: Der Gewinn ist um fast 40 Prozent auf nur noch 490 Millionen Euro eingebro- chen. Das lag einerseits am unerwartet schlechten Geschäftsverlauf. So ist der Umsatz 2014 nur um magere zwei Prozent auf 14,5 Milliarden Euro geklettert. Damit konnte der Manager nicht einmal den Erlösrückgang vom Vorjahr ausgleichen. Doch es sind nicht allein die fehlenden Einnahmen, die den Überschuss gedrückt haben. Dazu kommen Abschreibungen von 78 Millionen Euro; das liegt vor allem am Verkauf der Sportmode-Tochter Rockport. Doch Hainer traf auch der Verfall wichtiger Währungen wie des russischen Rubels, des argentinischen Pesos oder des brasilianischen Reals. Das kostete den Konzernherrn unterm Strich 170 Millionen Euro. Das allein wäre schon schlimm genug, doch Hainer musste im Laufe des Jahres auch sein in der sogenannten „Route 2015“ formuliertes Mittelfristziel kassieren. Ende dieses Jahres wollte der 60-Jährige auf Einnahmen von 17 Milliarden Euro kommen. So hatte er es im November 2010 angekündigt. Völlig illusorisch, wie sich im Sommer 2014 schließlich herausstellen sollte. Ärgerlich für die Investoren: Zahlreiche Probleme aus dem Vorjahr hat Hainer auch 2014 nicht gelöst. Vor allem die Golfsparte setze nicht so viel ab wie geplant. Das zeigt sich im Geschäftsbericht unter dem Posten Zubehör: Die Umsätze der Kategorie sind um zwölf Prozent auf 1,6 Milliarden Euro eingebrochen. Das schwache Golfgeschäft ließ den Betriebsgewinn zudem um 200 Millionen Euro sinken. © Handelsblatt GmbH. Alle Rechte vorbehalten. Zum Erwerb weitergehender Rechte wenden Sie sich bitte an [email protected]. 21,48 € Tief 21.11.2008 Amerikaner noch zu, und zwar um sechs Prozent in dem am 28. Februar beendeten dritten Quartal des Geschäftsjahrs. Auch an anderer Stelle ist Hainer weit von der „Route 2015“ abgekommen. Die operative Marge sollte Ende 2015 bei elf Prozent liegen. So hatte es der sportliche Konzernlenker den Investoren vor fünf Jahren versprochen. Doch vergangenes Jahr kam Europas größter Turnschuh-Her- Auszüge aus dem Geschäftsbericht Umsatz nach Regionen in Mio. Euro Gesamt davon Westeuropa europäische Schwellenländer Nordamerika China andere e asiatisch a e Märkte Lateinamerika 2014 Veränd. zu 2013 14 534 +2 % Bruttomarge 4 112 +9 % Operative Marge in % 6,6 -2,1 21P PP 1 932 + % +4 Eigenkapitalquote in % 45,3 -2,0 PP 2 972 -7 % Eigenkapitalrendite in % 8,7 -5,6 PP 1 811 +9 % 2 085 -2 % 1 622 +3 % Umsatz nach Produktbereichen in Mio. Euro Gesamt davon Schuhe Bekleidung Zubehör in Mio. Euro Vorräte Forderungen und sonstige kurzfrist ige e Ve Vermögenswerte Kurzfristiges Betriebskapital Netto-Cashposition Auf Anteilseigner entfallen tfallendes Kapital Investitionen Mittelzuf ufluss luss aus betrieblicher Tätigkeit PP = Prozentpunkte Handelsblatt | Quellen: Unternehm en, Geschäftsb eschäftsbe ericht richt c 2014, Seiten 108, 109, 113, 3, 114, 116, 118, 120, 126 & 190 in % 2014 Veränd. zu 2013 47,6 -1,7 PP Kennzahlen je Aktie Unverwässertes Ergebnis Mittelzufluss aus betrieblicher Tätigkeit 2014 Veränd. zu 2013 14 534 +2 % Dividende 6 658 +1 % in Mio. Euro +8 % Umsatzerlöse 1 597 7 -12 % Umsatzkosten Bruttoergebnis 2014 Veränd. zu 2013 12 417 +7 % 2 526 -4 % 2 861 +11 % 2 970 +40 % -185 VJ 295 5 624 +3 % 554 +16 % 701 +11 % 2014 Veränd. zu 2013 in € 2,72 -32 % in € 3,36 +11 % in € 1,50 ±0 % Konzern-Gewinn- und Verlustrechn ung 6 279 Bilanz- und Cashflow-Daten Bilanzsumme Wichtige Kennzahlen Lizenz- und Provisionserträge Sonstige betriebliche Erträge Sonstige betriebliche Aufwend fwendun ungen gen Wertmin minderu derungs ngsa aufwendungen Be Betriebs ergebnis Finanzerträge Finanzaufwendungen Gewinn vor Steuern Ertragsteuern Gewinn aus fortgeführten Geschäf tsbereichen Verlust aus aufgegebenen Geschäft sbereich sbere en Gewinn Auf Anteilseigner entfallender Gewinn 2014 Veränd. zu 2013 14 534 +2 % 7 610 +6 % 6 924 -1 % 102 -1 % 138 -3 % 6 203 +3 % 78 +49 % 883 -25 % 19 -27 % 67 -28 % 835 -25 % 271 -20 % 564 -27 % -68 496 -37 % 490 -38 % steller nur auf 6,6 Prozent, deutlich unter dem Wert von 2013 und den ursprünglich für das Jahr 2014 angepeilten 8,5 bis neun Prozent. Schnelle Besserung ist nicht in Sicht, fürs laufende Jahr stellt Finanzvorstand Robin Stalker maximal sieben Prozent in Aussicht. Damit nicht genug der Enttäuschungen. So ist die Bruttomarge vergangenes Jahr um 1,7 Prozentpunkte auf 47,6 Prozent gefallen. Dieser Wert wird in der Sportbranche gerne herangezogen, um die Wettbewerber zu vergleichen. Er gibt an, wie viel eine Firma nach Abzug der Herstellungskosten verdient. Es gibt viele Gründe für die niedrigere Rendite, einer davon: Adidas musste seine Ware in den Fabriken in Asien teurer einkaufen als im Jahr zuvor. Zudem ließen sich viele Shirts und Shorts auf dem wichtigen russischen Markt wegen der Krise in dem Land nur mit Rabatten absetzen. In der angeschlagenen Golfsparte wiederum mussten die Franken die Preise senken, um die Lager zu räumen. Hainer gab sich angesichts der vielen Probleme jüngst selbstkritisch: „Wir haben an Begehrlichkeit verloren, weil wir uns nicht genug auf die Bedürfnisse unserer Kunden konzentriert haben.“ Gleichwohl steht Adidas im Industrievergleich gar nicht so schlecht da. Beim fränkischen Lokalrivalen Puma etwa lag die Rohertragsmarge vergangenes Jahr bei 46,6 Prozent und damit deutlich unter dem Wert von Adidas. Die Marke mit dem Raubtierlogo musste oft den Rotstift bemühen, um ihre Shirts und Shorts loszuwerden. Weltmarktführer Nike kam in dem am 28. Februar beendeten dritten Quartal des Geschäftsjahrs auf 45,9 Prozent. Angesichts des enttäuschenden Geschäftsverlaufs ist es kein Wunder, dass sich die Kasse leert. Die Netto-Cash-Position stürzte von 295 Millionen Euro im Vorjahr auf minus 185 Millionen Euro zum 31. Dezember vergangenen Jahres ab. Das lag dem Unternehmen zufolge vor allem daran, dass Adidas kräftig in Logistikzentren und neue Läden investiert hatte. Ein Warnsignal für Management und Investoren sollte sein, dass der Cashflow aus dem operativen Geschäft zum zweiten Mal in Folge sank: 2014 gleich um 36 Prozent auf 530 Millionen Euro. Die Anteilseigner leiden allerdings nicht darunter, dass das Traditionsunternehmen aus Herzogenaurach vergangenes Jahr nicht so gut in Fahrt war wie erwartet. Denn die Dividende bleibt konstant bei 1,50 Euro je Aktie. Alles in allem schüttet der Konzern 306 Millionen Euro aus, acht Millionen weniger als im Vorjahr. Der Grund: Im Jahresverlauf haben die Franken eigene Aktien zurückgekauft. Wegen des deutlich niedrigeren Gewinns klettert die Ausschüttungsquote jedoch von 37,4 Prozent auf mehr als 50 Prozent. Damit liegt Adidas weit über dem Korridor von 20 bis 40 Prozent, den sich der Konzern selbst gesetzt hat. Doch eine verlässliche und kontinuierliche Dividendenpolitik habe Vorrang, meint Finanzchef Robin Stalker. Künftig soll das ohnehin der Normalfall werden und die Spannbreite zwischen 30 und 50 Prozent vom Gewinn betragen, kündigte der Neuseeländer jüngst an. SERIE Stärken und Schwächen „Dax-Konzerne ungeschminkt“ nimmt die Aktionärstreffen deutscher Großunternehmen zum Anlass, deren Jahresabschlüsse kritisch zu durchleuchten. Die nächsten Serienteile: 7.5. Eon 7.5. Heidelberg Cement Hainer verspricht den Aktionären derweil bessere Zeiten. Den Gewinn will der Konzernlenker von 2016 an bis 2020 im Schnitt jedes Jahr um 15 Prozent steigern. Ziel sind rund 1,4 Milliarden Euro. Der Umsatz soll im selben Zeitraum jährlich um bis zu neun Prozent klettern. In fünf Jahren käme das Label dann auf Erlöse von gut 22 Milliarden Euro. Hainer wird den Plan nicht mehr vollenden. Der Niederbayer wird in spätestens zwei Jahren abtreten. Für ihn ist es kein Problem, seinem noch unbekannten Nachfolger eine auf fünf Jahre angelegte Strategie zu hinterlassen: „Das ist nicht mein Plan, das war Teamarbeit, wir stehen alle dahinter.“ 26 DAX-KONZERNE UNGESCHMINKT MITTWOCH, 6. MAI 2015, NR. 86 11 774 Adidas ADIDAS 27 MITTWOCH, 6. MAI 2015, NR. 86 1 1 Taylor Made Reebok Rockport Reebok CCM Hockey 8 714 6 626 1 979 1 913 1 578 856 Umsatz in Mio. Euro 2006 2010 2014 Umsatz in Mio. Euro Adidas-Fußball-Ausrüstung | Foto: imago 2006 2010 2014 Umsatz in Mio. Euro 913 909 293 Umsatz in Mio. Euro Model Miranda Kerr mit Reebok-Schuhen | Foto: I. Kato/Reuters 2006 2010 2014 2006 2010 Golfer mit Taylor-Made-Ausrüstung | Foto: Anemel/imago Umsatz in Mio. Euro 202 200 269 283 252 2014 2006 2010 Rockport-Flagge | Foto: D. Karmann/dpa 2014 Eishockey-Ausrüstung | Foto: PR Handelsblatt | Quelle: Unternehmen Fans in neuen Märkten Schneller, größer, profitabler Starker Rivale Nike K Adidas soll in den nächsten fünf Jahren kräftig wachsen. Doch das Programm hat seine Tücken. G STÄRKE 1 urz vor Ostern hat sich Fidel Castro nach langer Zeit wieder einmal in der Öffentlichkeit blicken lassen. Und siehe da, der greise Revolutionär trug wieder eine Jacke von Adidas. Das ist nicht weiter überraschend: Der 88-Jährige lässt sich seit Jahrzehnten in Trainingsanzügen des fränkischen Sportlabels ablichten. Castro ist der wahrscheinlich bekannteste Adidas-Fan in einem Schwellenland weltweit; aber bei weitem nicht der einzige. Ob in Peking, Rio de Janeiro oder Moskau, in vielen aufstrebenden Volkswirtschaften hat Adidas vergangenes Jahr wesentlich mehr Kickstiefel, Turnschuhe und Leibchen verkauft als noch Wachstumsmärkte Umsatz* 2014 in Mrd. Euro Änderung zum Vorjahr +19 % 1,6 Lateinamerika +10 % 1,8 China +19 % 1,9 Europäische Schwellenländer *auf Basis konstanter Wechselkurse Handelsblatt Quelle: Unternehmen 2013. „In China und in Lateinamerika sind wir deutlich schneller gewachsen als unser Hauptwettbewerber“, brüstet sich Adidas-Chef Herbert Hainer. Allerdings konnten sich die Controller in der Zentrale in Herzogenaurach nicht so recht an den guten Geschäften erfreuen. Denn in der Bilanz blieb nur wenig hängen davon. Beispiel Russland: Adidas ist Marktführer in dem Riesenreich, die Russen lieben das deutsche Label; damit nicht genug, die Konzerntochter Reebok ist die Nummer drei im Land. Doch die russische Währung ist gegenüber dem Euro brutal in die Knie gegangen. So kam es, dass die Einnahmen in Rubel vergangenes Jahr zwar um ein Fünftel kletterten; bei der Währungsumrechnung ging das aber völlig verloren. Genauso verhielt es sich 2014 mit dem Real in Brasilien oder dem Peso in Argentinien. In Russland kommt nun noch etwas dazu: Angesichts der Wirtschaftssanktionen des Westens und der Ukraine-Krise haben die Leute inzwischen andere Sorgen, als sich neue Fitnessklamotten in den Schrank zu hängen. Gleichwohl: Wenn es in Russland wieder aufwärtsgeht, ist Adidas in der Poleposition. jojo ► Fachhändler kritisieren die vielen Läden der Marke. ► Konzern startet gut ins neue Jahr. Joachim Hofer München S eit 14 Jahren führt Herbert Hainer Adidas, er ist damit dienstältester Chef eines Dax-Konzerns. Doch Routine hat sich bei dem 60-Jährigen noch nicht eingestellt, im Gegenteil. Die vergangenen zwei Jahre hat Hainer seine Investoren enttäuscht. Jetzt will er es noch einmal allen zeigen, ehe der Vertrag in zwei Jahren ausläuft. Der Start ins laufende Geschäftsjahr war schon einmal verheißungsvoll. Der Umsatz im ersten Quartal ist um 17 Prozent auf 4,1 Milliarden Euro geklettert, der Gewinn stieg derweil um acht Prozent auf 221 Millionen. Der schwache Euro hat den Franken geholfen, doch auch auf Basis konstanter Wechselkurse wären die Einnahmen noch um neun Prozent gestiegen. Nach Hainers Lesart ist das ein sicheres Zeichen für die Erholung und ein Start in eine strahlende Zukunft. Bis 2020 soll der Umsatz Jahr für Jahr um bis zu neun Pro- Gute Ideen für moderne Laufschuhe W Um das zu erreichen, soll Adidas schneller werden, urbaner und offen für Ideen von außen. So hat es Hainer zusammen mit einem halben Dutzend seiner besten Leute Ende März am Stammsitz in Herzogenaurach verkündet. „Creating the New“ hat der Vorstand seine neue Strategie genannt. Die Investoren nahmen die vielen Versprechen bisher reserviert auf. Der Aktienkurs ist seit Wochen auf Zickzackkurs. Angesichts der guten Zahlen ging es am Dienstag allerdings knapp zwei Prozent nach oben auf rund 77 Euro. fränkischen Duell. „Boost“ gibt’s schon seit zwei Jahren, die „Ignite“-Modelle kamen gerade erst in die Läden. Der Vorteil von „Boost“: Die zusammen mit BASF entwickelte Sohle sieht aus, als wäre sie aus Styropor, sie besteht aus kleinen Kügelchen. So erkennen die Kunden schon auf den ersten Blick, dass hier etwas ganz Neues in den Regalen der Sporthändler steht. Mag sein, dass der „Ignite“ genauso gut ist und den Sportlern einen zusätzlichen Kick gibt. Denn genau das versprechen beide Konzepte. Doch mit dem „Boost“ hatten die Adidas-Entwickler gemeinsam mit BASF eine richtig gute Idee, und zwar vor dem Rivalen Puma. Das spürt Adidas in der Kasse: Sieben Millionen Paar gingen vergangenes Jahr über die Ladentheken. Mit Laufschuhen ist die Marke bei „Boost“ gestartet, inzwischen aber reicht die Palette vom Basketball über Golf bis hin zu Trekkingstiefeln. jojo Jetzt heißt es abwarten, inwiefern das Programm von Adidas umgesetzt wird. Überraschend seien die Ideen des neuen Langfristplans nicht, meint denn auch Jochen Schnell, Vorstand der Sporthandelskette Intersport. Schnell muss es wissen, niemand verkauft in Deutschland so viele Turnschuhe, Kickstiefel und Badehosen wie Intersport. Jochen Schnell Vorstand Intersport Einen Punkt in Hainers Langfristplan sieht Schnell besonders kritisch. Mehr als 60 Prozent vom Umsatz will Adidas künftig auf selbst kontrollierten Flächen einspielen; bisher hat das Label nur 50 Prozent angepeilt. Dadurch soll die Marke mit den drei Streifen zügiger auf Trends reagieren können. Zudem sind die Margen in den eigenen Läden höher. Die Sporthändler empfinden das jedoch als Bedrohung – und könnten Adidas deshalb künftig Kennzahlen 2014 Vergleich der Wettbewerber Umsatz und Gewinn 2014 14,53 28,16 490 Mrd. € Mio. € Gewinn Mrd. € Umsatz 2 892 Mio. € 2,97 Mitarbeiter Adidas Nike* 53 731 56 500 45,9 % Bezogen auf die fortgeführten Geschäftsbereiche Mio. € Mrd. € Puma 10 700 46,6 % zum 28.2.2015 194 Mio. € Under Armour 11 267 zum 31.5.2014 47,6 % 2,87 64 Mrd. € Bruttomarge in Prozent STÄRKE 2 enn die Mitarbeiter von BASF nach Herzogenaurach fahren, dann müssen sie auf der vierspurigen Umgehungsstraße gut aufpassen. Wenn der Auftrag von Puma kommt, heißt es nach links abbiegen. Rechts blinken müssen sie hingegen, wenn Adidas ruft. Die Ingenieure des Chemiekonzerns sind in Diensten beider Sportkonzerne – und waren maßgeblich daran beteiligt, die neuesten Schuhe der fränkischen Marken zu entwickeln. „Boost“ heißt die Schuhkollektion von Adidas, „Ignite“ die Konkurrenzlinie von Puma. Schon lange verlassen sich die zwei größten europäischen Sportartikelhersteller nicht mehr allein auf ihre Kompetenz im eigenen Haus. Zulieferer wie der Chemiekonzern BASF werden eng eingebunden. Wenn es um technische Neuheiten geht, hat Adidas allerdings seit Jahren die Nase vorn im zent klettern, der Gewinn soll sogar um 15 Prozent jährlich steigen. SCHWÄCHE 1 568** Mio. € 600 400 Schuhe 6,66 Mrd. € Bekleidung 6,28 Mrd. € 6 33 % Europäische Schwellenländer 24 % Nordamerika 4 200 2 Zubehör 1,60 Mrd. € 0 2005 * Kumuliert 1. Q. bis 3. Q. 2015 und © Handelsblatt GmbH. Alle Rechte vorbehalten. Zum Erwerb weitergehender Rechte wenden Sie sich bitte an [email protected]. Mitarbeiter nach Regionen 8 2014 0 2005 4. Q. Gj. 2014, Umrechnung aus US-Dollar; **Ohne Wertminderung von Fir 2014 menwerten in Höhe von 78 Mio. € Gesamt 53 731 (+8 %) 6% Andere Asiatische Märkte 8% Lateinamerika 8% China 14,5 12,8 6,6 ’05 ’10 ’14 Nike* Handelsblatt ’05 ’10 ’14 Adidas *Geschäftsjahr bis Ende Mai Quelle: Unternehmen in Amerika investiert“, betont der Manager. Die zusätzlichen Millionen fließen daher vor allem in die USA, wo Nike meilenweit vor den Deutschen liegt. Gut ein Fünftel des Konzernumsatzes stammt aus Nordamerika, doch der Abwärtstrend ist bedrohlich. Der Umsatz in der Region liegt heute um gut 400 Millionen Euro unter dem von 2012. Dass Nike künftig etwas langsamer tritt, ist gleichwohl nicht zu erwarten. „Wir sind eine Wachstumsfirma“, verkündet die Marke bei jeder sich bietenden Gelegenheit. Im Gegensatz zu Adidas ist das Unternehmen diesem Anspruch zuletzt auch gerecht geworden. jojo US-Tochter Reebok fällt zurück A Umsätze der Produktberei che in Mrd. Euro 800 Allerdings könnte auch Intersport vom Wandel bei Adidas profitieren. Viele Produkte sollen künftig innerhalb einer Saison entwickelt werden, verspricht Hainer. Dann könnte die Marke öfter genau die Shirts und Shorts anbieten, die bei den Kunden gerade ankommen. „Wir müssen die Kunden jeden Tag überraschen“, fordert der Unternehmenschef. Der Vorteil für die Händler: Sie müssten weniger Rabatte geben. Zudem will der Manager den Ladenbesitzern weniger, dafür aber attraktivere Ware anbieten. Bislang sorgen die zehn Topprodukte für 15 Prozent vom Umsatz, bald sollen es 30 Prozent sein. Weniger Aufwand, mehr Ertrag, so lautet Hainers Formel. Um cooler zu werden, fokussiert sich das Label zudem auf einige ausgewählte Großstädte wie Los Angeles oder Tokio. Dort fließt besonders viel Marketinggeld, hier werden die Trendsetter umgarnt. Das soll dann auf das Geschäft rund um den Globus abstrahlen. Nike zieht davon Umsatz in Mrd. Euro 25,9 SCHWÄCHE 2 49,0 % Adidas Gewinn nach Steuern in Mio. Euro weniger Platz in ihren Regalen freiräumen. Hainer geht also ein hohes Risiko ein, wenn er stärker auf die sogenannten Monomarken-Stores setzt. „Die brauchen den Fachhandel“, gibt sich Intersport-Vorstand Schnell selbstbewusst. röße ist in der Sportbranche kein Selbstzweck. Wer mehr Geld einnimmt, kann mehr ausgeben für das lebenswichtige Marketing. Weil die Hersteller stets einen fixen Prozentsatz der Erlöse in Werbung und Sponsoring stecken, hat Weltmarktführer Nike einen wesentlichen Vorteil gegenüber Adidas. Die Amerikaner haben Adidas schon vor Jahren überholt. Damit hat sich Adidas abgefunden. Was den Aktionären jedoch Sorgen bereiten sollte: Nike vergrößert den Abstand sogar noch. Vor zehn Jahren erzielte die Marke etwa sechs Milliarden Euro mehr Umsatz im Jahr. Inzwischen sind es schon rund zehn Milliarden. Bei einem Marketinganteil von etwa zwölf Prozent der Erlöse kann das Label aus Oregon also 1,2 Milliarden Euro mehr ausgeben als die Franken. Um einigermaßen mitzuhalten, stockt Adidas-Chef Hainer das Marketingbudget dieses Jahr auf und gibt statt zwölf bis 13 Prozent nun 14 Prozent vom Umsatz aus; damit stehen rund 200 Millionen Euro mehr zur Verfügung als 2014. Das drückt erst einmal den Gewinn. Doch Hainer hat keine Wahl, er muss angreifen. „Wir haben bisher zu wenig 21 % Westeuropa Handelsblatt | Quelle: Unternehm en ls Adidas den US-Wettbewerber Reebok 2006 übernahm, da verkaufte die Marke Shirts und Schuhe für knapp zwei Milliarden Euro. Vergangenes Jahr waren es rund 400 Millionen Euro weniger. Seit Jahren schrumpft das Label, noch immer ist völlig offen, ob und wann die Trendwende gelingt. Dazu kommt: Bis heute ist die Tochter nicht so profitabel wie die Kernmarke Adidas. Dabei hätte Adidas-Chef Hainer wissen können, dass Übernahmen riskant sind: 2005 hatte der Manager die französische WintersportTochter Salomon nach acht Jahren entnervt wieder verkauft. Erst der finnische Amer-Konzern hat inzwischen aus Salomon ein florierendes Geschäft gemacht. Von dem Flop aber ließ sich Hainer nicht abschrecken. Sein Kalkül: Reebok war in den USA die Nummer zwei, Adidas auf Rang drei. Gemeinsam müsste man doch an den Markt- führer Nike herankommen. Weit gefehlt, Nike zog davon. Reebok dagegen verzettelte sich, musste mehrmals neu ausgerichtet werden. Das hat nicht nur viel Geld gekostet, es bindet bis heute wertvolle Management-Kapazitäten. Im Gegensatz zu Salomon vor zehn Jahren ist Reebok heute freilich nahezu unverkäuflich. Den Franzosen hatte Hainer damals viel Spielraum gelassen, bei Reebok führte er eng. Der Nachteil: Heute könnte Adidas lediglich die Markenrechte abstoßen. Doch eine Trennung kommt laut Hainer ohnehin nicht infrage. Stattdessen soll Reebok als Fitnessmarke aufblühen. Zielgruppe sind die Besucher von Fitnessstudios, Yoga-Fans sowie Läufer. Darüber hinaus will Reebok-Chef Matt O’Toole Sportmode an Mann und Frau bringen. So solle die Marke von nun an jedes Jahr um einen hohen einstelligen Prozentsatz wachsen. jojo
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