Berufspolitik bewegt

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16.04.2015
12:43 Uhr
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VPT INFORMIERT
Berufspolitik bewegt
Die Zeiten sind zwar stürmisch, aber durch Hoffnung auf positive Veränderung
geprägt, könnte man die aktuelle Situation in der Physiotherapie zusammenfassen. Die Unionsfraktion hat ein Positionspapier des Physiotherapeuten und
Bundestagsabgeordneten Dr. Roy Kühne verabschiedet, das unter anderem von
mehr Autonomie, einer gestärkten Ausbildung sowie einer verbesserten Vergütung spricht. Das GKV-Versorgungsstärkungsgesetz (GKV-VSG) ist auf dem
parlamentarischen Weg und sieht einige Verbesserungen im Heilmittelbereich
vor (sh. Bericht in der Dezember-Ausgabe 2014). All das macht begründete Hoffnung auf einen positiven Wandel.
Auf Basis des Positionspapiers der Union mit
dem Titel "Heilmittelerbringer direkter in die
Versorgung einbinden" sollen nun zeitnah
Gespräche mit dem Koalitionspartner SPD
geführt werden.„Ich hoffe auf eine schnelle
Umsetzung und die Einbringung der Forderungen in eines der geplanten Gesetzgebungsvorhaben. Jetzt lasse ich nicht mehr
locker!“ gibt Dr. Kühne die Marschrichtung
für die kommenden Wochen vor. Endlich
tritt auch die völlig unzulängliche Vergütungssituation in den Fokus; die Anbindung
der Behandlungspreise an die Grundlohnsumme soll nach dem Willen der Union angegangen werden.
3. Blankoverordnung umsetzen –
Direktzugang für qualifizierte
Therapeuten prüfen
Die Kernpunkte des Positionspapiers, das
von der AG Gesundheit der CDU/CSU-Bundestagsfraktion verabschiedet wurde, in
Kurzfassung:
Der VPT führt gemeinsam mit der IKK Brandenburg und Berlin ein Modellvorhaben
über die Auswirkungen von Blankoverordnungen durch. Hierbei stellt der Arzt die Diagnose und der Physiotherapeut wählt auf
dieser Basis dann die erforderlichen Heilmittel, die Behandlungsdauer und die Frequenz der Abgabe eigenverantwortlich aus.
Sobald die Ergebnisse des wissenschaftlich
begleiteten Modells vorliegen, sollen die
Verhandlungen zur Umsetzung der Blankoverordnung aufgenommen werden. Dies
wird voraussichtlich 2016 der Fall sein. Der
Direktzugang von Patientinnen und Patienten zum Physiotherapeuten soll ebenfalls
geprüft werden.
1. Vergütung der Heilmittelerbringer
von der Grundlohnsumme entkoppeln
4. Arbeitsbedingungen den
Versorgungsgegebenheiten anpassen
Die Koppelung der Behandlungspreise an
die so genannte Grundlohnsummenentwicklung der Krankenkassen soll ebenso wie
der längst überfällige Ost-West-Angleich
zeitnah angegangen werden.
Die zwingende Vorhaltung von Praxisräumen im Rahmen des Zulassungsverfahrens
wird hinterfragt. So wird u.a. kritisiert, dass
der Zugelassene auch für angestellte Therapeuten Praxisräume vorhalten muss, die
bspw. ausschließlich in Hausbesuchen behandeln. Neue, praxistaugliche Kriterien zur
Praxisausstattung werden angestrebt.
2. Ausbildungsstandards und
Qualifikation anheben
Die Diagnosekompetenz der physiotherapeutischen Berufe soll durch die Integration von neuen Inhalten in die Ausbildungscurricula gestärkt werden. Der Wegfall des
Schulgeldes und eine Ausbildungsvergütung sollen die Ausbildung attraktiver machen und damit dem Fachkräftemangel entgegen wirken.
5. Zugang zur
Telematik-Infrastruktur ermöglichen
Die Heilmittelerbringer sollen Berücksichtigung im eHealth-Gesetz finden und in die
Telematik-Infrastruktur eingebunden werden (elektronisches Gesundheitsberuferegister). Denn die intelligente Vernetzung
aller Leistungserbringer ist für eine gestärkte
sektorübergreifende Versorgung der Patientinnen und Patienten unabdingbar.
6. Modellvorhaben zur Substitution
von ärztlichen Leistungen
perspektivisch möglich machen
Die gesetzliche Grundlage in § 63 SGB V zur
Erprobung einer Substitution ärztlicher Leistungen bedarf einer Anpassung. Eine curriculare Erweiterung der Ausbildung (sh.
auch Punkt 2.) ist hierfür ebenfalls erforderlich und soll zeitnah angestrebt werden.
Wer das Positionspapier im Originalwortlaut einsehen möchte, kann dieses unter
www.vpt.de (Meldung vom 26.03.2015) herunterladen. Der VPT zeigt sich besonders
darüber erfreut, dass mit dem vorliegenden
Papier die Forderungen der vier im Spitzenverband der Heilmittelverbände (SHV)
vertretenen Verbände DVE, IFK, VPT und ZVK
in großem Maße Berücksichtigung gefunden haben (die 8 Kernforderungen des SHV
sind auf der Homepage unter www.shv-heilmittelverbaende.de veröffentlicht). Das verdeutlicht einmal mehr das berufspolitische
Gewicht des SHV und seine erfolgreiche Arbeit, die vielleicht nicht oft genug so auch
wahrgenommen wird. Vieles wird in direkten Gesprächen erreicht, für die man immer
auch einen langen Atem benötigt.
Der Schulterschluss der Verbände hat sich
auch in der erfolgreichen gemeinsamen Protestveranstaltung des SHV, die am
21.03.2015 im Rahmen der Fachmesse "therapie Leipzig" stattfand, gezeigt. Die alle Kolleginnen und Kollegen unter den Nägeln
brennenden Themen wurden öffentlich artikuliert. Besonderer Dank gebührt an dieser Stelle allen Therapeutinnen und Therapeuten, die dem Protestaufruf der SHV-Verbände gefolgt sind und die berufspolitische
Arbeit des SHV damit wirksam unterstützt
haben. Teilweise begann deren Anreise nach
Leipzig bereits in der Nacht vor der Veranstaltung, was deren Engagement noch einmal besonders hervorhebt. Ein separater Bericht zur Protestveranstaltung des SHV ist
auf Seite 168 zu finden.
Gemeinsam sind wir stark! Das ist ein Leitsatz des VPT, der in diesen Tagen Bestätigung findet. Auch wenn noch einige Steine
auf dem Weg des Wandels ausgeräumt werden müssen, so kann eines bereits festgestellt werden: Der enge Kontakt zum Bun5|15
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VPT INFORMIERT
destagsabgeordneten Dr. Roy Kühne und
sein engagierter Einsatz für die Belange der
Heilmittelerbringer sowie der Schulterschluss der Verbände unter dem Dach des
SHV haben maßgeblich zu den anstehenden Veränderungen beigetragen.
Konkret geht es nun erst einmal mit den
weiteren Beratungen zum GKV-VSG weiter,
das, wie eingangs erwähnt, bereits erste Verbesserungen auf den Weg bringen soll. Hierzu berät der Bundestag abschließend in 2./3.
Lesung am 21./22.05.2015, der Bundesrat
am 12.06.2015. Das GKV-VSG soll dann im
Sommer 2015 in Kraft treten.
Udo J. Fenner
Bundesgeschäftsführer
des VPT
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