AWMF fordert mehr klinische Fachexpertise bei der frühen

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Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften
Medizin - Kommunikation
16.03.2015
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Forschungs- / Wissenstransfer
Medizin
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AWMF fordert mehr klinische Fachexpertise bei der frühen Nutzenbewertung
von Arzneimitteln
Düsseldorf – Die AWMF (Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften
e.V.) sieht Verbesserungsbedarf bei der frühen Nutzenbewertung von Arzneimitteln. Das seit 2011 gültige
Verfahren im Rahmen des Arzneimittelmarktneuordnungsgesetztes (AMNOG) weist Mängel auf. Ein
besonderer Kritikpunkt ist die vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) festgelegte
Vergleichstherapie, die nicht immer mit dem aktuellen medizinischen Standard übereinstimmt. Die
AWMF zeigt jetzt in einer Stellungnahme Vorschläge zur Verbesserung des Verfahrens auf. Sie mahnt
zudem erneut, die medizinischen wissenschaftlichen Fachgesellschaften enger in die Nutzenbewertung
einzubinden.
In der frühen Nutzenbewertung von Arzneimitteln erkennt die AWMF ein sinnvolles Instrument, um Qualität und
Wirtschaftlichkeit der Gesundheitsversorgung zu fördern. Entgegen bisherigen Annahmen verfehlt das AMNOG
Verfahren jedoch bislang dieses Ziel. Gemeinsam mit 13 Mitgliedsfachgesellschaften gründete die AWMF deshalb im
September 2014 die Arbeitsgruppe „Frühe Nutzenbewertung“. Die AG schlägt jetzt sieben konkrete Punkte vor, um das
Verfahren der frühen Nutzenbewertung von Arzneimitteln zu verbessern.
Danach sollte der G-BA schon bei der Wahl der Vergleichstherapie unabhängige klinische Fachexperten anhören. „Für
eine differenzierte Beurteilung des Nutzens sind zusätzliche klinische Informationen unerlässlich, die den Studien nicht
zu entnehmen sind“, erläutert der Vizepräsident der AWMF, Professor Dr. med. Dr. med. dent. Wilfried Wagner aus
Mainz. Die Auswahl der Fachexperten könnte die AWMF koordinieren. Derzeit finden bisweilen Vergleiche mit
Arzneimitteln statt, die in den aktuellen evidenzbasierten Leitlinien der Fachgesellschaften gar nicht empfohlen
werden. „Die Berücksichtigung des aktuellen Stands des Wissens und vorhandener Leitlinien ist eine unerlässliche
Voraussetzung für die möglichst präzise Bestimmung des patientenrelevanten Zusatznutzens neuer Arzneimittel“,
betont Prof. Dr. med. Bernhard Wörmann, Medizinischer Leiter der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und
Medizinische Onkologie, und Mitglied der AG „Frühe Nutzenbewertung der AWMF. Und dieses gilt nicht nur für den
G-BA oder das jeweils bewertende Institut sondern auch für die pharmazeutischen Hersteller.
Ebenfalls zu Beginn des Verfahrens, bei der Wahl der Therapieziele, müssten neben den klinischen Fachexperten vor
allem Patientenvertreter in die Entscheidungen einbezogen werden. Verbesserungschancen sieht die AWMF nicht nur
bei den Vergleichstherapien und den Therapiezielen: Optimieren ließe sich auch der Umgang mit Informationen von
Untergruppen von Patienten, die von dem neuen Medikament profitieren könnten. Aus solchen Untergruppen
gewonnene Ergebnisse müssten sich in der Regel erst in weiteren Studien erhärten. Das Verfahren zur
Nutzenbewertung von Arzneimitteln zur Behandlung seltener Erkrankungen, den Orphan Drugs, unterliegt zudem weit
weniger scharfen Kriterien als für reguläre Arzneimittel. Hier schlägt die AWMF vor, dass der G-BA gemeinsam mit den
wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften die Bewertungsmethoden überprüft und bei Bedarf anpasst. Die
AWMF sieht darüber hinaus dringenden Bedarf für eine europäische Harmonisierung der Kriterien für
Nutzenbewertungen und der Anforderungen für Zulassungsverfahren.
Durch eine enge Einbindung der medizinischen wissenschaftlichen Fachgesellschaften lässt sich gewährleisten, dass
Leistungserbringer und vor allem Patienten und ihre Angehörigen die Entscheidungen zur frühen Nutzenbewertung
akzeptieren.
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Auf der Webseite der AWMF finden Sie die vollständige „Stellungnahme der AWMF zum Verfahren der Frühen
Nutzenbewertung von Arzneimitteln nach §35a SGBV und aufgrund des Arzneimittelmarktneuordnungsgesetzes
(AMNOG) von 2010“
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