Neue Welten – Sharing Stories

Neue Welten – Sharing Stories
Ein Container des Weltmuseums Wien im öffentlichen Raum
Ort:
Brunnenpassage am Yppenplatz, Brunnengasse 71, 1160 Wien
Zeitraum:
9. April bis Ende Juni 2015
Öffnungszeiten:
Jeden Donnerstag von 13 – 21 Uhr und Freitag von 10 – 18 Uhr
Wechselndes Rahmenprogramm in der Brunnenpassage, jeweils donnerstags.
KuratorInnen:
Claudia Augustat (Weltmuseum Wien)
Jani Kuhnt-Saptodewo (Weltmuseum Wien)
Tal Adler (freier Künstler)
Karin Schneider (freie Kulturvermittlerin)
Ivana Pilic (Brunnenpassage)
www.neue-welten.at
Neue Welten – Sharing Stories
Ein Container des Weltmuseums Wien im öffentlichen Raum
Am 9. April 2015 startet das Projekt Neue Welten – Sharing Stories. Ein Container bzw. ein Neue
Welten-Corner wird zum Ort von Erzählungen, an dem Menschen für sie wichtige Gegenstände
mitbringen und dazu eine Geschichte erzählen. Die erste Station ist die Brunnenpassage am
Yppenplatz.
Für das Weltmuseum Wien ist vor kurzem der Startschuss zu einer Neuausrichtung gefallen. Bis
zur großen Neueröffnung im Herbst 2017 wird das Museum allerdings noch geschlossen sein. Aus
diesem Grund startet nun mit Neue Welten – Sharing Stories ein partizipatives Projekt, durch
welches das Weltmuseum Wien im öffentlichen Raum präsent sein wird.
„In der Zeit, in der die Menschen nicht zu uns kommen können, versuchen wir alles zu tun, um sie
trotzdem für unsere Themen zu interessieren und sie zu berühren. Auf diese Weise soll die
Neugier auf einen späteren Besuch des neuen Hauses und unsere museale Arbeit geweckt
werden. Das Projekt Neue Welten – Sharing Stories nützt darüber hinaus die Schließzeit als
produktive Reflexionspause, um grundlegende Selbstverständlichkeiten des Museums – wie den
Kulturbegriff oder die Frage, wer Objekten Bedeutung gibt – neu zu denken. Damit ein solches
Vorhaben gelingt kann, laden wir eine breite Öffentlichkeit zu einem partizipativen Projekt ein,
das 2017 in eine Sonderausstellung mündet“, so Steven Engelsman, Direktor des Weltmuseums
Wien.
Sharing Stories: Eine Auseinandersetzung mit Kulturbegriff und Multiperspektivität
„Mit diesem partizipatives Projekt involvieren wir unterschiedliche Menschen in die kritische
Debatte zum Gebrauch des Begriffs Kultur. Dabei zeigen wir die Vielschichtigkeit von
Bedeutungen, die wir Objekten und Geschichten geben und die abhängig sind vom jeweiligen
Kontext, davon wer erzählt, wer zuhört und wer wessen Erzählungen ernst nimmt. Wir
reflektieren damit auch kritisch jene musealen oder wissenschaftlichen Praxen, die einer
Erzählung (z. B. der vermeintlich wissenschaftlichen, westlichen Sichtweise) mehr Bedeutung
geben als anderen (z. B. persönlichen) Erzählungen.“ umreißt der Projektkurator Tal Adler die
Zielsetzung des Projekts.
„Eine solche öffentliche Befragung des Kulturbegriffs ist wichtig, da wir bei jeder Verwendung in
die Falle geraten können, zu glauben, dass die einen ganz anders als die anderen und vielleicht
sogar besser sind“, so Karin Schneider, freie Kulturvermittlerin und Kuratorin des Projekts. „Es ist
schwierig“, führt die Kuratorin Jani Kuhnt-Saptodewo aus, „den Terminus Kultur unabhängig von
seinen historischen und politischen Implikationen zu verwenden, und gleichzeitig ist es genauso
schwierig, das Wort Kultur zu vermeiden“. Die Kuratorin Claudia Augustat ergänzt: „Daher
schlagen wir in diesem Projekt vor, genauer auf die Praxis des Geschichten-Erzählens zu schauen,
um tatsächlich zu verstehen, wie wir den Begriff Kultur verwenden. Ein auf diese Weise
entstehender Prozess des gemeinsamen Verlernens führt zu einem neuen Verständnis von
sozialen und politischen Zusammenhängen.“
Die Herangehensweise des Projektes Neue Welten – Sharing Stories
Dreh- und Angelpunkt der ersten Station des Projektes ist der KunstSozialRaum Brunnenpassage.
Dieser hat die Teilhabe aller Menschen an Kunst und Kultur zum Ziel. Seit 2007 entwickelt die
Brunnenpassage Modelle, die eigene Kunstformate in Hinblick auf Qualität und
Teilhabemöglichkeiten reflektieren.
Im Rahmen des Projektes Neue Welten – Sharing Stories werden unterschiedliche Menschen
eingeladen, in die Brunnenpassage einen für sie bedeutsamen Gegenstand mitzubringen und ihre
Geschichte dazu zu erzählen. Die Auswahl kann sich darauf beziehen, was die Besitzerin oder der
Besitzer selbst unter dem Begriff Kultur versteht, sie kann etwas mit der eigenen Geschichte zu
tun haben, mit dem eigenen Alltag, dem eigenen Lebenshintergrund, der Reise in diese Stadt, den
eigenen Sehnsüchten oder den jeweiligen Überzeugungen.
Die Geschichten werden dokumentiert, die Gegenstände werden fotografiert und dann von ihren
BesitzerInnen wieder mitgenommen. Wenn die ErzählerInnen einverstanden sind, werden diese
Geschichten anschließend mit der Öffentlichkeit geteilt und können über Social Media und die
Website www.weltmuseumwien.at/NeueWelten von anderen kommentiert werden.
Im Laufe des Projekts entsteht somit ein digitales Archiv an Objekten und Geschichten.
Eine gemeinsam kuratierte Auswahl von Gegenständen und Geschichten wird darüber hinaus
mehrschichtig dargestellt.
Zunächst erzählen uns die BesitzerInnen des jeweiligen Objekts ihre eigenen Geschichten: Wie
und warum kam das Objekt zu ihnen? Warum ist es für sie wichtig, für ihre Familien oder ihre
Communities? Was symbolisieren die Objekte für sie? Danach fragen wir ExpertInnen und
ForscherInnen, was diese Objekte für sie bedeuten. So fügen wir zu demselben Objekt jeweils
andere Aspekte hinzu – wie die des Designs, der Geschichte, der alltäglichen Verwendung durch
andere Gruppen oder Einzelpersonen. Keine der Erzählungen widerspricht der anderen, sie
wetteifern nicht miteinander und unterminieren einander nicht, sondern bereichern unsere
Wahrnehmung der Objekte und unsere Beziehung zu ihnen.
Diese unterschiedlichen Erzählungen werden mit einem Hologramm, als Audio-Datei, als
transkribierter Text und als Video-Interview dargeboten und schließlich Bestandteil einer
abschließenden Publikation.
Der museale Hintergrund
Durch die Aufnahme in eine Museumssammlung erfahren Gegenstände einen
Bedeutungswandel. Ihre Deutung wird nunmehr durch das Museum vorgegeben. Dabei spielt es
auch eine Rolle, um welchen Typ von Museum es sich handelt, welche Geschichte das Museum
selbst mit sich führt, welche wissenschaftliche Ausrichtung es heute besitzt und an welche
Gruppen von BesucherInnen es sich wendet.
In der traditionellen Arbeitsweise ethnologischer Museen dienten Objekte vorrangig als
Repräsentanten ihrer sogenannten „Ursprungskultur“. Die zentrale Aufgabe eines Objektes
bestand also darin, etwas über die „Herkunftskultur“ zu erzählen. Dabei traten andere
Geschichten, die in ihrem ursprünglichen Kontext von größerer Bedeutung waren, in den
Hintergrund und wurden nicht dokumentiert oder vermittelt. So haben viele Objekte bestimmten
Personen gehört und waren wohl mit persönlichen Erinnerungen verknüpft, die uns heute nicht
mehr bekannt sind. Gegenstände konnten auch mit jenen historischen Ereignissen verbunden
sein, die in der ethnologischen Arbeitsweise häufig ausgeblendet wurden. Eine der Geschichten,
die von den Museen oft nicht erzählt wurden, ist jene rund um den Transfer der Objekte nach
Europa: Wer war darin involviert? Wurde das Objekt gekauft, gestohlen, getauscht, geschenkt?
Warum wurde es überhaupt gesammelt oder weggegeben? War es im Vergleich zu anderen
Dingen herausragend oder eines von vielen gleichen? Jede Antwort auf diese zahlreichen Fragen
eröffnet bei der Betrachtung des Objektes einen neuen Blickwinkel und erzählt eine andere
Geschichte.
In den letzten Jahrzehnten hat sich die Arbeitsweise ethnologischer Museen markant verändert.
Die Dinge werden heute nicht mehr eindimensional betrachtet, man will die Vielschichtigkeit von
Bedeutungen in den Vordergrund stellen. Sie ergibt sich durch die jeweilige Perspektive aus der
man einen Gegenstand betrachtet, und aus den unterschiedlichen Assoziationen, die
verschiedene Menschen mit einem Objekt verbinden können. So wird etwa durch
Archivforschung versucht, Splitter der vergessenen Objektgeschichte zu rekonstruieren.
Besonders wichtig ist es dabei, Stimmen aus der Herkunftsgesellschaft mit einzubeziehen, um die
Objekte wieder mit manchen der verloren gegangenen Bedeutungen und Geschichten in einen
Zusammenhang zu bringen. Menschen, deren kulturelles Erbe sich in unseren Sammlungen
findet, leben heute auch in unserer unmittelbaren Umgebung. Dies verbindet die Dinge mit
konkreten Lebenszusammenhängen in unserem Land und erweitert ihren Bedeutungsgehalt.
Vor diesem Hintergrund besteht ein enger Konnex zwischen der zeitgemäßen musealen Praxis im
Weltmuseum Wien und dem Projekt Neue Welten ‒ eine Verknüpfung, die 2017 in einer
Sonderausstellung ihren Ausdruck finden wird.
Im Rahmen der Neuen Welten sind weitere Kooperationen geplant, so z. B. mit ImpulsTanz im
Juli/August 2015. Aktuelle Informationen dazu finden Sie auf www.neue-welten.at
Rückfragehinweis:
Nina Auinger-Sutterlüty, MAS
Leitung Presse und Öffentlichkeitsarbeit
KHM-Museumsverband
Burgring 5, 1010 Wien
T +43 52524 ‒ 4021
[email protected]
www.khm.at / www.weltmuseumwien.at