Erster Teil - bis zur Gründung der Zweiten Republik in Wien
das deutsche Plakat sieht immer noch einen Sieg am Ende, das sowjetische sieht den Sieg nahe
Stalin feuert die Genossen Soldaten zum Angriff auf Berlin an
Hitler richtet wie jedes Jahr einen Neujahrsaufruf an "das deutsche Volk". Er macht darin "das Versagen der europäischen Verbündeten" für die "schweren Rückschläge" verantwortlich. 1944 sei "das Jahr der schwersten Belastungen in diesem gewaltigen Ringen" gewesen. Für 1945 sagt er eine "geschichtliche Wende" voraus. Womit er
recht haben wird - die Wende wird allerdings etwas anders ausfallen als der "Führer" geglaubt haben dürfte.
Am 1.1. findet der letzte größere deutsche Luftangriff statt, alliierte Flugplätze in den Niederlanden, Belgien und
Frankreich werden bombardiert, 500 alliierte Flugzeuge zerstört, die deutsche Luftwaffe verliert aber auch 300
Maschinen.
In Polen erklärt sich das "Ljubiner Komitee" am 1.1.45 zur polnischen Regierung, die polnische Exilregierung
protestiert vergeblich dagegen, die Sowjetunion anerkannt das Komitee rasch als neue Regierung in Polen.
An der Ostfront beginnt die Rote Armee am 13.1. mit ihrer Winteroffensive.
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Marschall Georgi K. Schukow (1896-1974), wohl der profilierteste sowjetische Militärführer, er war 1941 an der
Schlacht um Moskau, 1942 in Stalingrad, 1943 in Kursk beteiligt, jetzt leitet er die später gegen Berlin vorrückende 1. Weißrussische Front
Am 16.1. kehrt Hitler von seinem Hauptquartier "Adlerhorst" bei Ziegenberg (Hessen) in die Berliner Reichskanzlei zurück, wo er bis zu seinem Ende verbleiben wird.
Der Rückzug der deutschen Wehrmacht aus Griechenland, Albanien und Südjugoslawien ist beendet.
Am 17.1. treten die Häftlinge des KZs Auschwitz zum letztenmal zum Appell an, die Rote Armee erreicht Warschau. Die ungarische Gegenregierung des Generals Moklos-Dalnoki unterzeichnet am 20.1. einen Waffenstillstand mit den Alliierten und verpflichtet sich mit mehreren Divisionen in den Krieg gegen Deutschland einzutreten. Sowjetische Panzerspitzen erreichen am 22.1. die Oder. In Ostpreußen und Danzig beginnen großangelegte
Räumungstransporte der Zivilbevölkerung über das Meer. Mit Hitlers Zustimmung wird am 24.1. mit der Räumung eines Großteils der Slowakei begonnen.
General Guderian fordert die Einleitung von Waffenstillstandsverhandlungen.
Das KZ Auschwitz wird am 27.1. von der Roten Armee befreit. Dieses Konzentrationslager wurde zum Inbegriff des NS-Massenmordes. Aber dieses und die anderen Lager hatten ihre "Bedeutung" nicht nur durch die Massentötungen, sondern auch als Einrichtungen der Zwangsarbeit. In Auschwitz waren es über 400 staatliche und
private Firmen, die durch Zwangsarbeit von Häftlingen für die Rüstungsproduktion des Dritten Reiches tätig waren und sich daran bereicherten. Die bekannteste dieser Firmen war der Chemiekonzern IG-Farben (GummiErsatz, synthetischer Treibstoff), nach 1945 von den Alliierten deswegen zerlegt und aufgeteilt, Nachfolgefirmen:
Bayer AG, Hoechst AG und BASF.
Rotarmisten geleiten KZ-Überlebende
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Am 27.1. wird von den sowjetischen Truppen die Oder überschritten und das ehemalige Hitlerhauptquartier
"Wolfsschanze" erreicht.
Trümmer der riesigen Bunkeranlagen der "Wolfsschanze" heute
An der Ostfront verbreitet wird Erich Weinerts Gedicht
"Gespräch im Soldatengrab"
ein Flugblatt der Roten Armee - für viele endet der Krieg auf diese Art
Generaloberst Rendulic sagt in einem Aufruf an die "Soldaten des Ostheeres": "Lasst Euch nicht durch Preisgabe
von Gelände beirren! Die Führung folgt einem klaren Plan! (..) Mit dem Kampf gegen die drohenden feindlichen
Offensivkräfte wird in dem Augenblick begonnen werden, in dem unser Aufmarsch beendet ist. Den Zeitpunkt bestimmt die Führung". (Rendulic, ein fanatischer Nazi, der nach dem Krieg im oö. Eferding lebte, fiel bis zu seinem Tode durch gelegentliche Leserbriefe auf, in denen er im alten Ungeist weiterhin "aufmarschierte"..).
Zum Jahrestag der "Machtergreifung" am 30.1. hält Hitler seine letzte Radioansprache. "..Es ist unser unabänderlicher Wille, in diesem Kampf der Errettung unseres Volkes vor dem grauenhaftesten Schicksal aller Zeiten vor
nichts zurückzuschrecken. (..) Ich erwarte daher von jedem Deutschen, dass er seine Pflicht bis zum Äußersten erfüllt, dass er jedes Opfer, das von ihm gefordert wird und werden muss, auf sich nimmt. (..) Es wird auch in diesem Kampfe nicht Innerasien siegen, sondern Europa."
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Aus Köln wird die Bildung partisanenartiger Widerstandsgruppen gemeldet.
Am 1. und 2. Februar brechen 400 todgeweihte sowjetische Häftlinge aus dem KZ Mauthausen aus. Die Bevölkerung des Mühlviertels macht erbarmungslos Jagd auf sie, fast alle werden umgebracht. In die Zeitgeschichte ist
das als "Mühlviertler Hasenjagd" eingegangen, Professor Franz Kain hat darüber eine literarische Beschreibung
der Hilfe für Entflohene verfasst: Maria Lichtmeß-Nacht.1
Bei einem der schwersten Luftangriff auf Berlin kommt am 3.2. auch eine der übelsten Figuren des deutschen Faschismus ums Leben: Der Präsident des "Volksgerichtshofes" Roland Freisler, verantwortlich für unzählige Todesurteile.
Freisler, ein Richter, der ein Henker war - seine Witwe erhielt in der BRD eine hohe Pension
Die Normalverbraucherlebensmittelrationen werden auf 1600 Kalorien täglich gesenkt.
Am 4.2. beginnt die Konferenz von Jalta zwischen Roosevelt, Churchill und Stalin. Die Aufteilung Deutschlands
auf vier Besatzungszonen und die Bildung eines alliierten Kontrollrates werden beschlossen.
der britische Premier Churchill, der schwerkranke US-Präsident Roosevelt und Josef Stalin
Am 10.2. übernimmt der russische General Andrei A. Wlassow die ersten beiden Division der seit November
1944 in Aufstellung begriffenen "Russischen Befreiungsarmee" (ROA). Als sowjetischer Generalleutnant war er
1942 in deutsche Gefangenschaft geraten und hatte seit März 1943 versucht, aus Kriegsgefangenen eine Armee zu
bilden, die auf deutscher Seite gegen die Rote Armee kämpft, um den Bolschewismus zu beseitigen.
Bereits seit 1941 waren auf deutscher Seite Russen für Hilfsdienste eingesetzt worden (Hilfswillige, genannt "Hiwis"), Freiwillige aus verschiedenen Ostvölkern (z.B. Kosaken) kämpften als SS-Truppen schon seit längerer Zeit
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http://www.antifa-info.at/archiv/lichtmess.pdf
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auf deutscher Seite, sie waren auch an NS-Verbrechen beteiligt. Der Aufstellung der ROA als nationale russische
Einheit hatte Hitler erst im Herbst 1944 zugestimmt, die slawischen Völkerschaften sollten ja nach Hitlers Plänen
keine Rolle mehr spielen. Keine militärische Rolle spielte jedenfalls die ROA in den noch verbleibenden Kriegsmonaten.
General Wlassow (1900-1946) vor seiner Freiwilligenarmee - ein schlimmes Schicksal erwartet diese Überläufer
nach dem Krieg
Von der neuen polnischen Regierung wird die Übernahme von Schlesien und Ostpreußen unter polnische Verwaltung erklärt. Budapest wird am 11.2. nach langen heftigen Kämpfen von der Roten Armee besetzt.
Rotarmist schreibt Ortstafel auf cyrillisch um
Am 14.2. und 15.2. gibt es die heftigsten Luftangriffe des Krieges. In der Nacht greifen zwei Bomberwellen
Dresden an, bei Tag folgt ein weiterer Angriff, am nächsten Tag folgen noch zwei. Dabei werden von zusammen
über 1.200 Flugzeugen rund 4.000 Tonnen Bomben auf die Stadt geworfen, das alleine ist das 5fache der Bomben,
die von deutscher Seite 1945 noch gegen England abgeworfen werden. Die Innenstadt Dresdens wird völlig zerstört, mindestens 35.000 Menschen werden getötet. Da in der Stadt zahllose Flüchtlinge sind, die nicht entsprechend erfasst sind, dürfte die tatsächliche Zahl der Opfer wesentlich höher gewesen sein, manche Schätzungen
gehen bis weit über 100.000, realistisch dürften 40.000 bis 60.000 Tote sein. Militärisch ist dieser Angriff sinnlos,
vor seiner Abreise zur Konferenz mit Stalin in Jalta (4.2., s.o.) hatte Churchill angesichts des sowjetischen Durch5
bruchs an der Ostfront Angriffe auf ostdeutsche Städte angeordnet. Bisher unversehrte Städte sollten getroffen und
den Sowjets die Kampfkraft der RAF (Royal Air Force) vorgeführt werden. Die Entfesselung eines so genannten
Feuersturms (lokale Brände verbinden sich zu einem tosenden Großfeuer) ist in Dresden auf verheerenste Weise
gelungen.
Auch Nürnberg, Berlin und andere Städte sind in der Folge von schwersten Bombenangriffen mit jeweils tausenden Tonnen abgeworfener Bomben betroffen. Im Bombenkrieg fallen 1945 insgesamt 500.000 Tonnen Bomben
auf deutsches Gebiet.
die Ruinen von Dresden
Berge von Toten
Bombenopfer in Berlin
SS-Führer Himmler probiert um die Februarmitte über den schwedischen Grafen Bernadotte Verhandlungen über
einen Separatfrieden mit den Westmächten zu erreichen. Die Alliierten lehnen Verhandlungen mit Himmler ab
und bestehen auf einer bedingungslosen Kapitulation Deutschlands.
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Reichsjustizminister Thierack gibt die Bildung von Standgerichten bekannt: wer die deutsche Kampfkraft oder
Kampfentschlossenheit gefährdet, wird zum Tode verurteilt.
Die Türkei erklärt am 23.2. sich ab 1.3. als mit Deutschland im Kriegszustand befindlich zu betrachten.
Hitler fasst im Februar in einer letzten Proklamation seine Weltanschauung nochmals schriftlich zusammen. Er
versucht sich am 24.2. anlässlich des 25. Jahrestages der Verkündigung des Parteiprogramms der NSDAP wieder
als Beschwörer der Zukunft. In der "Proklamation des Führers" heißt es u.a.: "..dass das nationalsozialistische
Deutschland diesen Kampf so lange weiterführen wird, bis am Ende auch hier, und zwar noch in diesem Jahre,
die geschichtliche Wende eintritt (ein Spruch wie aus dem Orakel von Delphi) ..was die Heimat erduldet, ist entsetzlich, was die Front zu leisten hat, übermenschlich. Doch am Ende werde "der Sieg des Deutschen Reiches"
stehen.
In einer Rundfunkansprache am 28.2. faselt Propagandaminister Goebbels davon, es stünde "auf den Höhe- und
Krisenpunkten eines Krieges immer und überall auf des Messers Schneide."
Ab 5.3. wird mit der Einberufung des Jahrganges 1929 begonnen. Am 7.3. nehmen die Amerikaner Köln ein und
werfen die deutschen Truppen über den Rhein.
Granatwerferstellung der US Army - die Alliierten stoßen aus West, Süd und Ost auf "Reichsgebiet" vor, für
Großdeutschland kommt das Ende immer näher
der Oberkommandierende der Westalliierten Dwight D. Eisenhower (1890-1969) - von 1953 bis 1961 USPräsident
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Goebbels ruft mit religiöser Inbrunst zum Weiterkämpfen auf - es gibt immer noch genug "Volksgenossen", die
gläubig an seinen Lippen hängen
Millionen Deutsche und Volksdeutsche werden mittelbare Opfer des großdeutschen Imperialismus.
Die deutschen Dienststellen hatten bis in den Jänner 1945 Evakuierungsmaßnahmen im Osten untersagt, Hitler
hielt einen Vormarsch der Roten Armee auf deutsches Reichsbahn für unmöglich. Jetzt war es für eine planmäßige Evakuierung der Zivilbevölkerung zu spät. Während der Endphase des Krieges flüchten unter schweren Opfern
Hunderttausende auf sich gestellt aus Angst vor den sowjetischen Truppen und ihrer Rache. Massenvergewaltigungen sind das, was vielerorts mit dem Einmarsch der Roten Armee als Erstes assoziiert wird. Der Angriff Hitlerdeutschlands auf die Sowjetunion wird indirekt damit verteidigt. Etwa wenn die Befreiung vom Faschismus
durch die Rote Armee deswegen nicht als Befreiung gesehen wird. Es ist aber auch klar, dass die Soldaten der
Sowjetunion nicht nach Deutschland und Österreich kamen, um eine vom Nationalsozialismus geknechtete Bevölkerung zu befreien, sie kamen, um den Faschismus zu vernichten, seine Massenbasis zu zerstören - und um
Rache zu nehmen. Die Sowjetunion hat nach den nunmehr genannten Zahlen von rund 170 Millionen Einwohnern
26 Millionen verloren (15%), rund elf Millionen Soldaten und fünfzehn Millionen Zivilisten. Zorn war genug übrig, der vielfach auch an Unbeteiligten und Unschuldigen ausgelassen wurde.
Und flugs wurden aus den Naziländern lauter Länder voller armer Opfer.
Nach Kriegsende löst man (auf Beschluss und mit Zustimmung aller Alliierter!) die "deutsche Frage" vielerorts
durch flächendeckende, gewaltsame und opferreiche Vertreibungen der Volksdeutschen. Wenn beispielsweise
auch ein erheblicher Prozentsatz der Sudetendeutschen tatsächlich zur Kategorie der fanatischen Nazis zu rechnen
gewesen ist, büßen müssen es nunmehr alle 100 Prozent. Aus dem "alle Polen, Russen, Serben, Juden ... sind Untermenschen", wird ein "alle Deutschen sind Nazis".
Lastzug mit Flüchtlingen - viele sind auf sich gestellt unterwegs
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Man wehrte sich in der Folge gegen eine "deutsche Kollektivschuld", nicht alle wären Nazis gewesen, geschweige
an den Verbrechen der Nazis beteiligt, mit peinlicher Umsicht achtete man darauf, keinen Disput darüber aufkommen zu lassen, inwieweit ein sehr großer Teil der großdeutschen Bevölkerung durch Zustimmung, Engagement, Pflichterfüllung an der Ausweitung eines großdeutschen Reiches großdeutscher Herrenmenschen mitgewirkt hatte, rasch kam man in den Nachkriegsjahren zum Schluss: eigentlich war kaum einer beteiligt, Hitler war
der Hauptschuldige und auch er hatte es gewissermaßen gut gemeint, die Geschehnisse wären zwangsläufig abgelaufen. Im US-Satirical MAD fasste man den "Antifaschismus" der Deutschen einmal sehr treffend so in zwei
kurzen Sätzen zusammen: "They had never liked the foolish things Hitler had done. Such as losing the war".
die Deutsche Wochenschau berichtet immer noch von den deutschen Helden, ... die mit letztem Einsatz bis zum
letzten Mann kämpfen ...
... nie kapitulieren ...
... und den Heldentod sterben
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Die NSFO (Nationalsozialistischen Führungsoffiziere) sollen alle Kräfte für den Sieg aktivieren, die Truppführer
sind für die nationalsozialistische Fanatisierung der Soldaten verantwortlich.
Am 14.3. übernimmt die polnische Regierung die Verwaltung der deutschen Ostgebiete. Am 18.3. wird an der
Ostseeküste von sowjetischen und polnischen Verbänden die Festung Kolberg eingenommen.
der farbige Monumentalfilm "Kolberg" über die Verteidigung der Stadt während der napoleonischen Kriege war
das letzte Filmpropagandawerk im Auftrag von Goebbels - Kolberg konnte trotzdem nicht gehalten und der Krieg
nicht gewonnen werden
Speer spricht sich gegenüber Hitler gegen dessen Absicht aus, im gesamten Reichsgebiet weitreichende Zerstörungsmaßnahmen durchzuführen, da diese die Lebensmöglichkeiten für das deutsche Volk beseitigen würden.
Hitler erwiderte, dass sich im Falle der Niederlage das deutsche Volk als das schwächere erwiesen hätte und die
Zukunft dem stärkeren Ostvolk gehörte: konsequenter Rassismus!
Hitler befiehlt, dass "alle militärischen, Verkehrs-, Nachrichten-, Industrie- und Versorgungsanlagen sowie
Sachwerte innerhalb des Reichsgebietes, die sich der Feind für die Fortsetzung seines Kampfes irgendwie sofort
oder in absehbarer Zeit nutzbar machen kann", zu zerstören seien ("Nero-Befehl").
Der Zerstörungsbefehl wird kaum befolgt.
die Zerstörung von Bahngleisen war auf dem gesamten Rückzugsweg aus der Sowjetunion obligatorisch erfolgt
Die Amerikaner stoßen am 20. 3. gegen Bonn vor. Sarajevo wird geräumt, die jugoslawischen Partisaneneinheiten
beginnen in Dalmatien ihre Offensive.
Hitler empfängt am 20.3. zwanzig Hitler-Jungen, die sich an der schon so nahen Ostfront als "Einzelkämpfer" besonders bewährt haben, der jüngste ist zwölf Jahre alt. Das ist der letzte Auftritt Hitlers vor der Filmkamera.
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Hitlers letzter öffentlicher Auftritt
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auch Hitlers Berghof ist bombengetroffen
mit 24.3.1945 ist dieses sowjetische Flugblatt datiert: der Volkssturm wird zur Aufgabe aufgefordert
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"Oh du schöhöner Wehehesterwald" - dort bläst auch der Wind für die deutsche Wehrmacht schon ziemlich kalt,
die Amerikaner dringen durch den Westerwald vor. Frankfurt am Main wird von US-Panzern besetzt . Am 27.3.
werden letztmalig deutsche V2-Raketen gegen London abgeschossen. Die immer wieder geheimnisvoll angekündigten "Wunderwaffen" der deutschen Wehrmacht kommen nicht zum Einsatz, es gibt sie nicht.
Hitler befiehlt am 28.3. die Aufstellung eines Freikorps "Adolf Hitler". Eine Anordnung ohne Folgen.
Am 30.3. überschreiten sowjetische Einheiten bei Sopron die ehemals österreichisch-ungarische Grenze.
Danzig wird geräumt.
Im Westen werden am 31.3. zwei deutsche Armeen im "Ruhrkessel" von den Amerikanern eingeschlossen. Die
deutschen Stellungen am Neusiedler See werden aufgegeben, am 1.4. werden von den Westalliierten Münster,
Bielefeld und Kassel erreicht, die Vorstöße gehen nun zunehmend schneller vor sich, die Rote Armee verstärkt ihre Angriffe gegen die Festung Breslau.
Im Rundfunk, in Zeitungen und Flugblättern wird zur Bildung von "Werwolf"-Verbänden aufgerufen, die hinter
den Linien den Krieg gegen die Alliierten fortsetzen sollen, die Hitler-Jugend soll Sabotageanschläge verüben.
Als im Rundfunk sogar propagiert wird, dem Feind stünde ein Volksaufstand der Untergrundarmee "Werwolf"
bevor, reagieren die Alliierten mit scharfen Maßnahmen.
Die Vorstellung der Nazis, sie könnten nach der Niederlage aus dem Untergrund weiterkämpfen, erweist sich allerdings als irreal. Der Werwolf tritt kaum in Erscheinung, die spektakulärste Partisanenaktion fanatischer Nazis
bleibt die Ermordung des von den US-Truppen eingesetzen Aachener Bürgermeisters am 25. März.
Am 2.4. stehen sowjetische Einheiten vor Pressburg und dringen in den Raum von Baden und Wr. Neustadt vor,
Hitler befiehlt, dass Wien gehalten werden müsse. Parteikanzleileiter Bormann befiehlt seinen Kadern: "Gauleiter und Kreisleiter, sonstige politische Leiter und Gliederungsführer kämpfen in ihren Gauen und Kreisen, siegen
oder fallen. Ein Hundsfott, wer seinen vom Feind angegriffenen Gau ohne ausdrücklichen Befehl des Führers verlässt! Wer nicht bis zum letzten Atemzug kämpft, der wird als Fahnenflüchtiger geächtet und behandelt!" Die angesprochenen Nazifunktionäre halten sich in den seltensten Fällen an diese Befehle. Hätten sie es getan, wer weiß,
vielleicht hätte Großdeutschland doch noch gesiegt? Himmler befiehlt, alle männlichen Einwohner von Häusern,
die eine weiße Flagge hießen, sofort zu erschießen.
der Krieg wird zur Groteske - Panzerfaustausbildung für Hausfrauen - das obige Bild ist ein Bild aus einer Wochenschau - sogar mit Plakaten wird zum Einzelkampf mit der Panzerfaust mobilisiert
das Abstellen von Fahrrädern ist verboten, außerdem muss durchgehalten werden
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in Wien wurde wegen Papierknappheit aus der Kronen Zeitung, der Volkszeitung, dem Kleinen Blatt und dem
Kleinen Volksblatt die "Kleine Wiener Kriegszeitung" - die Ausgabe vom 3. April bringt den Aufruf von Gauleiter
Schirach zur kommenden Schlacht um Wien, die Rote Armee steht vor den Toren
Die Lage für Großdeutschland wird immer kleinräumiger. Für den 5.4. beorderte Hitler die Gauleiter von Oberdonau (Eigruber), Steiermark (Uiberreither) und Tirol (Hofer) nach Berlin, er bespricht mit ihnen die Einrichtung einer letzten Nazi-Bastion in schwer zugänglichen Gebirgsregionen. In die "Alpenfestung" soll der Führungsapparat
des Reiches verlegt, der Kampf gegen die Alliierten von dort fortgesetzt werden. Bormann leitet entsprechende
Maßnahmen in die Wege, die allerdings dann nicht mehr zu Ende geführt werden können.
Am 5. April beginnt der sowjetische Großangriff auf Wien, am 7.4. dringen Einheiten der Roten Armee in die
Wiener Außenbezirke vor. Parlament und Rathaus werden am 10.4. erreicht.
Der Versuch einer Widerstandsgruppe um den schon am Putschversuch vom Juli 1944 beteiligten Major Szokoll,
die kampflose Übergabe der Stadt zu erreichen, scheitert, die "Verräter" werden gehängt.
"Ich habe mit den Bolschewiken paktiert"
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Panzer der Roten Armee in Wien
Das KZ Buchenwald befreit sich durch bewaffnete Häftlingsgruppen selbst und übergibt das Lager am 11.4. den
Amerikanern.
In Oberösterreich langt ein großer Transport ungarischer Juden ein, der in einem Todesmarsch von Mauthausen
nach Gunskirchen2 verlegt wird.
am 12. April 1945 erscheint die letzte Nummer der SS-Wochenzeitung mit einer letzten Hitler-Huldigung, "Es lebe
der Führer!"
Zusammenfassend heißt es dort: Gerade In Not und Gefahr sei uns kein Wort zu groß, das unserer Liebe zu Adolf Hitler Ausdruck gibt. Wir werden dabei ohnehin immer seltener in die Gefahr geraten, mit Byzantinistern
verwechselt zu werden, die vielleicht längst schon auf der Suche nach fruchtbareren Äckern für die Saat Ihrer
Phrase sind. Und - wir können dabei den Worten Werner Jansens folgen, des Dichters der "Insel Heldentum", der
uns damals, zum 50. Geburtstag des Führen, schrieb, dass die Ehre in unseren Herzen ein Denkmal aus besserem
Stoff sei denn aus Gold. "Wir können das sagen, ohne in dem üblen Fahrwasser des zersetzenden, oder, was noch
schlimmer Ist, des entmenschlichenden Alt- und Neubyzantinismus mitzutreiben, dessen Gummiwirbeltiere den
Staub von allen Stiefeln lecken. Der Arbeiter Adolf Hitler, ein Mensch gleichen Blutes wie wir, das ist der Mann,
dem Dank und Feier gilt. Er war arm wie der ärmste Deutsche an irdischem Besitz, an Titeln und Würden und
staatlichen Prüfungen, er hatte nichts als seine unbändige Liebe zum Volke und seinen unerschütterlichen Glauben an seine Sendung, und er überwand damit das Kapital der ganzen Welt, die Lüge, die Heuchelei einer entarteten Gesellschaft, und er setzte an deren Stelle die Großmacht des reinen Herzens. Deutschlands bestem Herzen
gilt dieser Gruß!"
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http://www.antifa-info.at/archiv/Todesmarsch.pdf
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Der schon länger schwer kranke amerikanische Präsident Roosevelt stirbt am 12.4., Vizepräsident Truman wird
Präsident - die Nazis hoffen, dass dadurch ein Konflikt zwischen der Sowjetunion und den USA ausbrechen könnte, Goebbels spricht von einem Wunder der Vorsehung. Hitler meint in einem Tagesbefehl: "In den Augenblick, in
dem das Schicksal den größten Kriegsverbrecher aller Zeiten von dieser Erde genommen hat, wird sich die Wende
dieses Krieges entscheiden!" In der deutschen Bevölkerung war von der Propaganda die Möglichkeit des Einsatzes von neuen "Wunderwaffen" aufrecht erhalten worden.
Die deutsche Führung wusste, dass solche Waffen nicht vorhanden waren, Hitlers Hoffnungen bauten auf einen
Konflikt zwischen den USA und der Sowjetunion auf. Der Vormarsch der Sowjetarmee müsste von den antikommunistischen Kräften in England und den USA als Bedrohung wahrgenommen werden und dazu führen, eine gemeinsame Front der Westalliierten mit Nazideutschland gegen die Sowjetunion zu bilden.
das Begräbnis des US-Präsidenten ändert nichts mehr am Kriegsverlauf
Am 13.4. beendet die Rote Armee den Kampf um Wien, die Stadt ist zur Gänze in ihrer Hand.
Rotarmisten hießen am 13. April 1945 auf der Hofburg die sowjetische Flagge
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Die im Ruhrkessel eingeschlossenen deutschen Truppen (rund 300.000 Mann) kapitulieren am 17. April.
Wehrmachtsangehörige marschieren weiter - diesmal in die amerikanische Gefangenschaft
Zu Hitlers Geburtstag hält Goebbels eine euphorische Rundfunkansprache und bezeichnet seinen "Führer" als
"Mann des Jahrhunderts".
das letzte Foto von Hitler: an seinem 56. Geburtstag in den Trümmern der Reichskanzlei
an der Wand des Konferenzraumes im Bunker der Reichskanzlei wurde nach Kriegsende diese von Hitler benutzte
Berlinkarte mit den eingezeichneten Verteidigungsbereichen fotografiert
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Die Amerikaner besetzen am 20. April Nürnberg, die Stadt der "Reichsparteitage".
Parteitagsmonument - Parteitagsmonument wird enthakenkreuzt
die USA-Flagge am Reichsparteitagsgelände
in Wien gibt die Rote Armee ab 21.4. die "Österreichische Zeitung" heraus
Ab 21.4. beschießt die sowjetische Artillerie Berlin. Der Kampf um Berlin entbrennt in voller Heftigkeit. Die KZs
Sachsenhausen und Flossenbürg werden am 22. und 23.4. befreit.
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am 22.4.1945 äußerte Hitler erstmals, dass der Krieg verloren sein könnte (US-Karikatur)
Als sich Göring selber - vom Obersalzberg in Berchtesgaden aus - zum neuen Machthaber deklariert, wird er am
23.4. von Hitler seiner Ämter enthoben und von der SS unter Arrest gestellt. Göring hatte an Hitler gefunkt, dieser
sei durch die Einkreisung Berlins in seiner Handlungsfreiheit eingeschränkt und nicht mehr in der Lage, die Macht
auszuüben, er ersuche daher um Hitlers Zustimmung, dass er als sein Nachfolger die Führung des Reiches nach
innen und außen übernehme.
SS-Führer Himmler bietet den Westmächten via Schweden am 24.4. ohne Erfolg die deutsche Kapitulation an.
Goebbels letzte Propaganda-Kreation: Das Blatt "Der Panzerbär" (24.4.)
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In Torgau an der Elbe treffen am 25.4. amerikanische und sowjetische Einheiten aufeinander.
Die Hoffnung, dass es zwischen den USA und der UdSSR zu Konflikten kommen und Hitlerdeutschland zusammen mit den Amerikanern gegen die Sowjetunion weiterkämpfen könnte, erfüllt sich nicht, die West- und Ostalliierten feiern ihr Zusammentreffen.
Am 27.4. deklarieren SPÖ, ÖVP und KPÖ unter Karl Renner in Wien die österreichische Unabhängigkeit:
Art.I: Die demokratische Republik Österreich ist wiederhergestellt und im Geiste der Verfassung von 1920 einzurichten.
Art.II: Der im Jahre 1938 dem österreichische Volke aufgezwungene Anschluss ist null und nichtig.
Art.III: Zur Durchführung dieser Erklärung wird unter Teilnahme aller antifaschistischen Parteirichtungen eine
provisorische Staatsregierung eingesetzt und vorbehaltlich der Rechte der besetzenden Mächte mit der vollen Gesetzgebungs- und Vollzugsgewalt betraut.
Art.IV: Vom Tage der Kundmachung dieser Unabhängigkeitserklärung sind alle von Österreichern dem Deutschen Reiche und seiner Führung geleisteten militärischen, dienstlichen oder persönlichen Gelöbnisse nichtig und
unverbindlich.
Art.V: Von diesem Tage an stehen alle Österreicher wieder im staatsbürgerlichen Pflicht- und Treueverhältnis zur
Republik Österreich.
In pflichtgemäßer Erwägung des Nachsatzes der (..) Moskauer Konferenz, der lautet: "Jedoch wird Österreich
darauf aufmerksam gemacht, dass es für die Beteiligung am Kriege auf seiten Hitler-Deutschlands Verantwortung
trägt, der es nicht entgehen kann, und dass bei der endgültigen Regelung unvermeidlich sein eigener Beitrag zu
seiner Befreiung berücksichtigt werden wird", wird die einzusetzende Staatsregierung ohne Verzug Maßregeln
ergreifen, um jeden ihr möglichen Beitrag zu seiner Befreiung zu leisten, sieht sich jedoch genötigt, festzustellen,
dass dieser Beitrag angesichts der Entkräftung unseres Volkes und Entgüterung unseres Landes zu ihrem Bedauern nur bescheiden sein kann.
Urkund dessen die eigenhändigen Unterschriften der Vorstände der politischen Parteien Österreichs:
Für den Vorstand der österreichischen Sozialdemokratie, nunmehr Sozialistische Partei Österreichs (Sozialdemokraten und Revolutionäre Sozialisten):
Dr. Karl Renner m.p. Dr. Adolf Schärf m.p.
Für den Vorstand der Christlichsozialen Volkspartei bzw. nunmehr Österreichische Volkspartei:
Leopold Kunschak m.p.
Für die Kommunistische Partei Österreichs:
J. Koplenig m.p.
am 29. April 1945: die provisorische Regierung auf dem Weg ins Parlament, von l.n.r.: Koplenig (KPÖ), Schärf
(SPÖ), Figl (ÖVP), Renner (SPÖ), Bürgermeister Körner (SPÖ)
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die provisorische österreichische Bundesregierung
Der österreichische Widerstand gegen das NS-Regime war tatsächlich marginal. Im Rahmen der jugoslawischen
Befreiungsarmee wurden drei Bataillone aus österreichischen Freiwilligen gebildet, von dem nur das erste tatsächlich noch gegen die Hitlertruppen zum Einsatz kam. Landesinterne partisanenartige Widerstandsgruppen gab es in
Kärnten, in der Steiermark und im Salzkammergut.
Partisanen in Kärnten
eines der Österreichischen Freiheitsbataillone nach der Rückkehr in Wien
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die Wiedererstehung Österreichs, hier als Provisorium: Überdruck auf Hitlerbriefmarken
Am 28.4. wird der italienische Diktator Mussolini von Partisanen gefangengenommen und erschossen,
am 29.4. kapitulieren mit Wirkung vom 2.5. die deutschen Verbände in Italien. Der englische Rundfunk berichtet
über das Kapitulationsangebots Himmlers, er wird daraufhin ebenfalls von Hitler abgesetzt.
Am 30.4. wird das KZ Ravensbrück befreit.
Auch für Hitler schlägt die letzte Stunde - weiter im zweiten Teil der Chronik von 1945
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