4 April 2015 / 49. Jahrgang Postvertriebsstück • Deutsche Post AG „Entgelt bezahlt“ POLIZEISPIEGEL Tarifrunde 2015 – Starker Auftritt, gut verhandelt Seite 20 < Fachteil: – Der Unfall mit dem Einkaufswagen – Freiheitsberaubung – E insatz von Bodycams Seite 10 < Einkommensrunde 2015 Endlich – Tarifabschluss geschafft! DPolG Saarland < < Solidarisch: Vertreter der DPolG auf der Protestkundgebung Kundgebung des dbb saar in Saarbrücken Impressum: Redaktion: Willi Kummer (V. i. S. d. P.) Franz-Schubert-Straße 26 66125 Dudweiler Telefon: 06897.75575 Fax: 06897.179400 E-Mail: [email protected] Landesgeschäftsstelle: Hohenzollernstraße 41 66117 Saarbrücken Telefon: 0681.54552 Fax: 0681.54553 Internet: www.dpolg-saar.de E-Mail: [email protected] ISSN 0937-4876 Höhepunkt war eine Protestkundgebung auf dem Tbilisser Platz in Saarbrücken, zu der mehr als 600 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, darunter auch Vertreter der DPolG, gekommen waren – unter ihnen auch zahlreiche Beamte, die in ihrer Freizeit beziehungsweise Mittagspause die gemeinsamen Forderungen unterstützten. Die Beamten/-innen zeigten an diesem Tag ihre Solidarität mit den Tarifbeschäftigten, die für eine Gehaltserhöhung von 5,5 Prozent (mindestens 175 Euro) Flagge zeigten. Denn die Beamtenschaft ist im Saarland nach mehreren Nullrunden beziehungsweise deutlich schlechteren Abschlüssen bereits um mehr als zwei Prozent hinter den Tarifbeschäftigten gelandet. Bundesweit geht die Gehaltsschere sogar noch weiter auseinander. Siegfried Damm, stellvertretender Vorsitzender der dbb bundestarifkommission und Bundesvorsitzender der Fachgewerkschaft der Straßen- und Verkehrsbeschäftigten, VDStra., sagte vor den Demonstranten: Dirk Guldner Auch saarländische Beschäftigte im Landesdienst sind in den Warnstreik getreten, nachdem die Arbeitgeber auch in der zweiten Verhandlungsrunde für den öffentlichen Dienst der Länder am 26. und 27. Februar 2015 in Potsdam nicht zu einem Angebot li nearer Erhöhungen der Einkommen bereit waren. Kol leginnen und Kollegen aus Ministerien, Landesämtern, Finanzämtern sowie Autobahn- und Straßenmeistereien folgten dem Aufruf des dbb saar am 5. März 2015. < < Siegfried Damm, stellvertretender Vorsitzender der dbb bundestarifkommission (links) und der Landesvorsitzende des dbb saar, Ewald Linn „Weil die Arbeitgeber sich nicht bewegt haben, machen die Beschäftigten mit Warnstreiks hier an der Saar und in anderen Ländern klar: Wir brauchen endlich greifbare Ergebnisse! Und die müssen auch angemessen sein. Die Kolleginnen und Kollegen erwarten gutes Geld für ihre gute Arbeit.“ Der Landesvorsitzende des dbb saar, Ewald Linn, machte klar: „Die Einkommensrunde wird für den dbb erst dann beendet sein, wenn Landesregierung und Landesgesetzgeber auch den Landes- und Kommunalbeamten sowie den Versorgungsempfängern eine Teilhabe an der wirtschaftlichen Entwicklung zugesichert haben – das heißt eine Übertragung des materiellen Gehalts der Tarifeinigung auf den Beamtenbereich.“ Die Beamtinnen und Beamten, Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger erwarteten als „Akt der Gleichbehandlung und Wertschätzung, dass sie nicht schlechter gestellt werden als die übrigen Beschäftigten des Landes. > DPolG Polizeispiegel | April 2015 5 Landesverband Saarland Wir sind MEHRwert! Saarland Beförderungstermin 1. April 2015 – Guter Ansatz, aber noch lange nicht am Ziel! Nach einer Vorlage des Ministeriums für Inneres und Sport sind für den aktuellen Beförderungstermin 109 Beförderungen vorgesehen. Insgesamt sind 485 578 Euro (-43 880 Euro aus 2014) in 2015 bereit gestellt. Davon werden circa 296 000 Euro (68 Prozent) im April verausgabt. Unsere Forderung nach Beförderung von A 9ern mit Funktion kann voraussichtlich ab Oktober erstmals umgesetzt werden. Landesverband Saarland 6 Zum zweiten Mal wird nun auch die Möglichkeit der Beförderung in die A 11 (prüfungsfrei) umgesetzt. Wir hoffen hierbei auf das notwendige Fingerspitzengefühl mit Blick auf die gesamte Gruppe der A 10er, in der Kollegen/-innen sowohl mit/ohne FHSV als auch mit Funktionen kon kurrieren. Mit großer Sorge sehen wir, dass jeweils noch knapp 120 Kollegen/-innen in der Gruppe der A 9 (Ü) und A 9 (FHSV) mit Wertung „2“ stehen und die Beförderungen nach A 9 geh. Dienst (Ü) April 3 Kriterien BU3 DZ mindestens 20 Jahre A 10 (Ü) 25 BU2 VBU3 RDA04/04 RDA 04/08 i. V. m. Nov ’56 A 10 (FHSV) 24 BU2 VBU3 RDA 10/06 BU2 VBU3 LG2 RDA02/08 A 11 (Ü) 1 BU2 VBU2 RDA 05 A 11 (FHSV) 28 BU2 VBU2 RDA 08 BU2 VBU3 RDA04/07+Fu13 BU2 VBU3 RDA10/08+Fu12 A 12 12 BU2 VBU3 RDA 10/11+Fu13 BU2 VBU3 RDA 05+Fu12 A 13 6 BU2 VBU2 RDA04/09+Fu13 A 13 h. D. 4 BU2 VBU3 RDA 10/10 Fu13 (800P) A 14 h. D. 3 BU2 VBU3 RDA 10/09+Fu14 A 15 h. D. 1 BU2 Fu16 A 16 h. D. 2 Fu 16 (keine Mitbestimmung PHPR) absehbaren Haushaltsmittel nicht ausreichen werden, diese bis Ende der Periode 2016 zu befördern! Hier muss etwas passieren! Unser Fazit: Wir bekommen einen heißen Herbst, denn den Restmitteln von 145 000 Euro stehen noch viele Beförderungskandidaten gegenüber … Wir gratulieren allen Kolleginnen und Kollegen die befördert werden! Evaluierungskommission (EvaKom) zur Polizeireform – „Gutes bewahren, weiterdenken!“ Wie durch die Mitarbeiterinformation Nr. 18 der Behördenleitung des LPP Anfang Februar zu erfahren war, hat Minister Klaus Bouillon den Auftrag zur Evaluation der Polizeireform gegeben. Hierzu wurde am 17. Februar 2015 eine Kommission ins Leben gerufen, die unter der po litischen Leitung des Ministers und Staatssekretärs mit fol- > DPolG Polizeispiegel | April 2015 genden Vertretern besetzt ist: >>PD Udo Schneider >>PHK Markus Müller >>Ltd. MR Wolfgang Klein >>Dir. d. Pol. Ulrich Schmal >>LPP Norbert Rupp >>LPVP Hugo Müller >>Ltd. KD Gerald Stock >>Ltd. KD Harald Schnur >>RD Klaus Bouillon >>Ltd. PD Ralf Barrois >>PR Christian Zimmer >>PORin Carmen Diehl Ebenso wird eine Geschäftsstelle zur EvaKom eingerichtet, die von PR Erik Schweitzer, KR Carsten Dewes und KHK Jörg Valeske besetzt wird. Ziel soll sein, den bisherigen Organisationsentwicklungsprozess zu evaluieren. Hierbei sollen speziell die Organisati- onsabläufe und -strukturen auf Optimierungsmöglichkeiten hin kritisch geprüft werden. Minister Bouillon erwartet bis zum Jahresende entsprechende Ergebnisse. Auf der Arbeitsebene wurden daher fünf Unterarbeitsgruppen (UAGen), die analog der Direktionen die entsprechenden Arbeitsebenen/Themenfelder abdecken, festgelegt. Saarland Gleichzeitig wurde ein Beirat mit Personalvertretern und den Gewerkschaften gegrün det, der „auf Augenhöhe“ mit der Kommission in einem di rekten Informationsaustausch stehen soll. Hierbei soll der Bei rat, in dem der Landesvorsit zende Sascha Alles die Interes sen der DPolG vertritt, auch die Möglichkeit haben, zu jeder Zeit Eingaben in die UAGen zu machen. << Dazu der Landesvorsitzende: Man mag über den Zeitpunkt einer Evaluation streiten, wich tig ist jedoch, dass sie (jetzt endlich) stattfindet! Denn ein „weiter so“ macht manchmal blind für die Belange der Basis. Die immer stärker werdende Kritik vor allem aus den Reihen der Polizeiinspektionen muss ernst genommen werden. Denn die Parameter für den Personalabbau waren gerade dort sehr früh festgelegt. Bei allem guten Vorsatz der „Vä ter“ der AG 2020 muss klar sein, dass aktuelle Entwicklun gen (Terrorgefahr, steigende Wohnungseinbruchszahlen/ Demo- und Fußballeinsätze, Cybercrime et cetera), aber auch ein immer noch hoher Alters schnitt mit den entsprechenden Begleiterscheinungen (hohe Zahl an BEM, Verwendungsein schränkungen et cetera), die Belastungen jedes/r einzelnen Mitarbeiters/-in deutlich stei gern. Steigende Bürokratie und ein hoher Grad an Verantwor tung verlangen hoch motivier te Kollegen/-innen. Jedoch führt eine hohe Zahl an Vor gangsbelastung, alltägliche Gewalt gegen Polizeibeamte/ -innen, eine ernüchternde Be förderungsaussicht, ein hoher Stand an Mehrarbeit und ein Aufbrechen gewohnter Struk turen (in Richtung Personal pools) zu wenig Motivation, sondern eher zu Frust! Themen wie Bedatime®, Dienstzeitvereinbarungen, Gesundheitsmanagement in der Polizei sowie der Umgang mit „Dauerermittlungsgrup pen“ und dem Arbeitsfeld der Polizeiposten sind bis dato noch nicht endgültig umge setzt. Gleichzeitig werden Schließzeiten von B-Inspektio nen im Jahr 2015 deutlich zu nehmen und die notwendigen baulichen Maßnahmen sind noch nicht überall gänzlich abgeschlossen. Da wirkt die Botschaft von Minister Bouillon, dass mehr Beamte in die Operative sol len, bei den Kollegen/-innen umso mehr. Die Möglichkeit ei ner freiwilligen Verlängerung über den regulären Ruhestands beginn hinaus begrüßen wir grundsätzlich. Die somit mög liche Verteilung von bis zu 90 „Mann-/Frau-Jahren“ in den nächsten drei Jahren sehen wir als Chance für Bereiche, die personell sehr eng sind bezie hungsweise in denen sich Fach wissen nicht kurzfristig vermit teln lässt. Gleichzeitig können erfahrene Beamte der Organi sation für eine gewisse Zeit noch erhalten bleiben. Bei der Auswahl der entsprechenden Kollegen hätten wir uns jedoch mehr „Breite“ gewünscht. Jeder Beamte hat nach § 128 Abs. 2 SBG die Möglichkeit, einen An trag auf Hinausschiebung sei nes Ruhestands zu stellen. Eine Vorselektion ist aus unse rer Sicht nicht nötig, da sowie so dienstliches Interesse be gründet werden muss, dies gilt auch beim aktuellen Angebot von Minister Bouillon. Somit ist das bekundete Interesse noch keine Zusage. Wir dürfen jedoch dabei nicht vergessen, dass die Zahl der Neueinstellungen in keinem Fall von solchen Maßnahmen negativ tangiert werden darf! Das Ende der Überalterung und das im AG-2020-Bericht erklär te Ziel kann nur mit einer ho hen Einstellungszahl erreicht werden. Einstellungen nach Kassenlage lehnen wir ab, da wir über das Jahr 2019 hinaus denken müssen. Auch sehen wir es kritisch, dass es immer häufiger dazu kommt, dass die Zahl der Neueinstellungen un ter vorzeitigen Entlassungen/ Kündigungen oder unter nicht bestandenen Abschlussprüfun gen (2014 waren es zum Bei spiel zehn Anwärter!) leidet. Wir fordern daher, dass zum einen diese Verluste auf die Einstellungszahl aufgerechnet werden müssen! Darüber hin aus halten wir es im Sinne der Fürsorgeverpflichtung für not wendig, dass eine verbesserte Betreuung „schwächerer Stu dierender“ bereits im Studium erfolgt. Wir könnten uns vor stellen, dass zum Beispiel Prü fungsvorbereitungen oder eine Art von Förderstunden den Studierenden bereits frühzeitig Hilfestellung geben, damit es nicht drei Jahre dauert und eine Entlassung unabwendbar wird. Am Ende möchte ich unter streichen, dass auch der Pfört nerdienst, wie von Minister Bouillon angekündigt, nicht unbedingt durch Polizeibeam te abgedeckt werden muss. Gerade die Bereitschaftspolizei hat hier wichtigere Aufgaben zu erfüllen. Wir sind daher alle gespannt, welche Entscheidun gen hierzu fallen. Die Entscheidungen der kom menden Monate werden für die weitere Entwicklung der Polizei in den nächsten Jahren maßge bend. Wir halten daher auch an unserer Forderung nach einer echten Aufgabenkritik in Ver bindung mit einem Personal entwicklungskonzept fest, da nur so Vertrauen und Kontinui tät gestärkt werden können! << Wir gratulieren . . . . . . zum Geburtstag im Monat April und Anfang Mai Jürgen Hautz Horst Gleser Hugo Frei Hans Jürgen Schmidt Alois Schäfer Jürgen Brill Albert Penner Karl-Heinz Blass Norbert Walle Elfriede Sauer-Welde Friedrich Hoen << Bearbeitungszeiten Beihilfeanträge Aufgrund vermehrter Beschwerden aus dem Kreise unserer Mitglie der, dass mittlerweile die Bearbeitungszeiten für Beihilfeanträge fünf Wochen und unter Umständen mehr andauern (aktueller Bearbei tungsstand am 27. Februar 2015 = fünf Wochen), haben wir uns in der Pflicht gesehen, dies bei der Zentralen Besoldungs- und Versor gungsstelle (Beihilfestelle) deutlich zu beanstanden. Dieser Zustand dauert bereits seit mehreren Wochen an und stößt daher bei den Mitarbeitern/-innen im Landespolizeipräsidium auf Unverständnis. Wir fordern hierbei eine zeitnahe Nachsteuerung beziehungsweise Verkürzung der Bearbeitungszeiten, da einzelne Kollegen/-innen auf die Auszahlung nicht geringer Beihilfezahlungen warten. > DPolG Polizeispiegel | April 2015 7 Landesverband Saarland Es wird eine UAG Grundsatz sowie die UAG 1–4 (vgl. Direk tionen) geben. Diese Arbeits gruppen werden die entspre chenden Aufgabenfelder und Arbeitspakete im Sinne der Evaluation bearbeiten und ihre Ergebnisse der Kommission vorlegen. Saarland Verbot einer altersdiskriminierenden Besoldung Anwendungsbereich der Richtlinie 2000/78/EG Zuletzt hat das Bundesver waltungsgericht mit Urteilen vom 30. Oktober 2014 fest gestellt, dass die Besoldung nach Lebensalter eine Alters diskriminierung darstellt, Be amte haben jedoch gleichwohl keinen Anspruch auf eine Ein stufung in eine höhere oder gar höchste Dienstaltersstufe, sondern nur – im Falle der Geltendmachung bis zum 8. November 2011 – in Höhe von 100 Euro monatlich bis zum Inkrafttreten einer europarechtskonformen besoldungsrechtlichen Neuregelung. Landesverband Saarland 8 Das Bundesverwaltungsgericht hat in drei dieser Verfahren (2 C 3.13, 2 C 6.13 und 2 C 32.13) nunmehr die Urteilsgründe veröffentlicht. << Allgemeine Vorbemerkungen Der EuGH hat mit Urteil vom 19. Juni 2014 entschieden, dass die Bemessung des Grundge halts nach Lebensalter in Berlin eine Altersdiskriminierung darstellt. Art. 2 und Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/ EG stehen jedoch nicht einem Überleitungsrecht entgegen, welches zur Besitzstandswah rung auf dem bis dato erwor benen Grundgehalt aufbaut. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts festzustellen, wann die Voraussetzungen für einen unionsrechtlichen Haftungsan spruch erfüllt sind. Von dieser Rechtsprechung sind nach Neuverteilung der Gesetzgebungskompetenz ab 1. September 2006 der Bund und alle Länder – jeweils nach Maßgabe der Ausübung ihrer Gesetzgebung im Besoldungs recht – in unterschiedlicher Weise betroffen. > DPolG Polizeispiegel | April 2015 Das Bundesverwaltungsge richt hat mit seiner Entschei dung vom 30. Oktober 2014 (vgl. dbb Info Nr. 56/2014) in insgesamt 15 Revisionsverfah ren – von denen zwei vom dbb geführt wurden – klarge stellt, ob und in welcher Höhe Beamten wegen der früheren diskriminierenden Wirkung der besoldungsrechtlichen Bestimmungen nach nationa lem Recht und unionsrechtli chen Grundsätzen Ansprüche auf höhere Besoldung, Scha denersatz oder Entschädigung zustehen. Unmittelbar betrof fen waren Beamte aus den Bundesländern Sachsen und Sachsen-Anhalt sowie Soldaten. Dabei war als Besonderheit im Freistaat Sachsen auch zu klä ren, ob und inwieweit eine rückwirkende Änderung von besoldungsrechtlichen Bestim mungen zulässig ist, mit denen der Gesetzgeber den Anforde rungen der Richtlinie 2000/78/ EG Rechnung tragen will. Das Bundesverwaltungsgericht hat unter anderem ausdrück lich festgestellt: Die Besoldung der Beamten der Besoldungsordnung A nach den §§ 27 und 28 BBesG a. F. 2002 benachteiligt Beamte unmittelbar aufgrund ihres Lebensalters. Eine Einstufung der betroffe nen Beamten in eine höhere oder gar in die höchste Dienst altersstufe ihrer Besoldungs gruppe zum Ausgleich dieser ungerechtfertigten Diskrimi nierung ist jedoch ausgeschlos sen, da kein gültiges Bezugs system besteht, das als Grundlage für die begehrte Einstufung herangezogen werden kann. Die Voraussetzungen des uni onsrechtlichen Haftungsan spruchs wegen des Verstoßes der §§ 27 und 28 BBesG a. F 2002 gegen die Richtlinie 2000/78/EG sind erst ab Ver kündung des Urteils des EuGH in Sachen Hennigs und Mai (Rs. C-297/10 und C-298/10) am 8. September 2011 erfüllt. Für vorhergehende Zeiträume besteht „nur“ ein verschuldens unabhängiger Anspruch auf angemessene Entschädigung aus § 15 Abs. 2 AGG, der mit Inkrafttreten des AGG ab 18. August 2006 die Sanktionen bei einem Verstoß gegen die Richtlinie 2000/78/EG beinhal tet und damit als Anspruchs grundlage für Entschädigungs leistungen von Opfern heranzuziehen ist. Als angemessene Entschädi gung bezeichnet das Bundes verwaltungsgericht in einer für alle Besoldungsgruppen ein heitlichen pauschalisierenden Festlegung eine Höhe von ma ximal 100 Euro monatlich bis zur Überleitung in ein neues, unionsrechtlich beanstan dungsfreies Besoldungssystem in dem jeweiligen Land bezie hungsweise beim Bund. Für das Bestehen eines An spruchs setzt § 15 Abs. 4 AGG eine schriftliche Geltendma chung binnen zwei Monaten nach der Benachteiligung vor aus. Diese Geltendmachung ist als erfüllt anzusehen, wenn der Schuldner aus dem Schreiben die Auffassung des Antragsstel lers entnehmen kann, wegen seines Verhaltens bestünden Ansprüche nach dem Allgemei nen Gleichbehandlungsgesetz. Bei unsicherer oder unklarer Rechtslage beginnt die zweimonatige Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG erst mit der objektiven Klärung der Rechtslage durch eine höchst richterliche Entscheidung, hier also am 8. September 2011 (vgl. Ziffer 3). Hat der Beamte die Ausschluss frist des § 15 Abs. 4 AGG ge wahrt, ist der Grundsatz der zeitnahen Geltendmachung von nicht unmittelbar durch Gesetz begründeten Ansprüchen nicht ergänzend anwendbar. Aufgrund dieser Grundsätze hat das Bundesverwaltungsge richt in den bislang veröffent lichten Urteilen den Klägern eine Entschädigung in Höhe von 50 Euro (Rechtskreis Sach sen – 2 C 3.13) und in Höhe von 5 550 Euro (Rechtskreis Sachsen-Anhalt – 2 C 6.13) zugesprochen. Frohe Ostern wünscht Ihnen und Ihren Familien der Landesverband der DPolG Saarland.
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