Diese Tellspiele werden ein Spektakel

Montag, 30. März 2015 / Nr. 74
Uri
Zentralschweiz
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BOTE DER URSCHWEIZ
Diese Tellspiele werden ein Spektakel
der Zuschauer an düstere Tim-BurtonALTDORF Regisseur Philipp
Filme denken.
Becker hat für seine «Tell»Begeisterte Tellspieler
Neuinszenierung Grosses vor.
«Unsere Aufführung soll den PulsMit Vorbereitungen und Spon- schlag der Menschen verändern», sagte
Philipp Becker. Mit seinen
sorensuche ist man früh dran – Regisseur
Ausführungen löste er an der GV der
Tellspiel- und Theatergesellschaft Altdorf
und das aus gutem Grund.
MARKUS ZWYSSIG
[email protected]
Tell steht ganz vorne auf der Bühne.
Er spannt die Armbrust. Sohn Walter
setzt sich hinten im Saal den Apfel auf
den Kopf. Wenig später zischt ein Pfeil
über die Köpfe des Publikums hinweg
und bohrt sich durch den Apfel. Für die
Schlüsselszene in Schillers «Wilhelm
Tell» will Regisseur Philipp Becker einen
Filmtrick nutzen. In seiner Neuinszenierung der Altdorfer Tellspiele für das
kommende Jahr wird es zahlreiche weitere bildgewaltige Szenen geben, die mit
modernster Technik bewältigt werden.
So soll beispielsweise der Bau der Zwing
«Unsere Aufführung
soll den Pulsschlag
der Menschen
verändern.»
PHILIPP BECKER, REGISSEUR
Uri derart imposant dargestellt werden,
dass die Zuschauer sich an den monumentalen Filmklassiker «Metropolis»
von Fritz Lang erinnert fühlen. Das
Rütli wird als eine Projektion aus Licht
erstrahlen. Und dann regnet es sogar
auf der Bühne. Ein Pferd soll ebenfalls
wieder über die Bühne traben. Bei Gesslers Auftritt in der Hohlen Gasse soll
Lawinen verletzen
Skitourenfahrer
WASSEN MZ. Bei zwei Lawinenniedergängen wurden am Samstag insgesamt drei Skitourenfahrer verletzt.
Wie die Polizei mitteilt, wurde eine
italienische Skitourengängerin am
Samstagnachmittag von einer Lawine
mitgerissen und teilweise verschüttet.
Die Rega musste die Verletzte ins
Kantonsspital fliegen. Gemäss Polizeiangaben hatte eine achtköpfige Gruppe eine Skitour zum Stucklistock
unternommen. Beim Abstieg löste
sich auf einer Höhe von rund 2600
Metern eine kleine Lawine, riss eine
33-jährige italienische Staatsangehörige mit und verschüttete sie teilweise. Die übrigen Mitglieder der Skitourengruppe alarmierten die Rega
und leisteten Erste Hilfe.
Dank Suchgerät rasch geortet
Ebenfalls am Samstag waren zwei
Skitourenfahrer im Sustengebiet von
einer Lawine erfasst worden (siehe
«Zentralschweiz am Sonntag»). Ein
Kollege, der mit ihnen unterwegs war,
konnte die Verschütteten mit einem
Lawinenverschüttetensuchgerät orten
und befreien. Die Gruppe war von
Färnigen in Richtung Chli Griessenhorn unterwegs. Die Rega überführte den 61-jährigen Verletzten aus dem
Kanton Basel-Landschaft in ein
ausserkantonales Spital. Der 52-jährige Verletzte aus dem Kanton Aargau
wurde ins Kantonsspital Uri geflogen.
am Samstagabend Begeisterung aus.
Noch dauert es fast eineinhalb Jahre bis
zur Premiere. Doch die Vorstellungen
des Regisseurs und seines Teams sind
bereits sehr konkret. Becker zeigte Bilder
und kurze Filmeinspielungen von den
Bauproben. Zu sehen war auch ein
Modell der Bühne, und es gab erste
Kostüme zu bewundern. Becker ist bei
seiner Inszenierung nicht so sehr an der
Tagespolitik interessiert, sondern an Tell
als Mythos. «Im Zentrum steht das Recht
auf Freiheit», sagte Becker. Das Streben
nach Unabhängigkeit sei zeitlos und
habe den Menschen seit jeher beschäftigt. Dargestellt werden soll dies mit
einem Ritt durch die Zeiten – von der
mythischen Vorzeit bis zur Gegenwart.
MG Schattdorf ist mit dabei
Philipp Becker sucht für seine Neuinszenierung rund hundert Spieler und
ein Orchester. Die Rollen werden zwar
erst im Dezember verteilt. Klar ist aber,
dass Michel Truniger die 20 Musiker
dirigieren wird. Die Musikgesellschaft
Schattdorf wird massgeblich das Orchester bilden. Dazu kommen zwei bis drei
Profimusiker. Aaron Tschalèr übernimmt
die Chorleitung. «Jung und Alt sollen
bei der Neuinszenierung mitmachen»,
sagte Becker. Und er verspricht: «Alle
werden singen und tanzen.»
Weit fortgeschritten ist man auch in
Sachen Werbung, wie der Marketingverantwortliche Dani Regli aufzeigte. Diese
soll zum Denken anregen, plakativ wirken und auch ein wenig provozieren.
Immer wieder zu sehen ist das umgekippte Schweizer Kreuz. Nebst Plakaten
soll es auch Porträts der Spieler in
Postkartenformat geben.
Konkurrenz auf dem Rütli
«Wir haben mit der Sponsorensuche
früher als üblich begonnen», sagte Präsidentin Barbara Bär. Der Grund: Es gibt
noch ein weiteres kulturelles Grosspro-
Gesslers imposanter Auftritt bei den Tellspielen 2012. Auch bei der Neuinszenierung
im kommenden Jahr soll wieder ein Pferd auf der Bühne stehen.
Archivbild Urs Hanhart
jekt. Der Urner Schauspieler und Buchautor Urs Althaus plant, im Sommer
2016 auf dem Rütli Gioachino Rossinis
Oper «Wilhelm Tell» aufzuführen. Die
Schweizerische Gemeinnützige Gesellschaft (SGG) hat die Bewilligung bereits
vor geraumer Zeit erteilt. Die Oper soll
vom 28. Juli bis am 28. August 2016
aufgeführt werden. Die «Tell»-Neuinszenierung in Altdorf feiert am 20. August
Premiere. Geplant sind 26 Aufführungen. Dabei erhofft man sich eine Auslastung von mindestens 70 Prozent.
Fast 400 000 Franken braucht es für
die aufwendige Neuinszenierung an
Sponsorengeldern. Der Kanton Uri, die
Gemeinde Altdorf und die Urner Kantonalbank haben ihre Unterstützung
zugesichert.
Bei der Tellspiel- und Theatergesellschaft Altdorf ist man zuversichtlich,
dass man auch die restlichen Gelder
zusammenbringt. «Bei verschiedenen
Stiftungen ist es schwierig geworden,
Beiträge zu erhalten», stellte Finanzchef
Daniel Bollinger fest. Das habe vor allem
mit den tieferen Zinserträgen der Stiftungsvermögen zu tun.
Mit grosser Ausstrahlung
Er sei sprachlos, sagte der an der GV
anwesende Peter Wenger, Präsident des
Tellspielvereins Interlaken. Auch im Berner Oberland sei für 2016 eine Neuinszenierung geplant. Doch im Gegensatz zu Altdorf, das immer wieder Neues ausprobiere, setze man in Interlaken
auf die Tradition.
Wenn in Altdorf «Tell»-Neuinszenierungen stattfinden würden, sei das immer etwas Besonderes, sagte Bildungsund Kulturdirektor Beat Jörg. «Das Theater strahlt weit über die Kantonsgrenzen
hinaus.» Die sehr grosse Leistung der
Mitwirkenden werde enorm geschätzt.
Daher biete der Kanton Uri auch Hand
zur finanziellen Unterstützung und für
eine Defizitgarantie.
Wissenschaftler haben erste Funde analysiert
KANTON Die Forscher haben
bereits mehrere mögliche
Meteoritenfunde erhalten.
Nun suchen sie in Uri auch
auf eigene Faust.
Fünf Personen haben Fotos möglicher
Meteoritenfunde an die Naturhistorischen Museen Bern und Genf geschickt.
«Leider handelt es sich dabei nicht wie
erhofft um Meteoritensplitter», sagt Geologieprofessor Edwin Gnos.
Am 15. März um 20.44 Uhr ist ein
Meteor von Deutschland Richtung Leventina gesaust. Der Meteor explodierte 30 Kilometer nördlich von Unterschächen. Berechnungen ergaben, dass
Splitter am wahrscheinlichsten rund um
Unterschächen, im Maderanertal und
auf dem Oberalppass verstreut liegen
(siehe unsere Zeitung vom 21. März).
EWA unterstützt Forscher
Wissenschaftler Gnos ist guter Dinge,
dass bald Teile des Meteors – sogenannte Meteoriten – gefunden werden. «Gemeinsam mit Kollegen aus Deutschland
sind wir daran, weitere Berechnungen
zu machen», sagt er. Dadurch könne
man das Streugebiet stärker eingrenzen.
Auch das Elektrizitätswerk Altdorf (EWA)
hilft den Wissenschaftlern. So wird das
EWA Aufnahmen von Kameras an Stau-
wehren liefern. «Die Bilder werden ausgewertet. Allein anhand der Schatten
können wir die Flugbahn exakter bestimmen», so Gnos. Aktuell gestaltet sich
die Suche nach Splittern schwierig, da
es nach der Explosion geschneit hat und
die Splitter unter dem Schnee liegen.
Auch ein Forscherteam mit sechs Leuten, das im Schächental unterwegs war,
blieb erfolglos. «Nach der Schnee-
«Neue Berechnungen
helfen, das
Streugebiet stärker
einzugrenzen.»
E DW I N G N O S ,
G E O LO G I E P R O F E S S O R
Meteoriten sind schwarz und haben eine
glasig glänzende Oberfläche.
schmelze und solange das Gras noch
nicht hoch ist, sind die Bedingungen,
um etwas zu finden, ideal», sagt Gnos.
Der Geologe will deshalb in den nächsten Wochen auch im Maderanertal und
später im Urner Oberland auf dem
Oberalppass suchen. Das Forscherteam
mit Wissenschaftlern aus Bern und Genf
bittet die Urner Bevölkerung noch immer, Fundstücke einzuschicken. Die
Splitter sollen zwischen 1 und 100
Gramm wiegen, wobei das Gramm 20
bis 50 Franken kostet. «Finder werden
angemessen entschädigt», so Gnos. Me-
Archivbild Keystone
teoritensplitter sind klein, schwarz und
haben eine glasig glänzende Oberfläche,
weil diese beim Eintritt in die Atmosphäre schmilzt. Da Meteoriten Eisen
enthalten, werden Splitter am Boden
vermutlich Rostflecken aufweisen. Wer
etwas findet, ist angehalten, folgende
Daten zu dokumentieren: Fundort, GPSKoordinaten und Zeitangabe. Die Forscher bitten darum, Fundstücke möglichst nicht direkt zu berühren und sie
von mehreren Perspektiven zu fotografieren. Die Forscher raten, Fundstücke
mit einer Pinzette in einen Plastikbeutel
zu verpacken.
HINWEIS
Die Bevölkerung wird gebeten, Infos und Fotos an
[email protected] und an beda.hofmann@
geo.unibe.ch zu senden.
ANIAN HEIERLI
[email protected]