Hintergrund Für die Feststellung einer menschenrechtlichen Verantwortlichkeit ist ein Kausalzusammenhang zwischen einem Tun oder Unterlassen und dem Schadenseintritt nötig. Mit Blick auf den Klima- und Umweltwandel stellt sich die Frage, ob das Verantwortungsprinzip ergänzt werden muss. Das Umweltvölkerrecht bietet hilfreiche Ansätze, wie das geschehen könnte. Es sieht die Möglichkeit vor, von dem grundsätzlichen Erfordernis eines Kausalzusammenhanges abzuweichen, wenn ein Phänomen Gefahren birgt, die durch eine objektive wissenschaftliche Bewertung ermittelt wurden, sich das Risiko eines Schadenseintritts jedoch nicht mit hinreichender Sicherheit bestimmen lässt. Das trifft charakteristischerweise auf Umweltrisiken zu. Sie zeichnen sich durch weit verbreitete, diffuse und verzögerte Folgewirkungen und synergistische Effekte aus sowie durch irreversible Schäden und katastrophale Ereignisse mit – gleichzeitig - unsicherer Eintrittswahrscheinlichkeit. Definitive Beweise für einen kausalen Zusammenhang zwischen dem Handeln oder Unterlassen eines einzelnen Staates und dem Klima- und Umweltwandel sind kaum zu erbringen. Dies kann jedoch nicht als Rechtfertigung für Staaten dienen, sich der Bewältigung der Folgen des Klima- und Umweltwandels zu entziehen. Im Bereich des Umweltwandels könnte vielmehr eine Berufung auf das Vorsorgeprinzip Staaten verpflichten, auch ohne einen eindeutigen Kausalzusammenhang Vorsorgemaßnahmen zu treffen. Beim Prinzip der „Common But Differentiated Responsibilities“ geht es darum, Lasten und Kosten in Bezug auf globale Herausforderungen wie den Umweltwandel zwischen den Ländern aufzuteilen und dabei vom unterschiedlichen Beitrag zur Umweltzerstörung auszugehen. Jedes Land verpflichtet sich entsprechend, Maßnahmen für die Wiederherstellung des Ökosystems und für Klimaanpassungsmaßnahmen zu treffen. Das Prinzip hat auch über den Klimaschutz hinaus Bedeutung. Es betrifft ebenso gemeinsame Ziele für eine nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals – SDGs) und führt hier zur Berücksichtigung der realen sozio-ökonomischen Leistungsfähigkeit verschiedener Staaten. Das Prinzip der „common, but differentiated responsibilities“ ist eng mit dem Solidaritätsprinzip, dem Verursacherprinzip und dem Leistungsfähigkeitsprinzip verknüpft. Es spielt zudem in der Debatte um das Recht auf Entwicklung eine Rolle. Das Prinzip (CBDR) aufzugeben, so eine Sicht, käme der Einschränkung des Rechts auf Entwicklung gleich. In den derzeit laufenden zwischenstaatlichen Verhandlungen zu den SDGs setzen sich Entwicklungsländer zunehmend für eine Ausweitung des Prinzips der gemeinsamen aber differenzierten Verantwortlichkeiten („Common But Differentiated Responsibilities“, CBDR, Rio Prinzip 7) auf alle Bereiche der internationalen Entwicklungszusammenarbeit ein, was von den meisten Geberländern abgelehnt wird. Dadurch hat sich das Prinzip inzwischen zu einem der sensibelsten Verhandlungsgegenstände entwickelt. In diesen Zusammenhängen stellt sich immer wieder die Frage, in welchem Verhältnis Menschenrechte zu den genannten umweltvölkerrechtlichen Prinzipien stehen und wie beide in Einklang gebracht werden können. Insbesondere stellt sich die Frage, wie eine rechtliche Verantwortlichkeit der Staaten zum Schutze der Menschenrechte hergeleitet werden kann, ohne dass es für die Beeinträchtigung der Menschenrechte einen klar erkennbaren Verursacher gibt. Lässt sich aus dem Umweltrecht und dem „Precautionary Principle“ (World Charter for Nature, Montreal Protocol) ggf. eine völkerrechtliche Entwicklung ableiten, die das Verursacherprinzip modifiziert?
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