CO NTE XT #3 2015 Mehr Erfolg im Beruf Lernplattform WISSEN IM NETZ PERSPEKTIVEN Junge Kaufleute gefragt 59% können Überzeit kompensieren CONTEXT – März 2015 Karriere starten. Bachelor of Science in Business Administration Im St.Galler Betriebsökonomie-Studium wirst du auf deinem Weg begleitet und lernst in einer unserer Studienrichtungen General Management, International Management oder Wirtschaftsinformatik deine Fähigkeiten anzuwenden. Praxisprojekte mit namhaften Unternehmen wappnen dich für den zukünftigen Berufsalltag. Weitere Informationen unter www.fhsg.ch/betriebsoekonomie www.fhsg.ch FHO Fachhochschule Ostschweiz INHALT Die kaufmännische Grundbildung ist ein Sprungbrett in eine vielversprechende Zukunft. Der Einstieg ins Berufsleben funktioniert gut, die Löhne liegen mehrheitlich über unseren EmpfehPeter Kyburz CEO Kaufmännischer Verband Schweiz. [email protected] 8 lungen. Dies zeigt unsere aktuelle Befragung von Abgänger/innen 8// Lernende führen ein Unternehmen. Micarna-CEO Albert Baumann macht dies möglich. Für das innovative Projekt und sein Engagement für Lernende 12 wurde er mit einem SwissAward aus gezeichnet. 12// Max Meister ist ein engagierter Dozent an der HWZ Hochschule für Wirtschaft Zürich. Und Jungunter nehmer. Sein Start-up Diplomero, eine Online-Lernplattform, ist auf Erfolgskurs – mit Büros in Zürich und Berlin. 12 22// 5 – KOMMENTAR 20 – MEDITIEREN IM BÜRO Daniel Jositsch über die Schweiz und Europa Ganz bei sich 6 – BÜRO INTERNATIONAL Kolumne von Yvonne Seitz Amsterdam, Niederlande 8 – ABGÄNGER/INNEN-UMFRAGE 25 – SEITZ 26 – RATGEBER Entscheidender Übergang Tipps / Recht / W BP / Sozialpolitik / Psychologie 15 – FRAG DEN CHEF 28 – KURZ Kolumne von Rinaldo Dieziger Aktuelles aus dem Verband 16 – START-UP 29 – IMPRESSUM Sprung in die Selbstständigkeit 18 – BANKEN Wie sie es mit der Arbeitszeiterfassung halten 30 – CARTOON Von Ruedi Widmer CONTEXT – März 2015 Rechnungswesen, KommuniKation und mehR ihr Portal mit 100 Lehrgängen. aaRau Baden BaseL-Land BaseL-stadt BeRn BieL-Bienne LuZeRn st. gaLLen thun winteRthuR ZÜRich «Ihr Aus- und Weiterbildungsinstitut IKP: wissenschaftlich – praxisbezogen – anerkannt» Dr. med. Y. Maurer Berufsbegleitende, anerkannte Weiterbildungen mit Diplomabschluss: Dipl. Körperzentrierte(r) Psychologische(r) Berater(in) Psychosoziale Beratungskompetenz kombiniert mit Körperarbeit (Erleben und Erfahren über den Körper), Entspannungsübungen, Sinnfindung, Ressourcenstärkung. Optional mit eidg. Dipl. (3 Jahre, SGfB-anerkannt) Info-Abend: 23. Juni in Zürich Dipl. Ernährungs-Psychologische(r) Berater(in) IKP Humanistische Psychologie: Sie lernen, Menschen mit Ernährungsproblemen ganzheitlich in ihrer aktuellen Lebenssituation zu beraten und eignen sich fundiertes Ernährungsfachwissen an. Optional mit eidg. Diplomabschluss. (2 bzw. 4 Jahre, ASCA- und SGfB-anerkannt) Info-Abend: 14. April in Zürich Dipl. Partner-, Paar- und Familienberater(in) IKP Ganzheitliche systemische Psychologie und Coaching-Tools rund um Beziehungsprobleme. Optional mit eidg. Dipl. (1,5 bzw. 3 J., SGfB-anerk.) Info-Abend: 2. Juni in Zürich Ausbildungsinstitut IKP, ZH und BE w w w. k v b i l d u n g . c h Seit 30 Jahren anerkannt KOMMENTAR 5 Wie weiter mit Europa ? K lar ist zunächst eines: Eine Mehrheit der Stimmbevölkerung hat die Masseneinwanderungs-Initiative angenommen. Es spielt keine Rolle, wie knapp, und es ist egal, wie hoch die Stimmbeteiligung war. Es ist deshalb auch klar, dass die Initiative ohne Wenn und Aber umgesetzt werden muss. Der Bundesrat hat mittlerweile einen Vorschlag vorgelegt, der der Initiative fast wörtlich entspricht, und damit die Hausaufgaben innenpolitisch gemacht. DANIEL JOSITSCH ... ist Nationalrat und Präsident des Kaufmännischen Verbandes Schweiz. Aussenpolitisch ergibt sich das Problem, dass das Abkommen betreffend die Personenfreizügigkeit mit der Europäischen Union der Masseneinwanderungs-Initiative widerspricht. Das ist kein Versehen, das nun irgendwie behoben werden soll, sondern war Absicht der Initiative und damit der Mehrheit der Stimmbevölkerung. Es ist, auch aufgrund des Verfassungstextes, Aufgabe des Bundesrats, mit der EU über die Zukunft der Bilateralen ohne Personenfreizügigkeit zu verhandeln. Was die EU dazu sagen wird, werden wir erfahren, wenn sie ihre Position definitiv festlegt. «Der unsichere Zustand ist für die Wirtschaft und für die Arbeitsplätze unserer Mitglieder u ngünstig.» Unklar ist, was wir tun werden, wenn der Prozess scheitert, wenn also entweder erfolgreich das Referendum ergriffen wird oder wenn die EU die Verhandlungen scheitern lässt. Dann braucht es den berühmten Plan B. Ich bin der Überzeugung, dass in dieser Situation die Stimmbevölkerung zum weiteren Vorgehen befragt werden muss. Es ist weder möglich, darüber zu spekulieren, ob die Zustimmung zur Masseneinwanderungs-Initiative als Ablehnung der Bilateralen zu werten ist, noch bringen uns Umfragen zur Stimmung der Bevölkerung weiter. Die einzige relevante Umfrage ist diejenige, die an der Urne stattfindet. Vielerorts vernimmt man Widerstand gegen eine weitere Abstimmung. Das kann ich nicht nachvoll- ziehen. Die Verfassung regelt glasklar, unter welchen Voraussetzungen eine Volksabstimmung stattfinden muss. Wenn also 100 000 Menschen eine Initiative zum europäischen Weg der Schweiz einreichen, dann wird darüber abgestimmt. Es steht der Stimmbevölkerung dann selbstverständlich frei, Ja oder Nein zu sagen. Dies aber ist weder falsch noch eine Zwängerei. Die Zukunft der Schweiz in Europa ist für die Wirtschaft, aber auch für die Wissenschaft und die Gesellschaft von derart weitreichender Bedeutung, dass wir das Volk eng in diesen Prozess einbinden müssen. Aus Sicht des Kaufmännischen Verbandes bereitet mir die Situation Sorgen. Zunächst ist für die Wirtschaft und für die Arbeitsplätze unserer Mitglieder schon der unsichere Zustand ungünstig. Die Planbarkeit ist damit stark eingeschränkt. Weiter ist die Wirtschaft auf eine gute Kooperation mit der EU, unserem grössten Handelspartner, angewiesen. Diese steht auf dem Spiel. Mög licherweise wirkt sich der Umstand, dass die Wirtschaft nicht mehr so einfach auf ausländische Arbeitskräfte zurückgreifen kann, insofern positiv aus, als allenfalls inländische Arbeitskräfte dadurch bessere Chancen erhalten. Besonders Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die älter als 50 sind oder die zum Beispiel aufgrund der familiären Situation auf Teilzeitarbeit angewiesen sind, werden dadurch möglicherweise begünstigt. Das ist aber aus meiner Sicht eine riskante Theorie. Die günstige Situation nützt nämlich nur dann etwas, wenn die Wirtschaft weiterhin wachsen kann. Wenn sich aufgrund der Schwierigkeiten mit der EU negative Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum ergeben, dann leiden auch die inländischen Arbeitskräfte. Der europapolitische Weg ist schwierig, aber er bietet auch Chancen, die wir packen sollten. CONTEXT – März 2015 6 BÜRO INTERNATIONAL AMSTERDAM, NIEDERLANDE Erica van Doorn hat Textilmanagement sowie später noch Anthropologie studiert und als Consultant gearbeitet, bevor sie sich bei der Fair Wear Foundation als Direktorin bewarb. Knut Henkel STECKBRIEF NIEDERLANDE Einwohner Amsterdam: gut 800 000 Einwohner Niederlande: 16,69 Millionen Arbeitslosenquote: 7.3% Durchschnittseinkommen: 34 788 Euro brutto Wichtigste Exportartikel: Maschinen, Elektronik (Philips), Chemieprodukte, Schnittblumen und Gemüse Hatten Sie als Kind einen Traumberuf? Mehrere, ich wollte vieles werden, das hat sich immer wieder geändert. Welche Berufe üben Ihre Eltern aus? Meine Mutter war Krankenschwester, hat sich immer sozial engagiert und mein Vater ist Computerfachmann und hat wiederholt im Ausland gearbeitet. Was arbeiten Sie? Ich leite die Fair Wear Foundation, eine Nichtregierungsorganisation, die sich für faire und nachhaltige Arbeitsbedingungen in der Textilindustrie einsetzt. Die eigentliche Arbeit machen meine Mitarbeiter, ich koordiniere mehr und sorge für den Rahmen. Welche Ausbildung haben Sie gemacht? Ich habe an der Universität Enschede Textilmanagement studiert, später in Amsterdam noch Kulturanthropologie – sehr gegensätzliche Dinge. Seit wann sind Sie hier tätig? Ich habe mich im April 2008 beworben, weil ich keine Lust mehr hatte, für die Dividenden der Aktionäre zu arbeiten. Welche Dienstleistungen bietet Ihre Firma? Wir bieten Textilunternehmen an, ihre Produktionsstrukturen unter die Lupe zu nehmen und fairer zu gestalten. Wir machen CONTEXT – März 2015 Audits, sprechen mit Gewerkschaften und Arbeitnehmenden, um die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Welche Qualitäten sind in Ihrem Beruf gefragt? Moderationsfähigkeit, die Bereitschaft, den Konsens herzustellen und auf die Leute zuzugehen. Was schätzen Sie an Ihrem Beruf? Ich schätze es sehr, dass wir für nachhaltige Strukturen in der Textilindustrie eintreten, dass wir nach Wegen suchen die Welt besser zu machen. Woran stören Sie sich? Wir könnten schneller vorankommen. Wie sind Sie auf Ihre Stelle aufmerksam geworden? Ich habe Ende 2007 eine Auszeit genommen, um über meine berufliche Zukunft nachzudenken. Damals hat mich ein Freund auf die Fair Wear Foundation aufmerksam gemacht und gesagt, dass die Stelle etwas für mich sein könnte. Arbeiten Sie hauptsächlich im Team oder allein? Wir arbeiten im Team, nach aussen trete ich oft allein auf. Wie viele Stunden pro Woche arbeiten Sie? Das ist unterschiedlich, im Schnitt sicherlich fünfzig Stunden, wobei es aber auch Wochen gibt, wo es dann mal dreissig sind. Wie oft machen Sie Ferien? In der Regel zweimal im Jahr. Wie viel verdienen Sie pro Jahr? Ich verdiene deutlich weniger als früher, als ich noch im Marketing- und Verkaufsbereich tätig war. Aber ich bin sehr zufrieden, da ich das Gefühl habe, dass meine Arbeit einen Sinn hat. Können Sie Geld auf die Seite legen? Ja, das kann ich. Wie viele Personen müssen von Ihrem Einkommen leben? Eigentlich nur ich, denn mein Mann ist selbst berufstätig und auch viel unterwegs. Sind Sie gegen Krankheit versichert? Ja, natürlich Haben Sie eine Altersvorsorge? Ebenfalls ja. Was möchten Sie beruflich noch erreichen? Ich möchte die Fair Wear Foundation weiter wachsen und unser Modell an Einfluss gewinnen sehen. Haben Sie Kinder? Was soll aus diesen einmal werden? Ich habe keine eigenen Kinder, kümmere mich aber mit um die Kinder meines Mannes aus erster Ehe. 7 «Inmiddels zet ik me 7 jaar met hart en ziel in voor Fair Wear Foundation.» Űbersetzung aus dem Holländischen: Während der sieben Jahre bei der Fair Wear Foundation habe ich mit viel Herzblut gearbeitet. STECKBRIEF ERICA VAN DOORN Zivilstand: verheiratet Alter: 45 Wohnform: Mietwohnung Wohnort: Amsterdam CONTEXT – März 2015 8 ABGÄNGER/INNEN-UMFRAGE ENTSCHEIDENDER ÜBERGANG Der Einstieg ins Berufsleben funktioniert gut, und die Löhne liegen mehrheitlich über den Empfehlungen des Kaufmännischen Verbandes. Dies sind Ergebnisse der aktuellen Befragung von Abgänger/innen der kaufmännischen Grundbildung. Nina Meili, Michael Kraft, Therese Jäggi D ie kaufmännische Lehre ist die beliebteste Berufsausbil dung in der Schweiz. Sie gilt einerseits als solide Grundlage, ander seits bietet sie ein breites Spektrum an Weiterbildungs-, Spezialisierungs- und Aufstiegsmöglichkeiten. Von zentraler Bedeutung ist dabei der Berufseinstieg, also der Übertritt von der Grundbildung ins Berufsleben. Für viele Absolvieren de der beruflichen Grundbildung stellt dieser Übergang eine nicht zu unter schätzende Herausforderung dar. Dar auf will der Kaufmännische Verband einen Fokus richten. Seine Umfrage un ter den Abgängerinnen und Abgängern der kaufmännischen Grundbildung setzt sich seit 2006 zum Ziel, eine Mo mentaufnahme der beruflichen Reali tät vorzunehmen. Die Umfrage stellte auch 2014 diesen Übergang ins Zentrum. Befragt wurden fast 3000 Abgänger/innen der berufli chen Grundbildung, die im Jahr 2014 mit dem eidgenössischen Fähigkeits zeugnis (EFZ) abgeschlossen hatten. Zum ersten Mal wurden dabei neben den Abgänger/innen der betrieblich or ganisierten Grundbildung (BOG) sowie den Absolvierenden von Handels- und Wirtschaftsmittelschulen auch jene von privaten Handelsschulen miteinbezo gen. Damit soll unter anderem ein Ver gleich zwischen betrieblich und schu lisch organisierter Grundbildung (SOG) ermöglicht werden. CONTEXT – März 2015 Trix Niederau STELLENSITUATION Die Befragungen vom Juli und Novem ber zeigen, dass der Einstieg ins Berufs leben funktioniert gut, aber er gestaltet sich herausfordernd. Im Vergleich zu den Vorjahren zeichnet sich eine Ver besserung ab. Der Anteil Stellensuchen der in der BOG ist, verglichen mit 2013, von 6.0 % auf 5.0 % gesunken. Davon waren 3.1 % arbeitslos und beim Regio nalen Arbeitsvermittlungszentrum (RAV) gemeldet, 0.7 % waren erwerbslos. Weitere 1.2 % hatten entweder eine Stel le gefunden, diese aber noch nicht an getreten, oder liessen sich Zeit mit der Stellensuche. Damit liegt die Arbeits losenquote unter den BOG-Abgänger/ innen im Rahmen der allgemeinen Ju gendarbeitslosigkeitszahlen vom No vember 2014 (15 bis 24-Jährige: 3.3 %). 76.2 % der BOG-Absolvent/innen waren im November erwerbstätig. Dies ent spricht einem Anstieg gegenüber den beiden Vorjahren (2013: 72.7 %, 2012: 73.7 %). Die Absolvierenden der SOG unter scheiden sich bezüglich ihrer Arbeits marktvorlieben von denjenigen der BOG. Dies liegt unter anderem daran, dass viele Abgänger/innen sich für die Ausbildung an einer HMS/WMS ent weiter Seite 11 Stellensituation im November 2014 nach Ausbildungstyp 15.8% 22% 36.2% 5.0% 3.1% 76.2% Welche Situation trifft aktuell, im November, auf Sie zu? (N=1255) 27.1% 10.6% 21.3% Ich bin zur Zeit nicht erwerbstätig und mache etwas anderes (z.B. Weiterbildung, Sprach aufenthalt, längerer Ferien aufenthalt, Militär o. Ä.). 5.1% 45.8% 31.9% Ich bin zurzeit nicht erwerbs tätig und auf Stellensuche. Ich absolviere ein Praktikum. Ich bin zurzeit erwerbstätig. BOG (N=1149) HMS/WMS (N=47) private Handelsschule (N=59) 9 Hat gerne mit Menschen zu tun: Debora Anjos (20) «Ich habe die Lehre bei der Stadtver waltung Zürich gemacht. Während diesen drei Jahren lernte ich das Poli zei- und Finanzdepartement und in nerhalb dieser Departemente mehre re Abteilungen kennen. Dabei hatte ich Gelegenheit herauszufinden, was mir gut gefällt und was weniger. Zu letzt war ich während der Lehre in der Stiftung Wohnungen für kinderreiche Familien tätig. Das hat mir sehr ent sprochen. Dort hatte ich Kontakt mit den unterschiedlichsten Leuten. Am schönsten war für mich, wenn ich je mandem helfen konnte. Gerne wäre ich weiterhin in dieser Abteilung ge blieben. Doch es war von Anfang an klar, dass dies nicht möglich war. Schliesslich müssen die neuen Lernen den auch wieder einen Platz haben. Aber es gibt bei der Stadt noch ein ganz spezielles Angebot, wenn man keine Anschlusslösung findet: Das Be rufserfahrungsjahr. Man muss sechs Absagen vorlegen und wird dann zu einem internen Gespräch mit dem Leiter Berufserfahrungsjahr eingela den. Dann erhält man die Möglich keit, für ein weiteres Jahr zu 80 Pro zent bei der Stadt zu arbeiten. Die Stadtverwaltung bietet rund 30 solche temporäre Arbeitsplätze in allen Aus bildungsberufen an. Ich hatte mich vorgängig mehrmals extern bewor ben, aber immer Absagen erhalten. Die Begründung lautete immer gleich: Mangelnde Berufserfahrung. Diese Begründung verstehe ich eigentlich nicht. Man kann doch während der Lehre eine ganze Menge praktische Erfahrungen sammeln. Jedenfalls hat es dann intern ge klappt mit einer Stelle, und zwar im Backoffice des Dynamo, einem städti schen Jugendkulturhaus. Man erhält während diesem Berufserfahrungs jahr Einblick in weitere Tätigkeitsge biete, aber oberste Priorität hat natür lich die Jobsuche. Ziel ist, dass man während dieser Zeit eine Stelle findet. Man kann auch praktisch jederzeit ge hen. Die Kündigungsfrist beträgt nur einen Monat. Durch einen glücklichen Zufall habe ich an einem Knigge-Kurs des Kaufmännischen Verbandes Zürich eine ehemalige Kollegin aus der Se kundarschule getroffen. Diese erzähl te mir, dass in ihrer Firma jemand ge sucht werde. Es handelt sich um eine Personalvermittlung im IT-Bereich. Ich konnte mich dort vorstellen und erhielt eine Zusage. So kündigte ich auf Ende Dezember 2014 bei der Stadt. Ich bin glücklich über meinen neuen Job. Auch hier habe ich wieder häufig mit Menschen zu tun.» CONTEXT – März 2015 10 ABGÄNGER/INNEN-UMFRAGE Interessiert sich für Wirtschaftsrecht: Olga Fischer (19) «Im letzten Sommer habe ich meine kaufmännische Lehre mit Berufsma tura bei einer Bank abgeschlossen. Be reits etwa ein Jahr zuvor war für mich klar, was danach folgen sollte: ein Stu dium in Wirtschaftsrecht an der ZHAW Zürcher Hochschule für Ange wandte Wissenschaften. Dieses Studi um ist berufsbegleitend und es wird empfohlen, daneben höchstens zu 60 Prozent berufstätig zu sein. Ich hatte natürlich gehofft, dass ich weiterhin in meinem Lehrbetrieb bleiben kann. Ich suchte schon früh das Gespräch mit dem Lehrlingsverantwortlichen und bat ihn, mich auf allfällige passen de Stellen aufmerksam zu machen. Ein paar wenige Male konnte ich mich intern bewerben, doch leider erfolglos. Es gibt nur sehr wenige 60-ProzentStellen. Diese Bedingung erwies sich bei der Weiterbeschäftigung als Hin CONTEXT – März 2015 dernis. Die meisten meiner Mit-Ler nenden – auch solche mit schlechte ren Abschlussnoten als ich – konnten im Ausbildungsbetrieb bleiben. Auch Bewerbungen an andere Un ternehmen waren ergebnislos. So blieb mir nichts anderes übrig, als mich auf dem RAV anzumelden. Ich wurde ei ner sehr netten Beraterin zugeteilt. Sie unterstützte mich bei der Stellensuche und gab mir auch immer mal wieder gute Tipps. So machte sie mich bei spielsweise auf ein Internetjobportal aufmerksam, wo man kostenlos Infos zu offenen Stellen bekommt. Am An fang war ich gar nicht mal unglücklich über diese neue Situation. Ich hatte plötzlich viel freie Zeit. Und natürlich verschickte ich Bewerbungen. Als dann aber die ersten Absagen eintra fen, hat mir das doch etwas aufs Ge müt geschlagen. Zum Glück dauerte diese Phase nur drei Monate. Eine Stelle gefunden habe ich schliesslich dank privater Kontakte. Seither bin ich im E-Ban king-Support einer Bank tätig. Das ist nicht gerade ein Traumjob, trotzdem bin ich sehr froh darum. Vielleicht kann ich ja später einmal intern wech seln. Mit dem Studium läuft es eben falls gut. Ich bin bereits im zweiten Semester. Die etwas ungewisse Situati on nach Lehrende hat mich nicht da von abgehalten, mit dem Studium zu beginnen. Insgesamt dauert es acht Semester bis zum Bachelor. Anschliessend geht es dann hoffentlich weiter mit dem Rechtsstudium an der Uni versität Luzern. Ich habe im Sinn, dort anschliessend ein Masterstudium in Angriff zu nehmen.» 11 schieden hatten, weil sie gleich an schliessend eine Weiterbildung absol vieren wollten. Demgegenüber bewegt sich die Verteilung bei den Absolvent/ innen der privaten Handelsschulen zwischen jener der beiden anderen Ausbildungstypen. Grundsätzlich zeichnet sich hier, wie bei den Lehrab gänger/innen, vor allem eine Ausrich tung auf Festanstellungen ab. ENTLÖHNUNG Bezüglich der Entlöhnung der fest an gestellten Abgänger/innen ist die Ent wicklung positiv: In fast 90 % der Fälle wurde die Mindestlohnempfehlung des Kaufmännischen Verbandes von 52 000 Franken eingehalten. Allerdings ver dienten wie bereits 2013 4.0 % der Be fragten weniger als 3500 Franken pro Monat, während 28 % 4500 Franken oder mehr erhielten. Viele Praktikumslöhne sind hingegen sehr tief angesetzt. Beinahe die Hälfte der Befragten (45.2 %, 19 Personen) gab an, weniger als 1850 Franken zu verdie nen. Dies würde den Mindestlohnemp fehlungen des Kaufmännischen Verban des für die ersten drei Arbeitsmonate nach Abschluss der beruflichen Grund bildung entsprechen. SPRACHLICHE MOBILITÄT Erstmals wurden 2014 auch Fragen zur sprachlichen Mobilität in der kaufmän nischen Grundbildung in die Umfrage FORDERUNGEN Der Kaufmännische Verband sieht folgende Handlungsfelder: Ausbau des Angebots an Berufseinsteigerstellen: Einsteigerstellen mit ange messenen Anforderungen sichern den Berufsnachwuchs langfristig. Fairer Lohn: Ziel muss die durchge hende Einhaltung der Mindestlohn empfehlung sein. Förderung der sprachlichen Mobilität: Das Informationsangebot muss aus gebaut und verbessert werden. Län gerfristig soll die sprachliche Mobili tät in die Ausbildung integriert werden. Unterstützung von Weiterbildungen: Faire Praktikumsbedingungen: Für Absolvierende ist ein Praktikum nur in Ausnahmefällen gerechtfertigt. Zentral für ein Praktikum sind der aufgenommen. Dazu wurde in Koope ration mit der «ch Stiftung für eidge nössische Zusammenarbeit» ein aus führlicher Bericht* verfasst. Die Befragung bestätigt die Annahme, dass eine Mobilitätskultur in der beruf lichen Grundbildung praktisch nicht existiert. Zwar konnte beinahe die Hälf te der Absolvierenden Austauscherfah rungen in einer anderen Sprachregion der Schweiz oder im Ausland sammeln, doch fanden diese Erlebnisse grössten teils im Rahmen des Besuchs einer Sprachschule statt. Praktische Erfah rung in einem Betrieb konnten hinge gen nur 2.9 % (81 Personen) der Befrag ten sammeln. Information zu Austauschangeboten Wurden Sie über Angebote zu Praxiserfahrungen im Ausland oder in anderen Sprachgebieten der Schweiz während Ihrer kaufmännischen Grundbildung informiert (z.B. Praktikum, Teil der Ausbildung an einem anderen Standort des Unternehmens) ? (N=2641) Ja, durch Lehrpersonen. Ausbildungscharakter, fixe Betreu ungsanteile und eine gerechte Ent löhnung. 71.5% 10.5% 9.7% 5.6% 2.7% Junge Kaufleute müssen in ihren Wei terbildungsvorhaben unterstützt wer den (z.B. finanziell, zeitlich oder durch interessante Teilzeitanstellungen). Zwar besteht ein grundsätzliches Inter esse an Mobilität, doch bei der Organi sation eines entsprechenden Aufent haltes gibt es einige Probleme. Meistens wurde von den Lernenden darauf ver wiesen, dass längere Praxiserfahrungen mit Lehrbetrieb und Schulbesuch schwierig zu vereinbaren sind. Gleich zeitig mangelt es an Information der Absolvierenden (siehe Abbildung 2). Rund 70 % der Befragten gaben an, wäh rend der kaufmännischen Grundbil dung nie über Mobilitätsprogramme orientiert worden zu sein. ZUFRIEDENHEIT Die Beurteilung der kaufmännischen Grundbildung fällt durchwegs positiv aus. 85.5% gaben an, bezüglich der Er füllung ihrer Erwartungen an die Aus bildung ziemlich oder völlig zufrieden zu sein. Dieser Wert ist praktisch gleich hoch wie in den beiden vorangehenden Jahren. Auch bezüglich der Ergebnisse in weite ren Themenbereiche zeigt der Vergleich über die Jahre hinweg ein relativ stabi les Bild der kaufmännischen Grundbil dung und der Stellensituation der Be rufseinsteiger/innen. *Bericht zur sprachlichen Mobilität: kfmv.ch/mobilitaet Ja, durch meine/n Berufsbildner/in. Ja, durch Kolleginnen und Kollegen. Ja, durch die Berufsberatung/BIZ, Verbände oder andere Organisationen. Nein. Nina Meili, Michael Kraft: Abgänger/innen der kaufmännischen Grundbildung 2014. Rückblick, Stellensituation, Perspektiven. Kaufmännischer Verband 2015. Vollständige Studie: kfmv.ch/au CONTEXT – März 2015 12 MAZUBI Mazubi ist ein von Lernenden geführtes Unternehmen innerhalb der Micarna. Für dieses innovative Projekt erhielt der CEO Albert Baumann kürzlich den SwissAward in der Kategorie Wirtschaft. Ausgezeichnete Berufsbildung Therese Jäggi Peter Ruggle I m Dezember erhielt Albert Baumann Post vom Schweizer Radio und Fernsehen. Der Unternehmensleiter der Micarna-Gruppe erfuhr, dass er für den SwissAward nominiert war. Dieser Preis zeichnet Persönlichkeiten aus, die nach Ansicht der Jury und Fernsehzuschauer durch spezielle Leistungen, grosse Erfolge oder ihr besonderes Engagement auffallen. «Die Überraschung war gross, als ich von der Nomination erfuhr, und erst recht, als ich im Januar den Preis tatsächlich entgegennehmen konnte», erzählt Albert Baumann. Ausgezeichnet wurde er in der Kategorie Wirtschaft für das Lehrlingsprojekt Mazubi. Bereits im Oktober erhielt er den Preis der Hans-Huber-Stiftung für ausserordentliche Leistungen in der Berufsförderung. Wir befinden uns im Sitzungszimmer der Micarna am Dorfrand von Bazenheid im Toggenburg. CONTEXT – März 2015 Anwesend ist auch Noemi Andres, die Geschäftsführerin von Mazubi. Zuvor sind wir zusammen mit dem Fotografen durch lange, künstlich erleuchtete Gänge geführt worden, bis vor die Lernwerkstatt. Hier sind angehende Fleischfachleute am Werk. Sie zerlegen die im Hintergrund an einer Stange aufgereihten Schweinehälften. In der Luft liegt dieser ebenso spezielle wie undefinierbare Geruch von rohem Fleisch. VERNETZTES DENKEN Zurück zu Mazubi. «Wir haben schon vor zehn Jahren festgestellt, dass die Rekrutierung von Fachleuten schwierig ist», erinnert sich Albert Baumann. Darauf wollte er reagieren. Er hat sich damals zum Ziel gesetzt, bis 2015 mindestens 100 Lernende im Unternehmen zu beschäftigen. Heute sind 111 Lernende in 16 Lehrberufen tätig, rund viermal so viele wie damals. 13 «Wir wollen die Lernenden möglichst früh zum Mitdenken über ihren jeweiligen Tätigkeitsbereich hinaus anregen.» Noemi Andres ist kaufmännische Lernende im dritten Ausbildungsjahr. Auf das Mazubi-Projekt wurde sie aufmerksam, noch bevor sie den Lehrvertrag unterschrieb, und zwar an einem Stand der Micarna an der Berufsbildungsmesse in Wil. «Das interessierte mich, ich fand das sehr speziell.» Mazubi ist ein Unternehmen innerhalb der Micarna, das ausschliesslich von Lernenden geführt wird. Diese kümmern sich vom Einkauf über die Produktion und Logistik bis zum Marketing und Verkauf um alle Geschäftsbereiche und stellen reale Produkte her. «Mit Mazubi wollen wir die Lernenden möglichst früh mit dem Unternehmertum vertraut machen und sie zum Mitdenken über ihren jeweiligen Tätigkeitsbereich hinaus anregen», sagt Albert Baumann. Er hält es für wichtig, dass die Lernenden in grösseren Zusammenhängen denken und die ganze Wertschöpfungskette überblicken. Organisiert ist Mazubi wie eine Aktiengesellschaft mit einer Geschäftsführung, einem Verwaltungsrat und der Generalversammlung. «Wir produzieren verschiedene Fleischprodukte und verkaufen diese, einfach in kleineren Mengen als Micarna», erzählt Noemi Andres. Der neueste Kunde ist Alnatura, die in verschiedenen Städten von der Migros betriebene Bio-Ladenkette. REGELMÄSSIGER AUSTAUSCH Die siebenköpfige Mazubi-Geschäftsleitung trifft sich einmal pro Woche zu einer Sitzung. Noemi Andres bereitet diese Sitzungen jeweils vor und leitet sie. Die Mitglieder orientieren sich gegenseitig, was in ihrem Geschäftsbereich gerade läuft. Noemi Andres ist seit einem Jahr Geschäftsführerin. An der bevorstehenden Generalversammlung wird sie das Amt einem Nachfolger oder einer Nachfolgerin übergeben. Für Mazubi arbeitet sie zwei bis drei Stunden pro Woche. «Wir können uns dafür so viel Zeit nehmen, wie wir gerade brauchen», erklärt sie. Laut Albert Baumann wird dieser Anteil auch in Zukunft etwa gleich bleiben. Die Mitarbeit in diesem Projekt solle ja kein zusätzlicher Stress sein, sondern eine Bereicherung. Im Sommer macht Noemi Andres die Lehrabschlussprüfung. Anschliessend will sie die Be- rufsmatura in Angriff nehmen. Und mit einem Seitenblick auf den Chef äussert sie den Wunsch, weiterhin noch einen Tag bei Micarna arbeiten zu können. Dieser scheint dem Vorhaben gegenüber wohlwollend gesinnt zu sein. UNTERSTÜTZUNG FÜR MITARBEITER «Wir legen im Unternehmen grossen Wert auf Laufbahnplanung», sagt Albert Baumann. In der HR-Abteilung ist eine Person nur für Aus- und Weiterbildungen der Mitarbeitenden zuständig. Natürlich beschäftige man die Lernenden nach Lehrabschluss gerne weiterhin im Unternehmen, man unterstütze sie aber auch darin, extern neue Berufserfahrungen zu machen und zu einem späteren Zeitpunkt wieder zu Micarna zurückzukehren. Albert Baumann hat selber einen Teil seiner Ausbildung im Ausland gemacht und ist international gut vernetzt. Nächstens gehen zwei ehemalige Lernende nach Kulmbach in Süddeutschland, um sich dort zum Techniker der Fleischwirtschaft auszubilden. Albert Baumann erwähnt auch das Beispiel einer ehemaligen Lernenden, welche heute in der Funktion einer Prozessleiterin für das Importgeschäft verantwortlich ist. Austausch gibt es auch mit dem Hauptsitz in Courtepin im Kanton Fribourg. Ein Aufenthalt im jeweils anderen Landesteil ist schon während der Lehre möglich. Laut Albert Baumann bietet Micarna sehr gute Entwicklungsmöglichkeiten, und zwar für Mitarbeitende in den verschiedensten Funktionen. Offene Stellen im Unternehmen gibt es momentan hauptsächlich in der Produktion. TEAMFÄHIGER CHEF Albert Baumann hat seine Lehre zu einer Zeit gemacht, als noch nicht von Fleischfachleuten, sondern von Metzgern die Rede war: eine Metzgerlehre also im thurgauischen Sulgen. Danach absolvierte er die Handelsschule in St. Gallen, machte im Militär weiter und bildete sich in Kulmbach zum Techniker der Fleischwirtschaft aus. 1984 begann er bei Micarna in der Produkteentwicklung. Er war von Anfang an beteiligt bei TerraSuisse. Unter diesem Label verkauft die Migros Produkte aus naturnaher und tierfreundlicher Schweizer Landwirtschaft. Seit zehn Jahren ist er Unternehmensleiter. «Ich bin hoffentlich CONTEXT – März 2015 14 MAZUBI ein teamfähiger Chef», sagt Albert Baumann auf die Frage, was er für ein Vorgesetzter sei. «Ich will den Mitarbeitenden innerhalb der gemeinsam festgelegten Leitplanken möglichst viel Freiraum geben, damit sie sich je nach ihren Talenten optimal entwickeln können.» Es ist kurz vor neun Uhr. Albert Baumann geht in die nächste Sitzung. Er trifft sich mit Vertretern der Tochterfirma Mérat, deren Verwaltungsratspräsident er ist. Mérat ist hauptsächlich in der Gastronomie tätig. Das Unternehmen bekommt – vor allem in den Tourismusregionen – die Aufhebung der Euro-Untergrenze zu spüren. «Das wird sicher eines unserer Themen sein», sagt Albert Baumann. Bereitet ihm dieses Traktandum Sorgen? «Nein, überhaupt nicht», antwortet er. Klar, diese Herausforderung werde man angehen, ansonsten aber wirke sich der starke Franken nicht gross aus, weil der Export bei Micarna nur einen geringfügigen Umsatzanteil ausmache. Auch Noemi Andres beschäftigt sich momentan hauptsächlich mit Zahlen. Sie geht zurück an ihren Arbeitsplatz in der Finanzabteilung, wo sie bis zur Lehrabschlussprüfung noch den letzten Teil ihrer Ausbildung absolvieren wird. MICARNA Die Micarna-Gruppe wurde 1958 in Courtepin gegründet. Sie ist einer der führenden Fleischverarbeiter der Schweiz. In ihrem Angebot sind Fleisch-, Geflügel- und Fischprodukte. Das Unternehmen beschäftigt insgesamt rund 2900 Mitarbeitende an verschiedenen Standorten. In Bazenheid (SG) sind rund 700 Personen tätig. Die Micarna-Gruppe erwirtschaftete 2014 einen Umsatz von 1480 Millionen Franken. Angehende Fleischfachleute: Lernwerkstatt in Bazenheid. Laufend Infoanlässe! ANZEIGE Ab 2016 in der neuen Sihlpost direkt beim HB Zürich. Meine Bildungswelt .ch © CONTEXT – März 2015 FRAG DEN CHEF Wege nach oben In dem soeben erschienen Buch «Wie geht Karriere?» berichten erfolgreiche Frauen über ihre Laufbahn. «Letztlich braucht es vor allem eins, und das ist Leistung. Man muss viel, gern und gut arbeiten. Und man ist auf ein schier unerschöpfliches Energiereservoir angewiesen, über das ich glücklicherweise immer verfügt habe.» Das sagt Beatrice Tschanz, die ehemalige Kommunikationsverantwortliche der Swissair, auf die Frage, was es braucht, um an die Spitze eines Unternehmens zu kommen und sich dort zu behaupten. Die im Buch «Wie geht Karriere?» porträtierten Frauen verbindet eines: Sie haben erfolgreich Karriere gemacht. Dabei stellen sie alte Denkmuster infrage und entwickeln neue Werte. Sie kennen ihre eigenen Bedürfnisse und lassen sich nicht von überkommenen Mythen zu falschen Entscheiden verleiten. Sie fördern den weiblichen Nachwuchs und ermöglichen ihren Nachfolgerinnen den Aufstieg. So beispielsweise Brida von Castelberg: Sie war Anfang der 90er-Jahre die erste Chefärztin in der Frauenklinik am Zürcher Triemlispital. Als sie sich zwanzig Jahre später frühpensionieren liess, lag die Klinik fast vollständig in Frauenhand. Die St.Galler Unternehmensberaterin Gudrun Sander kritisiert, dass Frauen hierzulande selten eine Chance nur aufgrund ihres Potenzials bekommen. Sie müssten immer wieder erst beweisen, dass sie etwas können. Die 64-jährige Carol Franklin hat in der Swiss Re Karriere gemacht. Drei Jahre lang war sie weltweite Chefin Luftfahrt. Sie hat aber auch gelernt, mit Niederlagen umzugehen. Als Chefin Schweiz wurde sie später beim WWF ohne Angabe von Gründen entlassen. Dieses Buch präsentiert eine breite Vielfalt von Frauen aller Altersgruppen und unterschiedlicher Berufe. Ihre individuellen und gar nicht immer geradlinigen Laufbahnen sind eindrücklich. Die Lektüre ist bereichernd. tj Barbara Lukesch: Wie geht Karriere? Strategien schlauer Frauen. Wörterseh-Verlag 2015, 39.90 Franken. Sexuelle Belästigung – Drei Auswege Sie wollen Offerten einholen. Und erhalten ein unmoralisches Angebot. Sie werden zum Business-Lunch eingeladen. Doch der entpuppt sich als Tête-à-tête. Sie tauschen Visitenkarten am Networking-Event. Und werden danach mit SMS und Nacktselfies bombardiert. Wie geht man damit um? Was tun, wenn man auf die Personen geschäftlich angewiesen ist, weil sie gute Kunden oder langjährige Lieferanten sind? Wer im Geschäft erfolgreich sein will, verkauft in erster Linie nicht Produkte oder Dienstleistungen, er verkauft sich selbst. Es geht um Sympathie. Es geht um Beziehungen. Du musst jedes Verkaufsgespräch als Flirt sehen, hat mir eine Verkaufstrainerin einmal geraten. Viele Männer gehen bei diesem Spiel ganz in ihrer Rolle als Eroberer auf. Die grosse Herausforderung besteht darin, die Casanovas auf Distanz zu halten, ohne dass sie das geschäftliche Interesse verlieren. Das passiert auch Männern. Nicht wenige Frauen verdrehen ihren Key Accounts oder Vorgesetzten aus Kalkül den Kopf. Privates und Geschäftliches trennen, funktioniert leider nicht immer. Vor allem nicht bei Selbstständigen. Sie sind das Geschäft. So beugen Sie vor: # Erstens Handynummer präventiv von Visitenkarte und E-MailSignatur streichen. Falls Sie unterwegs erreichbar sein müssen, Geschäftstelefon aufs Handy umleiten. # Zweitens: Eindeutig zweideutige Anfragen konsequent ignorieren. Auf allen Kanälen. Falls Sie geschäftlich auf den Kontakt angewiesen sind: einfach weiter machen, wie wenn nichts gewesen wäre. Wenn es ernst wird und nicht aufhört, wenden Sie sich an eine Beratungsstelle: www.sexuelle-belästigung.ch # Drittens: Bei Geschäftsbeziehungen so lange wie möglich per Sie bleiben. Und Sie müssen das Ganze sportlich sehen. Männer sind Jäger. Sie werfen gerne Speere. Und die meisten können auch gut damit umgehen, wenn mal einer nicht trifft. Verlieren Sie Ihr Lächeln nicht. Flirten gehört zum Geschäft. Aber was erzähle ich Ihnen da, ich habe an einer Messe meine Frau kennengelernt. RINALDO DIEZIGER ist Chef vom Ganzen der Übersetzungs- und Textagentur Supertext in Zürich. CONTEXT – März 2015 15 16 START-UP «Ich wollte meine eigenen Vorstellungen umsetzen» Seit eineinhalb Jahren ist Chloé Veit ihre eigene Chefin: Die Baslerin wagte den Sprung in die Selbstständigkeit und gründete als Immobilienbewerterin ein Start-upUnternehmen. C hloé Veit ist alles andere als eine Träumerin und hat sich dennoch einen Traum erfüllt: Seit eineinhalb Jahren ist sie Inhaberin ihres Start-up-Unternehmens veit immobilien und berät, bewertet und verkauft Liegenschaften. Von der Hotellerie und Gastronomie fasziniert, absolvierte die Baslerin nach ihrem Studium in Rechtswissenschaften einen MBALehrgang in Hospitality Administration an der Hotelfachschule in Lausanne. Anschliessend führte sie als Angestellte bei verschiedenen Unternehmen Mach CONTEXT – März 2015 Julia Konstantinidis barkeitsstudien für Hotels durch, evaluierte neue Standorte oder wickelte für Kunden den Kauf und Verkauf von Häusern ab. «So kam ich zur allgemeinen Immobilienberatung. In diesem Bereich war ich gut zwei Jahre im Consulting tätig. Während dieser Zeit erwarb ich auch den eidgenössischen Fachausweis als Immobilienbewerterin», erzählt Veit. ÜBERSCHAUBARER AUFWAND Nach über zehn Jahren im Angestelltenverhältnis verspürte Chloé Veit 2013 Pino Covino I N FO Hier finden Jungunternehmer Unterstützung: Startup Academy Basel startup-academy.ch STARTUPS.CH, Consultingunternehmen startups.ch Institut für Jungunternehmer ifj.ch SwissUpStart, Förderprogramm der Fachhochschule Nordwestschweiz upstart.swiss-challenge.org 17 GESCHÄFTSGRÜNDUNG – GEWUSST WIE den Wunsch, im Beruf ihre eigenen Vorstellungen umzusetzen. Für ihre Geschäftsidee brauchte sie nicht viel: «Ich benötigte eine Firmenwebseite, ein Programm für die Immobilienbewertungen und einen Arbeitsplatz, zur Not hätte ich auch zu Hause arbeiten können.» Veit schätzte den finanziellen Aufwand als überschaubar ein: «Ich ging die Sache deshalb ziemlich spontan an. Einen Businessplan habe ich nicht erstellt», so die Jungunternehmerin. Obwohl sie sich darauf freute, als Alleinunternehmerin tätig zu sein, wollte sie nicht alleine in einem Büro arbeiten. Deshalb «Ich werde einen Businessplan erstellen und mögliche Szenarien ausprobieren.» schaute sich die Baslerin nach einer bezahlbaren Möglichkeit um, sich das Büro mit jemandem zu teilen. «Ich las von den Coworking Spaces bei der Basler Startup Academy und mietete dort einen Platz», erzählt Veit. Nebst Arbeitsflächen bietet die Startup Academy Jungunternehmern ein Programm an, bei dem sie in der Anfangsphase unterstützt werden. Weil Chloé Veit Wert auf Professionalität und Solidität legt, entschloss sie sich für die Teilnahme am 18 bis 24 Monate dauernden Prozess. Er umfasst acht Schritte, etwa die Unterstützung beim operativen Start, die Erarbeitung eines Businessmodells oder den Status-Check des Unternehmens. GLÄNZENDES DEBÜT «Ich hatte anfangs keine grossen Erwartungen», erinnert sich Veit. Doch entgegen ihrer Befürchtungen startete die Jungunternehmerin im Oktober 2013 fulminant mit ihrer Firma: «Ich konnte viele Mandate im Auftrag meines früheren Arbeitgebers übernehmen, so war ich sehr gut ausgelastet.» Dies führte anfänglich jedoch zu Schwierigkeiten mit der Ausgleichskasse, die Zweifel an ihrer Selbstständigkeit hegte. Zudem musste sich die Jungunternehmerin für eine Geschäftsform entscheiden: «Ich bin als Einzelfirma registriert. Um eine GmbH zu gründen, wären andere, vor allem finanzielle Anforderungen nötig gewesen, die ich mir jedoch nicht leisten konnte.» Veit hat sich in den letzten zwei Jahren viel mit administrativen Fragen beschäftigen müssen. Aufgaben, auf die sie gerne verzichten würde. «Man lernt sich selber und seine Arbeitsweise besser kennen.» So merkte die 39-Jährige, dass ihr vor allem der fachliche Austausch wichtig ist – was ihr derzeit fehlt. Für die Zukunft könne sie sich deshalb vorstellen, einzelne Aufträge in Zusammenarbeit mit Berufskollegen zu bearbeiten oder sich sogar einen Geschäftspartner zu suchen, so die Fachfrau. SELBSTVERTRAUEN HILFT Umso wichtiger ist ihr der Austausch mit der Startup Academy. «Ohne diese Unterstützung wäre ich vielleicht nicht so weit gekommen.» Denn nach dem grossartigen Start ihres Unternehmens ging das Auftragsvolumen Ende 2014 merklich zurück: «Es war das erste Mal, dass ich in diese Lage kam und ich empfand die damit verbundene wirtschaftliche Unsicherheit als unangenehm.» In dieser Situation habe sich gezeigt, dass eine hohe Frustrationstoleranz und ein gutes Selbstvertrauen nötig sind, um ein Start-up zu führen. Veit hat noch nicht alle Schritte des Programms an der Startup Academy durchlaufen – nun ist der geeignete Zeitpunkt dafür: «Ich möchte einen Businessplan erstellen sowie einige mögliche Szenarien ausprobieren und evaluieren. Etwa, dass ich gezielt Expats als mögliche Kunden anspreche.» Chloé Veit konnte von Beginn an auf die Unterstützung der Startup Academy zählen, aber auch von ihrem privaten Umfeld. «Unter diesen Voraussetzungen würde ich den Schritt zur Firmeninhaberin jederzeit wieder machen.» Damit ein Start-up rasch floriert, gilt es, nicht nur finanzielle Aspekte abzuklären. Worauf es bei einer Firmengründung sonst noch ankommt, weiss Markus Fischer, Geschäftsführer der Basler Startup Academy, die Jungunternehmer begleitet. DER BUSINESSPLAN «Ein Geschäftsmodell inklusive der Definition von Meilensteinen zu erarbeiten, ist hilfreich. Um dieses abzusichern, spricht man am besten mit Aussenstehenden darüber. Im Gegensatz zu Freunden und Verwandten sind sie in ihrer Einschätzung ehrlicher und objektiver.» DIE GESCHÄFTSIDEE «Man darf nicht von sich auf andere schliessen: Die eigene Geschäftsidee ist eventuell auf dem Markt gar nicht gefragt.» DIE SELBSTEINSCHÄTZUNG «Ein Jungunternehmer sollte wissen, was er kann und wo er Unterstützung benötigt. Dies gilt besonders für die Produkteherstellung oder das Erbringen von Dienstleistungen. Auch bezüglich des finanziellen Managements sowie des Networkings und Marketings kann eine Auslagerung angezeigt sein.» DIE RESSOURCEN «Zentral ist die Frage, wieviel Zeit und Geld man hat, um die Geschäftsidee auf den Markt zu bringen. Auch hier helfen Meilensteine weiter. » ANZEIGE SOMMER KURS-START AB 20. APRIL Wissen gibt Sicherheit. Sprachen öffnen Türen. Gewusst-Wie schafft Zeit. Lernen. Fürs Leben gern! Programm, Anmeldung: Volkshochschule Zürich www.vhszh.ch [email protected] T 044 205 84 84 CONTEXT – März 2015 18 BANKENUMFRAGE DIE ARBEITSZEIT IM BLICK Was halten Mitarbeitende von Arbeitszeiten? Können sie Über stunden kompensieren? Der Kauf männische Verband hat 1400 Mitglieder aus der Bankenbranche befragt. Der Verband wollte mit der Umfrage herausfinden, wie sich die veränderten Rahmenbedingun gen der Branche auf die Arbeits zeit, die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben sowie die Anstel lungsbedingungen auswirken. Der hohe Rücklauf von 488 Ant worten erlaubt es dem Verband, auch in Zukunft die Anliegen der Angestellten der Bankenbranche wirkungsvoll zu vertreten. Die Mitarbeitenden stehen unter einem hohen Leistungsdruck und bewältigen ein grosses Arbeits volumen. Dies führt oft zu Über stunden über alle Funktionen und Ränge. Eine grosse Mehrheit der Angestellten kann die Überstun den festhalten und wünscht sich auch in Zukunft die Erfassung, Kontrolle und Kompensationsmög lichkeiten der Überstunden. Die meisten Angestellten können Beruf und Privatleben gut verein baren. Dennoch erschweren der hohe Arbeitsanfall und der Ergeb nisdruck bei einem Teil der Ange stellten eine gute Work-Life-Balan ce. Viele Mitarbeitende wünschen sich flexiblere Arbeitszeitmodelle, insbesondere Home Office, und mehr Teilzeitmöglichkeiten. Dennoch: Mit den Anstellungsund Arbeitsbedingungen ist die Mehrheit in der Bankenbranche zufrieden. CONTEXT – März 2015 Was denken Sie zur Pflicht, die Arbeitszeit zu erfassen? unnötig /nötig MITARBEITER UNTERES KADER OBERES KADER MITTLERES KADER OBERSSTES KADER Können Sie geleistete Überstunden kompensieren? MITARBEITER UNTERES KADER MITTLERES KADER OBERES KADER selten nie meistens immer 19 Nein ! Ja ! Können Sie ihre Arbeitszeit erfassen ? nach Funktion 30% 82% 66% 61% MITARBEITER UNTERES KADER MITTLERES KADER OBERES KADER nach Lohn 90% 50’001 bis 60’000 76% 72% 60’001 bis 80’000 85% der Mitglieder geben an, 80’100 bis 100’000 regelmässig Überstunden zu absolvieren. Davon können rund 59% diese kompensieren, für 41% trifft dies nicht zu. 68% 100’001 bis 120’000 56% 120’001 bis 150’000 Den gesamten Bericht finden Sie unter: kfmv.ch/banken2014 CONTEXT – März 2015 20 MEDITATION AUGEN SCHLIESSEN UND DURCH Entspannung im Arbeitsalltag ist wichtig. Die Meditation im Büro liegt im Trend. Ein Selbstversuch. Andrea Mašek I ch bin eine ideale Kandidatin für die Meditation im Büro. Seit Monaten bin ich im Dauerstress. Es wäre also von Vorteil für mich und meinen Arbeitgeber, auch langfristig gesehen, wenn ich entspannter an die Arbeit ginge. Zuerst lese ich mich ein ins Thema. Es ist sehr aktuell – in den USA schon länger, in Deutschland seit zwei Jahren, in der Romandie seit letztem Jahr. Es gibt unzählige Beiträge darüber im Internet, viele Anweisungen, noch mehr Tipps. Ich verbringe viele Stunden mit der Meditationslektüre. Das hat für mich eigentlich schon meditativen Charakter. Denn Lesen entspannt mich. Lesen ist mein liebstes Hobby. CONTEXT – März 2015 Ganz bei sich. Ich stelle fest, dass Meditation viel mit Yoga gemeinsam hat, vor allem die Atmung, und beide bedingen eine gewisse Vorstellungskraft. Und wie beim Yoga gibt es nicht DIE Meditation. Die Palette an Methoden ist sehr gross, die Unterschiede zwischen den einzelnen Arten sind jedoch oft geringfügig. Die Entscheidung für oder gegen eine Methode liegt deshalb eher im Detail. die Nase einatmen, durch den Mund ausatmen. Beim Schwimmen ist das gerade umgekehrt, denke ich. Stopp, nicht denken. Einfach nur atmen. Leise kann ich das aber nicht tun. Im Home Office ist das ja in Ordnung, aber im Grossraumbüro stört respektive irritiert das meine Kolleginnen und Kollegen. Ich muss folglich in ein Sitzungszimmer ausweichen. ICH BIN EIN STÖRFAKTOR Ich muss also als Zweites herausfinden, welche Art von Meditation die richtige für mich ist. Ausscheiden tue ich von Vorneherein jene Methoden, die Bewegung oder Liegen involvieren. Das ist im Büro nicht möglich. Wie lange ich so atmen soll, bleibt mir überlassen. Wie weiss ich, wann es genug ist, wann ich ausreichend entspannt bin? Eine Minute, fünf Minuten, eine Viertelstunde oder noch mehr? Anfängerinnen benötigen länger, um zur Ruhe zu kommen, lese ich. Geübtere sind schneller. Bin ich jetzt schon genug ruhig? Das macht mich unruhig. Nun wage ich den ersten Versuch: Ich setze mich bequem auf meinen Stuhl und konzentriere mich – wie vorgeschrieben – auf meinen Atem. Durch Zweiter Versuch: Ich setze mich entspannt auf meinen Stuhl, schliesse die 21 «Beim vierten Versuch zeichne ich eine Acht in einer Endlosschleife.» Augen und atme wieder ruhig und regelmässig. Sobald ich mich etwas relaxed fühle, soll ich Bilder heraufbeschwören, die mich glücklich machen. Ich laufe an meinem Lieblingsstrand entlang und blicke aufs Meer. Nur sehe ich das Meer nicht, es ist mir schwarz vor Augen. Ich fühle aber kein Glück, sondern bin eher unglücklich, dass ich nicht dort sein kann. Irgendwie funktioniert das mit dem Kurzurlaub für die Seele bei mir nicht. Dritter Versuch: Hinsetzen, Augen schliessen, atmen und ruhig das Wort Ruhe vor mich hin sagen. Das klappt besser. Meine Kollegen schauen mich aber genervt an. Also wiederhole ich das Wort in Gedanken, das darf sein. Nur hat das für mich nicht mehr dieselbe Wirkung. Schade. Beim vierten Versuch zeichne ich eine Acht in einer Endlosschleife – während vier Minuten. Ich fühle mich nicht entspannt, sondern male die Zahl in mei- nem Kopf nun endlos weiter. Während Versuch Nummer 5 muss ich mich auf einen Gegenstand in meinem Blickfeld konzentrieren. Ich wähle eine Pflanze. Zehn Sekunden hinschauen, dann weggucken, wieder zehn Sekunden anschauen … Nach fünf Minuten sehe ich die schwarzen Vierecke vor meinen Augen. Stopp. EIN COACH WÄRE VON VORTEIL Ich komme zum Schluss, dass die Übung mit Atmen, Augen schliessen und ein Wort sagen die einzig richtige ist für mich. Ich kann sie aber nicht im Büro machen, sondern muss für dieses Vorhaben in einen separaten Raum. Das heisst, ich muss jedes Mal ein freies Büro oder ein freies Sitzungszimmer suchen. Und ein weiteres Problem ist die Zeit – ich muss ja darauf achten, die Pausenzeit nicht zu überziehen. Toll fände ich, wenn es bei uns wie bei Google einen Meditationscoach gäbe, die/ der die Meditationswilligen in einem Raum zusammennimmt, sie anleitet und begleitet. Im Alleingang meditiere ich nun zweimal täglich (seit vier Wochen). Ich finde es ganz angenehm. Aber ob es mir geholfen hat, kann ich nicht beurteilen. Vielleicht in ein paar Wochen? KOMMENTIERTE FACTS › Die Meditation im Büro kommt aus den USA. Natürlich. Woher sonst. › G oogle setzte Standards mit einem internen Meditationsprogramm. Wer sonst. › Die Wirtschaft zeigt Interesse, da gesunde Arbeitskräfte eben wichtig sind. Wurde auch Zeit. › Die Forschung interessiert sich inzwischen auch dafür. Ergebnisse verheben offenbar nicht. › Buddhismus gewinnt an Bedeutung, da Meditation ein Teil davon ist. Das freut den Dalai Lama. › Ein neuer Beruf kommt auf: Entschleunigungs-Coach. Daraus lässt sich halt Geld machen. › Es gibt schon einige Meditations- Apps. War ja klar. Nur: Meditieren sollte man ohne Technik. › Meditation heilt und macht glücklich. Das ist Buddhismus pur. Hilft es? Das konnte bisher nicht bewiesen werden. › Auf die Meditation folgt nun die Achtsamkeit-Bewegung. Immer mal was Neues. ANZEIGE SERVICES CONSULTING ENGINEERING DATACENTERS Managed clOud & OutsOurcing services geprüfte Qualität: isae 3402 typ ii Eine zuverlässige IT ist heute ein Muss und bestimmt zentral über den Geschäftsnutzen jedes Unternehmens. Da die IT jedoch meistens nicht zu deren Kernkompetenzen gehört, sollten die anspruchsvollen und vielfältigen Aufgaben sinnvollerweise an einen kompetenten IT Partner übertragen werden. Zahlreiche Kunden aus den unterschiedlichsten Branchen verlassen sich darum täglich auf die langjährige Erfahrung und die ausgewiesenen Spezialisten von iSource. Einige wichtige Leistungen im Überblick: - ICT Outsourcing für KMU mit Managed Cloud Services aufbauend auf den Architekturbereichen IT-Infrastruktur (IaaS), Anwendungsplattformen (PaaS) und Business-Applikationen (SaaS) - Integration von Cloud- und Private-CloudAngeboten für den Desktopbereich (DaaS) - Transparente Abrechnung der effektiv bezogenen Leistungen - Sichere Datenhaltung in der Schweiz durch den Betrieb von drei Hochverfügbarkeits-Rechenzentren - Konzeption, Realisierung und Betrieb von hochverfügbaren und Disaster-Recoveryfähigen Lösungen - Professionelle Beratung in den Bereichen Business-Impact-Analyse (BIA), BusinessContinuity-Planung und -Management iSource AG | Sägereistr. 24 | 8152 Glattbrugg Tel. 044 809 97 00 | www.isource.ch YOur it Heartbeat CONTEXT – März 2015 22 ONLINE-LEARNING WISSEN IM NETZ Kurze Videolektionen vermitteln Wissen in kompakter Form. Das Start-up-Unternehmen Diplomero will das Online-Learning als wertvolle Unterrichtsform vorantreiben. Rolf Murbach Michele Limina D ie Idee ist naheliegend. Ein Dozent referiert vor laufender Kamera, dann stellt er seinen Kurs ins Netz und Interessierte greifen zu einem beliebigen Zeitpunkt auf die Lerninhalte zu. Und doch ist diese Art der Wissensvermittlung in der Schweiz noch wenig verbreitet. Auf Youtube findet man zwar unzählige Tutorials, deren Qualität aber teilweise zu wünschen übrig lässt. Und Hochschulen bieten die sogenannten Massive Open Online Courses an, kostenlose, CONTEXT – März 2015 ausführliche und meist in Englisch gehaltene Lehrveranstaltungen. SPANNENDE FALLBEISPIELE Max Meister fand: Da fehlt etwas in unserer Bildungslandschaft, nämlich kurze, qualitativ hochstehende OnlineLerninhalte, die spezielle Nutzer-Bedürfnisse zufriedenstellen. Max Meister ist Dozent an der HWZ Hochschule für Wirtschaft Zürich, an der er Kommunikationsmanagement und Branding unterrichtet. «Ich habe in meinen Lehrveranstaltungen immer wieder 23 Keine simplen Youtube-Tutorials: Der Aufwand für die Produktion von Lernvideos ist gross. Die Mitarbeitenden von Diplomero bauen das Aufnahmestudio auf. Letzte Vorbereitungen vor dem Dreh. Bevor die Dozentin Renata B. Vogelsang Lerninhalte ins Netz stellt, wird sie gebrieft. Der Stoff muss komprimiert und videotauglich präsentiert werden - eine anspruchsvolle Arbeit. festgestellt, dass im Unterricht die Fallbeispiele spannender zu vermitteln sind als die Theorie», erzählt der Hochschullehrer. Während eines Besuchs an Bildungsinstituten in den USA sah er dann, wie die Amerikaner auf OnlineLearning-Plattformen Theorie sehr komprimiert und doch anschaulich vermittelten. Da war für ihn klar: Ich will in der Schweiz etwas Ähnliches aufziehen. Zusammen mit zwei Kollegen gründete Max Meister 2013 die Firma Diplomero, eine Online-Learning-Plattform, die Lernenden einen individuellen Zugang zu Fachwissen bietet. Die Gründer setzten sich mit Lernprofis zusammen, bauten ein didaktisches Konzept für Online-Teaching auf, entwickelten eine passende Aufnahme-Software und richteten ein Studio ein. Nun konnten Dozentinnen und Dozenten ihre Lehrinhalte ins Netz stellen. KOMPRIMIERT UND VIDEOTAUGLICH Das ist kein einfaches Unterfangen. Ob man vor einer Klasse steht und 45 Mi- nuten Zeit hat, die Inhalte zu vermitteln, oder ob man vor laufender Kamera während fünf bis zehn Minuten seinen Stoff komprimiert und videotauglich präsentiert, das macht einen Unterschied. Max Meister führt aus: «Wir instruieren die Dozierenden, beraten sie, wie sie Lerninhalte fürs Web aufbereiten müssen, coachen sie bei der Videoproduktion und erarbeiten mit ihnen Kontrollfragen. Die einzelnen Lektionen eines Kurses sind kurz, zwischen 5 und CONTEXT – März 2015 Ecknauer+Schoch ASW «Wichtig ist, dass die Online-Kurse gut strukturiert sind und die Dozierenden in einer verständlichen Sprache referieren», sagt Max Meister. version internet ABACUS Business Software goes mobile ABACUS bringt Bewegung in Ihr Business. AbaSmart, die App für das iPad, informiert Sie schneller, macht Sie und Ihre Mitarbeiter effizienter und flexibler: > Unterwegs Leistungen, Spesen, Stunden erfassen, Rapporte ausfüllen, Adressen und Projektdaten bearbeiten und sofort mit der Software in Ihrem Unternehmen 12 Minuten. Wichtig ist, dass die Online-Kurse gut strukturiert sind und die Dozierenden in einer einfachen, verständlichen Sprache referieren. Das braucht etwas Übung. Mit unserer Unterstützung kommen sie jedoch schnell auf Touren.» Das Angebot von Diplomero ist breit gefächert. Man findet zum Beispiel Kurse in Altersvorsorge, Entrepreneurship for Start-ups, Projektmanagement, Anlagefonds, Effizienter arbeiten, Grundlagen der digitalen Fotografie, Statistische Fragebogenauswertung, Google Adwords, Suchmaschinenoptimierung, Wordpress, Auftrittskompetenz, BusinessKnigge oder Storytelling. Interaktive Übungen und Dokumentendownloads ergänzen die Videolektionen. Ein Kurs kostet zwischen 2 und 50 Franken und kann während eines Monates benutzt werden. Dozent und Diplomero verdienen dabei. Die Lehrperson erhält einen Drittel des Kursgeldes, das Unternehmen, das auch fürs Marketing zuständig ist, zwei Drittel. Falls die Lehrperson den Kurs selber vermarktet, partizipiert sie mit 50% an den Einnahmen. Diplomero ist erfolgreich. Neben dem Standort Zürich hat das Jungunternehmen einen Ableger in Berlin. Und zurzeit bezieht die Firma neue, grössere Büroräumlichkeiten in der Swiss Startup Factory (www.swissstartupfactory. com) in Zürich-Wipkingen. Professionelle Aufnahmestudios betreibt Diplomero in Berlin, Bern und Zürich. Rund zwanzig Personen, darunter Kurs- und Projektmanager, Marketing- und Informatikfachleute arbeiten bei Diplomero. Die Schweiz ist im Vergleich zu anderen Ländern im Online-Learning im Hintertreffen. Sollte sich dies ändern – das Jungunternehmen ist gerüstet. Informationen: diplomero.ch synchronisieren > Überall und jederzeit Stammdaten und Standardauswertungen einsehen www.abacus.ch/links/mobile CONTEXT – März 2015 MASSGESCHNEIDERTE ANGEBOTE Unterdessen hat sich der Schwerpunkt von Diplomero verändert. Nicht mehr ausschliesslich einzelne Dozierende sind die Hauptpartner des Start-up-Unternehmens, sondern Schulen und Firmen, die massgeschneiderte OnlineLernangebote für ihre Studierenden beziehungsweise Mitarbeitenden bereitstellen wollen. «Die Nutzer können sich schulen, wann sie wollen, und vor allem brauchen sie nicht an einem Ort zu erscheinen. Dezentrale Mitarbeiterschulung ist so einfach möglich.» Aufnahme: höchste Konzentration. SEITZ 25 GLOSSAR BLENDED LEARNING MOOC Zusammenführung von Präsenzunterricht und Online-Learning. Massive Open Online Courses (MOOCs) sind frei zugängliche Online-Massenvorlesungen. DISTANCE LEARNING/DISTANCE EDUCATION Staatlich oder international anerkannte Aus- und Weiterbildungen mit wenig Präsenzunterricht. ONLINE EDUCATION Bildungserwerb durch strukturierte, in sich vollendete Online-Kurse ONLINE-LEARNING E-LEARNING/COMPUTER-BASED TRAINING Lernen, bei dem das Wissen mithilfe eines elektronischen oder digitalen Geräts vermittelt wird – häufig digitales Offline-Lernen mittels Apps und Software. LEARNING MANAGEMENT SYSTEM (LMS) Ein System zur Verteilung und Verwaltung von Lerninhalten und zur Verhaltenserfassung der Nutzer. MOBILE LEARNING/ MICROLEARNING Besonders kleine und modulare Lerninhalte, deren Darstellung für mobile Geräte optimiert ist. Lernen, bei dem die Inhalte über das Internet abgerufen werden. SOCIAL MEDIA LEARNING Lernen über soziale Medien, meist in Lerngruppen und als Ergänzung besuchter Kurse. WEBCAST Eine meist aufgezeichnete Übertragung von Inhalten übers Web – erlaubt analog dem Fernsehen lediglich einseitige Kommunikation. WEBINAR Seminar, das live über das Internet gehalten wird und bei dem die Teilnehmer direkt mit dem Dozenten und untereinander kommunizieren können. Quelle: Diplomero Das Start-up-Unternehmen konzipiert massgeschneiderte Online-Lernangebote für Firmen. HUHN ODER EI? Spricht man über Vor- und Nachteile einer Frauenquote, so ist dies im Grunde genommen eine klassische Huhn-Ei-Frage. Denn während die einen davon ausgehen, dass Frauen erst in Management-Positionen aufsteigen, wenn die Unternehmenskultur auf Männer UND Frauen aus gerichtet ist, glauben andere, dass es zuerst eine gewisse Anzahl Frauen braucht, damit diese Unternehmenskultur entsteht. Was also soll den Anstoss geben? Die Anzahl Frauen oder die Unternehmenskultur? An der Antwort – das zeigen die hitzigen Diskussionen – scheiden sich die Geister. Doch ist die Frage nach dem Weg denn die einzig wichtige, die es zu diskutieren gilt? Wäre es nicht ebenso relevant zu überlegen, WARUM es sinnvoll ist, wenn Frauen UND Männer gemeinsam Strategien erarbeiten respektive Produkte entwickeln? Ein Plädoyer aus Business-Sicht: Wann immer ein Produkt entwickelt, implementiert und verkauft werden soll, so hängt der Erfolg massgeblich davon ab, ob die Bedürfnisse der Kundschaft berücksichtigt werden. Und die Kundschaft, das heisst heute meist Frauen UND Männer. Also tut ein Unternehmen gut daran, die Blickwinkel beider zu integrieren. Denn auch wenn Frauen und Männer sich in vielem ähnlich sind, so gibt es sie mitunter eben doch: die Unterschiede und Nuancen, die unter Umständen über den Kaufentscheid bestimmen. Frauen UND Männer auf allen Hierarchiestufen zusammenzubringen, heisst aus Business-Sicht also vor allem eines: Bessere, weil umfassender durchdachte Lösungen - und das ist dann schliesslich das Gelbe vom Ei! YVONNE SEITZ, Head Diversity AXA Winterthur und freischaffende Journalistin. CONTEXT – März 2015 RAT GEBER Haben Sie Fragen rund ums Thema Arbeitsplatz? Die Experten des Kaufmännischen Verbandes geben den Mitgliedern Auskunft. [email protected] kfmv.ch/beratung TIPPS Bewusst abschalten › Nehmen Sie sich am Ende des Arbeitstages fünf Minuten Zeit, um unerledigte Arbeiten auf einen Zettel zu notieren. Platzieren Sie diesen so, dass Sie ihn am Morgen als Erstes vorfinden. Dies hilft, in der Freizeit weniger an anstehende Aufgaben zu denken und sich besser auf die Freizeit einzulassen. › Nutzen Sie den Heimweg, um diesen bewusst in den Dienst des Abschaltens zu stellen: Setzen Sie sich mit den Wünschen und Plänen für den bevorstehenden Abend auseinander, kehren Sie noch kurz ein oder treffen Sie jemanden; bauen Sie etwas Bewegung ein, indem Sie eine Runde zu Fuss gehen; versuchen Sie auf dem Heimweg bewusst keine geschäftlichen Verpflichtungen mehr wahrzunehmen, vertiefen Sie sich im Bus oder Tram eher bereits in ein Buch. Ziel ist es, den Heimweg als Übergang bewusst zu gestalten und sich besser abzugrenzen. › Zuhause höchstens dreissig Minuten über die Arbeit reden und sich danach dem Privaten widmen. Mehr in der Info-Schrift «Nonstop@work» – Kompetenter Umgang mit ständiger Erreichbarkeit auf kfmv.ch (für Mitglieder kostenlos, Nicht-Mitglieder: 18 Franken). CONTEXT – März 2015 RECHT LOHNFORTZAHLUNG HABE ICH ANSPRUCH? Ich beabsichtige, mich beruflich zu verändern. Da ich im vergangenen Jahr während drei Monaten krankheitshalber arbeitsunfähig war, möchte ich wissen, ob ich bei erneutem Auftreten dieser Krankheit bei einem anderen Arbeitgeber Anspruch auf Lohnfortzahlung und Anspruch auf die Leistungen der zuständigen Versicherungen hätte. Ein arbeitsvertraglicher Vorbehalt bezüglich Lohnfortzahlung für eine vorbestandene Krankheit ist rechtlich ausgeschlossen. Der neue Arbeitgeber müsste demnach auch bei einem Rückfall der früheren Krankheit den Lohn bezahlen. Dagegen können Versicherungen mit einem Vorbehalt die Leistungspflicht für einen gewissen Zeitraum (in der Regel fünf Jahre) wegbedingen, falls der Arbeitnehmer an einer vorbestandenen Krankheit erneut erkranken sollte. Für die Krankentaggeldversicherungen ist die rechtliche Möglichkeit eines vertrag- Felix Kuster arbeitet beim Rechtsdienst des Kaufmännischen Verbandes. felix.kuster @kfmv.ch lichen Vorbehaltes grundsätzlich möglich. Immerhin müsste der Arbeitgeber in einem solchen Fall anstelle der Krankentaggeldversicherung den Lohn für eine beschränkte Zeit gemäss Art. 324a OR bezahlen. In der Praxis sind solche Vorbehalte bei Krankentaggeldversicherungen indessen eher selten. Zudem haben viele Versicherungen 2006 ein Freizügigkeitsabkommen vereinbart, gemäss welchem die Anbringung solcher Gesundheitsvorbehalte ausgeschlossen ist. Auch die Pensionskassen können bezüglich früherer Krankheiten Gesundheitsvorbehalte anbringen, allerdings nur im Bereich der überobligatorischen Versicherung. Im Rahmen der im BVG geregelten obligatorischen Versicherung sind Gesundheitsvorbehalte hingegen ausgeschlossen. Thomas Wetze l Von: An: Betreff: Datum: Thomas Wetze l <twetzel@gm ail.com> [email protected] Handy 20. März 2015 11:40:25 MEZ Liebes WBP-T eam Unsere Lernen de hat ein neue s Handy. Leider dieses allzu of benutzt Sie t während der Arbeitszeit. Was kö nnen wir tun? Freundliche G rüsse ANGEMAILT ANTWORT: Wir machen gute Erfahrungen, wenn das Thema rund um die Handy- und SMS-Nutzung während der Arbeitszeit proaktiv angegangen wird. Oft existieren im Betrieb ausformulierte Reglemente oder ungeschriebene Gesetze zur Telefon-Nutzung. Sprechen Sie mit Ihren Lernenden darüber. Grundsätzlich sollten für die Lernenden die gleichen Regeln wie für die übrigen Mitarbeitenden gelten. Machen Sie klar, dass gelegentliche Zweiminutengespräche, etwa um eine Verabredung zu treffen, kein Problem sind, längere Plaudereien jedoch in die Freizeit gehören. Kevin Hofstetter, WBP-Team RATGEBER TUT SICH WAS? Ältere Arbeitnehmende sind in aller Munde. Als Hoffnungen für den prognostizierten Fachkräftemangel oder als Ersatz für ausländische Erwerbstätige. Sind sie auf dem Weg zu goldenen Zeiten? Die Realität ist zwiespältig. Einige brechen tatsächlich zu neuen Ufern auf. Meist sehr gut Qualifizierte, mit besonderem Know-how, öfters als Selbstständigerwerbende. Anderseits fordern uns ältere, ebenfalls gut qualifizierte Mitglieder auf, dass wir uns stärker für sie einsetzen. Das tun wir. Auf der Stufe nationaler Rahmenbedingungen, in Gesamtarbeitsverträgen, aber auch mit Verbandsdienstleistungen im engeren Sinne. Auf Stufe Bund will der Bundesrat in der Altersreform 2020 die BVG-Prämien für ältere Arbeitnehmende etwas niedriger ansetzen beziehungsweise den Ansparprozess etwas «vorverlagern». In der Arbeitslosenversicherung haben ausge- steuerte Personen unter Umständen noch für eine gewisse weitere Zeit Zugang zu den Qualifizierungsmassnahmen. Das neue Weiterbildungsgesetz wird es zukünftig erleichtern, sich in der Praxis erworbene Fachkenntnisse auch als formale Bildung anrechnen zu lassen. Zugegeben: Allein damit verbessert sich die Lage der älteren Erwerbstätigen nicht sofort. Aber es sind wichtige Schritte. Gefordert sind in erster Linie die privaten und öffentlichen Arbeitgebenden, mit ihrer Organisations- und Führungskultur vor Ort Anreize zur Weiterentwicklung und Weiterbeschäftigung zu setzen. Die Organisationskultur ist eine Schlüsselgrösse. Auch die Arbeitgebenden haben eine Verantwortung, ihre älte- 27 ren Beschäftigten arbeitsmarktfähig zu erhalten. So dass diese – wenn nötig – auch anderswo neue Chancen nutzen können. Und der Kaufmännische Verband? Wir unterstützen unsere Mitglieder darin, Mut zu fassen und sich persönlich und fachlich weiterzuentwickeln. Unsere Sektionen bieten Bewerbungskurse und ein Netzwerk an Laufbahnberatenden an. Unsere Schulen verfügen über ein breites Weiterbildungsangebot. Unser Verband hat einen Weiterbildungsund einen Sozialfonds. Mitglieder können unseren Rechtsdienst und in ganz besonders schwierigen Situationen Beratung durch unseren psychologischen Beratungsdienst in Anspruch nehmen. Somit: Es tut sich was. Aber die Bäume wachsen nicht in den Himmel. Nötig ist Mut zum Wandel. Bei allen! Hansueli Schütz ist zuständig für Wirtschafts- und Sozialpolitik beim Kaufmännischen Verband. PSYCHOLOGIE NEGATIVE GEDANKEN WIE SCHALTE ICH AB? Meine Arbeitsstelle ist für mich wegen Konflikten mit meinem neuen Vorgesetzten sehr belastend. Ich kann am Wochenende jeweils nur sehr schwer abschalten. Immer wieder finde ich mich in negativen Gedankenschlaufen. Ich wälze die Probleme hin und her, ohne dass ich auch nur den Ansatz einer Lösung finde. Es denkt einfach, dabei möchte ich mich doch entspannen und erholen. Ein chinesisches Sprichwort sagt: «Dass die Vögel der Sorge und des Kummers über Deinem Haupte fliegen, kannst Du nicht ändern. Aber dass sie Nester in Deinem Haar bauen, das kannst Du verhindern.» Das kommt meiner Erfahrung sehr nahe. Negative Gedanken können sehr schnell auftauchen, das ist einfach so und lässt sich nicht vermeiden. Was Sie aber mit diesen Gedanken anstellen, das lässt sich sehr wohl beeinflussen. Es ist nämlich nicht ES, was denkt, sondern SIE. Und auf Ihrem Schiff sind Sie der Kapitän. Sie entscheiden mehr oder weniger bewusst über die Strategie, wie Sie mit den Gedanken umgehen. Sie können versuchen, die Gedanken zu bekämpfen. Diese Strategie führt aber eher dazu, dass die Gedanken noch stärker oder lauter werden. Wenn ich Ihnen sage: «Denken Sie nicht an einen rosaroten Elefanten», dann entsteht sofort ein rosaroter Elefant in Ihren Gedanken, und Sie bringen ihn fast nicht mehr weg. Wenn Sie Gedanken bekämpfen und niederringen wollen, dann blähen sich diese nur auf. Es gibt die Strategie, die Gedanken zu besänftigen, nett mit ihnen umzugehen: «Hallo Gedanken, ich habe euch gehört, ihr habt ja allen Grund zu erscheinen, aber jetzt hier in meiner Freizeit, habt ihr nichts zu suchen, jetzt will ich mich nämlich erholen. Also tschüss, wartet mal ein bisschen, ich kümmere mich dann am Montag wieder um euch.» Damit sich negative Gedanken in den Hintergrund verziehen, bewährt sich die Technik, andere positive Gedanken in den Vordergrund zu bitten. Da gibt es sicher welche, die Sie in der letzten Zeit etwas vernachlässigt haben und die noch so gern nach vorne treten. Zum Beispiel entspannende Gedanken an die nächsten oder letzten wunderbaren Ferien, schöne Dinge im Carla Weber arbeitet als Psychologin beim Kaufmännischen Verband. [email protected] jetzigen Moment um Sie herum oder Vorfreude auf Positives in der Zukunft. Als Kapitän entscheiden Sie, wen Sie an Bord holen, oder anders gesagt, auf was Sie Ihren Scheinwerfer richten: Auf Positives oder auf Negatives. Meistens können Menschen genau beschreiben, wie sie sich in einer sorgenvollen Zeit selber noch tiefer in die Negativspirale drehen: Noch mehr negative Gedanken zulassen und diese aufpumpen bis zum Katastrophendenken. Das kennt jeder. Wieso sollte das in der Gegenrichtung nicht möglich sein? Gedanken sind beeinflussbar, ich kann sie beruhigen oder gar zähmen wie ein Dompteur seine Tiger. Dazu braucht es das Wissen, dass das möglich ist, den Mut, es zu versuchen und die Zuversicht und Geduld, darin immer besser zu werden. CONTEXT – März 2015 28 KURZ Frauen verdienen Lohngleichheit Mehr Zeit für Kinder – auch für Väter Der Kaufmännische Verband befürwortet verhältnismässig ausgestaltete gesetzliche Massnahmen für mehr Lohngleichheit zwischen Frauen und Männern. Der Kaufmännische Verband setzt sich mit Erfolg für einen bezahlten Vaterschaftsurlaub ein. Bekanntlich gehört es zur Wesensart des schweizerischen politischen Systems, gesellschaftliche und wirtschaftliche Veränderungen in kleinen Schritten herbeizuführen. Dies trifft nicht zuletzt auch auf die Forderung nach einer gesetzlichen Verankerung eines bezahlten Vaterschaftsurlaubs oder von Elternzeit zu. Zahlreiche parlamentarische Vorstösse zu diesem Thema haben in Vergangenheit und Gegenwart Schiffbruch erlitten. So auch am 5. März 2015, als der Nationalrat eine Motion bachab schickte, die zumindest die Einführung eines kantonalen Vaterschaftsurlaubes erlaubt hätte. Hoffnung gibt es trotzdem: Demnächst wird sich der Nationalrat mit einer Parlamentarischen Initiative von Martin Candinas (CVP) auseinandersetzen. Diese verlangt einen bezahlten Vaterschaftsurlaub von zwei Wochen, finanziert über die Erwerbsersatzordnung – drücken wir die Daumen, dass es diesmal klappt! Übrigens: Der Kaufmännische Verband setzt sich mit Erfolg für einen bezahlten Vaterschaftsurlaub im Rahmen von Gesamtarbeitsverträgen (GAV) ein. Mittlerweile gilt in vielen GAV ein bezahlter Vaterschaftsurlaub von zwei Wochen als gesetzt, teilweise gar von drei Wochen. Frauen verdienen in der Schweiz immer noch rund 19 Prozent weniger pro Jahr als ihre männlichen Kollegen. Neun Prozent dieser Differenz sind nicht erklärbar. Freiwillige Massnahmen zur Förderung der Lohngleichheit seitens der Wirtschaft blieben bisher weitgehend aus. Lohngleichheit ist zwar seit 1981 in der Verfassung verankert, wird aber in der Praxis bis heute nicht flächendeckend umgesetzt. Der Bundesrat kündigte deshalb im Oktober 2014 an, Unternehmen gesetzlich zu mehr Lohntransparenz zu verpflichten. Betriebe mit mehr als fünfzig Angestellten sollen regelmässig Lohnanalysen durchführen und durch Dritte kontrollieren lassen. Der administrative Aufwand soll dabei gering gehalten werden. Bei den Arbeitgebern stösst dieser Vorschlag auf Widerstand. Der Kaufmännische Verband unterstützt aber die Absicht des Bundesrates, Massnahmen auf Gesetzesstufe zu ergreifen. «Nach dem Scheitern des auf Freiwilligkeit basierenden Lohngleichheitsdialoges braucht es zur Umsetzung des Verfassungsauftrages Druck durch den Gesetzgeber. Der Grundsatz der Verhältnismässigkeit muss dabei jedoch gewahrt werden», sagt Manuel Keller, Leiter Beruf und Beratung. Der Verband erachtet zudem die Einführung einer subsidiären Anzeigepflicht als prüfens- wert, sollten die Unternehmen bei einer allfälligen Lohnungleichheit keine Massnahmen ergreifen. MEHR LOHNTRANSPARENZ Über das Gehalt zu sprechen, gilt in Schweizer Unternehmen als Tabu. Frauen können ihre Gehaltsforderungen aber nur dann überzeugend vertreten, wenn sie wissen, wie viel Männer innerhalb ihres Unternehmens oder in einer vergleichbaren Position verdienen. Der Kaufmännische Verband setzt sich deshalb für transparente und nachvollziehbare Lohn-, Bonus- und Prämiensysteme ein. «Wir sind uns natürlich bewusst, dass Lohntransparenz einen Kulturwandel in der Schweizer Wirtschaft bedeuten würde, nicht zuletzt auch in der Finanzbranche. Wichtig ist jedoch hervorzuheben, dass Transparenz ein starker Treiber für das Vertrauen und die Motivation der Mitarbeitenden darstellt», sagt Keller. Am 7. März demonstrierten 12 000 Männer und Frauen in Bern für Lohngleichheit ab sofort. Auch am 9. März, dem diesjährigen Equal Pay Day, wurden Stimmen laut, die gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit forderten. Der Kaufmännische Verband engagiert sich dafür über diese Tage hinaus, als Sozialpartner und auf politischer Ebene. Kommunikation Kaufmännischer Verband Kongress der Community Direktionsassistenz Wie sollen Direktionsassistentinnen Manager führen? Welches sind Stolpersteine in der weiblichen Kommunikation? Was müssen Direktionsassistentinnen wissen in Sachen Abgrenzung und Rollenverständnis? Der 2. DA-Kongress am 25. April in Olten beschäftigt sich mit diesen Fragen. In mehreren Workshops können sich die Teilnehmerinnen mit den Themen auseinandersetzen. Experten sind Jürg CONTEXT – März 2015 Dietrich, Annette Stoffel und Franco Rose. Veranstalter ist der Kaufmännische Verband, Community Direktionsassistenz. 2. DA-Kongress, 25. April 2015, 9.00 bis 15.30 Uhr, Hotel Arte, Olten (inkl. Networking-Lunch) Kosten: 120 Franken für Community-Mitglieder, 190 Franken für Nichtmitglieder Anmeldung via Xing oder an [email protected] Informationen: kfmv.ch/da Manuel Keller, Leiter Beruf und Beratung Sektionen im Netz Ab sofort finden Sie alle Informationen der Sektionen und Regionen im Netz. Loggen Sie sich auf kfmv.ch/ sektionsnachrichten ein – und Sie sind immer auf dem neusten Stand. Kommunikation Kaufmännischer Verband 29 Sich vor Einkommenslücken schützen Mit der Versicherung «Ihre Lohnbrücke» können sich Mitglieder des Kaufmännischen Verbandes vor Einkommenslücken bei Arbeitslosigkeit oder Erwerbsunfähigkeit schützen. Arbeitslosigkeit oder Erwerbsunfähigkeit führen zu empfindlichen Einkommenslücken von bis zu 30%, da die Entschädigungen aus den Sozialversicherungen lediglich 70% bis 80% des bisherigen Monatslohns betragen. Finanzielle Verpflichtungen wie Miete oder Hypothekarzinsen sowie allgemeine Lebenshaltungskosten bleiben aber unverändert hoch. Um die Einkom- menslücke zu schliessen und so den gewohnten Lebensstandard zu sichern, können Mitglieder des Kaufmännischen Verbandes exklusiv die Versicherungslösung «Ihre Lohnbrücke» von Nationale Suisse abschliessen. Bei dieser Versicherung kann eine monatliche Versicherungsleistung zwischen 500 und 2000 Franken individuell gewählt werden. Der gewählte Betrag wird dann bei Arbeitslosigkeit oder Erwerbsunfähigkeit zusätzlich ausbezahlt und schliesst so weitestgehend Einkommenslücken. Marketing Kaufmännischer Verband WAHLEN ZÜRCHER REGIERUNGSRAT Informationen: kfmv.ch/lohnbruecke Am 12. April 2015 kandidiert der Zürcher Regierungsrat Mario Fehr, 57, für eine weitere Amtsperiode. Der Sicherheitsdirektor war von 2006 bis 2011 Präsident des Kaufmännischen Verbandes. ANZEIGE › Rechnungswesen, Treuhand, Finanzplanung Jetzt anmelden: hkvaarau.ch Finde uns auf Facebook: www.facebook.com/HKVAarau IMPRESSUM Herausgeber Kaufmännischer Verband Schweiz Telefon +41 44 283 45 33 www.kfmv.ch Verlagsleitung Silvia Schorta [email protected] Redaktionsadresse Kaufmännischer Verband Context Hans-Huber-Strasse 4 Postfach 1853, 8027 Zürich Telefon +41 44 283 45 33 [email protected] www.context.ch Sekretariat: Andrea Stoop NR. 3 – MÄRZ 2015 | ISSN 1424-5345 Redaktion Therese Jäggi (tj) [email protected] Andrea Mašek (ajm) [email protected] Rolf Murbach (mur) [email protected] Adressänderungen Kaufmännischer Verband Mitgliederadministration Telefon +41 44 283 45 30 [email protected] oder im Mitgliederbereich: www.kfmv.ch/login Erscheinungsweise Monatlich (11 Ausgaben) 119. Jahrgang Auflage: 43 182 Exemplare (WEMF-beglaubigt) Magazin Konzept, Art Direction und Layout Partner & Partner AG 8400 Winterthur www.partner-partner.com Abonnemente 48 Franken Bildnachweise Titelseite: Michele Limina; S. 5: Kaufmännischer Verband/ Marion Nitsch; S.15: istockphoto; S.20: Keystone/Martin Ruetschi; S.25–29: z.V.g. Anzeigen Creative Media GmbH Zürichstrasse 135 8910 Affoltern am Albis ZH Telefon +41 43 322 60 30 [email protected] Druckerei Vogt-Schild Druck AG 4552 Derendingen Context bekennt sich zum «Code of Conduct» der Schweizer Presse. Werbung und redaktioneller Teil sind klar getrennt. CONTEXT – März 2015 30 CARTOON CONTEXT – März 2015 Vorsorgeplanung privates Risikomanagement! Ein massgeschneiderter VVK-Vorsorgeplan gibt Ihnen klare Antworten auf alle Ihre wichtigen Fragen rund um • Vorsorge • Pensionierung/Frühpensionierung • Pensionskasse: Kaptialbezug oder Rente • 3. 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