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47. Jahrgang
8-2015
6,90 € (D) 7,50 € (A/L) 13,50 CHF E 11108 E
DIE FRAUEN DER HOHENZOLLERN
ZUR
AUSSTE
LLUNG
IN
CHARLO
TTENBURG
Die Frauen der
Hohenzollern
„SCHWARZE PUMPE“:
DER KRIEG VON CANUDOS:
REVOLUTION VERHINDERN:
Großprojekt im Zeichen
des Sozialismus
Brasiliens Armee gegen
ein Dorf im Hinterland
Metternich und die
Mission seines Lebens
DAMALS-Leserreise: 2.–12. September 2015
Ostpreußen
Abendstimmung in
Danzig: das Krantor
an der Motlawa-Uferpromenade.
Nachdem die DAMALS-Leserreisen nach Ostpreußen
2013 und 2014 auf großes Interesse gestoßen sind,
bieten wir diese spannende Tour noch einmal an.
D
ie Reisegruppe begibt sich auf die
Spuren deutscher, polnischer,
masurischer und russischer Kultur. Es ist eine Begegnung mit der
bewegenden, oft auch leidvollen
Nachbarschaftsgeschichte, mit atemberaubend schöner Landschaft und
beeindruckender Architektur. Als Begleiter haben wir erneut Janusz Tycner
engagiert. Er ist Historiker, Journalist,
Übersetzer und langjähriger Reiseleiter.
Der DAMALS-Autor vermittelt seinen
Wissensschatz mit den Instrumenten
journalistischer Analyse – hintergründig und auf den Punkt gebracht.
Einige Höhepunkte der Reise:
Die Hafen- und ehemalige Hansestadt
Gdan
´ sk (Danzig) steht am Tag nach
der Ankunft auf dem Programm: Die
DAMALS-Leser erkunden die nach
dem Zweiten Weltkrieg detailgetreu
wiederaufgebaute Altstadt mit ihren
zahlreichen Sehenswürdigkeiten. Später
geht es zur Westerplatte, wo die ersten
Schüsse des Zweiten Weltkriegs fielen.
Ein weiterer Höhepunkt der Reise ist
Malbork (Marienburg). Die an der
Nogat gelegene Marienburg, seit 1997
Teil des UNESCO-Weltkulturerbes,
war einst Sitz der Hochmeister des
Deutschen Ordens und bis ins 13.
Jahrhundert hinein die mächtigste
Festungsanlage Europas. Weitere Stationen sind S´ wi˛eta Lipka (Heiligelinde), um die prachtvolle, von Jesuiten
erbaute und mit einer Legende verbundene Barockkirche zu besichtigen, Dönhoffstädt (mit Besuch des ehemaligen
Schlosses der Familie Dönhoff) und
die Überreste der „Wolfsschanze“, des
ehemaligen „Führerhauptquartiers“.
Das malerische Masuren erkundet
die Gruppe bei einer Stocherkahnfahrt
auf dem idyllischen Flüsschen Kruttina, mit einem Besuch in Miko lajki
(Nikolaiken), das als eine der wenigen
Städte Ostpreußens den Zweiten Weltkrieg unzerstört überstand, und mit einer Fahrt auf dem Spirdingsee.
Gute zwei Tage sind der heutigen
russischen Exklave Kaliningrad gewidmet – im Mittelpunkt stehen die wichtigsten Sehenswürdigkeiten der beiderseits des Pregel gelegenen ehemaligen
ostpreußischen Hauptstadt Königsberg
sowie Besuche unter anderem im Pferdezucht-Zentrum Majowka (Georgenburg) und in Sowetsk (ehemals Tilsit).
Die Kurische Nehrung, ein etwa
100 Kilometer langer Landstrich, der
das Kurische Haff von der Ostsee
trennt, begeistert durch ihre von riesi-
gen Wanderdünen geprägte Landschaft. Die Reisenden genießen den
Panoramablick von der höchsten Düne und besuchen die weltweit älteste
Vogelwarte. Darüber hinaus gibt es einen Halt im Kurort Swetlogorsk, der
„Perle der Bernsteinküste“. Apropos
Bernsteinküste: Bevor es auf den Rückweg in Richtung Danzig geht, steht ein
Stopp in Jantarny (Palmnicken) an –
dem einzigen Ort weltweit, an dem
Bernstein im Tagebau gewonnen wird.
Info
Die elftägige Reise kostet 1790 Euro im
Doppelzimmer. Ausführliche Informationen über den Tourverlauf, Preise und
Leistungen erhalten Sie in einem Faltblatt, das Sie anfordern können bei:
Redaktion DAMALS
Carsten Felker
Ernst-Mey-Straße 8
70771 Leinfelden-Echterdingen
Tel. +49 (0)711 7594 - 447
Fax +49 (0)711 7594 -1447
E-Mail: [email protected]
Ullstein Bild / imageBROKER / Dirk Renckhoff
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TOUR
EDITORIAL
Heiraten und herrschen
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aiser Wilhelm II. stiftete 1895 den Berlinern eine „Siegesallee“.
In Marmor gemeißelt, säumten seit 1901 die für den Aufstieg
der Hohenzollern wichtigen Herrscher den Prachtboulevard im
Tiergarten, jeweils eingerahmt von zwei weiteren Persönlichkeiten,
die in dieser Zeit eine tragende Rolle gespielt hatten. 32 Figurengruppen, fast 100 Skulpturen. Unter all diesen Heroen: keine einzige Frau.
„Große Männer machen Geschichte“: So sah nicht nur Wilhelm II.
die Welt. Bis heute wird die Erfolgsgeschichte des Hauses Hohenzollern, das es vom süddeutschen Grafengeschlecht in BrandenburgPreußen zur Kaiserdynastie brachte, im kollektiven Bewusstsein oft
fast ausschließlich mit den bekannten – natürlich männlichen –
Herrscherpersönlichkeiten verbunden.
Aber die Zeiten ändern sich: Langsam hat sich – abgesehen davon,
dass historische Entwicklungen auf zahlreiche Faktoren, nicht nur
auf das Handeln Einzelner zurückzuführen sind – der Gedanke
durchgesetzt, dass auch in vormodernen Zeiten bereits Frauen die
Geschicke der Menschheit mit bestimmt haben. An der Seite von
Fürsten, Königen und Kaisern wirkten sie in unterschiedlichsten Rollen: als beratende Gattin, als Braut, die Territorien oder edles Blut in
die Ehe einbringt, als Förderin von Kunst und Kultur oder als Regentin für einen Thronfolger. So war es auch bei den Hohenzollern.
Das zeigt die Ausstellung „Frauensache – Wie Brandenburg Preußen
wurde“ der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten (SPSG), die
vom 22. August bis zum 22. November 2015 im Theaterbau von
Schloss Charlottenburg zu sehen ist. Aus Anlass des 600. Jahrestags
des Beginns der Hohenzollern-Herrschaft in Brandenburg erzählt sie
die Geschichte dieser Dynastie mit Blick auf die weiblichen Protagonisten – ein ebenso erfrischender wie überfälliger Ansatz.
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DAMALS begleitet diese Schau mit einem Titelthema. Wir zeigen,
über welche Spielräume Frauen an den fürstlichen Höfen vom ausgehenden Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert verfügten, was sie erreichen konnten und woran sie scheiterten. Beispielhaft stellen wir tatkräftige Frauen vor, die
dazu beitrugen, dass aus den Hohenzollern eine
herausragende Fürstenfamilie werden konnte.
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Die Hohenzollern und späteren Preußen stehen
in dem Ruf, sich vor allem auf das Soldatische
verstanden zu haben. Wie sich zeigt, waren sie in
der Kunst, durch Heiratspolitik Territorium und
Einfluss zu mehren, ihren großen Konkurrenten,
den Habsburgern, mindestens ebenbürtig.
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Stefan Bergmann
Chefredakteur
www.damals.de DAMALS 8-2015
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Museu da República, Rio de Janeiro / Instituto Brasileiro de Museus /
Ministério da Cultura (Autorização no. 12/2015)
www.damals.de
Die Geschichte des Aufstiegs der Hohenzollern zu einer der bedeutendsten Dynastien
Europas wird meist entlang den Biographien von Männern erzählt, von Kurfürsten,
Königen und Kaisern. Doch die Frauen –
Prinzessinnen, Gemahlinnen, Mütter, Witwen – trugen ebenfalls ihren Anteil bei. Sie
nutzten die machtpolitischen Spielräume,
die sich ihnen boten, oder sie betätigten
sich als Förderinnen von Kunst, Kultur und
Wissenschaft. Während einzelne, wie etwa
Elisabeth Christine (unten), die Frau Friedrichs des Großen, sich selbst als hilflose
Gefangene sahen, wagten es andere sogar,
ihren Männern auf der politischen Bühne
Konkurrenz zu machen. Das Titelthema
greift einzelne beispielhafte Biographien
aus verschiedenen Jahrhunderten auf.
Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (GK I 1027), Haus Hohenzollern, ehemals Hohenzollern-Museum / Jörg P. Anders
Inhalt
Die Frauen der Hohenzollern
58
Der Krieg von Canudos
Im Hinterland Brasiliens zettelte
1896/97 der Prediger Antônio Maciel
eine Revolte an. Ein Reporter und
ein Fotograf dokumentierten die
Ereignisse.
14
TITELTHEMA
3 Editorial
6 KURZ NOTIERT
Nachrichten
8 ZEITPUNKTE
Historische Ereignisse des Monats
10 ES GESCHAH VOR 60 JAHREN
Das DDR-Kombinat „Schwarze
Pumpe“: Kohle, Gas und Illusionen
4
DAMALS 8-2015 www.damals.de
16 Weibliche Rollen am Hof:
Die Spielräume des „schwachen“
Geschlechts
22 Aufstieg und Fall der
Hohenzollern:
Einmal Kaisertum und zurück
28 Anna von Preußen:
Eine gute Partie
34 Sophie Charlotte von Hannover:
Eine Fürstin und ihr Musenhof
40 Augusta und Victoria:
Zwei Kaiserinnen auf liberaler
Mission
AKG / ddrbildarchiv.de
10
Volldampf in der Lausitz
Mit dem Bau des Energiekombinats „Schwarze
Pumpe“ seit August 1955
wurde die Niederlausitz
zu einer Boom-Region der
DDR.
Interfoto / Bildarchiv Hansmann
64
Bridgeman / Deutsches Historisches Museum, Berlin
Die Politik des „Baron de balance“
Klemens Wenzel Fürst von Metternich:
Dieser Name steht stellvertretend
für Restauration und Unterdrückung.
Doch seine Politik sorgte auch für
Stabilität in Europa.
72
58 POLITIK
Die Revolte von Canudos:
Ein Krieg am Ende der Welt
64 PORTRÄT
Klemens Wenzel Fürst von
Metternich:
Der „Kutscher Europas“
70 MUSEUM
Moormuseum Moordorf:
Darben für den Torf
72 PORTRÄT
David Rëubeni: Der rätselhafte
jüdische Prinz
David Rëubeni aus Chabor
Ein angeblicher jüdischer Prinz
suchte seit 1524 in Europa Verbündete für einen Kreuzzug
nach Palästina. Viele Juden
sahen in ihm den Messias.
AKTUELL
77 FASZINIERENDE FIGUREN
Alexander Graf Lambsdorff über
Abraham Lincoln:
„Er hat Undenkbares ermöglicht“
RUBRIKEN
45 FORSCHUNG
Was tranken die Nordmänner?
Skandinavische Trinkkultur war
differenzierter als gedacht
48 BÜCHER ZUM TITELTHEMA
46 Verurteilt und hingerichtet.
Sowjetische Militärtribunale am
Ende Zweiten Weltkriegs
49 DVDS/HÖRBÜCHER
Georg Elser – Kriegsende in Westfalen – Kriegsenkel
80 Leserbriefe
47 BÜCHER
Klaus Rosen, Augustinus
52 KALENDER
82 Vorschau
78 Rätsel
48 BÜCHER IN KÜRZE
Reden – Etrusker – Vatikan – 1968
80 Impressum
81 Rätselauflösungen
55 TV/HÖRFUNK
47 Karl Seyffarth, Entscheidung
in Aleppo
www.damals.de DAMALS 8-2015
5
Karlsruhe
Dass die Schätze großer Kunstmuseen
oft auf die rege Sammeltätigkeit von Herrschern zurückgehen, ist bekannt. In Karlsruhe, das über einen exquisiten Bestand
verfügt, war jedoch eine Frau ausschlaggebend: Karoline Luise, Markgräfin von Baden. Ihr ist in der Kunsthalle (Hans-ThomaStraße 2, Tel. +49 (0)721 926-3355) noch
bis zum 6. September 2015 eine sehenswerte, wissenschaftlich fundierte Ausstellung gewidmet.
Karoline Luise war talentiert und verfügte über großen Kunstverstand. Sie wurde von zwei bedeutenden Künstlern, dem
Pastellmaler Jean-Étienne Liotard und von
Joseph Melling, einem Schüler von François Boucher, im Malen und Zeichnen unterrichtet. Zahlreiche Kopien von Meisterwerken aus ihrer Hand sind erhalten. In
der kurzen Zeit zwischen 1759 und 1763,
mitten im Siebenjährigen Krieg, gelang
Karoline Luise der Ankauf einer Sammlung,
die sie „eher erlesen als umfangreich“
nannte. Diese umfasste rund 200 Werke
Familienidylle mit Hund: Karoline Luise mit
ihren beiden Söhnen (Gemälde von Joseph
Melling, 1757).
hauptsächlich niederländischer und französischer Maler des 17. und 18. Jahrhunderts, darunter Bilder von Rembrandt,
François Boucher oder Jean Siméon Chardin. Alle Gemälde hat sie übrigens aus der
eigenen Tasche bezahlt, nicht aus der ihres
Mannes, des Markgrafen Karl Friedrich. Für
die Ausstellung wurde der ursprüngliche
Bestand ihres „Mahlerey-Cabinets“, von
dem etliche Bilder verkauft worden waren,
wieder zusammengetragen.
6
DAMALS 8-2015 www.damals.de
Jüdisches Museum Wien (Inv.-Nr. 4048 HMW_047865)
Die umfangreiche Korrespondenz der
Markgräfin – ihre Briefe und andere Dokumente füllen 150 Bände – zeigt dazu das
große Netzwerk der Sammlerin. Der vorzügliche Katalog ist im Deutschen Kunstverlag, Berlin/München, erschienen.
www.kunsthalle-karlsruhe.de
In Karoline Luises
„Mahlerey-Cabinet“
Internet
Neue Datenbank zur
Holocaust-Literatur
Frühe Holocaust-Literatur aus den Jahren
zwischen 1933 und 1949, die zuvor oft
sehr schwer greifbar war, ist von Wissenschaftlern der Universitäten Marburg und
Gießen in einer Online-Datenbank erfasst
worden. Im Projekt „Georeferenzierte Online-Bibliographie früher Holocaust- und
Lagerliteratur (GeoBib)“ wurden 720 Werke, deutsche und polnische Texte, aus Archiven, Museen und privaten Sammlungen
zusammengetragen. Es werden Informationen zu Text und Autor, Handlungsorten
und zur Entstehungsgeschichte bereitgestellt. In einem virtuellen Atlas kann man
die Entstehungsorte der Texte auf entsprechenden Landkarten finden.
www.geobib.info
Badisches Landesmuseum, Karlsruhe / Musée du Louvre, Paris
Ku r z n o t i e r t
NACHRICHTEN
Das Foto, das um 1880 entstand, zeigt das
Palais Todesco in der Kärntner Straße. Es wurde
1938 „arisiert“, die Familie verlor ihren Besitz.
Radikalisierung des ausgehenden 19. Jahrhunderts, die in massive Judenfeindschaft
mündete. Nach dem „Anschluss“ Österreichs 1938 wurden die Palais „arisiert“,
ihre Bewohner mussten fliehen.
In einer Ausstellung zur Ringstraße im
Wien Museum am Karlsplatz (Tel. +43 (0)1
5058747-85173) werden Pläne, Entwürfe,
Modelle und Fotografien gezeigt, die den
städtebaulichen Umbruch und Wien auf
dem Weg in die Moderne widerspiegeln.
www.jmw.at
www.wienmuseum.at
Berlin
Wien
Die Ringstraße – Wiens
Aufbruch in die Moderne
In Wien wird derzeit das Jubiläum der berühmten Ringstraße begangen – 1865 war
der Prachtboulevard feierlich eröffnet worden. Als neue Bauherren am Ring traten
überdurchschnittlich viele Juden auf. Dieser Aspekt wird in einer interessanten
Ausstellung im Jüdischen Museum (Dorotheergasse, Tel. +43 (0)1 535-0431) noch
bis zum 18. Oktober 2015 näher beleuchtet. Hintergrund war, dass nun erstmals
auch den Juden erlaubt wurde, Grund und
Boden zu erwerben. Die Familien der
Ephrussi, Todesco, Lieben oder Rothschild,
allesamt über Generationen durch Handel
oder Finanzgeschäfte reich geworden und
mit Adelstitel versehen, konnten sich nun
repräsentative Wohnhäuser am Ring bauen
lassen und sich dort als Kunstsammler
und Mäzene betätigen. Die Schattenseite
aber war die Wohnungsnot der ärmeren
Juden sowie die zunehmende politische
Im Labor: Paul Ehrlich
als Medizinpionier
Er war Immunologe, Serumforscher und
Chemotherapeutiker: der 1915 gestorbene Paul Ehrlich. Unter dem witzigen Titel
„Arsen und Spitzenforschung“ stellt das
Medizinhistorische Museum der Charité
(Charitéplatz 1, Tel. +49 (0)30 450536156)
bis zum 27. September 2015 Paul Ehrlich
als Medizinpionier vor.
Ehrlich befasste sich etwa mit Forschungen zum Aufeinandertreffen von
Giften und körpereigenen Gegengiften;
damit wurde er zum Mitbegründer des
neuen Feldes der Immunologie. Gemeinsam mit dem Serologen Emil von Behring
entwickelte er ein Serum gegen die lebensbedrohliche Kinderkrankheit Diphtherie.
Darauf aufbauend, formulierte er seine
geniale Seitenkettentheorie, mit der er die
Bildung der im Serum vorhandenen Antikörper erklärte. Diese neutralisieren das
Diphtherie-Toxin. 1908 erhielt Ehrlich dafür den Nobelpreis. Außerdem stellte er
Täglich News auf damals.de
Schleswig Von Degen, Segeln und Kanonen
2008 fanden Unterwasserarchäologen
wenige Kilometer vom Bülker Leuchtturm an der Kieler Förde entfernt das
schwedische Flaggschiff „Prinzessin Hedvig Sofia“, das 1715 bei der Schlacht bei
Fehmarn gesunken war. Die schwedische
Prinzessin Hedvig Sofia, nach der das
Schiff seinen Namen bekommen hatte,
war durch ihre Heirat Herzogin von
Schleswig-Holstein-Gottorf geworden,
und so war das Haus Gottorf im Großen
Nordischen Krieg unversehens zwischen
die Fronten der Kontrahenten Dänemark
und Schweden geraten.
Der sensationelle Schiffsfund war Anlass für mehrjährige Forschungsarbeiten,
deren Ergebnisse nun in einer Ausstellung
mit dem Syphilis-Medikament „Salvarsan“,
dem „heilenden Arsen“, das erste synthetische Antibiotikum her. Damit begründete
er die Chemotherapie. Am Ende der Ausstellung steht Ehrlichs auch heute noch aktuelle Vision einer Arznei ohne Nebenwirkungen, der „medizinischen Zauberkugel“.
www.bmm-charite.de
Konstanz
Eine wahre Augenweide ist die Ausstellung
„GlasKlar – Archäologie eines kostbaren
Werkstoffes“, die noch bis zum 20. September 2015 im Archäologischen Landesmuseum zu sehen ist (Benediktinerplatz 5,
Tel. +49 (0)7531 9804-0). Sie präsentiert in
einer edlen Ausstellungsarchitektur die
Entwicklung der Glasherstellung von 1300
v. Chr. bis ins 17. Jahrhundert. 450 Exponaten aus Südwestdeutschland werden gezeigt, viele erstmals.
Am Beginn stehen jahrtausendealte
Schmuckperlen sowie das älteste Glasgefäß nördlich der Alpen, das aus dem
Keltengrab in Ihringen stammt. Aus Sand,
Schleswig-Holsteinische Landesmuseen, Schleswig
Zerbrechliches ausgegraben:
Gläser, Flaschen und Phiolen
präsentiert werden können. In der Reithalle von Schloss Gottorf (Schlossinsel 1,
Tel +49 (0)4621 813222) kann man bis
zum 4. Oktober 2015 das „Unterwasserkulturgut der Ostsee“ mit ausgewählten
Wrackfunden bestaunen. Gezeigt werden
neben der „Hedvig Sofia“ auch dänische
Schiffe wie das Linienschiff „Dannebroge“ und die Fregatte „Lossen“, dazu Logbücher und Seekarten, nautische Instrumente und persönliche Gegenstände, die
vom beschwerlichen Alltag an Bord erzählen. Die Methoden der Unterwasserarchäologie werden ebenfalls erläutert.
Der zweibändige Katalog ist im Sandstein Verlag, Dresden, erschienen.
www.schloss-gottorf.de
Archäologisches Landesmuseum Baden-Württemberg / M. Schreiner
Darstellung der Seeschlacht bei der Insel Fehmarn, bei der die Dänen siegten.
Bei diesen frühneuzeitlichen Funden aus
einer Grabung am Münsterplatz in Ulm
dominieren die Weingläser und -kelche.
me. Sogar gläserne Kanonenkugeln gab
es! Konsummuster werden auch deutlich:
So finden sich beim Vergleich frühneuzeitlicher Latrinenfunde in Isny im Allgäu vor
allem hohe Biergläser, während Ulm damals ganz offensichtlich eine Stadt der
Weintrinker war – hier dominieren auch
im Abfall die Weinkelche.
www.konstanz.alm-bw.de
Illinois
Kalk, Soda und später Pottasche besteht
der Werkstoff Glas. Erstaunlich ist, welche
Kunstwerke sich damit anfertigen lassen,
seien es filigrane Trinkgefäße, Schmuckgehänge oder Kirchenfenster. Doch auch
Alltägliches findet sich, neben Trinkgläsern
auch Apothekergefäße oder Lampenschir-
Durchflussrate durch antikes
Aquädukt ermittelt
Forscher um Bruce Fouke von der University of Illinois in Urbana-Champaign haben
die Durchflussrate eines der wichtigsten
Aquädukte des antiken Rom bestimmt:
Der Anio Novus versorgte die Millionenmetropole mit 1400 Litern Wasser pro
Sekunde (das entspricht sieben vollen Badewannen). Dies ergaben Analysen von
Ablagerungen in den Überresten der antiken Leitung.
Rom besaß in der Kaiserzeit eine Reihe
von Aquädukten, die die Stadt mit Wasser
aus der Umgebung belieferten. Der Anio
Novus war mit 87 Kilometern eine der
längsten Leitungen und erreichte die Stadt
auf einem besonders hohen Niveau, so
dass er die höhergelegenen Stadtteile
versorgen konnte. Er wurde unter Kaiser
Claudius im Jahr 52 n. Chr. vollendet. Die
Aquädukte waren entscheidend dafür,
dass das enorme Bevölkerungswachstum
Roms in der Kaiserzeit überhaupt erst
möglich wurde.
www.damals.de DAMALS 8-2015
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