Haushaltsrede 2015 „Zukunft Landkreis Tirschenreuth“ - Es gilt das gesprochene Wort - Sehr geehrter Herr Landrat, sehr geehrte Damen und Herren, wenn man sich den Haushalt 2015 auf den ersten Blick ansieht, könnten wir alle sehr zufrieden sein. Wir haben ein um rund zwei Millionen gesteigertes Haushaltsvolumen. Die Einnahmen sprudeln und allein bei der Kreisumlage haben wir 678.090,00 Euro mehr, obwohl wir die Kreisumlage um 0,75 Prozentpunkte senken. Auch wenn wir uns die Schuldenentwicklung ansehen, sind die Entwicklungen bei grober Betrachtung positiv: Einer Schuldenaufnahme von 620.000 Euro steht eine Darlehenstilgung von 999.300,00 Euro entgegen. Wir senken also unsere Schulden um 379.300,00 Euro und werden – wenn die Planungen eintreten unseren Schuldenstand auf unter 20 Mio. Euro verringern. Ist also alles in Butter im Landkreis Tirschenreuth? Im Hinterkopf haben wir ja alle noch die warnenden Worte externer Prüfer. Ob diese nun vom BKPV kommen oder von der Regierung der Oberpfalz. Dort wird die Haushaltslage oftmals als angespannt angesehen und der Bedarf an Haushaltskonsolidierung unterstrichen. Wenn man sich die Zahlen näher betrachtet, sehen wir aber deutlich, dass dies Warnrufe nicht an Dringlichkeit verloren haben. Ganz im Gegenteil verschlechtern wir unsere Situation dauerhaft, wenn wir diesem Haushalt zustimmen. Wieso kommen wir zu der Ansicht? Beispielhaft führe ich dazu drei Punkte auf: 1. Wir profitieren derzeit enorm von den Stabilisierungshilfen des Freistaats Bayern. Insgesamt …. Mio. Euro sind bisher in unserem Haushalt geflossen. Dies ist enorm und an der Stelle auch einmal ein herzliches Dankeschön dafür an den Freistaat Bayern. Aber die Erkenntnis bleibt. Diese Hilfe ist nicht dauerhaft und vor allem an klare Auflagen gebunden. 2. Darüber hinaus – aber das wissen Sie ja alle – werden wir uns in diesem Jahr trotzdem mehr verschulden, da wir Ausgaben aus dem Jahr 2014 erst in diesem Jahr tätigten werden. Sollten wir diese Kreditermächtigungen der Vorjahre in Anspruch nehmen müssen, steigt der Schuldenstand auf 21,7 Mio. 3. Wir steigen ständig unsere laufenden Ausgaben. Während wir noch 5,5 Mio. Euro investieren fließt der Großteil unserer Ausgaben in den Verwaltungshaushalt. Dies ist weder dramatisch noch ungewöhnlich. Jedoch steigen diese laufenden Ausgaben von Jahr zu Jahr. Während die relativ hohen Einnahmen eine einmalige Geschichte sein kann und wir nicht dauerhaft mit diesen Mehreinnahmen rechnen können, lasten wir uns Mehrausgaben auf, die dauerhaft sind und die nicht jährlich zu ändern sind. Am deutlichsten sichtbar wird dies an der Steigerung der Personalausgaben. Diese steigen in diesem Jahr um 763.910,00 Euro. Zieht man die gestiegenen Ersätze für Personalkosten ab, bleibt eine Steigerung der Nettopersonalkosten um 680.000 Euro oder prozentual um 6,34 %. Im Vorbericht zum Kreishaushalt heißt es hierzu: „Dieser enorme Anstieg liegt insbesondere an Tarifsteigerungen und Steigerungen bei den Versorgungskassenbeiträgen für Beamte, aber auch an Personalmehrungen.“ Dies liest sich so, als wäre diese Personalsteigerung unvermeidbar. Sieht man sich aber die Personalmehrung en Detail an, dann gehen 322.740,00 Euro auf Personalmehrungen zurück. Wären wir jetzt ein Unternehmen müsste man sagen, die Tariflohnsteigerungen müssen auch im Personalbereich wieder eingespart werden. Dass dies in der öffentlichen Hand nicht so einfach funktioniert, ist nachvollziehbar. Dass wir es uns aber leisten, durch Personalmehrungen unsere Personalkosten zusätzlich um fast 3 % zu steigern, steht im völligen Widerspruch zu unserer dauerhaften Leistungskraft. Aber statt hier Vorschläge zu erarbeiten, wie man diese Personalkostensteigerung in einzelnen Abteilungen in anderen Bereich im Personalbereich einsparen kann, wird uns diese Block als unabändbar, unausweichlich und unbedingt notwendig vorgestellt. Wenn man hier noch berücksichtigt, dass wir im Vergleich zu ähnlich strukturierten Landkreisen sowieso schon deutlich mehr Personal haben, erschließt sich mir das noch weniger. Bei der Betrachtung dieser Situation bin ich auf ein Zitat von Milton Friedman, den bekannten US-amerikanischen Wirtschaftswissenschaftler gestoßen: Ich glaube nicht, dass höhere Staatseinnahmen jemals das Defizit verringern können. Das kann für ein paar Monate der Fall sein. (...) Aber Regierung und Öffentlichkeit haben ein so großes Bedürfnis nach Mehrausgaben, dass jede Steuererhöhung (...) aufgefressen wird. Zwar ist es bei uns keine Steuererhöhung, sondern die erhöhte Umlagekraft, doch trotzdem scheint dieser Spruch auch für uns nichts an seiner Aktualität verloren zu haben. Jetzt höre ich aber schon wieder die Gegenreden, die jetzt gleich folgen werden. Seit mehreren Jahren hören wir dies: 1. Macht doch Vorschläge und 2. Wir können nirgends sparen 3. Wir haben doch jetzt die Haushaltskonsolidierung. Die kann das machen. Lassen Sie mich dazu gerne schon vorab etwas sagen: In den letzten Jahren wurde uns immer wieder vorgeworfen, wir sollen doch gefälligst Vorschläge machen. Dazu gilt grundsätzlich zu sagen, dass es erstens schon von Grund auf Aufgabe der Verwaltung mit seiner Spitze wäre, einen nachhaltigen Haushalt zu präsentieren und selbst Vorschläge zu präsentieren. Nur so hat man als Spitze der Verwaltung aber auch als politische Führungskraft ausreichend Verfügungsmasse für die Zukunft. Darüber hinaus ist es aus der laufenden Tätigkeit viel leichter Einsparvorschläge zu erarbeiten, als wenn man von außen den Haushalt durchleuchtet. Dazu muss eine Kultur der Haushaltskonsolidierung gelebt werden. Nur so ist nachhaltiges Sparen möglich. Darüber hinaus haben wir schon eine ganze Reihe an Vorschlägen gemacht. Aber dann hört man immer, dass hier nicht gespart werden kann. Aber geht nicht und kann nicht liegt oft in der will-nicht-Straße. Wenn nur jedes Sachgebiet 20.000 Euro der laufenden Ausgaben spart ist das jedes Jahre eine halbe Millionen Euro. Ich hätte mir in dieser Situation auch von Seiten der Verwaltung einige Beispiele erhofft, die in diese Richtung gehen. Oder nehmen wir das Beispiel Baxi – eine unbestritten gute und sinnvolle Einrichtung. Da wird im Fachausschuss der Vorschlag gemacht, dass man den Marketingbereich 60.000 Euro sparen kann. Die fachlich zuständige Kraft sagt wörtlich „damit kann ich leben“ und jetzt sind wir wieder bei 30.000 Euro. Nachdem im letzten Jahr 232.000 Euro für Werbung ausgegeben wurden, liegen wir nun bei 104.000 Euro. Dies steht überhaupt nicht im Verhältnis und da wird über das Ziel hinausgeschossen. Anderes Beispiel Aus- und Fortbildungen. Lagen wir hier 2013 noch bei 73.000 Euro sind in diesem Haushalt 156.000 Euro angesetzt. Klar Weiterbildung ist wichtig. Aber ist eine Verdopplung gerechtfertigt? Oder anderes Beispiel: wir versuchen hängeringend auch aufgrund von Vorgaben freiwillige Leistungen zu streichen, erleben aber auf der anderen Seite, dass wir uns an der Finanzierung von Einrichtungen in den nächsten fünf Jahren mit bis zu einer viertel Millionen Euro beteiligen. Diese Liste wäre leicht fortzusetzen – und dabei betone ich: Wenn wir von Einsparungen reden, müssen wir im Verwaltungshaushalt sparen. Eine Einsparung im Vermögenshaushalt ist zum einen eine einmalige Sache und zum anderen oftmals nur eine Verschiebung der Ausgaben. Zu guter Letzt können wir natürlich sagen: Naja, dafür haben wir ja jetzt die Haushaltskonsolidierung und stellen hierfür die Weichen. Dies ist sicherlich richtig und die ersten Rahmen werden dafür heute gesetzt. Aber zu sagen, für die Haushaltskonsolidierung ist das Gremium zuständig und nicht die Verwaltung, reicht nicht aus. Letztlich macht dieses Gremium auch nur Vorschläge, die durch Verwaltung und Politik umgesetzt werden müssen. An der Stelle auch ein herzliches Dankeschön schon vorab an Ernst Bayer und Kreiskämmerer Klaus Pöllmann, die in einer für mich schwierigen persönlichen Phase das Thema inhaltlich weiter angeschoben haben. Aber dazu an anderer Stelle mehr. Und zu guter letzt ein Punkt zur Höhe der Kreisumlage. Ich habe manchmal den Eindruck, dass sich unsere Haushaltsdebatten nur und ausschließlich um die Höhe der Kreisumlage drehen. Doch wenn wir den Haushalt nicht strukturell in den Griff kriegen, werden wir die Kreisumlage nie dauerhaft senken können. Summa summarum sind wir der Ansicht, dass der Haushalt 2015 ein Haushalt der Chancen hätte sein können, ein Haushalt der großen Schritte, ein Haushalt, der den Landkreis fit für kommende, vielleicht nicht so fette Jahre macht. Stattdessen haben wir hier einen Haushalt, der dieses Potential ungenutzt lässt und uns in der Zukunft vor allem durch die enorme Steigerung der laufenden Kosten enorme Probleme bereiten wird. Deshalb lehnt die Fraktion Zukunft Landkreis Tirschenreuth den Haushalt mit allen seinen Anlagen ab. Dr. Benjamin Zeitler Fraktionssprecher
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