Nein zum Ausländerwahlrecht

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A NA LYS E & M E I N U N G
Luxemburger Wort
Samstag, den 23. Mai 2015
A NA LYS E & M E I N U N G
Luxemburger Wort
Samstag, den 23. Mai 2015
Von wegen mehr Demokratie wagen!
Aveu de faiblesse
Gegen das Referendum vom 7. Juni, deshalb ein dreifaches „Nein“
VON HUBERT HAUSEMER *
Sehen wir einmal davon ab, dass dieses übers Knie gebrochene Referendum eigentlich nichts anderes ist als
ein politisches Manöver (eine bestimmte Partei soll moralisch unter
Druck gesetzt werden). Den Beweis
für diese Behauptung haben die Initiatoren des Referendums selbst erbracht, als sie die Frage zur Trennung
von Kirche und Staat zurückzogen und
damit viele Luxemburger frustrierten.
Von wegen mehr Demokratie wagen
und dem Volk mehr politische Partizipation gewähren! Der eigentliche
Fehler des Referendums aber besteht
darin, dass die restlichen Fragen, vor
allem die nach dem Ausländerwahlrecht, allzu Vieles voraussetzen und
zudem auf ungeklärten politischen
Grundbegriffen und Auffassungen beruhen. Das ist übrigens auch die Meinung der luxemburgischen Rechtswissenschaftlerin Michèle Finck, die in
einem äußerst lesenswerten Artikel in
der Nr. 349 der Zeitschrift FORUM
vom März 2015 gleich dreimal auf der
„Notwendigkeit einer
Diskussion im Vorfeld des Referendums“ besteht.
Die größte Verwirrung hat, wie
schon gesagt, zu tun
mit der Frage des Ausländerwahlrechts. Trotzdem zuerst einige Bemerkungen zu den andern Fragen. Die
Reduzierung des Ministermandats ist
eine Schnapsidee; eine Verjüngung
des politischen Personals bringt sie
allemal, aber wie steht es mit der Qualität und der Kompetenz der Neuen
angesichts der Komplexität der heutigen politischen Problemen? Die Herabsetzung des Wahlrechtsalters auf
16 Jahre ist dagegen durchaus bedenkenswert. Allerdings erfordert die
mangelhafte politische Kultur der Ju-
„
gendlichen, die durch Umfragen im
Ausland reichlich dokumentiert ist,
dass zuerst einmal Programme politischer Bildung für sie erarbeitet werden und schon in die Wege geleitet
sind, ehe das Wahlrecht gewährt werden kann. Nebenbei gefragt: was ist,
im Falle eines mehrheitlichen Ja zu
dieser Frage, mit den ausländischen
Jugendlichen, die ja eine der zwei Bedingungen des Wahlrechts mit Sicherheit nicht erfüllen?
Nun zum Ausländerwahlrecht. Ich
bin nicht prinzipiell dagegen, aber in
einem Referendum unter den jetzigen Umständen abzustimmen, ohne
auf die aus einem „Ja“ dazu erfolgenden Umwälzungen in den politischen
Konzepten auch nur hinzuweisen, ist
völlig unseriös. Es handelt sich im
Wesentlichen um folgende politische
Grundbegriffe, welche denn auch, was
kein Wunder ist, in der gegenwärtigen Diskussion oft völlig konfus gebraucht werden. Sie werfen u. a. folgende Fragen auf : Wer ist bzw. wann
ist jemand ein Staatsbürger (citoyen)? Welche Unterschiede gibt es
zur Schule gehen (!), hier ihre Freizeit
verbringen, am kulturellen und sportlichen Leben teilnehmen und sich hier
zu Hause fühlen, so ist eine solche Definition durchaus diskussionswürdig,
aber offizielles Gewicht und Bedeutung
hätte sie nur, wenn sie in der Verfassung stünde. Das aber setzt voraus, dass
darüber zuerst eine öffentliche Diskussion geführt wird; dann erst kann ein
Referendum stattfinden. Dann würde
nicht, wie das aber jetzt der Fall sein
könnte, eine neue Definition der Staatsbürgerschaft insgeheim, sozusagen incognito, in die Verfassung eingeschleust werden.
Diese Definition ist aber nichtsdestoweniger auch kritikwürdig. Es gibt
Grenzgänger, die alle die von Cruchten
aufgezählten Bedingungen erfüllen (zusätzlich die von ihm vergessene des
Steuernzahlens), außer natürlich dem
Wohnsitz. Heißt das nun, dass dieses
also die entscheidende Vorbedingung
und Charakteristik der Staatsbürgerschaft ist? Was ist dann aber in puncto
Staatsbürgerschaft und Wahlrecht mit
den Luxemburgern, die im Ausland
wohnen und nicht
einmal einen fiktiven Wohnsitz in
Luxemburg haben ?
Auch die Begriffe: Nation – Nationalität – Souveränität müssten öffentlich zur Diskussion
gestellt werden. Was bedeuten sie noch,
wenn erst einmal ein Ausländerwahlrecht eingeführt ist? Die Frage stellt sich
umso mehr, und eine Klärung vor jedem Referendum ist umso dringlicher,
als das Projekt einer neuen Verfassung
in ihrem Artikel 60 verkündet: „La
Chambre des Députés représente la
Nation“ (die alte, noch geltende Verfassung begnügte sich mit dem
schwammigen Ausdruck „pays“), und
der Artikel 3 lautet: „La souveraineté réside dans la Nation dont émanent les
Das Referendum ist ein groß angelegtes
aber nicht durchdachtes und
dementsprechend unseriöses Unterfangen.“
zwischen einem Staatsbürger und einem Einwohner (résident)? (Der luxemburgische und der deutsche
Wortlaut der Referendumsfrage tragen ihrerseits zur Konfusion bei, indem dort die Rede geht von „Matbierger“ und „Mitbürger“ statt von
„résident“ wie in der französischen
Fassung. Hier wird das zur Frage Stehende eigentlich schon vorweg entschieden!).
Wenn Yves Cruchten (siehe LW vom
11.5.2015) findet, Bürger seien alle diejenigen, die hier wohnen, arbeiten und
PAR BEN FAYOT *
pouvoirs de l'Etat“. Solange das Wahlrecht an die Nationalität gebunden ist,
was die neue Verfassung in ihrem Artikel 62,1 noch vorsieht, stellen die Artikel 3 und 60 kein Problem dar. Im Falle eines Ausländerwahlrechts aber
werden sie rundweg sinnlos. Dessen
müssten sich die Luxemburger Wähler
bewusst sein, ehe sie auf die betreffende Referendumsfrage antworten.
Nun gibt es von Mil Lorang (siehe LW
vom 9.5.21015) den Versuch, das Ausländerwahlrecht schmackhaft zu machen und zu rechtfertigen, indem er sich
auf einen Avis des Staatsrats vom 8. Oktober 2013 beruft. Diesem zufolge würden die Deputierten alle Einwohner des
Landes repräsentieren, also auch die
Ausländer. Dort heißt es nämlich:
„Chaque député est donc le représentant non pas de ses électeurs, mais du
pays entier, et l'article 111 de la Constitution fait obligation aux institutions de
prendre en compte les intérêts (hervorgehoben von H.H.) des étrangers qui
se trouvent sur le territoire du GrandDuché au même titre que ceux des Luxembourgeois“. Würde das stimmen,
dann müssten die Volksvertreter in der
Tat von allen, die sie vertreten, also
auch von den Ausländern, gewählt werden.
Das Problem ist nur, dass weder Mil
Lorang noch vor allem, und das ist ein
ernster und unverzeihlicher Fehltritt,
der Staatsrat die Verfassung genau gelesen haben, weder in der jetzt gültigen
noch in der vorgesehenen Fassung. In
besagtem Artikel 111 (Artikel 17 in der
neuen Verfassung) steht nämlich nichts
von „Interessen“ der Ausländer, sondern es heißt dort: „Tout étranger qui
se trouve sur le territoire jouit de la protection (hervorgehoben von H.H.) accordée aux personnes et aux biens“.
Und das ist auch nur normal, impliziert
aber keineswegs das Recht der Ausländer auf Beteiligung an nationalen
Wahlen.
Das Referendum ist demnach ein
groß angelegtes aber nicht durchdachtes und dementsprechend unseriöses
Unterfangen. Nicht als ob die zur Entscheidung anstehenden Fragen, vor allem diejenige nach dem Ausländerwahlrecht, nicht wichtige und brisante
Themen berührten. Umso weniger ist
ein Referendum das geeignete politische Mittel, diese überaus komplexen
Fragen angemessen zu erörtern und zu
adäquaten Entscheidungen zu kommen.
Nur kurz sei noch angemerkt, dass ein
Ja zu den drei Fragen kaum einen Beitrag leisten wird zu dem, was ohne
Zweifel das wahre Problem unserer
multikulturellen Gesellschaft ist, nämlich die soziale Kohäsion. Das gesellschaftliche Zusammenleben hängt aber
nicht nur und nicht in erster Linie vom
Wahlrecht ab (das viele Ausländer auch
in Zukunft sowieso nicht haben werden, angesichts der restriktiven Bedingungen). Diese Behauptung zu belegen
würde allerdings einen eigenen Artikel
erfordern.
Was bleibt demnach einem Gegner
des Referendums zu diesem Zeitpunkt
anderes übrig, als ein dreifaches „Nein“
zu äußern, da ja nur die Ja- und Neinstimmen gezählt werden ? Diese Entscheidung wird ihm höchstwahrscheinlich das Totschlagargument der
Jugend- und Fremdenfeindlichkeit einbringen, es sei denn, seine Argumente
werden fair zur Kenntnis genommen.
chen Institutionen, gezwungenermaßen mittelfristig auf eine Übersetzung oder eine mehrsprachige
Lösung zurückgegriffen werden
müsste.
3. die Wählerschaft sich spalten könnte in einerseits luxemburgische
Wähler und andererseits die verschiedenen ausländischen Wähler.
In solch einem Fall würden die ausländischen Wähler ein gewisses Potenzial an Parlamentssitzen darstellen und so müssten die Parteien aus
elektoralen Gründen die Partikularinteressen der einzelnen nationalen
Gemeinschaften stark berücksichtigen, etwa im Bereich der Sprachen,
des Schulsystems oder der Öffnung
des Öffentlichen Dienstes.
4. die Souveränität des Luxemburger
Staates in Frage gestellt wäre, etwa
im Bereich der Außenpolitik. Welche Bedeutung hätten dann noch Artikel 32 „la puissance souveraine réside dans la Nation“ und das im Völkerrecht verankerte Prinzip des
Selbstbestimmungsrechts der Völker („droit à l'autodétermination“)?
5. ein kurzfristiges Denken einsetzen
würde, da die ausländischen Bewohner, die sich nicht für die doppelte
Staatsangehörigkeit
entscheiden,
kein besonderes Interesse an der
langfristigen Zukunft des Landes
zeigen könnten.
6. die Wähler spalten würde in solche
mit Wahlrecht und solche mit Wahlpflicht.
7. die Motivation der ausländischen
Mitbürger für eine Integration durch
die doppelte Staatsangehörigkeit und
der damit verbundenen Pflichten,
mindern würde.
8. sich im Hinblick auf ein sogenanntes „Einwohnerwahlrecht“ die Frage
stellen würde, wo denn die 34 000
Auslandsluxemburger ihr Wahlrecht ausüben könnten. Denn nirgendwo sonst in Europa können luxemburgische Staatsangehörige an
Nationalwahlen teilnehmen.
Wir von „nee2015“ bevorzugen den
Weg der doppelten Staatsangehörigkeit, die seit ihrer Einführung im Jahre
2008 großen Erfolg hatte, um die politische Teilnahme der ausländischen
Mitbürger zu verbessern. Ausländische Einwohner können demnach Luxemburger werden und so das damit
verbundene aktive und passive Wahlrecht erlangen, ohne auf ihre ursprüngliche Staatsangehörigkeit zu
verzichten. Dazu müssen sie gewisse
Kenntnisse der luxemburgischen
Sprache aufweisen, also eine Pflicht erfüllen um zu einem Recht zu kommen.
Wir fordern die Politik auf, sich für
die Integration der ausländischen Mitbürger über die doppelte Staatsbürgerschaft stark zu machen: Unterstützt die ausländischen Mitbürger
beim Erlernen der Sprache, gebt ihnen
die Möglichkeiten hierfür, erleichtert
die Verwaltungslast und werbt für die
Luxemburgische Staatsangehörigkeit.
Seit über 100 Jahren ist Luxemburg
ein Einwanderungsland und viele Ausländer aus Italien, Portugal und der
ganzen Welt haben hier eine neue Heimat gefunden. Das Zusammenleben in
Luxemburg funktioniert größtenteils
einwandfrei, es gibt keine extremistischen Parteien, die ausländischen Mitbürger fühlen sich wohl in Luxemburg
und dies alles war und ist möglich ohne Ausländerwahlrecht.
Demnach stimmen wir am 7. Juni mit
Nein nicht um etwas zu verhindern,
sondern um das zu erhalten was Luxemburg seit vielen Generationen geprägt hat und uns stark macht: das
friedliche Zusammenleben, die soziale
Solidarität und der Zusammenhalt der
Gesellschaft.
(FOTO: GUY JALLAY)
* Der Autor ist Philosophielehrer i. R.
Nein zum Ausländerwahlrecht
VON FRED KEUP *
Die letzten veröffentlichten Umfrageergebnisse vom 7. Mai 2015 (Politmonitor) ergaben eine Mehrheit gegen das
Ausländerwahlrecht. Von den Befragten waren 53 Prozent dagegen, 40 Prozent dafür und 6 Prozent unentschlossen. Frühere Umfragen ergaben ein
noch deutlicheres Ergebnis, wie im
Dezember 2013: Damals gaben 61 Prozent der Befragten an, gegen das Ausländerwahlrecht zu sein. Die Fragestellung wurde zwischenzeitlich geändert, der einfachen Frage „Ja oder Nein
zum Ausländerwahlrecht bei Parlamentswahlen“ wurden drei Bedingungen zugefügt (zehn Jahre wohnhaft sein
in Luxemburg, vorherige Teilnahme
bei Europa- oder Gemeindewahlen und
nur aktives Wahlrecht).
Schon jetzt scheint klar zu sein, dass,
bei einer Einführung des Ausländerwahlrechts diese Bedingungen langfristig keinen Bestand haben. Wirtschaftsminister Etienne Schneider erwähnte anfangs 2013 die Bedingung eines nötigen Wohnsitzes von zwei bis
drei Jahren. Im Luxemburger Wort
vom 18. April 2015 stellte sich die Wirtschaftsvereinigung „Et ass 5vir12“ die
Frage, ob die Residenzklausel nicht
verkürzt werden sollte. Der Präsident
der Verfassungskommission, Alex Bodry, sagte im Wort-Interview vom 21.
April 2015, dass es zwar ehrlicher sei
die Residenzklausel von 10 Jahren in
der Verfassung zu verankern, er aber
persönlich Abstand halten würde. Es ist
also wahrscheinlich, dass die Bedingungen Schritt für Schritt abgeschafft
werden, so wie es im Übrigen mit dem
Ausländerwahlrecht bei Kommunalwahlen geschehen ist.
Auch die Idee, den Ausländern ein
aktives Wahlrecht zuzugestehen, ihnen jedoch das passive Wahlrecht, also das Recht für die Abgeordnetenkammer zu kandidieren, abzusprechen, scheint langfristig kaum haltbar.
Davon abgesehen, wäre es in einem demokratischen Sinne unlogisch, aktives
und passives Wahlrecht zu trennen.
Auch wird ein Ausländerwahlrecht,
das durch die Bedingungen auf ein Minimum reduziert ist und lediglich
30 000 ausländische potenzielle Wähler betreffen würde, den viel von der
Ja-Seite beschworenen „Demokratiedefizit“ wohl kaum korrigieren können.
Viele Wähler stellen sich im Hinblick auf den 7. Juni Fragen über den
Sinn und den Ursprung der Idee zum
Ausländerwahlrecht. Diese geht auf eine Konferenz im Januar 2013 während
eines Besuchs von Wirtschaftsminister Schneider in der Handelskammer,
damals unter der Führung von Pierre
Gramegna, dem heutigen Finanzminister. Weder die Luxemburger, noch die
ausländischen Einwohner zeigten damals ein großes Interesse daran. Es
stellt sich demnach die Frage, welche
eigentlichen Hintergründe dazu führten. Geht es hier darum, den Einfluss
des öffentlichen Sektors und der Rentner zu mindern, oder etwa um Stimmenfang bei einer ausländischen Wählerschaft die laut Politmonitor vom 4.
Mai bedeutend mehr Vertrauen in die
Regierung hat als die luxemburgischen Wähler?
Wir von der Initiative „nee2015“
bleiben skeptisch. Eine Idee, die auf den
ersten Blick durchaus akzeptabel erscheint, kann langfristig unabsehbare
Folgen haben. Das Ausländerwahlrecht bei Nationalwahlen würde dazu
führen, dass:
1. die Luxemburger als einzige Nation
Europas ihr nationales Parlament
aufgeben würden.
2. Die luxemburgische Sprache an Bedeutung verlieren würde, da im Parlament, eine der höchsten staatli-
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* Der Autor ist Gründungsmitglied der Initiative „nee2015“
Malgré tout ce qu’on peut dire de positif sur la participation directe du peuple, un référendum est aussi un couac
ou même un aveu de faiblesse du système politique dont il ne fait pas normalement partie intégrante. Au Luxembourg l’appel au peuple en dehors des
élections parlementaires est exceptionnel. Celui du 7 juin 2015 a lieu parce
que le système n’arrive pas à trouver
de majorité constitutionnelle pour modifier le texte fondamental sur lequel il
fonctionne. Peu importe qu’il soit consultatif ou contraignant, le Parlement
remet la décision entre les mains du
peuple.
Comme la société change, il faut
adapter en conséquence la charte fondamentale qui détermine la vie commune de la cité. Il n’est pas sûr que tout
le monde soit d’accord à ce sujet.
Or, nous vivons sur un système politique qui date de 1919, voire du 19e siècle par certains aspects. Nous choisissons nos élites politiques – les députés,
indirectement les ministres – par un
système électoral apparemment moderne, mais mâtiné d’un système de notables style 19e siècle. Ce système n’a
connu que de légères modifications depuis 1919. En 1954 nous avons abandonné le renouvellement en deux temps
de la Chambre. Nous avons reconnu entretemps les partis et la nécessité de les
financer pour en faire des instruments
politiques solides. Mais fondamentalement, rien n’a vraiment changé, sauf
que les grands bourgeois d’autrefois ont
été remplacés par les maires, les avocats et les fonctionnaires.
Face à un système politique immuable, les changements de la société
crèvent les yeux. L’apport des non-Luxembourgeois est de plus en plus nécessaire pour la prospérité économique, le maintien
de l’Etat social,
l’ouverture culturelle, bref pour le
dynamisme de la
société
luxembourgeoise.
Sans
tomber
dans le jeunisme,
on peut voir de ses
propres yeux que
les jeunes d’aujourd’hui ne sont plus ce
qu’étaient les jeunes d’il y a trente ans :
mûrs plus tôt pour certains aspects,
moins pour d’autres, mais nécessaires
pour bousculer une société vieillissante.
Le rôle de l’Eglise catholique comme
ciment de la société n’est plus ce qu’il
était. Voilà pourquoi certains auraient
voulu s’exprimer à ce sujet aussi.
Le 20 octobre 2013, une majorité introuvable pendant presqu’un siècle s’est
trouvée pour renvoyer le CSV toujours
dominant dans l’opposition et gouverner à sa place. Ainsi a été révélé que le
pays se répartit politiquement en deux
grandes familles : une famille de centre
gauche – libérale, verte, sociale-démocrate – disons plus ou moins progressiste à défaut d’un meilleur terme – et
une famille chrétienne et sociale – disons plutôt conservatrice faute de
mieux. Je passe sur tout ce qu’on peut
reprocher à une telle généralisation.
Mais pour le grand public, c’est là le tableau qui saute aux yeux. Aucune de ces
deux grandes familles n’est plus dominante, et c’est cela qui est essentiel dans
un pays qui a vécu cent ans avec un parti dominant.
Maintenant la campagne du référendum. Elle révèle, s’il en était besoin, la
difficulté de faire participer un peuple,
«
habitué à un système où l’acte politique
consiste essentiellement à choisir des
notables, à un débat politique de fonds.
Nous l’avons vécue en 2005 à propos
du Traité constitutionnel où l’argument
massue, finalement, pour l’emporter,
était l’engagement de la personne du
Premier Ministre Jean-Claude Juncker.
Nous la revivrons en 2016 ou 2017 quand
il faudra voter sur le projet de révision
constitutionnelle en 2e lecture par voie
de référendum, selon l’article 114 de la
Constitution. A ce moment, les chefs
politiques de la majorité, en premier lieu
le Premier Ministre, devront s’engager
autrement que dans la campagne pour
le 7 juin 2015.
Face aux changements de la société,
les trois questions posées au référendum du 7 juin 2015 n’ont de sens que si
elles sont le début d’une adaptation du
système politique dans son ensemble.
Ainsi, ce qui intéresse une population de plus en plus diverse en politique, peu au courant de la vie politicienne classique, connaissant de moins
en moins les notables locaux, ce sont
les grandes options et les majorités politiques. Mais tant que le panachage entre les partis existe, cela sera impossible, et tout le monde se retrouvera
dans le marais du centre. Passe encore
pour le panachage à l’intérieur d’une
liste, mais cela aussi affaiblit terriblement les partis face à leurs notables
– d’où ce truc d’une limitation autoritaire du mandat ministériel – et donc
aussi leur capacité à faire des choix politiques clairs.
Le pays est divisé en quatre circonscriptions. Déjà une majorité d’électeurs se prononce pour une circonscription unique. C’est de bon sens. En
1919 il y avait des divergences importantes entre le nord agricole et le centre et le sud urbain et industriel. Aujourd’hui, on traverse chaque jour les
frontières
des
quatre circonscriptions pour le
travail, les loisirs
ou la parentèle.
Nous sommes
en
démocratie
représentative, le
Parlement est le
premier pouvoir,
en principe. Il ne
l’est pas face à l’énorme machine de
l’exécutif qui fait de sa majorité ce qu’il
veut. Comment le renforcer? Comment
lui rendre le rôle du contrôleur efficace
de l’exécutif, sur le plan national comme
sur le plan européen, ou encore du donneur d’idées, au diapason de la société ?
Certes pas en multipliant les référendums. La Chambre a la responsabilité
de s’en occuper sérieusement ellemême et d’abord de demander à ses élus
qu’ils consacrent l’essentiel de leur activité politique au travail parlementaire
au lieu de l’éparpiller entre le mandat
parlementaire et le mandat local ou encore d’autres activités généralement
quelconques servant à cultiver leur popularité. Dans un pays qui fonctionne
avec deux niveaux de pouvoir seulement – le niveau national et le niveau
local – et alors que les communes fusionnent pour devenir des entités plus
fonctionnelles et de vrais contre-pouvoirs par rapport au centre, une répartition des tâches s’impose d’autant plus.
Or tant que le panachage … !
Quel que soit le résultat du 7 juin 2015,
la vie continue, la société continue de
changer, la politique ne doit pas être à
la traîne !
Face à un
système politique
immuable, les changements de la société
crèvent les yeux.»
* L'auteurt est un ancien député socialiste et professeur
e.r.