Der Kongress der Archäologen beginnt

Dienstag, 14. April 2015
Thurgau&Ostschweiz
Zürich dämpft die grüne Hoffnung
Nach den Wahlen in Zürich müssen sich die Thurgauer GLP und die Grünen auf einen Rückgang an Wählerstimmen im
Herbst einstellen. Die Idee einer gemeinsamen Listenverbindung ohne Sozialdemokraten dürfte einen Dämpfer erleiden.
SILVAN MEILE
FRAUENFELD. «Die Grünen wer-
den von ihrem eigenen Erfolg
eingeholt», sagt Jost Rüegg, Vizepräsident der Thurgauer Grünen. Die gesamte Politik bewege
sich bei Umweltthemen in eine
Richtung, welche die Grünen seit
30 Jahren vorgeben würden.
Doch zu wenig würde die Öffentlichkeit die Erfolge seiner Partei
in der Bildungs-, der Verkehrsund sogar der Wirtschaftspolitik
bemerken, bedauert Rüegg:
«Nach wie vor werden die Grünen in der Öffentlichkeit als Partei mit einem Thema, der Umwelt, wahrgenommen.» So erklärt sich Jost Rüegg auch das
schlechte Abschneiden an den
Zürcher Kantonsratswahlen. Am
vergangenen Sonntag erlitten
die Grünen des Nachbarkantons
eine herbe Niederlage mit sechs
Sitzverlusten. Die Wahlen im bevölkerungsreichsten Kanton gelten schweizweit als Gradmesser.
Sie sollen zeigen, wie sich die
politischen Kräfteverhältnisse
im Blick auf die eidgenössischen
Wahlen
vom
kommenden
Herbst verschieben können.
Die aktuelle Grosswetterlage
lässt die Grünen zusammen mit
den Grünliberalen im Regen stehen. Denn auch die GLP büsste
in Zürich fünf Sitze ein. Und dabei hatten genau diese beiden
Parteien im Thurgau Pläne gehegt, mit einer eigenen gemeinsamen Listenverbindung zusammen den Wahlerfolg zu suchen.
Mit dem Resultat aus Zürich
dürfte diese Idee einen Dämpfer
erlitten haben.
Hoffen auf Kulturland-Initiative
Das schlechte Resultat aus
Zürich liesse sich nicht einfach
auf die Thurgauer Politlandschaft übertragen, findet Rüegg.
Hier seien so starke Schwankungen zwischen den einzelnen
Wahlen nicht üblich. Ausserdem
sei es im Thurgau kürzlich mit
der Kulturland-Initiative zu ei-
Bild: EQ Images/Yoshiko Kusano
Das eidgenössische Parlament wird im kommenden Herbst neu bestellt.
nem Schulterschluss zwischen
den Grünen, den Bauern und
Teilen der CVP gekommen, was
sich aus Sicht der Grünen bei
den Wahlen auszahlen könnte.
Das liesse sie im Thurgau hoffnungsvoll in die Zukunft schauen, sagt Rüegg.
GLP will auf Wirtschaft setzen
«Unsere Chancen haben sich
nicht verbessert», gibt Stefan
Leuthold zu. Der Co-Präsident
der GLP Thurgau sagt, das Wahlresultat aus Zürich stimme seine
Partei nachdenklich. Für die
Grünliberalen gelte es, nun
nochmals neu zu analysieren,
mit welcher Partei sie eine Listenverbindung eingehen werden. Schon seit Wochen stellt
sich die Frage, wie sie ihren
Nationalratssitz verteidigen wol-
«SP alleine gehen lassen?»
FRAUENFELD. «Der Mut wäre grösser», sagt Jost Rüegg, Vizepräsident der Grünen Thurgau. Wenn
die Grünen und die Grünliberalen bei den Kantonsratswahlen
in Zürich nicht so viele Wählerstimmen verloren hätten, wäre
der Mut zu einer eigenen gemeinsamen Listenverbindung
zwischen den beiden Umweltparteien grösser gewesen, heisst
das. Bei den vergangenen Nationalratswahlen gingen die Grünen Thurgau mit den Sozialdemokraten eine Listenverbindung ein. Das würde wohl auch
bei den kommenden Wahlen im
Herbst der SP den Sitz sichern.
Doch gleichzeitig besteht für die
Grünen die verlockende Chance
eines eigenen Sitzgewinns, wenn
sie nur mit der GLP eine Listenverbindung eingingen und mehr
Stimmen als diese ergatterten.
«Können wir die SP alleine in
den Wahlkampf ziehen lassen?»,
stellt Jost Rüegg aber die Frage.
Denn der SP-Sitz von Edith GrafLitscher, die für linke Anliegen,
aber auch für grüne Politik einstehe, wolle er nicht gefährden.
Offensichtlich sind sich die Grünen aber uneinig. Deshalb wird
am 26. Mai die Mitgliederversammlung den Entscheid der
Listenverbindung fällen. Die
Idee des Alleingangs von Grünen
und GLP dürfte durch die Wahlverluste in Zürich aber kaum
Aufwind erhalten haben. (sme.)
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Ostschweizer
Familienforum
wird Elbi-Expo
Elternbildungsund Familienangebote aus den
Bereichen Bildung und Freizeit,
Spiel und Genuss stehen im Zentrum der ersten Thurgauer Erlebnis- und Bildungsmesse (Elbi-Expo). Mehr als 20 Anbieter
nehmen teil. Veranstalterin ist
die Thurgauische Arbeitsgemeinschaft für Elternorganisationen (Tageo). Die Messe findet
am Sonntag, 31. Mai, von 10 bis
17 Uhr im Berufsbildungszentrum Weinfelden statt und soll
alle zwei Jahre stattfinden.
Die Elbi-Expo ist das Nachfolgeprojekt des Ostschweizer
Familienforums, das dreimal im
Thurgau durchgeführt worden
ist, wie die kantonale Fachstelle
für Kinder-, Jugend- und Familienfragen mitteilt. Die Idee eines Elternbildungstages wurde
nach dem Vorbild der Elbi-Expo
Gossau 2013 weiterentwickelt.
Elternbildung gehört zu den
strategischen Zielen des Konzepts der Kinder-, Jugend- und
Familienpolitik 2014–2018 des
Kantons Thurgau. «Elternbildung soll für jede Familie selbstverständlich sein», wird TageoGeschäftsstellenleiterin Susanna
Fink in der Mitteilung zitiert.
WEINFELDEN.
Reto Scherrer als Moderator
len. «Wir müssen allenfalls den
Fokus verstärkt auf Wirtschaftsthemen legen», sagt Leuthold. In
Zürich ging jedenfalls die FDP
als grosse Siegerin aus dem Rennen. Und im Thurgau stehen die
Chancen der Liberalen somit
noch besser, den vor vier Jahren
an die GLP verlorenen Nationalratssitz zurückzugewinnen.
Die Grünliberalen Thurgau
hoffen nun nach dem schlechten
Abschneiden im Kanton Zürich
auf bessere Resultate der Wählerschaft im eigenen Kanton, bevor man sich auf Partner für
eine Listenverbindung festlegt.
«Noch sind Parlamentswahlen in
Weinfelden, Frauenfeld und
Kreuzlingen», sagt Leuthold.
Diese seien für die GLP Thurgau
der entscheidendere Gradmesser als Zürich.
Auf
dem
Elbi-Expo-Programm steht unter anderem der
Buchautor Herbert Renz-Polster. Er zeigt auf, was ein Kind
braucht, um gestärkt durchs Leben zu kommen, und welche
Rolle Eltern und Umfeld dabei
spielen. Der Buchautor und
Grossvater Heinrich Sprecher
lädt Grosseltern mit ihren Enkeln zum Mitmachen ein. Dabei
wird gesungen, gelacht und Bekanntes aufgefrischt sowie auf
Neues hingewiesen. Reto Scherrer, Radio- und Fernsehmoderator und Vater, diskutiert mit Vertretern aus Politik, Gemeinde,
Bildung und Elternbildung CH
die Frage: «Wer erzieht mein
Kind?» Das Theater Bilitz zeigt
das Animationstheater «Der
feine Unterschied», das die
Lust am Wahrnehmen anregen
soll. (red.)
TZ 14.4.15, S. 13
Der Kongress der Archäologen beginnt
Über die Erhaltung archäologischer Fundstätten diskutieren und beraten Wissenschafter aus der ganzen Welt bis 18. April in
Kreuzlingen. Die Eröffnungsfeier stellte daher Anforderungen an die Englischkenntnisse der Festredner.
dank des Einsatzes des Amtes für
Archäologie unter der Leitung
von Hansjörg Brem und Urs Leuzinger. Ein Dank gehe aber auch
an die Stadt Kreuzlingen und
Kreuzlingen Tourismus, «das die
Fäden bis Ende der Woche in
den Händen halten wird». Sie
hoffe, dass die Konferenz ein Erfolg werde und die Teilnehmer
Zeit fänden, einige interessante
Ziele am Bodensee zu sehen.
KURT PETER
KREUZLINGEN. Als zuständige Re-
gierungsrätin begrüsste Monika
Knill am Sonntagabend in der
Aula der Pädagogischen Maturitätsschule die angereisten Wissenschafter. Nach London, Amsterdam und Kopenhagen ist
Kreuzlingen der vierte Austragungsort des internationalen
Treffens «preserving archaelogical remains in situ», kurz «paris
5» genannt. «Ich nehme an, dass
niemand von Ihnen vorher von
Kreuzlingen gehört hat», sagte
Monika Knill auf Englisch zu den
rund 60 Zuhörern. Und manche
würden sich fragen, warum die
Konferenz in der Gemeinde
stattfinde. «Einer der Hauptgründe ist die Tatsache, dass wir
das 600-Jahr-Jubiläum des Konstanzer Konzils feiern», erklärte
die Regierungsrätin.
Von 1414 bis 1418 sei das ein
wichtiger Anlass für Europa und
den christlichen Glauben gewesen. Monika Knill ging in ihrer
www.thurgauerzeitung.ch
Viele Funde aus der Bronzezeit
Bild: Kurt Peter
Eröffnete den Kongress: Hansjörg Brem, Urs Leuzinger, Archäologen, Stadtammann Andreas Netzle, Regierungsrätin Monika Knill.
Ansprache auch auf die spezielle
Lage an der Grenze ein und die
damit notwendige, enge Zusammenarbeit zwischen der Schweiz
und Deutschland in der Bodenseeregion. «Die europäischen
Teilnehmer kennen vielleicht die
Interreg-Programme», erklärte
sie weiter. Schwerpunkt eines
Programms sei es gewesen, die
archäologischen Fundstellen unter Wasser zu schützen. Ein Projektpartner des Programms sei
die Universität Konstanz.
Monika Knill sprach von einem «gewaltigen Kraftakt und
Teamwork»,
den
Kongress
durchzuführen. Gelungen sei es
Internationalität
sei
für
Kreuzlingen normal, erwähnte
Stadtammann Andreas Netzle in
seinen – ebenfalls englischen –
Begrüssungsworten. Nicht nur
wegen der Lage an der Grenze:
«In Kreuzlingen sind 53 Prozent
der Bevölkerung Ausländer, sie
stammen aus 80 Nationen.» Die
Kongressteilnehmer
würden
dies aber nicht merken, zeigte
sich Netzle überzeugt, denn die
Kreuzlinger Bevölkerung sei
gastfreundlich, offen und tolerant. «paris 5» passe gut in die
Stadt, weil diese über Schulen
aller Bildungsstufen verfüge und
– wenn man Konstanz grosszügig dazurechne – gar über eine
Universität. Zudem weise die Region zahlreiche archäologische
Funde aus der Bronzezeit auf
und gehöre deshalb zum Weltkulturerbe der Unesco. Er rief die
Wissenschafter dazu auf, neben
dem Kongressprogramm, auch
die Freizeit am Bodensee zu geniessen.
Schutz der Pfahlbauten
Grund für die Ortswahl des
Kongresses waren die Initiativen
von Baden-Württemberg sowie
der Kantone Zürich und Thurgau
für den Schutz von Pfahlbauten
in den Seen der Region. «paris 5»
bildet auch den Schlussstrich
unter ein gemeinsames InterregIV-Programm sowie die erfolgreiche Kandidatur für die Aufnahme als Unesco-Welterbe. Die
Kongressteilnehmer werden an
zwei Tagen auch Kulturobjekte
in der Region besichtigen.
ÖV-Gesetz bleibt
fast unverändert
FRAUENFELD. Der Kanton Thurgau soll an die ungedeckten Betriebskosten der Ortsbusse einen
Beitrag zwischen 15 und 25 Prozent leisten. Die vorberatende
Kommission des Thurgauer
Grossen Rats hat den Entwurf
des Gesetzes über die Förderung
des öffentlichen Verkehrs entsprechend angepasst. Der Regierungsrat hatte in seiner Botschaft den Beitrag auf 15 Prozent
begrenzen wollen. Auswirkungen hat die Änderungen vorläufig keine. In den letzten Jahren
betrug
der
Kantonsbeitrag
20 Prozent, der Regierungsrat
senkte den Beitragssatz per 2016
jedoch in Zusammenhang mit
der Leistungsüberprüfung auf
15 Prozent. Im übrigen liess die
Kommission das Gesetz unverändert. Es handelt sich um die
kantonale Anpassung an die
Fabi-Vorlage, die im Februar
2014 in der eidgenössischen Abstimmung angenommen wurde.
Für den Kanton Thurgau bringt
sie eine Mehrbelastung von
7,2 Millionen Franken, für die
Gemeinden 3,6 Millionen Franken pro Jahr. (wu)