Rechtssätze des LVwG Oberösterreich März 2015 (3)

Rechtssätze des LVwG Oberösterreich
März 2015 (3)
Hinweis:
Die Rechtssätze des LVwG Oö werden von diesem zur Verfügung gestellt. Die Langfassungen der Entscheidungen können etwa 2 Monate nach dem jeweiligen Entscheidungsdatum über die Homepage des LVwG Oberösterreich (www.lvwg-ooe.gv.at) abgerufen werden. In gesammelter Form können diese Rechtssätze in der OnlineZeitschrift „Spektrum der Rechtswissenschaft“ (www.spektrum-der-rechtswissenschaft.at; seit Jänner 2013) sowie
im RIS eingesehen werden.
LVwG-550371 vom 3. April 2015
Abstract:
Mit Bescheid des LH von OÖ wurde dem Bf. die ihm zuvor erteilte Bewilligung zum Sammeln und Behandeln von
gefährlichen Abfällen entzogen. Begründend wurde dazu ausgeführt, dass der Bf. bereits drei Übertretungen des
AWG (Nichthochladen der Abfallbilanzen für die Jahre 2010, 2011 und 2012) begangen habe und dafür jeweils
eine Geldstrafe von Euro 100,− verhängt worden sei; diese seien bereits in Rechtskraft erwachsen. Dagegen
brachte der Bf. vor, dass er über keine eigene EDV-Anlage verfüge, die fälligen Bilanzen jedoch jeweils per e-mail
an den zuständigen Bezirkshauptmann und an den zuständigen Bundesminister übermittelt habe.
Normen: § 13 GewO; § 17 AWG; § 21 AWG; § 25a Abs. 2 AWG; § 8 AbfallbilanzV
Rechtssatz:
Wenngleich die Ausschließungsgründe des § 13 GewO nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage bei bloß
geringfügigen Verstößen gegen Formvorschriften im Anwendungsbereich des § 25a Z. 2 AWG nicht zum Tragen
kommen sollen, ist schon daraus, dass unter jenen in den Erläuterungen angeführten Beispielen das Unterlassen
der zeitgerechten Vorlage einer Abfallbilanz nicht aufgezählt ist, zu schließen, dass es sich insoweit nicht um
einen bloß geringfügigen Verstoß handelt. Zudem ist das rechtskräftige Straferkenntnis bei gesamthafter Würdigung nicht dahin zu verstehen, dass dem Bf. bloß angelastet wurde, die Abfallbilanzen nicht in Form einer XMLDatei übermittelt zu haben, sondern vielmehr, dass er diese jeweils nicht innerhalb der gesetzlichen Frist vorgelegt hat. Angesichts dessen, dass die in § 25a Abs. 2 Z. 2 AWG normierte Verpflichtung zur Vorlage der Abfallbilanz im Sinne der Judikatur des VwGH dem Schutz der Umwelt dient und sohin nicht bloß eine dreimalige Übertretung einer Formvorschrift vorliegt, erweist sich die Entziehung der Bewilligung wegen ex lege (vgl. § 25a Abs. 3
Z. 2 i.V.m. Abs. 6 AWG) nicht mehr gegebener Verlässlichkeit nicht als rechtswidrig.
LVwG-550050 vom 2. April 2015
Abstract:
Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes wurde über Antrag der Bf. festgestellt, dass durch den Abbruch eines
bestehenden Gasthauses und die anschließende Neuerrichtung eines Gebäudeprojektes, eines Murenablenkbauwerkes und diverse Maßnahmen am Badeplatz bei Einhaltung der vorgeschriebenen Auflagen die öffentlichen
Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes nicht verletzt werden. Weil das verfahrensgegenständliche
Grundstück innerhalb des 500-Meter-Schutzbereiches des Attersees liegt, sodass gemäß § 9 OöNSchG ohne
entsprechende behördliche Feststellung der Zulässigkeit jeder Eingriff in das Landschaftsbild verboten ist, das im
Rohbau befindliche Projekt jedoch in der Folge nicht in Entsprechung zum Feststellungsbescheid ausgeführt
worden sei, hat der Bezirkshauptmann den Bf. dazu aufgefordert, einen entsprechenden Rückbau vorzunehmen.
Dieser Aufforderung hat der Bf. aber unter Hinweis darauf, dass es sich nicht um gravierende Modifikationen
handle, nicht entsprochen, sondern einen neuerlichen Antrag auf Feststellung der Nichtbeeinträchtigung öffentlicher Interessen durch diese Änderungen gestellt. Dieser Antrag wurde von der Behörde mit dem beim LVwG OÖ
angefochtenen Bescheid abgewiesen.
Normen: § 3 OöNSchG; § 9 OöNSchG; § 58 OöNSchG
2
Rechtssätze:
* Um beurteilen zu können, ob durch eine bestimmte Maßnahme eine maßgebende Veränderung des Landschaftsbildes i.S.d. § 3 Z. 2 OöNSchG herbeigeführt wird, bedarf es einer Beschreibung des Landschaftsbildes,
wie es vor und nach Ausführung der betreffenden Maßnahme besteht, wobei der Dimensionierung des Vorhabens ein hoher Stellenwert zukommt. Wenn sich diesbezüglich aus den Feststellungen des vom Bf. beigezogenen Privatgutachters ergibt, dass das Objekt bei einer Gesamtlänge von 36 Metern lediglich um ca. 60 cm, also
um 2%, verlängert werden würde, so kann auf Grund dieser äußerst geringfügigen Dimensionierung nicht von
einem prägenden Gesamteindruck der Veränderung ausgegangen werden;
* Da auch die übrigen Einwände der Landesbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz keine derart prägenden Veränderungen des optischen Eindrucks, dass von einem Eingriff in das Landschaftsbild gesprochen werden
könnte, zu belegen vermochten, war der Beschwerde stattzugeben und festzustellen, dass durch die Neuerrichtung des Gebäudeprojektes öffentliche Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes nicht verletzt werden.
LVwG-400076/2 vom 31. März 2015
Abstract:
Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters wurde über den Bf. eine Geldstrafe in Höhe von Euro 43,− verhängt, weil
er sein KFZ ohne gültigen Parkschein in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt habe. Dagegen
brachte der Bf. vor, zum Vorfallszeitpunkt eine länger dauernde Ladetätigkeit durchgeführt zu haben.
Normen: Art. 6 Abs. 2 EMRK; § 6 OöParkGebG; § 5 VStG
Rechtssätze:
* Ist allein strittig, ob der Bf. während jenes Zeitraumes, in dem sein KFZ in der Kurzparkzone ohne gültigen
Parkschein abgestellt war, tatsächlich eine Ladetätigkeit durchgeführt hat oder nicht, so obliegt der Beweis dieser
Tatsache – unabhängig davon, dass es sich bei jenem dem Rechtsmittelwerber angelasteten strafbaren Verhalten nicht bloß um eine Ordnungswidrigkeit, sondern um ein Erfolgsdelikt handelt, sodass auch hinsichtlich des
Verschuldens die Beweislastumkehr des § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG nicht zum Tragen kommt – der belangten
Behörde;
* Vor diesem Hintergrund ist die Behörde dem vom Bf. erstatteten Vorbringen, drei schwere Möbelstücke angeliefert zu haben, im vorliegenden Fall nicht konkret in der Sache, sondern nur insoweit entgegen getreten, als sie
aus der Aussage der Zeugin, zu den beiden von ihr realisierten Beobachtungszeitpunkten (nämlich: 13:07 Uhr
und 13:28 Uhr des Vorfallstages) jeweils keine Vorgänge, die auf eine Ladetätigkeit hinwiesen, wahrgenommen
zu haben, darauf geschlossen hat, dass tatsächlich auch keine solche durchgeführt worden sei. Ein solcher
Schluss läge jedoch allenfalls nur dann nahe, wenn das Aufsichtsorgan das KFZ des Bf. den gesamten Zeitraum
über – also 21 Minuten lang – beobachtet hätte. Dies war jedoch, wie sich aus der Niederschrift der Behörde,
ergibt, offensichtlich nicht der Fall, weil darin dezidiert festgehalten ist, dass die Zeugin (erst) „um 13:28 Uhr wieder zu diesem Auto“ kam; dies kann bei verständiger Würdigung aber nichts anderes bedeuten, als dass sie sich
zwischenzeitlich eben anderswo aufgehalten hat;
* Geht man zudem bei lebensnaher Betrachtung davon aus, dass selbst angesichts dessen, dass beim zweiten
Mal auch noch eine Organstrafverfügung ausgestellt wurde, beide von der Zeugin vorgenommenen Beobachtungen dennoch kaum mehr als ein paar Minuten in Anspruch genommen haben, lässt sich insgesamt besehen aber
keinesfalls mit Sicherheit ausschließen, dass die Lieferung der drei schweren Möbelstücke nicht derart vor sich
gegangen ist, dass sich der Beschwerdeführer in jenen beiden kurzen Zeiträumen, in denen sein KFZ tatsächlich
vom Parkgebühren-Aufsichtsorgan in Augenschein genommen worden war, jeweils innerhalb des Gebäudes, und
zwar in Durchführung einer Ladetätigkeit, befunden hat;
* In weiterer Berücksichtigung des Umstandes, dass die im Ermittlungsverfahren der belangten Behörde unter
Wahrheitspflicht einvernommene Zeugin nicht dezidiert vorgebracht hat, das KFZ des Beschwerdeführers jeweils
für einen längeren Zeitraum – nämlich zumindest für einen solchen, der erforderlich ist, um einen Parkschein zu
lösen – beobachtet zu haben, geht daher das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich in freier Beweiswürdigung davon aus, dass der Beschwerdeführer zum Vorfallszeitpunkt tatsächlich eine Ladetätigkeit durchgeführt hat, und zwar insbesondere auch im Hinblick auf die Unschuldsvermutung des Art. 6 Abs. 2 EMRK, zumal
im Hinblick auf den inzwischen bereits verstrichenen Zeitraum von nahezu 21/2 Jahren nicht zu erwarten ist, dass
sich im Rahmen einer öffentlichen Verhandlung allenfalls noch Gegenteiliges ergeben könnte.
3
LVwG-600720 vom 25. März 2015
Abstract:
Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes wurde über die Bf. eine Geldstrafe von Euro 50,− verhängt, weil sie
die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 17 km/h überschritten habe. In ihrer dagegen
erhobenen Beschwerde hat die Bf. zunächst ausgeführt, das verfahrensgegenständliche KFZ selbst gelenkt zu
haben; in einer nach Fristablauf vorgenommenen Ergänzung der Beschwerde hat sie jedoch ihre Lenkereigenschaft wieder in Abrede gestellt.
Normen: § 20 StVO; § 27 VwGVG; § 19 VStG
Rechtssätze:
* § 27 VwGVG bindet das VwG an die in der Beschwerde vorgebrachten Gründe, auf die sich die Behauptung der
Rechtswidrigkeit der angefochtenen behördlichen Entscheidung stützt. Diese Regelung beruht auf dem prozessualen Grundsatz der Verfahrensökonomie, weil dadurch nicht alle Aspekte des behördlichen Verfahrens im
Rechtsmittelverfahren neuerlich aufgerollt werden müssen. Vom Bf. kann allerdings nicht verlangt werden, jedes
Detail, das er im Beschwerdeverfahren behandelt wissen will, auch explizit zu artikulieren. § 27 VwGVG ist somit
dahin zu verstehen, dass das verwaltungsgerichtliche Verfahren auf jene Themen beschränkt ist, die in der Beschwerde aufgeworfen werden.
* Vor diesem Hintergrund ist es daher einem Bf. dann, wenn er im Beschwerdeschriftsatz ausdrücklich angegeben hat, das KFZ selbst gelenkt zu haben, nach Ablauf der Beschwerdefrist nicht mehr möglich, seine Lenkereigenschaft wieder in Frage zu stellen und damit ein zusätzliches Beschwerdethema zu eröffnen. Dieser Rechtsansicht steht auch das Erkenntnis des VwGH vom 17.12.2014, Zl. Ro 2014/03/0066, nicht entgegen, weil diesem
nicht entnommen werden kann, dass von den von ihr (fristgerecht) vorgebrachten Beschwerdegründen auch
zugunsten einer bf. Partei abgewichen werden muss – dies insbesondere dann nicht, wenn es der Bf. aus prozesstaktischen Gründen (konkret: Eintritt der Verfolgungsverjährung hinsichtlich einer falsch erteilten Lenkerauskunft nach Beschwerdeerhebung) absichtlich unterlässt, einen bestimmten Grund in seiner Beschwerde anzuführen.
* Wenn einerseits ein Bf. keine Nachweise bezüglich seiner monatlichen Einkünfte und Unterhaltsverpflichtungen
beibringt und andererseits objektiv nachvollziehbare Gründe dafür vorliegen, an seinen Angaben zu zweifeln, ist
es vor dem Hintergrund der auch im Strafverfahren bestehenden Mitwirkungsverpflichtung des Beschuldigten
zulässig, im Zuge der Strafbemessung gemäß § 19 VStG dessen Einkommen zu schätzen sowie vom Nichtbestehen von Sorgepflichten auszugehen.
LVwG-200005 vom 23. März 2015
Abstract:
Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters wurde über den Bf. eine Geldstrafe in Höhe von Euro 70,− verhängt, weil
er jener Einrichtung, der er als Zivildienstleistender zugeteilt war, die ärztliche Bescheinigung für seinen Krankenstand erst verspätet vorgelegt habe. Dagegen hat der Bf. in seiner Beschwerde an das LVwG OÖ eingewendet,
dass seine Mutter das entsprechende Schreiben einer Chefärztin der OöGKK per Telefax zeitgerecht an die Zivildiensteinrichtung übermittelt habe.
Normen: § 23c ZDG; § 65 ZDG
Rechtssatz:
Ein Schreiben, mit dem der Bf. zu einem bestimmten – wenngleich nach dem Beginn seines unentschuldigten
Fernbleibens vom Dienst gelegenen – Termin zur chefärztlichen Untersuchung vorgeladen wurde, kann nicht als
Krankmeldung i.S.d. § 23c Abs. 2 ZDG gedeutet werden.
LVwG-600686 vom 23. März 2015
Abstract:
In seiner Beschwerde an das LVwG OÖ hatte der durch einen Rechtsanwalt vertretene Bf. lediglich unsubstantiiert behauptet, dass „der angefochtene Bescheid nicht rechtmäßig und nicht einschlägig“ sei.
Normen: § 9 VwGVG; § 27 VwGVG; § 63 AVG
4
Rechtssätze:
* Gemäß § 9 Abs. 1 Z. 3 VwGVG muss die Beschwerde die Gründe enthalten, auf die sich die Behauptung der
Rechtswidrigkeit stützt. Bereits aus dem Wortlaut dieser Bestimmung ergibt sich eindeutig, dass die bloße Behauptung, ein Bescheid sei nicht rechtmäßig und nicht einschlägig, nicht ausreichend sein kann; vielmehr muss
eine solche Behauptung jeweils auch begründet werden. An die Begründung eines Rechtsmittels dürfen nach der
ständigen Rechtsprechung des VwGH zu § 63 Abs. 3 AVG zwar keine besonders strengen Voraussetzungen
gestellt werden (vgl. z.B. VwGH vom 21.2.1995, Zl. 95/05/0010 und vom 29.6.2005, Zl. 2003/04/0080); es muss
aber zumindest erkennbar sein, aus welchen Erwägungen die Partei die Entscheidung der Behörde bekämpft
(vgl. z.B. VwGH 30.1.2001, 99/05/0206) und womit sie vermeint, ihren Standpunkt stützen zu können (vgl. z.B.
VfSlg 11597/1988). Aufgrund dieser Rechtsprechung muss nach hg. Ansicht zumindest von einem berufsmäßigen Parteienvertreter verlangt werden, dass er angibt, warum seiner Meinung nach die bekämpfte Entscheidung
rechtswidrig ist;
* Für das verwaltungsgerichtliche Verfahren gilt dies deshalb umso mehr, weil das Verwaltungsgericht gemäß §
27 VwGVG den bekämpften Bescheid – soweit die Behörde nicht unzuständig war – aufgrund der Beschwerde (§
9 Abs. 1 Z.3 und 4 VwGVG) auf seine Rechtmäßigkeit zu prüfen hat. Die Beschwerdegründe und das Beschwerdebegehren bestimmen daher nach dem Gesetzeswortlaut (zumindest grundsätzlich) den Prüfungsumfang.
Wenn diese Bestimmung auch nicht streng im Sinne einer starren Beschränkung der Kognitionsbefugnis der
Verwaltungsgerichte verstanden werden darf (vgl. VwGH 17.12.2014, Zl. Ro 2014/03/0066), so darf sie doch
auch nicht völlig außer Acht gelassen werden. Auf Grund dieser Regelung sind die Formalerfordernisse, welche
an die Beschwerdebegründung und das Begehren (§ 9 Abs. 1 Z. 3 und 4 VwGVG) zu stellen sind, wohl tendenziell strenger zu sehen als jene, die der VwGH an den „begründeten Berufungsantrages“ des § 63 Abs. 3 AVG
gestellt hat, keinesfalls aber weniger streng. Im konkreten Fall enthält die Beschwerde überhaupt keine Begründung, warum der bekämpfte Bescheid rechtswidrig sein soll, weshalb für das Verwaltungsgericht konsequenterweise auch (mit Ausnahme der Zuständigkeit) nichts zu prüfen bleibt;
* Der Beschwerde fehlt – mit Ausnahme eines Ersuchens um eine Eingangsbestätigung – zudem jegliches „Begehren“ i.S.d. § 9 Abs. 1 Z.4 VwGVG. Der Bf. hat die fehlenden Angaben trotz Aufforderung und Hinweis auf die
Rechtsfolgen nicht nachgereicht, weshalb seine Beschwerde gemäß § 38 VwGVG i.V.m. § 13 Abs. 3 AVG zurückzuweisen war.
LVwG-850219 vom 19. März 2015
Abstract:
Mit Bescheid der Kammer der Wirtschaftstreuhänder wurde dem Bf. die Berechtigung zur selbständigen Ausübung von Wirtschaftstreuhandberufen wegen Wegfalls der Vertrauenswürdigkeit entzogen. Begründend wurde
dazu ausgeführt, dass der Bf. mit Urteil des LG Wels wegen eines Verbrechens gemäß § 201 StGB zu einer
Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt worden sei.
Normen: Art. 6 EMRK; § 8 WTBG; § 9 WTBG; § 97 WTBG; § 104 WTBG; § 24 VwGVG
Rechtssätze:
* Das Ruhen der Berufsbefugnis gemäß § 97 Abs. 1 WTBG ist die Rechtsfolge eines vorübergehenden Verzichts
eines Berufsberechtigten auf die Ausübung seines Wirtschaftstreuhandberufes; davon zu unterscheiden ist der
Widerruf der durch öffentliche Bestellung erteilten Berufsberechtigung gemäß § 104 Abs. 1 WTGB, der zum
Rechtsverlust und zur Streichung aus der Liste der Wirtschaftstreuhänder (§ 106 WTBG) führt, weshalb es zum
Wiedererlangen der Berufsbefugnis eines neuen Bestellungsverfahrens nach den §§ 59 ff WTBG bedarf. Der
Anzeige auf Beendigung des Ruhens gemäß § 97 Abs. 4 WTBG sind zwar auch Belege zum Nachweis der Erfüllung der allgemeinen Voraussetzungen gemäß § 8 Abs. 1 WTBG anzuschließen, die Wiederaufnahme der Berufstätigkeit kann aber erst nachträglich gemäß § 97 Abs. 5 WTBG durch Bescheid untersagt werden (Untersagungsvorbehalt).
* Wegen des strukturellen Unterschiedes von Ruhen und Widerruf der Berufsbefugnis bzw. der durch öffentliche
Bestellung erteilten Berufsberechtigung kommt ein Widerruf gemäß § 104 Abs. 1 WTBG unter den dort genannten Voraussetzungen auch dann in Betracht, wenn der Berufsberechtigte zuvor die Befugnis zur Ausübung seines
Wirtschaftstreuhandberufs gemäß § 97 Abs. 1 WTBG ruhend gemeldet hat, zumal er dadurch die Berufsberechtigung mit dem Recht zur selbständigen Ausübung eines Wirtschaftstreuhandberufs nicht verloren hat.
* Der Widerrufsgrund i.S.d. § 104 Abs. 1 WTBG des Wegfalls der gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 WTBG vorausgesetzten
besonderen Vertrauenswürdigkeit ergibt sich aus der Regelung des § 9 Z. 1 und Z. 2 über bestimmte, noch ungetilgte und nicht auskunftsbeschränkte Verurteilungen, die eine Vertrauenswürdigkeit ex lege ausschließen. Fallbezogen lag durch die rechtkräftige gerichtliche Bestrafung wegen Vergewaltigung nach § 201 Abs. 1 StGB zu
einer teilbedingten Freiheitsstrafe von drei Jahren eine die besondere Vertrauenswürdigkeit ausschließende Verurteilung i.S.d. § 9 Z. 1 lit. a WTBG (wegen einer Vorsatztat zu einer mehr als dreimonatigen Freiheitsstrafe) vor,
der Tatbestandswirkung zukommt. Bei Prüfung dieses Merkmals handelt es sich um keine Vorfrage, sondern um
5
die Feststellung einer Tatsache. Durch eine angestrebte oder beantragte Wiederaufnahme des Strafverfahrens
wird diese Verurteilung noch nicht beseitigt. Sie ist daher weiterhin der Entscheidung zugrunde zu legen (vgl.
m.w.N. VwGH 12.09.2013, Zl. 2013/04/0075).
* Dem Antrag des Bf., persönlich zu seiner besonderen Vertrauenswürdigkeit sowie den Umständen des gegenständlichen Falles Stellung nehmen zu wollen, war mangels Verfahrensrelevanz nicht zu entsprechen, weil für die
Lösung des Falles ausschließlich auf die unbestrittene, seine Vertrauenswürdigkeit ausschließende Tatsache der
strafgerichtlichen Verurteilung wegen Vergewaltigung gemäß § 201 Abs. 1 StGB abzustellen ist (Tatbestandswirkung!) und dabei kein Raum für weitere Erörterungen bleibt. Da der relevante Sachverhalt geklärt und unbestritten war, ausschließlich Rechtsfragen aufgeworfen wurden und die Entscheidung auf Grund der Akten und des
schriftlichen Vorbringens möglich war, konnte im Interesse der Verfahrensökonomie vom grundsätzlichen Recht
auf mündliche Verhandlung vor einem Tribunal gemäß Art. 6 Abs. 1 EMRK eine Ausnahme gemacht werden (vgl.
insb. EGMR 18.07.2013, 56422/09). Ungeachtet des Parteienantrags konnte das Verwaltungsgericht von einer
Verhandlung absehen, weil die Akten erkennen ließen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der
Rechtssache nicht erwarten lässt und dem auch Art. 6 Abs. 1 EMRK nicht entgegensteht (vgl. die VwGHJudikatur zum vergleichbaren § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG).