Gründerszene in Deutschland: Endlich durchstarten ohne Hindernisse Januar 2016 Thesenpapier vom Liberalen Institut der Friedrich-Naumannn-Stiftung für die Freiheit Innovative Existenzgründungen gestalten unsere wirtschaftliche Zukunft. Mit neuen Geschäftsideen und innovativen Produktangeboten für die Verbraucher bringen sie frischen Wind in den Wettbewerb. Sie sind ein wichtiger Motor für Wohlstand und Beschäftigung. Und für viele Gründer ist das eigene Unternehmen Ausdruck von Individualität und wirtschaftlicher Freiheit. Aller Anfang ist unnötig schwer Eine Geschäftsidee wird nicht von allein zum fertigen Produkt. Zunächst müssen aus den neuen Geschäftsideen marktfähige Produkte entstehen. Dazu ist qualifiziertes Personal und Geld nötig. Der Wettbewerb beginnt also schon auf dem Arbeits- und Kapitalmarkt, bevor mit neuen Produkten oder Dienstleistungen um die Verbraucher gewetteifert werden kann. Zuvor müssen aber noch die Hürden des Staates überwunden werden, sei es der bürokratische Aufwand bei der Gewerbeanmeldung, das komplizierte Steuerrecht, die Arbeitsmarktregulierung sowie die Auflagen und Regulierungen der eigentlichen Produkte. Noch vor dem ersten Umsatz steht schon die erste Umsatzsteuererklärung an. Dass nach aktuellen Analysen des Mannheimer Zentrums für empirische Wirtschaftsforschung (ZEW) die Innovationsausgaben der kleineren Mittelständler, anders als bei den Großunternehmen, in der vergangenen Dekade gesunken sind, deutet darauf hin, dass es hierzulande nicht leichter geworden ist etwas Neues auf den Weg zu bringen. 1 Der jüngst veröffentlichte Deutsche Startup-Monitor 2015 zeigt, wo jungen Unternehmen der Schuh drückt, wenn es um die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen geht. Mehr als die Hälfte der Befragten erwarten von der Bundesregierung eine Verbesserung von Gesetzen und Regularien, sie fordern den Abbau von Bürokratie, praxistauglichere Gesetze, weniger Regulierung und ein vereinfachtes Steuersystem. Den Gründern geht es hier ähnlich wie anderen kleinen und mittleren Unternehmen (KMU). Das bestätigen sowohl die Unternehmensumfragen der Mannheimer Wirtschaftsforscher (Innovationsbericht 2015) als auch des Deutschen Industrie- und Handelstags (DIHK-Innovationreport 2015/16). Damit wird der Bundesregierung sehr deutlich bescheinigt, dass die Distanz zwischen ihren politischen Absichtserklärungen und der Realität noch immer recht groß ist. Innovative Unternehmen brauchen einen flexiblen Staat Gründer haben es besonders schwer die Hürden von Bürokratie und Regulierung zu überwinden. Ihnen fehlt anders als großen Firmen ein Personalapparat, der sich mit viel Fleiß und juristischem Geschick durch das Dickicht von Gesetzen, Verordnungen oder aber Förderbedingungen schlagen kann. Kein Wunder das der Staat diesbezüglich im DIHK-Innovationsreport 2015 gerade von kleinen Unternehmen besonders schlechte Noten bekommt. Viele Unternehmen fühlen sich von unkalkulierbaren Plan- und Genehmigungsverfahren ausgebremst. Mit den innovativen Geschäftsideen der Gründer werden wir Verbraucher gleich mit auf die Wartebank geschoben. Nur wer wagt, der gewinnt Hierzulande gilt die Beschaffung von Wagniskapital für innovative Unternehmen als schwieriges Unterfangen. Das trifft gerade für kleine Unternehmen zu. Für die stärker risikobehafteten Projekte innovativer Unternehmen kommt die klassische Bankenfinanzierung häufig nicht in Frage. Mehr Wagniskapital muss her. Nach wie vor beklagt die Gründerszene unzureichende Rahmenbedingungen für die 2 Wachstumsfinanzierung. Statt den Bürgern die Teilhabe an den unternehmerischen Gewinnen der Zukunft zu erleichtern, lenkt der Staat ihre Ersparnisse durch seine Vorgaben für Lebensversicherer und Versorgungswerke zu einem großen Teil in niedrig verzinste Staatsanleihen. Die Belastungen der zur Wachstumsfinanzierung erforderlichen Gewinne sind einfach zu hoch. Es reicht nicht, dass die Bundesregierung mit staatlichen Zuschüssen mehr Investoren locken will, wenn der Fiskus die Investorengewinne gleich wieder kassiert. Hier ist die Unsicherheit unter den internationalen Geldgebern sehr groß. Ihnen droht die Doppelbesteuerung, weil noch immer nicht festgelegt wurde, in welchen Fällen sie in Deutschland gewerbesteuerpflichtig sind. Konkrete Handlungsempfehlungen für bessere Rahmenbedingungen für Wagniskapital hat die Bundesregierung jüngst auch von ihren eigenen Beratern bekommen. Auch die Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) forderte in ihrem Jahresgutachten 2015 von der geplanten Einführung einer generellen Steuerpflicht auf Veräußerungsgewinne bei Streubesitzanteilen an Kapitalgesellschaften abzusehen, da diese auch Investitionen von Wagniskapitalgeber und Business Angels in Startups unattraktiver machen würde. Forderungen des Bundesrats nach einer höheren Besteuerung der Fonds-Initiatorenvergütung erteilten die Sachverständigen ebenso eine Absage, wie Einschränkungen der Investitionsmöglichkeiten von Versicherungen und Versorgungswerken in Wagniskapitalfonds. Ähnlich äußerte sich der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung im Jahresgutachten 2015/16. Die Wirtschaftsweisen kritisierten die Benachteiligung der Beteiligungsfinanzierung im deutschen Unternehmenssteuerrecht und forderten stattdessen eine Zinsbereinigung des Grundkapitals zur Beseitigung dieser Verzerrungen. Eine Beseitigung alter Fehler im Steuerrecht sei allemal sinnvoller als die Schaffung neuer Subventionstatbestände durch Investitionszuschüsse zweifelhafter Wirkung. 3 Mit der Arbeitsmarktpolitik auf Gründerkurs Innovationen und innovative Produkte sind auf schlaue Köpfe und geschickte Hände angewiesen. Deshalb werden von den Gründern auch arbeitsmarktpolitische Weichenstellungen erwartet. Das komplizierte Arbeitsrecht macht den Startups besonders schwer zu schaffen, sind doch gerade sie auf einen flexiblen Arbeitsmarkt angewiesen. Fast die Hälfte aller befragten im Deutschen Startup-Monitor 2015 befragten Gründer erwartet einen negativen Einfluss des Mindestlohns, auch wegen der zusätzlichen Bürokratie, die mit dem Mindestlohngesetz auf die Unternehmen zukommt. Immer wieder beklagt wird der Mangel an qualifizierten Facharbeitern sowie Fach- und Hochschulabsolventen. Da es nicht immer einfach ist rasch an qualifiziertes Personal zu kommen, sind die bürokratischen Hürden bei der Einstellung ausländischer Mitarbeiter ein besonderes Ärgernis. Gründerförderung ist nicht nur eine Frage staatlicher Fördergelder Viele Startups vermissen eine bessere Interessenvertretung und mehr Verständnis für die Besonderheiten der Gründerszene, wobei eher der Umgang der Behörden mit den Belangen der Gründerszene gemeint ist als die finanzielle Förderung durch die öffentliche Hand. Zwar wird der Gründungsförderung durch den Staat in Umfragen ein hoher Stellenwert eingeräumt, doch geht es hier eher um Klasse statt Masse. Noch immer krankt das staatliche Engagement bei der Gründerfinanzierung an unpassenden Förderprogrammen, hohem Aufwand für die Beantragung und verzögertem Mittelzufluss. Gründer erwarten individuellere und effektive Förderung, sehen aber finanzielle Entlastungen durch den Staat genauso als Gründungsförderung an. Diesbezüglich ließe sich im Steuerrecht im Interesse der Gründerszene so manches vereinfachen. Verbesserte Abschreibungsregeln, etwa bei der degressiven AfA, die gerade zu Investitionen in hochinnovative Technik mit intensiven, aber kurzem Nutzungshorizont passt, gelten gerade bei innovativen Gründungen mit hohen Anfangsinvestitionen als entlastend. Daneben werden im DIHK-Innovationsreport 2015 4 zusätzlich eine Anhebung der Grenze für Sofortabschreibungen, der Verzicht auf gewerbesteuerliche Hinzurechnungen und eine Verbesserung der Verlustrechnungen genannt. Seit längerem im Gespräch ist zudem eine steuerliche Forschungsförderung, die ausgestaltet als Steuergutschrift auch Gründern zugutekommen würde, wenn diese noch nicht in der Gewinnzone wären. Offenbar bieten sich viele Möglichkeiten an den Weg der Gründer zum Erfolg zu ebenen. Gründermut braucht eine mutige Gesellschaft Wenn sich ein nicht unbedeutender Anteil der Startups mehr gesellschaftliche Akzeptanz für Unternehmensgründungen erhofft, dann richten sich die Erwartungen vor allem an die staatliche Bildungspolitik. Schon in der Schule, dem Studium und der beruflichen Ausbildung wird der Grundstein für ein gesellschaftliches Umfeld gelegt, in dem dynamische, kreative und risikofreudige Unternehmungen gedeihen können. Der Erfolg innovativer Produkte und Dienstleistungen steht und fällt mit der Akzeptanz in der Bevölkerung. Offenheit für Neues und das Verständnis für Chancen und Risiken neuer Technologien sind dafür unabdingbar. Unternehmerische Initiative muss wieder mehr gesellschaftliches Sexappeal gewinnen. Defizite in der Vermittlung unternehmerischer Kompetenzen sollten schnell überwunden werden. Es fehlt an Akzeptanz für das Unternehmertum in der Bevölkerung, zu selten die Übernahme von Risiken wird honoriert und das Scheitern gilt allzu oft als Makel. Deutschland braucht ein Bildungssystem, dass nicht nur die fachliche Qualifikation der Bürger fördert und die Berufspraxis im Auge behält, sondern auch ein gesellschaftliches Umfeld schafft, in dem der Mut zu etwas Neuem und dem damit verbundenen unternehmerischen Risiko weniger Überwindung kostet. 5 Quellen: Deutscher Industrie- und Handelstag e.V., Hrsg. (2015): DIHK-Innovationsreport 2015/2016: Mittelstand fällt zurück, Ergebnisse einer Befragung der IHK-Organisation bei 1000 innovativen Unternehmen Expertenkommission Forschung und Innovation (2015): Gutachten zu Forschung, Innovation und technologischer Leistungsfähigkeit Deutschlands 2015 Pierre Audoin Consultants (PAC), Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) (2012): Analyse von Wachstumshemmnissen kleiner und mittlerer Unternehmen am Beispiel der IT-Branche, Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi) S. Ripsas, S. Tröger (2015): 3. Deutscher Startup Monitor (2015), Bundesverband Deutscher Startups e. V. (BVDS) Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (2015): Zukunftsfähigkeit im Mittelpunkt, Jahresgutachten 2015/2016 Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (2016): Innovationsverhalten der deutschen Wirtschaft, Indikatorenbericht zur Innovationserhebung 2015 Herausgeber Friedrich-Naumannn-Stiftung für die Freiheit Karl-Marx-Str. 2 14482 Potsdam Verantwortlich Liberales Institut Reinhardtstraße 12 | 10117 Berlin | [email protected] 6
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