in Usbekistan Kein Leugnen und Vertuschen mehr Die Kampagne gegen Folter in Usbekistan in Usbekistan Amnesty International in Usbekistan 3 Gezwungen, das eigene Schicksal mit einer Unterschrift zu besiegeln Angehörige der Sicherheitskräfte in Usbekistan setzen Folter ein, um Männer und Frauen zum Unterzeichnen falscher Geständnisse zu zwingen. Die dabei angewandte Brutalität ist unvorstellbar: Elektroschocks, Schläge, Vergewaltigung, sexuelle Erniedrigung. Das Ziel ist simpel: eine Unterschrift erzwingen. Die Folgen sind eindeutig: Richter_innen stützen sich bei der Urteilsfindung auf diese „Geständnisse“. © Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e. V. April 2015 Art.Nr. 2115 V.i.S.d.P.: Markus N. Beeko Redaktion: Barbara Hohl Layout: Rüdiger Fandler, Berlin Titelbild: Briefe, die von Folterüberlebenden geschrieben und aus Gefängnissen in Usbekistan geschmuggelt wurden. © Association for Human Rights in Central Asia Übersetzung der englischsprachigen Broschüre: „Stop the secret and lies. The campaign to stop torture in Uzbekistan.“ (Index: EUR 62/1333/2015) Verbindlich ist das englische Original. www.amnesty.org „[Die Sicherheitskräfte] ketten Häftlinge mit Handschellen an Heizkörpern fest. Ich habe gesehen, wie einigen mit Baseball schlägern die Knochen gebrochen wurden. Nachts hörte ich Schreie, die klangen, als würde jemand von einem Rudel Wölfe angegriffen.“ Vahit Güneş, Folterüberlebender Folter wird in Usbekistan eingesetzt, um „Geständnisse“ zu erzwingen und Häftlinge bereits vor der Anklageerhebung und dem Verfahren einzuschüchtern und zu bestrafen. Die Gerichte verlassen sich bei der Urteilsfindung in hohem Maße auf derartige „Geständnisse“. Richter_innen ignorieren regelmäßig Folter- oder Misshandlungsvorwürfe oder tun diese als unbegründet ab – selbst dann, wenn glaubwürdige Beweise vorliegen. 2014 befand ein Gericht zwei Männer der Zugehörigkeit zu einer in Usbekistan verbotenen islamis- tischen Partei für schuldig und verurteilte sie zu je zehn Jahren Haft. Beide Männer stritten die gegen sie erhobenen Anklagen ab und erklärten vor Gericht, dass Sicherheitskräfte sie mittels Folter zum Unterschreiben falscher Geständnisse gezwungen hätten. Die Sicherheitskräfte hätten ihnen Brandwunden zugefügt, indem sie ihre Hände und Füße gegen einen heißen Ofen gedrückt hätten. Zudem habe man ihnen Finger- und Zehennägel ausgerissen. Der zuständige Richter hörte die Vorwürfe der beiden Männer schweigend an und ließ die erzwungenen Geständnisse anschließend als Beweismittel zu. „Ich konnte die Folter nicht mehr ertragen, deswegen [habe ich das Geständnis unter schrieben]. Wenn Sie mir nicht glauben, schauen Sie sich meinen Arm an.“ Ein Folterüberlebender vor Gericht 4 in Usbekistan Amnesty International in Usbekistan Russland Kasachstan Aralsee Usbekistan Aserbaidschan Die Verfassung von Usbekistan enthält ein klares Folterverbot. In Artikel 26 heißt es: „Niemand darf Folter, Gewalt und anderer grausamer oder erniedrigender Behandlung ausgesetzt werden.“ Die Realität sieht jedoch ganz anders aus. Usbekistan gehört zu den repressivsten und autoritärsten Ländern der Welt. Wer in seinem Lebensstil von den strikten Normen abweicht, riskiert, ins Visier der Behörden zu geraten. Alles wird überwacht. Ganze Familien werden bedroht, wenn ein Familienmitglied Kritik äußert. Im Mai 2005 töteten Sicherheitskräfte in der Stadt Andischan Hunderte überwiegend friedlich Demonstrierende. Die Behörden gehen rigoros gegen Andersdenkende vor. Unabhängige Journalist_innen und zivilgesellschaftlich engagierte Personen werden drangsaliert, ihre Kommunikation wird abgehört. Selbst Menschenrechtsverteidiger_innen, die im Exil aktiv sind, stehen unter Überwachung. Die Religionsausübung unterliegt strengen Vorschriften. Beispielsweise lässt die Regierung Muslim_innen verfolgen, die in Moscheen beten, die nicht der staat lichen Kontrolle unterliegen. Die usbekische Regierung streitet dennoch ab, dass Folter in Usbekistan ein Problem darstellt. Gleichzeitig stellt die internationale Gemeinschaft ihre eigenen Interessen über die Bekämpfung von Menschenrechtsverletzungen in Usbekistan und schaut weg. Turkmenistan Kaspisches Meer Eine öffentliche Plakatwand in Usbekistan. Darauf heißt es: „Die Verfassung – ein Symbol der Freiheit“. Die Verfassung enthält auch ein Folterverbot. © Aleksey Volosevich Taschkent Kirgisistan Tadschikistan CHINA Afghanistan IRAN Nepal Pakistan Saudi-Arabien Oman Arabisches Meer Jemen Somalia Indischer Ozean INDIEN 5 6 in Usbekistan Amnesty International in Usbekistan Wer ist in Gefahr? Folter ist in Usbekistans Strafjustizsystem weit verbreitet. Jeder, der von Angehörigen der Sicherheitskräfte inhaftiert wird, ist in Gefahr, gefoltert zu werden. Dies betrifft auch Personen, die wegen gewöhnlicher Straftaten wie Diebstahl angeklagt sind. Dennoch gibt es einige Personengruppen, die besonders häufig Opfer von Folter werden. Dazu gehören solche, die bei den Behörden in Ungnade gefallen sind, wie ehemalige Beamt_innen und Polizist_innen oder Unternehmer_innen. Auch Männer und Frauen, die wegen „staatsgefährdender“ oder terroristischer Straftaten angeklagt sind oder verurteilt wurden, sind besonders häufig von Folter betroffen. Dabei handelt es sich insbesondere um Muslim_innen, die Moscheen besuchen, welche nicht der staatlichen Kontrolle unterliegen oder unabhängigen Imamen unterstehen, sowie um tatsächliche oder vermeintliche Mitglieder von Oppositionsparteien oder verbotenen islamischen Bewegungen, islamistischen Gruppierungen und Parteien. Die Behörden betrachten diese allesamt als Gefahr für die nationale und regionale Sicherheit. Gesetze auf dem Papier allein sind nicht genug Wie auch die Verfassung des Landes enthält die usbekische Strafprozessordnung Richtlinien zur Bekämpfung von Folter. Die Strafprozessordnung schreibt vor, dass Ordnungskräfte und Justizbeamt_innen Beweismittel vor ihrer Verwendung auf Relevanz, Zulässigkeit und Glaubwürdigkeit zu überprüfen haben und verbietet es, auf unrechtmäßige Weise Druck auf Personen auszuüben, um so Aussagen zu erhalten. Darüber hinaus hat der Oberste Gerichtshof des Landes in den vergangenen Jahren mehrere Direktiven erlassen, mit denen der Einsatz von Folter zur Erzwingung von „Geständnissen“ sowie die Zulassung derartiger „Geständnisse“ als Beweismittel vor Gericht ausdrücklich verboten wurden. All dies ist jedoch offensichtlich ohne Wirkung geblieben. Die Strafprozessordnung muss um ein ausdrückliches und lückenloses Verbot von Folter und anderen Misshandlungen zur Erpressung von Aussagen und um ein Verwendungsverbot derartiger Beweismittel vor Gericht ergänzt werden. Das absolute Verbot von Folter und anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung ist im Völkerrecht verankert und in zahlreichen internationalen Menschenrechtsabkommen und -verträgen festgeschrieben, zu deren Vertragsstaaten Usbekistan gehört. Erkin Musaev, ein ehemaliger Beamter des usbekischen Verteidigungsministeriums, arbeitete für das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen in Usbekistan, als er im Januar 2006 festgenommen wurde. Man klagte ihn wegen Spionage und Veruntreuung von UN-Geldern an – Vorwürfe, die er vehement abstreitet. Nach seiner Inhaftierung wurde Erkin Musaev von Angehörigen des Nationalen Sicherheitsdienstes (SNB) zehn Tage lang verhört. Während dieser Zeit verweigerte man ihm den Kontakt zu seiner Familie und einem Rechtsbeistand und setzte ihn psychisch unter Druck. Die Vernehmungsbeamt_innen drohten, ihn wegen Rauschgifthandels oder Verbindungen zu militanten islamistischen Gruppierungen strafrechtlich zu verfolgen, sollte er sich nicht der Spionage schuldig bekennen. Eigenen Angaben zufolge wurde Erkin Musaev anschließend einen Monat lang tagsüber geschlagen und nachts befragt. Außerdem sollen Angehörige des SNB ihm mit der Festnahme seiner Familienmitglieder gedroht haben. Einen Monat lang durfte er seine Familie nicht sehen, bis seine Blutergüsse abgeheilt waren. Erkin Musaev Erkin Musaev unterzeichnete schließlich ein „Geständnis“ unter der Voraussetzung, dass der SNB seiner Familie nichts antun würde. Man stellte ihn in drei separaten Verfahren vor Gericht. Jedes Mal wurden dabei „Geständnisse“ als Beweismittel zugelassen, zu deren Unterzeichnung er von Sicherheitskräften mit Folter gezwungen worden war. Der zuständige Richter verweigerte ihm zudem, Entlastungs zeug_innen aufzurufen. Erkin Musaev wurde zu 20 Jahren Haft verurteilt und befindet sich seitdem im Gefängnis. „Worte können nicht beschreiben, was wir fühlten, als wir erfuhren, was passiert war. Es war eine Mischung aus Trauer, Frustra tion, Unverständnis, Schmerz – und der festen Entschlossenheit, für Gerechtigkeit kämpfen zu wollen.“ Aidzhan Musaev, Erkin Musaevs Vater 7 8 in Usbekistan Amnesty International in Usbekistan 9 „Ich bin der Verteidiger. Ich bin der Ankläger. Ich bin der Richter ... Wir haben hier die Macht.“ Staatsanwalt des Nationalen Sicherheitsdienstes (SNB) zu Vahit Güneş Muhammad Bekzhanov Muhammad Bekzhanov ist der ehemalige Herausgeber der verbotenen Oppositionszeitung „Erk“ (Freiheit). Bereits seit 16 Jahren befindet er sich wegen angeblicher „staats gefährdender“ Straftaten in Haft. Damit ist er einer der am längsten inhaftierten Journalisten der Welt. In seinem Verfahren im Jahr 1999 hatte Muhammad Bekzhanov angegeben, dass die gegen ihn erhobenen Anklagen konstruiert seien und man ihn durch Folter zur Abgabe eines „Geständnisses“ gezwungen habe. Er erklärte, dass man ihn mit Gummiknüppeln geschlagen, ihm die Luft abgeschnürt und Elektroschocks versetzt habe. Das Gericht ignorierte diese Vorwürfe jedoch, sodass sein Verfahren in eklatanter Weise gegen die internationalen Standards für faire Verfahren verstoßen hat. „Er wurde brutal geschlagen. Sie warfen ihn auf den Boden, seine rechte Seite war gelähmt. Sein Arm und sein Bein waren gebrochen und einige seiner Zähne aus geschlagen. Er sagte meiner Mutter: ‚Ich liege in einer Blutlache, ohne Wasser, ohne Nahrung. Ich versuche, mich an all die guten Dinge in meinem Leben zu erinnern. An meine Kinder, meine Frau. Und mental bereite ich mich auf meinen Tod vor.‘“ Aigul Bekzhanova, Tochter von Muhammad Bekzhanov, über einige der Foltermethoden, denen ihr Vater in Haft ausgesetzt war. Muhammad Bekzhanov mit seiner Familie © Privat „Vor allem macht es mich traurig, dass er seine Kinder so lange nicht gesehen hat. Sie sind ohne ihn aufgewachsen und es ist sowohl für ihn als auch für die Kinder sehr schwer.“ Nina Lonskaia, Frau von Muhammad Bekzhanov Der ehemalige Parlamentsabgeordnete Murad Dzhuraev wurde 1995 in einem unfairen Verfahren wegen mutmaßlicher „staatsgefährdender“ Straftaten zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Mittlerweile ist er bereits seit 20 Jahren inhaftiert, sein Gesundheitszustand ist verheerend. Vor seinem Verfahren gaben Unterstützer_innen von ihm an, dass er während der Untersuchungshaft durch Folter zur Abgabe eines „Geständnisses“ gezwungen worden sei. Murad Dzhuraev und zahlreiche Menschenrechtsverteidiger_innen bezeichneten die gegen ihn erhobenen Anklagen als haltlos und betrachten sie als Vergeltungsmaßnahme für seine Beteiligung an der Verbreitung der verbotenen Oppositionszeitung „Erk“. Die Haftstrafe von Murad Dzhuraev ist bereits viermal wegen angeblicher Verstöße gegen die Gefängnisordnung verlängert worden. Ein mal soll der Verstoß darin bestanden haben, dass er vergessen hatte, seine Hausschuhe auszuziehen. In den vergangenen 20 Jahren, die Murad Dzhuraev mittlerweile inhaftiert ist, haben keine wirksamen Untersuchungen zu den erhobenen Foltervorwürfen stattgefunden. Murad Dzhuraev Während seiner Zeit in Haft hat sich der Gesundheitszustand von Murad Dzhuraev stark verschlechtert. Er kann kaum noch sprechen, ist fast blind und hat so gut wie alle Zähne verloren. Murad Dzhuraev hat lange Zeit in Einzelhaft verbracht und keinen Zugang zu der benötigten medizinischen Versorgung erhalten. 10 in Usbekistan Amnesty International in Usbekistan 11 Folter in Haft Die Haftanstalt des SNB in Taschkent gehört zu den berüchtigtsten Folterstätten des Landes. Sie wurde 2007 erbaut und ist für Außenstehende nur schwer zugänglich. Den meisten Rechtsbeiständen und inter nationalen Beobachter_innen wird der Zugang verwehrt. Viele ehemalige Häftlinge wollen aus Angst nicht über ihre Zeit in der Haftanstalt sprechen. Vahit Güneş liest in seinem Geschäft in Istanbul Artikel aus türkischen Zeitungen, in denen über seine Haft berichtet wird. © Amnesty International „Jeder, der hier landet, wird schuldig gesprochen. Sie müssen sich alle schuldig bekennen.“ Ein Staatsanwalt zu Folteropfer Vahit Güneş über die Haftanstalt des Nationalen Sicherheitsdienstes (SNB) Vahit Güneş gehört jedoch zu denen, die ihr Schweigen gebrochen haben. Der türkische Geschäftsmann war 2011 zehn Monate lang in der Haftanstalt des SNB inhaftiert und wurde während dieser Zeit gefoltert. Laut Vahit Güneş – der sich nun in der Türkei in Sicherheit befindet – muss man im Gewahrsam des SNB überall mit Folter rechnen. Männer und Frauen werden in Verhör-, Toiletten- und Duschräumen, Strafzellen und in eigens dafür eingerichteten Räumen mit schalldichten Gummiwänden gefoltert. „Die Wände dieser Räume sind isoliert und schalldicht. Es gibt kein Licht. Sie stecken die Menschen hinein, und zwei vermummte Männer machen mit ihnen, was sie wollen … Auf jedem Stockwerk gibt es einen solchen Folterraum.“ Vahit Güneş SNB-Beamt_innen zogen Vahit Güneş in den Toilettenräumen regelmäßig nackt aus, zwangen ihn, sich zu bücken, schlugen ihn und setzten ihn sexueller Erniedrigung aus. Er sollte mit Folter dazu gezwungen werden, Straftaten zu gestehen, die er nicht begangen hat. Letzten Endes erreichten sie ihr Ziel. „Was bleibt einem anderes übrig, als die Dokumente zu unterschreiben? Hat man eine andere Wahl? Man ist dort gefangen. Man hat keine Rechte. Bei wem soll man sich beschweren? Was würde es bringen, zu schreien? Wer soll dich hören?“ Vahit Güneş Eine von Vahit Güneş angefertigte Skizze seiner Zelle in der SNBHaftanstalt. „Die Tür war isoliert. Sie war schalldicht und sehr dick ... Sie können von außen hereinschauen, du aber nicht hinaus ... Sogar bei den Toiletten gibt es Gucklöcher, damit sie dich auch dort beobachten können ... An der Decke ist eine Lampe. Die wird nie ausgeschaltet. Sie ist Tag und Nacht an.“ © Amnesty International Satellitenbild der Haftanstalt in Taschkent, in der Vahit Güneş gefoltert wurde. Das Gefängnis ist für Außenstehende praktisch nicht zugänglich, Fotoaufnahmen sind verboten. © Mit freundlicher Genehmigung von Google Earth und Digital Globe, 2015 12 in Usbekistan Amnesty International in Usbekistan 13 nationale Sicherheit und Menschenrechte Einige der in Usbekistan angewandten Foltermethoden: Schläge mit Händen, Fäusten, Schlagstöcken, Gummiknüppeln, Eisenstangen Simulierte Erstickung mit über den Kopf gezogenen Plastiktüten oder Gasmasken Einführen von Nadeln unter die Fingerund Fußnägel Elektroschocks Ausharren bei extremen Temperaturen Nahrungs- und Wasserentzug Schlafentzug Vergewaltigung und andere Formen sexueller Gewalt Sexuelle Erniedrigung Psychischer Druck Usbekistan ist ein säkularer Staat mit einer überwiegend sunnitischen Bevölkerung. Sowohl Muslim_innen und Christ_innen als auch Angehörige anderer Religionen unterliegen bei ihrer Religionsausübung strengen Kontrollen durch die usbekische Regierung. Strikte Gesetze regeln alle Aspekte des religiösen Alltags, einschließlich des privaten Reli gionsunterrichts und der religiösen Kleidung. Die usbekischen Behörden berufen sich oftmals auf die nationale Sicherheit und die Bekämpfung von Terrorismus, um repressive Maßnahmen gegen Muslim_innen, die Moscheen außerhalb der staatlichen Kontrolle besuchen, und Mitglieder oder mutmaßliche Mitglieder verbotener islamistischer Gruppen und Parteien zu rechtfertigen. Personen, die wegen „staatsgefährdender“ oder terroristischer Straftaten angeklagt wurden, sind besonders von Folter und anderer Misshandlung durch die usbekischen Sicherheitskräfte bedroht. Regierungen haben selbstverständlich die Pflicht, die Rechte und das Leben ihrer Bürger_innen zu schützen. Allerdings müssen sie dabei internationale Menschenrechtsnormen und -standards einhalten. Das Verbot von Folter und anderen Formen der Misshandlung gilt absolut und für jede Person. Aktivist_innen von Amnesty International vor der usbekischen Botschaft in Berlin, Oktober 2014 © Amnesty International Leugnen und Vertuschen Die Regierung von Usbekistan weist jegliche Vorwürfe wegen routinemäßiger und weit ver breiteter Folter als unbegründet zurück. Um dies zu untermauern, gibt sie an, dass Usbekistan frei zugänglich für unabhängige Beobachter_innen sei. Dies ist jedoch nicht der Fall. usbekischen Behörden streiten zudem ab, schriftliche Besuchsanfragen von Amnesty International erhalten zu haben. Andere internationale Organisationen werden davon abgehalten, wirklich unabhängige Kontrollen durchzuführen. Seit 2003 hat die Regierung bereits zahlreiche Besuchsanfragen des UN-Sonderberichterstatters über Folter ignoriert. Die In Wahrheit ist in Usbekistan keine wirksame internationale Kontrolle der Menschenrechtslage möglich. Das Land ist verschlossen. 14 in Usbekistan Amnesty International Keine Gerechtigkeit für die Opfer in Usbekistan 15 Der Präsident von Usbekistan hat die Möglichkeit, dem Vertuschen und Leugnen ein Ende zu setzen und Maßnahmen zur Abschaffung von Folter in seinem Land zu ergreifen. Er kann zum Beispiel einen Erlass unterzeichnen, mit dem der Einsatz von Folter zur Erzwingung von „Ge ständnissen“ sowie deren Verwendung als Beweismittel vor Gericht unter Strafe gestellt werden. Amnesty International fordert den Präsidenten von Usbekistan auf: 1.Ein Präsidialdekret zu erlassen, mit dem die Aufnahme eines absoluten und ausdrücklichen Verbots von Folter zur Erzwingung von Aussagen oder Geständnissen sowie eines Verbots der Verwendung solcher Aussagen als Beweismittel vor Gericht in die Strafprozessordnung angeordnet wird. 2.Sicherzustellen, dass dem UN-Sonderberichterstatter über Folter unverzüglich eine Einladung für einen Besuch in Usbekistan ausgestellt wird. 3.Dafür zu sorgen, dass Erkin Musaev, Murad Dzhuraev und Muhammad Bekzhanov freigelassen werden, da die wiederholten Forderungen nach fairen Wiederaufnahmeverfahren bereits seit vielen Jahren ignoriert werden. Anzeigen wegen Folter und anderer Misshandlungen werden in Usbekistan nicht wirksam untersucht. Nur sehr selten – wenn überhaupt je – werden die Verantwortlichen für Folter vor Gericht gestellt. In dem fortbestehenden Klima der Straflosigkeit kann Folter auch weiter ungehindert angewandt werden. Usbekistan verfügt über keine unabhängigen Mechanismen zur Untersuchung von Foltervorwürfen. Dies führt dazu, dass die Staatsanwaltschaft derartige Vorwürfe oftmals an das Innenministerium oder den Nationalen Sicherheitsdienst weiterleitet – also an die Behörden, denen die mutmaßlichen Täter_innen unterstellt sind. „Ich dachte: Ja, jetzt ist es vorbei. Mein Leben ist vorbei.“ Vahit Güneş Aidzhan Musaev © Privat „Als ich von der Inhaftierung [meines Sohnes] und all der Rechtlosigkeit erfuhr, die ihm widerfahren war, schrieb ich sofort an die Behörden. Ich versuchte ein ganzes Jahr lang, einen Termin beim Generalstaatsanwalt zu bekommen. Er wollte jedoch nicht mit mir sprechen. All die Beschwerden, die ich bei der Präsidial verwaltung, dem SNB, der Generalstaats anwaltschaft, dem Obersten Gerichtshof und anderen Behörden eingereicht habe, wurden eiskalt abgewiesen.“ Aidzhan Musaev, Erkin Musaevs Vater Und auch deine Unterschrift kann etwas verändern: Dein Name kann, zusammen mit den Namen Tausender anderer Aktivistinnen und Aktivisten, den Präsidenten dazu bringen, Menschen nicht weiter zur Abgabe falscher Geständnisse zu zwingen. Wie du dich für ein Ende der Folter in Usbekistan einsetzen kannst, erfährst du auf: www.stopfolter.de www.stop-folter.at www.stop-folter.ch Amnesty International setzt sich bereits seit Langem gegen Folter ein. 1984 haben wir den Weg geebnet für ein UN-Übereinkommen gegen Folter. Trotzdem gibt es heute nach wie vor viele Staaten, die sich über Recht und Gesetz hinwegsetzen – und dies gegenüber ihrer eigenen Bevölkerung und der internationalen Gemeinschaft abstreiten. Mit unserer im Mai 2014 gestarteten Kampagne „Stop Folter“ stellen wir uns zwischen Folterer und Folteropfer. Wir stehen Menschen zur Seite, denen Folter droht, und helfen ihnen beim Einfordern ihrer Rechte. Dabei sind wir jedoch auf deine Hilfe angewiesen. Stelle auch du dich zwischen Folterer und Folteropfer. Weitere Informationen zu Folter in Usbekistan findest du in dem Kurzbericht: „Lügen und Geheimnisse – Folter in Usbekistan“ (Index: EUR 62/1119/2015, www.amnesty.de/usbekistan-kurzbericht) AMNESTY INTERNATIONAL in Usbekistan IN DEUTSCHLAND Sektion der Bundesrepublik Deutschland e. V. . Zinnowitzer Straße 8 . 10115 Berlin T: +49 30 420248-0 . F: +49 30 420248-488 . E: [email protected] SPENDENKONTO 80 90 100 . Bank für Sozialwirtschaft . BLZ 370 205 00 IBAN: DE 233 702050 0000 8090100 . BIC: BFS WDE 33 XXX AMNESTY INTERNATIONAL IN ÖSTERREICH Amnesty International Österreich . Moeringgasse 10 . 1150 Wien T: +43 1 78008 . F: +43 1 78008-44 . E: [email protected] SPENDENKONTO 31 63 26 . Erste Bank . BLZ 20111 IBAN: AT 142 0111 00000 316326 . BIC: GIB AAT WW XXX AMNESTY INTERNATIONAL IN DER SCHWEIZ Schweizer Sektion . Speichergasse 33 . Postfach . 3001 Bern T: +41 31 30722-22 . F: +41 31 30722-33 . E: [email protected] POSTKONTO 30-3417-8 . Berner Kantonalbank IBAN: CH 70 0079 0016 1179 8128 1
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