Es hat sich - Prutsch & Partner

P eo ple & Busi ne ss
Es hat sich
ausgeschatzt
Text: Cornelia Stiegler
Scheidungen. Nicht immer steht Geld im Vordergrund: Mehr als 80
A
shton Kutcher hat es getan,
Heidi Klum ebenfalls, genauso wie Angelina Jolie und Kiefer Sutherland: Sie alle ließen sich
scheiden – und sie alle wandten sich
an dieselbe Scheidungsanwältin: Laura Wasser. Im Jänner hat die US-amerikanische Promianwältin ihr neues
Buch veröffentlich: In „Es muss nicht
so enden: Wie man sich scheiden lässt,
ohne die Familie zu zerstören oder in
den Ruin zu stürzen“ gibt sie Tipps,
wie man eine Trennung ohne Nervenkrieg und Schuldenberg übersteht. „Im
Lauf meiner Karriere habe ich viele
skurrile Scheidungsfälle erlebt“, so die
46-Jährige. Zum Beispiel habe sich
eine Frau mit dem Telefonhörer selbst
geschlagen, um ihrem Mann Körpermisshandlungen ankreiden zu können.
Auch so manche Schlammschlacht
der Stars habe sie miterlebt – in ihrem
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Buch verwende sie aber Pseudonyme,
um keinen Promi in Verlegenheit zu
bringen. Das häufigste Motiv der
Rosenkriege: natürlich Geld.
Zu billig für die Ehe. Die schönen
Scheine waren auch im reichen Dubai
im Jahr 2013 ein Scheidungsgrund,
der durch die Medien ging: Zur Hochzeit beschenke ein Mann seine Frau
mit einer Chopard-Armbanduhr im
Wert von 150.000 Euro – zumindest
dachte sie das. In Wirklichkeit war die
Uhr eine billige Fälschung. Als der
Schwindel aufflog, reichte die Frau
die Scheidung ein – und forderte eine
Entschädigung in Höhe von 150.000
Euro, um den Uhrenbetrug wieder
auszugleichen.
Scheidungsgrund Nummer 1. Derart
ungewöhnliche und geldbezogene
Scheidungsgründe sind in Österreich
eher selten zu finden. Der Scheidungsgrund Nummer 1 ist und bleibt
simpel: nämlich mangelnde Kommunikation. Mehr als 80 Prozent aller
Geschiedenen gaben an, dass in der
Ehe zu wenig geredet und zu wenig
zugehört wurde – vor allem Gespräche über Gefühle und Sehnsüchte
seien zu kurz gekommen. Auch
Untreue steht auf der Liste weit vorne: Immerhin mehr als 50% der
Befragten nannten einen Seitensprung als Scheidungsgrund. Nicht
zuletzt macht auch das Alltagsleben
vielen Ehepaaren einen Strich durch
die Rechnung: Der Streit um den Müll
oder herumliegende Socken zählt
ebenfalls zu den Top-Scheidungsgründen der Österreicher.
Einvernehmlich. Seitensprung oder
Faulheit im Haushalt: Beides kann in
Österreich zur Scheidung aus Ver-
fotos: istock/thinkstock
Prozent aller Ehen werden in Österreich aufgrund von mangelnder
Kommunikation geschieden.
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schulden führen, heißt: einer der Ehepartner trägt – zumindest vor dem
Gesetz – die Schuld am Scheitern der
Ehe. Zu den Fehlern zählen Misshandlungen ebenso, wie die ehelichen Pflichten zu vernachlässigen
oder zu wenig Zeit für den anderen
zu haben. Die am häufigsten gewählte – und favorisierte – Scheidung ist
jedoch die einvernehmliche Scheidung, bei der ein schnelles und relativ unbürokratisches Ehe-Ende im
Vordergrund steht. Diese Variante ist
gleichzeitig auch die billigste; ohne
einvernehmliche Lösung kann sich
eine Scheidung über Jahre hinweg
ke Murau, Hartberg und Fürstenfeld.
Bei rund zwei Dritteln aller Ehepaare
sind auch Kinder vom Zerwürfnis
betroffen.
Den Kindern zuliebe. Dass man den
Rosenkrieg nicht auf dem Rücken der
Kinder austragen soll, ist nichts Neues. Dennoch ist es oft der Nachwuchs, der die Wut der Elternteile
aufeinander ausbaden muss. Als
absolutes No-go gilt, vor dem Kind
schlecht über den anderen Elternteil
zu reden oder zu versuchen, das Kind
auf seine Seite zu ziehen. Kinder
suchen bei einer Trennung der Eltern-
Zum Traualtar lässt man sich
führen; zur Scheidung läuft man
von selbst.
Skurrile Scheidungen
In München wurde eine Ehe
geschieden, da der Ehemann die
Ehefrau für ihre Hausfrauentätigkeit täglich benotete. War der
Notendurchschnitt zu schlecht,
gab es weniger Haushaltsgeld.
In Nürnberg legte ein Mann einen
genauen wöchentlichen Sexplan
fest – inklusive Stellungen und
Farbe der Dessous. Nach 2 Jahren nahm die Frau Reißaus.
Ein US-amerikanischer Pensionist
verweigerte seiner Frau aus
Geldgründen ein neues Gebiss.
Sein Vorschlag: Sie könne stattdessen seines mitbenutzen. Daraufhin ergriff sie nach 50
gemeinsamen Ehejahren die
Flucht.
Jüdisches Sprichwort
ziehen und die Scheidungswilligen in
den finanziellen Ruin treiben.
Tendenz sinkend. Derzeit werden in
der Steiermark rund 39% aller Ehen
geschieden, was die niedrigste Scheidungsrate seit 2003 darstellt – Tendenz weiter sinkend. Den 5.500 Eheschließungen standen im Jahr 2012
2.200 Scheidungen gegenüber. Am
häufigsten werden Ehen im Großraum Graz bis Leibnitz geschieden;
am ehebeständigsten sind die Bezir-
teile beinahe automatisch die Schuld
bei sich – und diese Schuldgefühle
oder auch Sorgen über die Trennung
können so weit gehen, dass das Kind
in seiner psychologischen Entwicklung eingeschränkt wird. Anzeichen
dafür sind erhöhte Aggressivität,
Schlafstörungen oder eine Verschlechterung der schulischen Leistung. Sobald die Eltern ein solches
Verhalten bemerken, sollte psychologische Hilfe in Erwägung gezogen
werden. l
Die Frau eines Hobbyjägers
reichte die Scheidung ein, da er
sich nur zum Liebesspiel bewegen ließ, wenn er soeben ein Tier
erlegt hatte.
Ein Türke reichte die Scheidung
ein, nachdem seine Frau nach
einer Operation 20 Kilogramm
verlor und nur noch 65 statt 85
Kilogramm wog. Begründung: Er
wollte nicht auf ihre weiblichen
Rundungen verzichten.
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Interview
Dr. Karin Prutsch
Grazer Rechtsanwältin, www.prutsch-ra.at
Was sollte man im Vorfeld einer
Scheidung beachten?
Eine Scheidung ist ein bedeutsamer
Schritt für jeden Betroffenen, der auch
viele rechtliche Konsequenzen nach
sich zieht. Für die Betroffenen muss
eine Regelung über künftige Wohnverhältnisse, Unterhalt, Obsorge,
Besuchsrecht etc. getroffen werden.
Aufgrund der umfassenden notwendigen rechtlichen Regelung sollte
jeder Betroffene bereits zu dem Zeitpunkt, als eine dauerhafte Trennung
vom Ehepartner beabsichtigt ist,
unverzüglich eine Rechtsberatung
bei einem Anwalt des Vertrauens
einholen. Durch eine entsprechende juristische Beratung im Vorfeld
kann oftmals eine langjährige
streitige Auseinandersetzung vermieden werden, da der Betroffene
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in Kenntnis seines Rechtsstandpunktes eine bessere Ausgangssituation für
Trennungsgespräche mit dem Ehepartner hat.
Die Scheidungszahlen sind in der
Steiermark wieder rückläufig. Worauf
führen Sie das zurück?
Den Rücklauf der Scheidungszahlen
führe ich auf den Anstieg des mittleren Erstheiratsalters seit Anfang der
90er-Jahre bei Frauen von 24 Jahren
auf 29,8 Jahren und bei Männern von
26,5 Jahren auf 32,2 Jahren im Jahr
2012 zurück (Österreich Statistik)
sowie auf die geringere Zahl der Eheschließungen seit den 80er und 90er
Jahren zurück. Durch das spätere
mittlere Erstheiratsalter sind Ehepartner einerseits bereits weiterentwickelt
in ihren Lebenswünschen, sodass der
häufigste Scheidungsgrund „Auseinanderleben“ weniger häufig vorkommt. Andererseits fallen die Trennungen von Partnerschaften unterhalb
dieses statistischen Erstheiratsalters
nicht in die Statistik.
Was war Ihr skurrilster Scheidungsfall, den Sie je bearbeitet haben?
Mein skurrilster Fast-Scheidungsfall war
ein 80-jähriger Mann, der mir erklärte,
dass er seine in Jungendjahren angeheiratete Frau in seinen letzten Lebensjahren nicht mehr sehen möchte, da er
ihrer Anwesenheit schlichtweg überdrüssig sei.
Was sollte man im Scheidungsfall auf
jeden Fall vermeiden?
In der Scheidungsphase sollten die
betroffenen Partner versuchen, eine
vernünftige Lösung zu treffen, damit
jeder Lebenspartner getrennt voneinander einen neuen Weg einschlagen
kann. Emotionen wirken in der Scheidungsphase für vernünftige Lösungen
zerstörerisch, sowohl für den Betroffenen selbst als auch, was den Inhalt
der Scheidungsfolgenvereinbarung
trifft. Oft werden Emotionen und
Kränkungen auch über die gemeinsamen Kinder ausgetragen und werden
Kinder als Druckmittel verwendet. Ich
rate bei Scheidungen so weit wie
möglich die Emotion nicht über die
Kinder auszutragen und emotionale
Streitpunkte so gut wie möglich bei
den Vergleichsgesprächen auszublenden, damit ein strittiges Scheidungsverfahren und weitere folgende
gerichtliche Verfahren wie Aufteilungsverfahren, Unterhaltsverfahren
und Obsorgeverfahren vermieden
werden können.
Ist eine einvernehmliche Lösung
immer die beste Lösung?
Eine einvernehmliche Scheidung ist
grundsätzlich immer die beste Lösung,
da bei der einvernehmlichen Scheidung dieselben Vereinbarungen
getroffen werden können, über welche in der strittigen Scheidung durch
das Gericht entschieden wird. Langjährige strittige Verfahren sind für die
Betroffenen regelmäßig mit hohen
Anwaltskosten und starken emotionalen Belastungen verbunden. Leider
bleibt in manchen Fällen nur die
Möglichkeit der Einbringung einer
strittigen
Scheidungsklage,
wobei auch in diesen Fällen oftmals während laufendem Verfahren eine einvernehmliche Lösung
erzielt werden kann.
fotos: istock/thinkstock, geopho.com
Was ist Ihrer Erfahrung nach die häufigste Scheidungsursache?
Nach meinen Erfahrungen ist der häufigste Trennungsgrund das Auseinanderleben der Ehepartner. Oftmals ist
ein Partner überwiegend mit der Erledigung von häuslichen und familiären
Aufgaben beschäftigt und der andere
Partner mit seiner beruflichen Karriere. Dabei wird oft zu spät erkannt, dass
sich die Interessen in konträre Richtungen weiterentwickeln. Durch mangelnde Kommunikation und Verständnis
für den anderen Partner trennen sich
die Interessen zunehmend, sodass sich
beide Partner unterschiedlich weiterentwickeln. Gerade in diesen Phasen
kommt oft ein weiterer Hauptgrund
für eine Trennung hinzu, nämlich das
Fremdgehen eines Ehepartners. Geld
spielt hauptsächlich erst im Zuge der
Scheidung eine Rolle, wobei erfahrungsgemäß der „verlassene Ehepartner“ den Wunsch äußert, die erlebte
Kränkung mehr oder weniger finanziell abgegolten zu bekommen.
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