Energie.“

62 KARRIERE IN DER SCHWEIZ
Samstag/Sonntag, 11./12. April 2015, Nr. 83 DEFGH
Alles außer
Schwyzerdütsch
Deutsche schätzen das Arbeiten in der Schweiz. Doch
im Umgang mit den Einheimischen hapert es zuweilen
von felicitas witte
D
ie junge Frau strahlt den Barmann in der Zürcher Kneipe
an und sagt: „Ich hätt’ gern eine Stange.“ Wer das für eine
eindeutig zweideutige Anmache hält, liegt voll daneben. Eine Stange ist
in der Schweiz ein Glas Bier. Deutsche in
der Schweiz kennen Dutzende ähnlicher Situationen, über die sie gerne schmunzeln,
die Schweizer aber überhaupt nicht lustig
finden. „Schweizer sprechen eine andere
Sprache, und die Schweiz ist ein ganz anderes Land“, sagt Kunstprofessor Thomas
Müllenbach, der seit 43 Jahren in der
Schweiz lebt. „Das muss man sich einfach
klarmachen, wenn man hierhin ziehen
will.“
Knapp 300 000 Deutsche leben in der
Schweiz. Das sind 15,5 Prozent der Ausländer, nach den Italienern stellen Deutsche
die zweitgrößte Einwanderergruppe. Davon sind 30 000 schon in der Schweiz geboren, 73 000 leben seit mehr als zehn Jahren hier. Die meisten arbeiten als Unternehmer, Direktoren, leitende Beamte, in
Gastgewerbe und Hotellerie, im Ausbaugewerbe, also als Maler, Lackierer, Elektriker, Schreiner oder Klempner und in Medizin, Pharmazie oder Pflege.
Die Gründe für den Umzug in die
Schweiz sind vielfältig. „Ich war sechsmal
in der engeren Auswahl für Professorenstellen, bekam diese aber nicht“, erzählt
Gerhard Rogler, Chef-Gastroenterologe
am Unispital in Zürich. „Hier wollte man
mich sofort haben.“ Immer wieder warf
man ihm vor, Deutschland habe viel Geld
für seine Ausbildung bezahlt. „Ich habe als
junger Arzt anderthalb Jahre für 1800
Mark brutto pro Monat gearbeitet und unzählige schlecht vergütete Wochenendund Nachtdienste geleistet“, sagt Rogler.
„Ich nahm Schulden auf, um die Ausgaben
für unsere drei Kinder bezahlen zu können. Ich habe kein schlechtes Gewissen.
Man hätte mich mit einem entsprechenden Angebot durchaus in Deutschland halten können.“
Mit offenen Armen aufgenommen werden – das macht das Arbeiten in der
Schweiz so angenehm. In vielen Branchen
fehlen den Schweizern Facharbeiter, laut
Personalvermittler Manpower kann jedes
dritte Unternehmen Stellen nicht besetzen. „Es gab keine Schweizer Bewerber auf
meine Stelle“, erzählt Rouven Turck, Archäologe an der Uni Zürich. „In Deutschland hätte ich wohl nie so schnell einen Job
gefunden.“ Turck schätzt, was viele Deutsche an der Schweiz lieben: „Sauberkeit,
Ordnung, öffentlicher Nahverkehr, Natur
und Sicherheit.“ Und viele schwärmen zudem vom höheren Lohn.
„Das Durchschnittsgehalt ist unseren
Studien zufolge um 48 bis 56 Prozent höher“, berichtet Stephan Pieronczyk, Vergütungsexperte beim Unternehmen Mercer,
das sich auf Personalberatung spezialisiert hat. „Das bedeutet aber noch lange
nicht, dass man hier doppelt so viel verdient.“ Schweizer müssen ihre Krankenversicherung aus dem Nettogehalt selbst zahlen, eine berufliche Altersvorsorge ist obligatorisch, die Mieten sind teuer, und die
Lebenshaltungskosten liegen 30 bis
40 Prozent über denen in Deutschland.
Die Schweiz hat das Matterhorn, eine farbenprächtige Flagge und einen guten Arbeitsmarkt für Deutsche. Diese sollten jedoch auf Feinheiten achten.
Auch hat man weniger Freizeit: „Die durchschnittliche Arbeitszeit ist mit 42 Stunden
pro Woche höher, der Jahresurlaub fällt
mit vier Wochen deutlich kürzer aus, und
man erhält in der Regel keine Abfindung,
wenn einem gekündigt wird“, sagt Pieronczyk. „Deutsche sollten die Entscheidung,
in die Schweiz zu gehen, nicht vom Gehalt
Lust auf mehr…
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grenzt“, erzählt Rogler. „Bei allen drei Kindern hat es etwas gedauert, bis sie Freunde gefunden hatten. Jetzt wollen sie aber
nicht wieder zurück nach Deutschland.“
Die Kunst liegt wohl darin, sich die feinen Unterschiede bewusst zu machen. „In
den vergangenen 40 Jahren ist die Stimmung gegenüber den Deutschen sozusagen allergischer geworden“, sagt Thomas
Müllenbach. „Deutsche sind direkter und
treten forscher auf – das mögen Schweizer
Wir sprechen
im Konjunktiv,
Deutsche im Imperativ.
Da sind Konflikte
programmiert.“
nicht.“ Deutsche hätten ein stärkeres Hierarchiedenken, während Schweizer mehr
konsens- und teamorientiert arbeiten, erklärt Thomas Lüscher, Chef-Kardiologe
am Zürcher Unispital. „Wir sprechen eher
im Konjunktiv, der Deutsche im Imperativ
– da sind Konflikte programmiert.“ Je erfolgreicher man sei, desto bescheidener
solle man auftreten. „Wir reden von unse-
ren Erfolgen nicht selber, sondern lassen
uns eher von anderen loben, während
Deutsche ständig selbst von ihren tollen Erfolgen berichten.“
Schweizer irritiere die deutsche Forschheit ziemlich, erzählt auch Helen Winkler,
die jahrzehntelang für internationale Firmen in der Schweiz arbeitete. Deutsche
sollten nicht nur wegen höherer Gehälter
in die Schweiz kommen, findet sie, sondern auch andere positive Aspekte der
Schweiz schätzen wie das Demokratieverständnis, die Balance von hoher Leistungsfähigkeit und gutem Leben, Toleranz und
Offenheit.
Und vielleicht sollte man sich auch in Zurückhaltung üben. „Gerade konservative
Schweizer empfinden die Zuwanderer als
Bedrohung der nationalen Eigenarten, vor
allem des Schweizerdeutschen“, sagt Richard Schlauri, Landeschef von Wincor
Nixdorf. „Deutsche sind sehr wortgewandt. Das frustriert viele Schweizer, sie
fühlen sich überrollt.“ Schlauri schätzt
zwar den Integrationswillen der Deutschen, aber „das Schweizerdeutsche oder
das, was sie dafür halten, sollten sie sich lieber verkneifen.“
Wenn man all dies beachtet, dann könnten Deutsche in der Schweiz rasch Fuß fassen, sagt Helen Winkler. Ihr Tipp für Neuankömmlinge: „Sprecht langsamer. Sagt
Grüezi. Lächelt. Nehmt einen Gang zurück. Und versucht vor allem nicht, noch effizienter als die zackigsten Schweizer zu
sein.“
Themenauswahl:
Lockerer als daheim
Frauen und Technik
Die Münchnerin Aleksandra Gajic hat sich in der Schweiz gut eingelebt
Zwar ist der Anteil von
Frauen, die in Mint-Berufen
arbeiten, in den vergangenen
Jahren deutlich gestiegen.
Nach wie vor aber sind
Informatik, Ingenieurwissenschaften oder Mathematik
Männerdomänen.
Ein Bericht.
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bedeutendes Schweizer Energiedienstleistungsunternehmen. Sie beschäftigt mehr als 3000 Mitarbeitende und deckt von der Produktion über den Handel und Transport bis zum Verkauf alle Stufen der
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für ihre Kunden und engagiert sich in Forschungsprogrammen zur Entwicklung innovativer und nachhaltiger Technologien für eine sichere Energieversorgung.
abhängig machen.“ Gehalt sei nur eine
Komponente, um im Beruf glücklich zu
sein, bestätigt Hans Münch, Schweizer Personalexperte bei Towers Watson, einem
der weltweit führenden Beratungsunternehmen. „Gemäß unserer Global Workforce Studie steht für Schweizer Arbeitnehmer eine herausfordernde Tätigkeit an erster Stelle, gefolgt von Autonomie am Arbeitsplatz und Jobsicherheit. Ein attraktives Gehaltspaket rangiert auf dem sechsten Platz, erst nach Image und flexiblen Arbeitsmöglichkeiten.“
Viele Tipps über Anmeldung und Ausländerausweis bis Zügeln, wie die Schweizer das Umziehen nennen, bekommen
Deutsche in den Broschüren der European
Employment Services. Schwierig fand der
Arzt Rogler die Anmeldung seiner Kinder
in der Schule. Sein damals 15-jähriger
Sohn – ein sehr guter Gymnasiast in Bayern – musste vor der Aufnahme in ein
Schweizer Gymnasium eine Probezeit absolvieren und, obwohl er dabei sehr gut abschnitt, zusätzlich einen Aufnahmetest
machen. „Es wird deutschen Schülern
schwer gemacht“, sagt Rogler. Aber wie
häufig in der Schweiz halfen persönliche
Kontakte: „Ohne die tatkräftige Unterstützung einer Schulsekretärin hätte mein
zweiter Sohn damals ein Jahr verloren,
weil es zunächst hieß, er könne den Aufnahmetest erst im nächsten Jahr machen.“
Roglers Kinder hatten dann keine Probleme mit der Leistung, sondern eher mit
ihrer Herkunft. „Simon fühlte sich ausge-
Gut geprüft
In Sachen Lebensmittelsicherheit rangiert
Deutschland weit vorne.
Wer prüft die Sicherheit
der Nahrungsmittel?
Und wer entwickelt
Spaghetti-Soßen, die auch
schmecken? Ein Blick in
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Deutsche sollten sich anpassen, aber nicht
verstellen, rät Aleksandra Gajic. Die 38-jährige Diplomkauffrau aus München lebt
seit fast drei Jahren in der Schweiz und arbeitet bei einem großen Softwareunternehmen als Controllerin. Gajic erzählt, wie sie
aufgenommen wurde.
SZ: Frau Gajic, Deutsche empfinden
Schweizer oft als reserviert und zurückhaltend. Ging Ihnen das auch so, als Sie
2012 nach Zürich zogen?
Aleksandra Gajic: Nein, überhaupt nicht,
ich war total überrascht! Am ersten Abend
in der Schweiz hatte ich mir gerade etwas
zu Essen gemacht und Fußball geschaut.
In der Halbzeit putzte ich mir die Zähne
und ging dabei auf den Balkon – das mache ich öfter. Plötzlich hörte ich lautes Lachen vom Balkon neben mir. Zwei nette Typen grinsten mich an und fragten „Wotsch
scho is Bett?? Chumm doch uf en Apéro,
mit händ es Bierli oder Wodka, ganz wie du
wetsch.“ Wir hatten einen superlustigen
Abend. Inzwischen kenne ich deren Frauen und Kinder – das ist meine Ersatzfamilie geworden!
Sie wollten nie von München weg. Warum sind Sie trotzdem in die Schweiz gegangen?
Das war Zufall. Als mich der Finanzchef einer großen Softwarefirma anrief, konnte
ich sein Jobangebot nicht ablehnen – es
war zu attraktiv. Das Bewerbungsgespräch
in Zürich war dann ein Marathon, das kannte ich von Deutschland nicht.
Inwiefern Marathon?
Es dauerte mehr als sechs Stunden, und
ich wurde von sechs Leuten ausgefragt:
Vom Finanzchef – übrigens ein Deutscher
–, einer Irin und vier Leuten aus der
Schweiz. Eine der Schweizerinnen fragte
mich, ob ich Schweizerdeutsch verstehen
würde und eigentlich wollte ich Ja sagen,
weil ich einen guten Eindruck hinterlassen
wollte und Schweizerdeutsch verstehe. Ich
war aber so aufgeregt, dass ich das ganz
ehrlich sagte, und sie bat, Hochdeutsch zu
sprechen. Sie wechselte sofort. Mit einer offenen Art kommt man hier sehr weit.
Viele Schweizer halten die Deutschen
aber für zu direkt. Sollte man sich als
Deutscher nicht lieber anpassen?
Ich halte nichts davon. Vielleicht fühlen
sich manche Schweizer von meiner direkten deutschen Art überrollt. Ich bin aber
so, und entweder akzeptieren das die Leute oder nicht. Meine Direktheit verpacke
ich aber mit Charme! Bei der Sprache versuche ich mich jedoch anzupassen. So habe
ich den Kollegen von Anfang an verboten,
mit mir Hochdeutsch zu sprechen, was
aber nicht immer funktioniert. Die Schweizer wechseln aus Höflichkeit, sobald sie
mit uns sprechen.
Sprechen Sie inzwischen Schweizerdeutsch?
Nein, und ich würde auch jedem raten, die
Finger davon zu lassen. Ich habe versucht,
es zu lernen, und irgendwann in der Firma
ausprobiert. Die Schweizer Kollegin sagte:
Die Diplomkauffrau
Aleksandra Gajic stammt
aus München und arbeitet seit drei Jahren in der
Schweiz als Controllerin.
Sie fühlt sich dort wohl –
und setzt persönlich auf
eine Mischung aus
Anpassung und Authentizität. FOTO: PRIVAT
Ach, du kommst ja aus Bayern, das wusste
ich gar nicht! Mein mühsam gelerntes
Schweizerdeutsch hielt sie also für Bayrisch! Dann habe ich es gelassen. Ich finde,
Schweizerdeutsch klingt aus einem deutschen Mund einfach peinlich.
Abgesehen vom netten Empfang ihrer
Nachbarn: Haben Sie sich eingelebt?
Es klappte einfach alles perfekt. Ich bin
fast aus den Schuhen gekippt, als mir die
Maklerin die Wohnung zeigte. Das erste
Mal sah eine Wohnung genau so aus wie
auf den Fotos im Internet! Waschmaschine, Trockner, Fön, Handtücher, Bademantel, Nespresso-Maschine, Raclette-Set – es
gab alles, was das Herz begehrt, und auch
noch ein Gratis-Rad dazu! Der erste Arbeitstag – ein Freitag – war auch genial.
Ich habe mein Team kennengelernt, Laptop, Telefon und Auto bekommen und
FOTO: DPA
man verabschiedete mich mit: „Es ist eh
Freitag, passiert nicht viel – schönes Wochenende.“ Vieles wird in der Schweiz lockerer gesehen als in Deutschland. Unpünktlichkeit ist allerdings ein Vergehen,
das habe ich schnell gelernt. Die akademische Viertelstunde existiert nur, wenn
man sie vorher anmeldet.
Fanden Sie schnell Freunde außerhalb
ihrer „Balkon-Familie“?
Das war leider schwierig. Es lag vielleicht
daran, dass ich viel arbeitete. Und die
Schweizer sind verschlossener als wir. Inzwischen habe ich aber Freunde gefunden,
viele davon mit Migrationshintergrund.
Deutsche gehören nicht zu den beliebtesten Ausländern in der Schweiz.
Ich habe nie Ablehnung erfahren, und falls
sie da war, habe ich es auf meine Position
im Unternehmen zurückgeführt. Als Controllerin erlebte ich zum Beispiel, dass die
Leute nicht mit mir reden wollten, aber ich
sagte mir dann: Wer in der Firma mag sich
schon gerne vor dem Controller über die Finanzen rechtfertigen.
Wollen Sie Schweizerin werden?
Ich komme aus der schönsten Stadt der
Welt und lebe in der zweitschönsten Stadt
der Welt, bin hier willkommen und fühle
mich wohl. Ich weiß nicht, ob ich irgendwann den Schweizer Pass beantragen werde, das ist in Zürich frühestens nach zwölf
Jahren möglich. Viel lieber hätte ich den
Staat der „Vereinigten Alpenländer“, da
würde ich mit Sicherheit die Staatsbürgerschaft sofort beantragen.
Ihr Tipp für Deutsche?
Weltoffen sein, nicht jeden Satz mit „bei
uns in Deutschland“ beginnen, offen sein,
lernen und das Leben positiv sehen: Jammern ist in der Schweiz unbekannt, und
das ist toll so!
interview: felicitas witte
Karriere in der Schweiz
Verantwortlich: Peter Fahrenholz
Redaktion: Johanna Pfund
Anzeigen: Jürgen Maukner