Vortrag Dr. Alexander Martinowsky Fabrikatshändlerkongress Berlin, 5.5.2015 Quo Vadis Markenhandel Optionen zwischen alter und neuer Welt Hat der Markenhandel eine Zukunft in der Neuen Welt – was immer das genau sein mag? Oder – klingt ähnlich, ist aber etwas ganz anderes: Können wir wenigstens für uns als einzelnen Markenhändler sicherstellen, eine Zukunft in dieser neuen Welt zu haben? Um es gleich vorweg zu nehmen: darauf gibt es keine allgemein gültige Antwort, kein Patentrezept. Mein Anspruch ist es auch nicht, diese zu liefern. Ich möchte vielmehr über meine persönliche Erwartung, wohin sich unsere Branche entwickelt, sprechen – in der Hoffnung, wenn schon keine Antworten, so doch wenigstens Denkanstöße zu liefern. Weniger für die Branche, als für jeden einzelnen von Ihnen. Wie also nähere ich mich dem Thema neue Welt? Ich möchte im Folgenden auf 3 Trends eingehen, die mir besonders relevant für unsere Zukunft scheinen. Lassen sie mich zunächst etwas zu den Eigenschaften dieser Trends sagen, um Missverständnisse zu vermeiden: 1. Unter Trends verstehe ich für den Markenhandel relevante Entwicklungen über die nächsten ca. 10 (- 15) Jahre. Vielleicht ist jetzt der eine oder andere unter Ihnen mehr daran interessiert, wie er die nächsten 10 Monate bewältigen soll. Gelingt das nicht, stellt sich ja die Frage nach der Zukunft in 10 Jahren gar nicht mehr. Ich halte anlässlich eines derartigen Kongresses den mittelfristigen Blick für angebracht. Wir sollten dabei nicht vergessen, dass die Amortisationszeiten für die meisten Autohausinvestitionen ungefähr diesen Zeitraum abdecken. Mit anderen Worten: Wenn wir heute in unser Geschäft investieren, dann wird es in der Regel 8 – 10 Jahre 1 dauern, bis wir unser Geld zurückverdient haben. Dann sollten wir auch abschätzen, wie die Welt in 10 Jahren aussieht. 2. Trends die ich meine sind evolutionäre Entwicklungen – andere sind nicht vorhersagbar – aber können stattfinden: Denken Sie nur an Prognosen über die Zukunft von Nokia im Jahr 2006 – bevor das iPhone 2007 erfunden wurde. Die Entwicklungen, auf die ich eingehe, sind mit der Welt wie wir sie heute kennen mit dem Wort „und“ verknüpft, nicht mit dem Wort „oder“. Eine gute und eine schlechte Nachricht: Wir werden in einigen Bereichen zukünftig eine alte und eine neue Welt bespielen müssen – was in der Regel teuer, aufwändig und kompliziert ist. Die gute Nachricht: die alte Welt bleibt bestehen, sie wird nur kleiner. Aber wenn sie für den einzelnen groß genug ist: man muss nicht zwingend auf jedem Dorffest tanzen. 3. Soweit diese Trends aus Kundenverhalten resultieren: Es sind weniger die bestehenden Kunden, die ihr Verhalten grundlegend ändern – es sind neue Kunden, die wir noch gar nicht kennen, die ein neues Verhalten mitbringen (Stichwort: Digital Natives vs. Digital Immigrants). Eine gewaltige Herausforderung auch z.B. für die Marktforschung. Wenn Ihre Kunden hauptsächlich aus der Gruppe der 25 – 30jährigen stammen, dann ist es unerheblich, wie sie die Zukunft einschätzen. Es sind die heute 15 – 20-jährigen, die sie fragen müssen. Welche Trends sehe ich also als die wahrscheinlich wichtigsten für unsere Branche an, wo geht die Reise hin? Ich möchte im Folgenden auf 3 Trends eingehen, nämlich Individualmobilität und Kundenbedürfnisse Geschäftsmodell Auswirkungen der neuen Medien. 2 1. Individualmobilität und Kundenbedürfnisse Ich bin überzeugt davon, dass die Nachfrage nach Individualmobilität anhaltend hoch bleibt, und dass das KfZ das einzig relevante Instrument zur Befriedigung dieser Nachfrage bleibt – auch wenn uns manche Grünpolitiker etwas anderes glauben machen wollen. Insgesamt rechne ich also mit einer stabilen Nachfrage auf heutigem Niveau – auch wenn es zu lokalen Verschiebungen kommen kann. Natürlich sehe ich, dass gerade das Interesse von jungen Leuten in Ballungszentren am Führerschein, am eigenen Auto geringer zu werden scheint, natürlich entgeht mir nicht, dass der Motorisierungsgrad in Großstädten eher ab- als zunimmt. Damit kommen wir zu einem ganz wesentlichen Punkt: Ob dieser Trend für Sie gilt, kann nur auf der regionalen Ebene beantwortet werden, und die Antwort wird in München, Berlin oder Frankfurt eine andere sein als in Donaueschingen, Waldshut oder Flensburg. Mein Optimismus, was die Nachfrage nach Individualmobilität betrifft, gründet sich auch darauf, dass Apple und Google gerade begonnen haben, Fahrzeuge zu entwickeln – diese beiden Industriegiganten sind ja nicht gerade bekannt dafür, in sterbende Branchen zu investieren. Darin enthalten ist allerdings auch eine Schlechte Nachricht: wie wir am Beispiel Tesla gesehen haben, nutzen neue Anbieter gerne auch neue Vertriebswege: Tesla zB ausschließlich den Eigenvertrieb. Wir müssen also damit rechnen, dass ein Teil des Marktes von neuen Anbietern bedient wird, die auf unsere Dienste nicht zurückgreifen – der Kuchen wird also zwar insgesamt nicht kleiner, aber für uns schon. Dies gilt umso mehr, wenn sich die Kundenbedürfnisse in die Richtung entwickeln, die ich erwarte: Das Konzept, ein oder mehrere KFZ zu besitzen, wird von einem stärker nutzungsorientierten Konzept abgelöst. Kunden werden in Zukunft vermehrt 3 Mobilitätslösungen nachfragen, die ihnen bedarfsgerecht Fahrzeuge zur Verfügung stellen. Als einen möglichen Endpunkt dieser Entwicklung sehe ich Kunden, die um einen monatlichen Fixbetrag die Nutzung eines Basisfahrzeuges und die zeitlich limitierte Nutzung von z.B. Cabrios, Geländewagen oder Kleinbussen kaufen. Die gewaltige Ausweitung der Modellpaletten einzelner Hersteller leisten dem Vorschub – je spezialisierter Fahrzeuge werden, desto mehr verlieren sie den Allroundcharakter. Dieses Geschäft ist vom Händler nicht darstellbar – es wird von Herstellern oder Nachfolgern der heutigen Mietwagenanbieter wahrgenommen werden. Dennoch bietet es uns Geschäftsmöglichkeiten – wie wir am Projekt car2go in Wien gesehen haben. Wir agieren dort als exklusiver Logistiker und Fahrzeugbetreuer, und obwohl wir mit dem Verkauf der Fahrzeuge nichts und mit dem Remarketing nur wenig zu tun haben, hat sich für uns ein höchst interessantes Geschäftsfeld ergeben. Es kann also nichts schaden, hier beizeiten know-how aufzubauen – wie zB auch im Vermietgeschäft, um brachliegende VfW-Kapazitäten zu nutzen. Conclusio aus diesem Trend: Individuelle Mobilität wird auch in Zukunft nachgefragt werden, allerdings erwarte ich, dass der für uns erreichbare, relevante Markt deutlich kleiner wird. Dennoch: wir müssen versuchen, die dann benötigten neuen Dienstleistungen bereitstellen zu können. Das Gebot der Stunde lautet also: Suche nach neuen Geschäftsfeldern. 2. Geschäftsmodell Das ist nun wahrlich kein neues Thema, in der Vergangenheit viel diskutiert und oft missverstanden – vor allem aber aus meiner Sicht nach wie vor ungelöst: Unter einem funktionierenden, nachhaltigen Geschäftsmodell verstehe ich eines, bei dem das Vertriebsnetz eines Fabrikates im mehrjährigen Schnitt ausreichende Renditen verdient. 4 Wohlgemerkt nicht jeder einzelne Händler – es wird immer bessere und schlechtere geben. Es ist aber andererseits auch kein Beweis eines „im Prinzip“ funktionieren Geschäftsmodells, wenn es irgendwo noch einen Händler gibt, der Geld verdient. Der Anspruch ist auch nicht, in jedem Jahr Geld zu verdienen – aber schlechte Jahre müssen durch sehr gute Jahre ausgeglichen werden. Wir lassen uns hier nach meinem Geschmack zu leicht Sand in die Augen streuen, wenn wir uns in einem guten Jahr mit 1,5% Umsatzrendite zufrieden geben – wir benötigen eher 3 – 4 % in guten Jahren, um die Nullergebnisse der schlechten Jahre auszugleichen. Was ist nun das strukturelle Problem der heutigen Geschäftsmodelle? Sie basieren auf der Annahme, dass Handelsverluste durch Werkstattgewinne kompensiert werden können und sollen. Das kann auf Dauer nicht funktionieren: Wenn wir mit 75% unseres Umsatzes Verluste einfahre, die wir dann mit den Gewinnen aus den anderen 25% des Umsatzes kompensieren soll, dann wird der Ergebnisdruck auf das Werkstattgeschäft zu hoch. Im Vergleich zu einer autorisierten Markenwerkstatt benötigen wir 15 – 20% höhere Stundensätze, um meine Handelsverluste auszugleichen – so preisen wir uns aus dem Markt. Der Vergleich mit freien Werkstätten sieht noch dramatischer aus. Dazu kommt, dass ich keine Zuwachsraten im Werkstattgeschäft sehe – im Gegenteil: Selbst bei konstantem Fahrzeugbestand und Garantieanteil werden geringere Fahrleistungen für rückläufige Entwicklungen sorgen. Von den Auswirkungen neuer Antriebstechnologien – Stichwort Elektroauto – will ich hier gar nicht reden. Das Geschäftsmodellproblem ist in Wahrheit ein Handelsproblem, besser gesagt der asymmetrischen Preisbildung. Mit unseren Kunden befinden wir uns in einem Markt, wo Angebot und Nachfrage den Preis bilden. Überangebot durch zu hohe Zielvorgaben kann nur durch Preisreduktionen zu Lasten der Spanne abgesetzt werden. Auf der anderen Seite sind 5 wir bei den Herstellern in einer klassischen Monopolsituation, wo unsere Lieferanten uns Preise vorgeben – verbunden mit Mengenvorgaben. Meiner Meinung nach wird sich dieses Problem eher verschärfen denn abmildern, und es ist letztlich egal, ob wir weiterhin mit unrealistischen Zielvorgaben konfrontiert sind, oder Hersteller Ware über alternative Vertriebskanäle in den Markt pumpen: Der Mengendruck wird zunehmen, da das Geschäftsmodell des Herstellers Vollauslastung der Werke erfordert. Bei einer Grenzbetrachtung machen aus Herstellersicht auch Geschäfte mit Preisen 50 – 60% unter Liste Sinn – das erklärt auch Tendenzen zum Eigenvertrieb und zur Eigenzulassung. Zu lösen wäre das Problem: Die einzig sinnvolle Maßnahme um bestehende Strukturen aufrecht zu erhalten wäre ein Restmargenmodell, durch das auch der Hersteller stärker an Preiskorrekturen partizipiert. Selbiges gilt für ein neues, einstufiges Vertriebsmodell, in dem der Hersteller direkt vertreibt, und wir für die Bereitstellung von Infrastruktur und Serviceleistungen entlohnt werden. Mein Optimismus diesbezüglich hält sich in Grenzen – warum sollen sich Hersteller darauf einlassen? Das heutige System, in dem wir Markenhändler für die Überproduktion bezahlen, ist für Hersteller wesentlich lukrativer. Damit müssen wir uns wohl auf einen harten Verdrängungswettbewerb innerhalb des jeweiligen Markennetzes einstellen. Um zu den Überlebenden zu zählen sollte man sich besser aufzustellen als die Markenkollegen – mit allem was dazugehört: Forcierung von profitablen Geschäftsfeldern, Prozess- und Kostenoptimierung, Erschließung neuer Einnahmequellen, bis hin zur Frage, ob man nicht als Vermittler oder B-Händler bessere Chancen hätte. Feind, Todfeind, Markenkollege: Eine nicht sehr erfreuliche Aussicht, vor 6 allem in Zeiten, wo eigentlich Händlersolidarität gefragt wäre, um gegenüber den Herstellern etwas zu bewegen. 3. Neue Medien Auch das ein nicht ganz neues Thema, aber ein immer noch ungelöstes. Ich möchte im Folgenden 3 Aspekte beleuchten: Informationsverhalten der Kunden, Auftritt im WWW Rolle der Internetvermittler Auswirkungen der Konnektivität Informationsverhalten der Kunden, Auftritt im WWW Seien wir uns ehrlich: Die eigene Homepage ist ein Muss, die meisten haben eine. Google wird nicht müde zu betonen, dass unsere Werbe- und Verkaufsförderungsbudgets bei ihnen am besten investiert sind. Aber ist das wirklich so? Eine den Kunden ansprechende und vor den Google-Algorithmen bestehende Homepage ist teuer – und erst der Anfang. Sinn macht das ganze nur, wenn ich auch für die Kunden, die über dieses Medium mit uns in Verbindung treten wollen, die entsprechenden Prozesse bereitstelle. Ich muss ja - wie – eingangs gesagt – beide Welten (virtuell und real) bedienen können. Wir haben hier einen gewaltigen Kostenblock zu verkraften, wenn wir es richtig machen wollen. 7 Es grenzt an Blasphemie, was ich jetzt sage: Diese Entscheidung muss im Einzelfall sehr genau überlegt werden. Eine Studie des Instituts für Automobilwirtschaft sagt mir, dass der Anteil von Kunden, die Ihren Händler über das Internet aussuchen, von 25% im Jahr 2013 auf ca. 40% im Jahr 2020 steigen wird. Mit anderen Worten: 75% tun es derzeit nicht, und 60% werden es auch im Jahre 2010 nicht tun. Selbiges gilt für Abschluss und Bezahlung, die sich 90 % auch im Jahre 2020 nicht vorstellen können. Und wie schätzen Sie dies für Ihre Kunden ein? Ein bisschen ist meiner Meinung nach der falsche Ansatz – ganz oder gar nicht. Wenn Sie in einer klein strukturierten Community tätig sind, wo sie alle relevanten Kunden und Interessenten persönlich kennen, wo es kaum Alternativen zu Ihnen gibt, dann wird die Antwort wahrscheinlich anders aussehen, als wenn Sie in einem anonymen Großmarkt mit erheblichem Wettbewerbsdruck arbeiten. Mit anderen Worten: Wenn die alte Welt Ihnen ausreichende Geschäftsmöglichkeiten bietet, überlegen Sie genau, ob, warum und wann Sie in die neue Welt investieren wollen. Rolle der Internetvermittler Die neuen Medien erweitern ganz gewaltig das Marktgebiet, d.h. die erreichbaren Kunden. Das kann ein Riesenplus sein, wenn Sie z.B. im Besitz knapper, gefragter Ware sind, die sie bundesweit anbieten können. Die Realität ist leider eine Andere: Angeboten werden bundesweit Schnäppchen, in der Regel Fahrzeuge, deren Preise aus der Normalmarge nicht darstellbar sind. Insgesamt führt das zu einer Preisspirale nach unten, die die ohnedies schon unzulänglichen Restspannen weiter schmälert und den Verdrängungswettbewerb forciert. Auslöser sind Margensysteme oder auch selektiv angebotene Sonderkontingente von Fahrzeugen. Da ich mir eine Erhöhung des Mengendruckes erwarte, rechne ich auch mit einer Verstärkung dieses Internetvertriebes. 8 Es leistet auch einem Phänomen Vorschub, das man, glaube ich, in Deutschland vornehm Trittbrettfahrer nennt, in Österreich sagen wir schlicht Beratungsdiebstahl dazu. Kunden, die die Infrastruktur des Markenhandels nutzen (Probefahrt, Beratung, etc.) um dann im Internet auf Schnäppchenjagd zu gehen. Was kann der einzelne Händler dagegen tun? Gar nichts, fürchte ich. Dem Beratungsdiebstahl mit auf den Kaufpreis anrechenbaren Verrechnung von Serviceleistungen zu begegnen ist ebenso theoretisch wie die Bildung von Einkaufsgemeinschaften, um auch kleineren Händlern Zugang zum System zu gewähren. Daher muss man das Spiel wohl oder übel mitspielen. Abhilfe können hier nur Händlerverbände schaffen, indem Sie bei den Herstellern faire Spielregeln für alle Marktteilnehmer einfordern – was aber die Unterstützung des Händlerverbandes durch alle Händler voraussetzt. Auswirkungen der Konnektivität Abschließend noch ein dritter Trend aus der Kategorie Neue Medien. Die Konnektivität der Fahrzeuge, die laufend Daten an den Hersteller bzw. auch an den Händler melden, ist auf den ersten Blick bestechend. Uns wurde das mit dem Argument verkauft: Wieviel wäre es Ihnen wert zu wissen, welche Ihrer Kunden nächste Woche am Fahrzeugdisplay auf einen notwendigen Servicetermin hingewiesen werden? Das dahinterliegende Konzept – nicht unähnlich dem iTunes Store – wird nachhaltig die Rollenverteilung im Fahrzeughandel verändern. Bislang haben sich Hersteller im Wesentlichen auf klassische Werbung beschränkt, die Kunden waren unsere Kunden, wir hatten sozusagen das Kommunikationsmonopol. Nunmehr kann der Hersteller direkt 9 personalisiert mit dem Einzelkunden kommunizieren, Fahrzeuge zu bestimmten Vertriebsund Servicepartnern routen, etc. Wir drohen die Verlierer zu sein, jedenfalls wesentliche Gestaltungsmöglichkeiten unseres Geschäftes zu verlieren und zunehmend zum Erfüllungsgehilfen zu werden. Für mich ist es nur eine Frage der Zeit, bis die ersten Serviceangebote (Ölwechsel um € 17.50) am Display der Kunden aufscheinen – natürlich mit dem Disclaimer „nur bei teilnehmenden Servicepartnern“. Wer wird dann schon die Teilnahme verweigern? Bezeichnenderweise tun sich Hersteller gleichzeitig schwer uns zuzusichern, dass wir unsere Angebote auf diese Weise unseren Kunden auf das Display spielen. Diese Entwicklung ist nicht aufzuhalten. Entsprechende Angebote vorausgesetzt werden Kunden diese Möglichkeiten nutzen. Als Händler müssen wir dies unterstützen (tw. durch entsprechende Margensysteme „motiviert“), obwohl wir dabei langfristig unsere Position im Markt schwächen. Auch hier wieder: der Einzelne kann nicht viel ausrichten, der Verband kann für faire Spielregeln sorgen. Zusammenfassung Zusammenfassend sehe ich also eine Zukunft – eine neue Welt – in der die individuelle Mobilität – gewährleistet durch PKWs - weiterhin sehr wichtig bleibt, aber durch neue Anbieter und neue für uns nur schwer darstellbare Formen der Mobilitätsnachfrage den für uns zugänglichen Markt einschränkt. Zusätzlich wird das Geschäftsmodell durch den weiter wachsenden Mengendruck das Erwirtschaften von Renditen erschweren und zu einem harten Verdrängungswettbewerb unter den Händlern führen. Die neuen Medien setzen das Geschäftsmodell weiter unter Druck und reduzieren die Bedeutung, die Markenhändler heute noch haben. Viele werden zunehmend in die Rolle des Bereitstellers von Infrastruktur und 10 Dienstleistungen zurückgedrängt, ohne zwingend von damit in Zusammenhang stehenden Kaufabschlüssen profitieren zu können. Insgesamt eine sehr anspruchsvolle Zukunft, aber kein Grund den Kopf hängen zu lassen. Mein Optimismus für den Markenhandel ist zwar enden wollend. Ich sehe aber durchaus Chancen für den einzelnen Markenhändler, nur eben nicht für alle. Die neue Welt wird auch jede Menge Nischen für Geschäfte eröffnen, in denen wir heute noch nicht tätig sind. Es gibt durchaus Gestaltungsmöglichkeiten. Voraussetzung für den zukünftigen Bestand unserer Betriebe ist eine realistische Beurteilung der eigenen Lage und das Treffen überlegter Entscheidungen. Die relevanten Fragen lauten: An welche Zukunft glaube ich? An die eben geschilderten Entwicklungen? Oder an andere? Wie sieht der Markt aus, den ich zukünftig bedienen kann und will? Wie definiere ich mich in der Zukunft? Als Markenhändler? Mobilitätsprovider? Anbieter von Infrastruktur und Beratungsleistungen? Welche der von mir erwarteten Trends für sie Relevanz haben vermag ich nicht zu beantworten. Aber wichtig scheint mir doch, nicht kritiklos auf jeden Modetrend aufzuspringen, sondern genau zu überlegen was man tut – und was eben nicht. Zu einer realistischen Einschätzung gehört für mich auch die Erkenntnis, dass in erster Linie wir selbst für die Gestaltung der Zukunft verantwortlich sind. Es wird kein weißer Ritter erscheinen, um uns zu retten, schon gar nicht in Person des Herstellers. Manchmal habe ich in Gesprächen mit Kollegen den Eindruck, wir hängen noch einer verklärten Vergangenheit nach, in der es echte Systempartnerschaft gab, und man 11 füreinander da war. Das gipfelt dann oft in dem Satz: Der Hersteller braucht doch Händler. Grundsätzlich richtig, erbraucht auch zukünftig einige – aber braucht er genau mich? Ich denke, wir müssen uns über folgendes im Klaren sein: Hersteller treffen keine Entscheidungen. Dort arbeitende Menschen tun es. Und die sind im Zweifel risikoscheu und bedenken immer auch den eigenen persönlichen Vorteil. Das ist nichts böses, wir alle rechnen ja damit, sonst würde es nicht so viele Incentivierungs- und monetäre Belohnungssysteme geben, die durch die Auslobung persönlicher Vorteile Verhalten auslösen wollen, das für das Unternehmen gut ist. Warum hoffen wir dann ausgerechnet bei Mitarbeitern der Hersteller auf altruistisches Verhalten? Wenn man noch bedenkt, dass viele eine Verweildauer von 3 – 5 Jahren in ihrer jeweiligen Position haben, dann reden (verhandeln) wir im Schnitt mit Leuten, deren Betrachtungshorizont bei 1,5 – 2,5 Jahren liegt. (Zitat Peter Ritter) Noch Fragen, warum manchmal langfristige strategische Überlegungen außer Acht gelassen werden? Der Hersteller wird also nicht der weiße Ritter sein, der uns rettet. Aber was ist eigentlich mit den Händlerverbänden? Das bringt uns zu dem letzten Punkt den ich hier ansprechen möchte – wissend dass ich auf den schon gar keine Antwort habe. Wenn ich meinen eigenen Ausführungen glaube, dann sehe ich einen harten Verdrängungswettbewerb (innerhalb einer Marke) auf uns zukommen. Ich muss daher alles unterlassen, was meinen Markenkollegen nützt oder hilft – und alles tun, das mir auch auf Kosten meiner Kollegen Vorteile bringt. Gleichzeitig – wieder meinen eigenen Aussagen glaubend – gibt es zahlreiche Handlungsfelder, die ein solidarisches geschlossenes Auftreten erfordern, um dem Händlerband stark und mit breiter Brust in die Verhandlungen zu schicken. 12 Ein Dilemma, ein fast unlösbarer Widerspruch. Hoffen wir, dass wir uns richtig entscheiden. Danke für Ihre Aufmerksamkeit! 13
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