Preisaushang 25.03.15

PflegeAktuell
Pflegekammer
Meinungsbildung
Pflegekammer:
Berlin stimmt ab
Berliner Senator
für Gesundheit und Soziales
HEILBERUFE: Herr Senator, die Alice
Salomon Hochschule Berlin führt seit
August eine Studie zur Akzeptanz
einer Pflegekammer in Berlin durch,
unterstützt durch Ihre Senatsgesundheitsverwaltung. Welches Ziel verfolgen Sie?
Czaja: Die Errichtung einer Pflegekammer
wird auf Landesebene intensiv diskutiert.
Mit der Studie wollen wir ermitteln, wie die
Beschäftigten in der Pflege zur Einführung
einer Pflegekammer stehen und was sie von
dieser erwarten. Dies ist wichtig, um nicht
an dem Bedarf der Betroffenen vorbei zu
planen.
Sie haben sich wiederholt öffentlich
für die Errichtung einer Pflegekammer
ausgesprochen. Welche Vorteile sehen
Sie in einer Verkammerung?
Ich registriere, dass der Ruf nach einer Pflegekammer lauter wird. Die in der Pflege
Tätigen versprechen sich davon mehr
Jetzt wird es auch in Berlin ernst: Im Oktober startet der Berliner
Gesundheitssenator seine Initiative zur Gründung einer Pflegekammer. HEILBERUFE sprach mit Mario Czaja (CDU) über seine Beweggründe und die Vorteile einer Verkammerung der Pflegeberufe.
können Sie diesen Bedenken begegnen?
Richtig ist, eine Pflegekammer dient der
Selbstverwaltung und sie erhebt Pflichtbeiträge. Dies ist nötig, um eine angemessene
berufliche und fachliche Interessenvertretung zu gewährleisten. Die Pflegekammer
steht auch nicht in Konkurrenz zu Berufsverbänden oder Gewerkschaften. Die fachlichen, organisationsspezifischen Themen
sind dort weiterhin gut aufgehoben. Dazu
genügt ein Blick auf andere Kammern. Neben diesen sind spezifische Verbände und
Organisationen auch erhalten geblieben.
Schon die Senatskampagne zur Altenpflege des Landes Berlin „Gepflegt in
die Zukunft“ zielt darauf, den Pflegeberuf aufzuwerten und den Fachkräftemangel abzuwenden. Haben Sie ein
besonderes Faible für die Pflege oder
sind es eher die nackten Zahlen, die
Sie zum Handeln zwingen?
Ich stehe einer Kammer positiv gegenüber. Sie wäre ein
geeignetes Instrument, um die Pflegeberufe zu stärken.
Selbstbestimmung, eine eigene Berufsordnung sowie eine verbindliche Beteiligung
zu Fragen der beruflichen Pflege. Ich stehe
einer solchen Kammer positiv gegenüber,
sie wäre ein geeignetes Instrument, um die
Pflegeberufe zu stärken.
Kritiker der Kammer befürchten mehr
Bürokratie , bemängeln Zwangsmitgliedschaft und Pflichtbeiträge. Wie
8
Berlin wächst, und das ist eine gute Nachricht für die Entwicklung dieser Stadt. Berlin
wird aber auch älter. Im Jahr 2030 werden in
der Hauptstadt fast doppelt so viele über
80-Jährige leben wie heute. Mit dem Alter
steigt auch die Zahl der Pflegebedürftigen,
2030 werden es 170.000 in Berlin sein. Damit wir auch in Zukunft gut gepflegt werden, müssen wir schon heute handeln.
Daher haben wir die Altenpflegekampagne
gestartet, um mehr Fachkräfte zu rekrutieren. Aber wir unternehmen noch mehr, um
die Pflege zu stärken. Für die ambulanten
Pflegedienste konnten wir in diesem Jahr
eine Vergütungssteigerung von 3% vereinbaren. Und wir stellen die Praxisanleiter von
Auszubildenden in der stationären Pflege
ab 2015 für zweieinhalb Stunden pro Woche
und Azubi frei.
An Pflegende sollen zunehmend auch
ärztliche Aufgaben delegiert werden
können. Für die Ärzte sind daher Normen in Aus- und Fortbildung der Pflegenden von Interesse. Könnte hier aus
Ihrer Sicht eine Pflegekammer wertvolle Arbeit leisten?
Eine starke Vertretung der Berufstätigen in
der Pflege kann zu einer klaren Normierung
in der Ausbildung beitragen. Dies wird auch
im Rahmen der Pflegereform mit der generalistischen Ausbildung in der Pflege angestrebt.
Mit dem Pflegeberufegesetz steht ja
eine stärkere Akademisierung der
Pflegeberufe bevor. Eine konsequentere Evidenzorientierung der Pflege
dürfte auch auf die Ärzte zurückwirken. Wären hier Ärzte- und Pflegekammern als Partner prädestiniert,
um die in der Pflegepraxis gewonnenen Ergebnisse aufzubereiten und
Pflegenden, aber auch Ärzten zur Verfügung zu stellen? Könnte Ihrer Meinung nach eine solche
Zusammenarbeit funktionieren?
Das ist denkbar und begrüßenswert. Aber
wir sollten einen Schritt nach dem anderen
Heilberufe / Das Pflegemagazin
2014; 66 (10)
© SenGesSoz
Mario Czaja
Anzeige
gehen. In Berlin beginnen wir jetzt mit der Befragung zur
Akzeptanz der Pflegekammer. Damit bekommen wir auch
ein Meinungsbild zur Errichtung einer Pflegekammer. Das
sollten wir abwarten.
Das Vorhaben, eine Pflegekammer zu gründen, stößt
auf Kritik aus der Opposition im Berliner Abgeordnetenhaus. Der Gesundheitsexperte der Linksfraktion
und Vorsitzende des Gesundheitsausschusses, der
Arzt Dr. Wolfgang Albers, sagt beispielsweise, dass
schon die geringe Beteiligung an entsprechenden Befragungen zur Pflegekammer in anderen Bundesländern das Desinteresse der Pflegenden signalisiere.
Wie soll in Berlin gesichert werden, dass sich eine
repräsentative Gruppe von Pflegenden an der Befragung beteiligt?
Wie bereits erwähnt kann eine Pflegekammer nur existieren,
wenn sie von einer breiten Basis getragen wird. Die Alice
Salomon Hochschule Berlin führt derzeit eine Studie zur
Akzeptanz einer Pflegekammer im Land Berlin durch. In
dieser Studie möchten wir die Positionen der an der Debatte
Beteiligten aufnehmen sowie die Gründe für diese Haltung
und die daran geknüpften politischen Wünsche erfragen. Mit
diesen Experteninterviews eröffnet die mehrteilige Studie.
Alle Interviewantworten, die bis zum 21. September bei der
Alice Salomon Hochschule eingehen, werden ausgewertet
und bilden die Grundlage für den Fragebogen zur Befragung
der Pflegefachkräfte. Die Ergebnisse aus den Interviews und
der daraus entstandene Fragebogen werden auf einer Informationsveranstaltung der Alice Salomon Hochschule im
Krankenhaus Neukölln am 14. Oktober 2014 vorgestellt
werden.
Die im zweiten Teil der Studie stattfindende Befragung
richtet sich an Pflegefachkräfte, die in Berlin arbeiten. Von
ihnen werden 1.000 zufällig ermittelt und in einer face-toface Befragung, die in der Zeit zwischen Ende Oktober 2014
und Anfang März 2015 stattfinden wird, um ihre Meinung
gebeten. Die Zusammensetzung der Befragtengruppe entspricht der Zusammensetzung der aktuell in Berlin beschäftigten Pflegefachkräfte.
W optimistisch sind Sie, ein Kammergesetz auf den
Wie
Weg zu bringen und die dafür notwendige Mehrheit im
Abgeordnetenhaus zu finden?
Ich halte die Pflegekammer für eine gute Einrichtung zur Interessenvertretung der Pflegenden. Und ich bin zuversichtlich, dass viele Menschen in Berlin diese Ansicht teilen.
Das Interview führte Heike Ottow.
Heilberufe / Das Pflegemagazin
2014; 66 (10)
9