ZÄH WIE EINE

| Reportage |
| El Caribe |
ZÄH WIE EINE
Palme am Strand
Was das Bundeskartellamt hierzulande zu
verhindern sucht, ist in der
Dominikanischen Republik Alltag: Zeitung, TV,
Radio und Multimedia aus
einer Hand. Die
Mediengruppe CDN/El
Caribe in Santo Domingo
kann darüber hinaus mit
einem der besten
Zeitungsarchive der
Karibik aufwarten – gute
Gründe für einen
Hausbesuch.
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Es ist heiß in Santo Domingo. 30 Grad an
einem hellen Vormittag im Januar – das ist
für die rund neun Millionen Dominikaner
und die rund drei Millionen Touristen, die
hier jährlich in kurzen Hosen Urlaub machen, der hoch geschätzte Normalfall.
Wer hingegen geschäftlich auf der Karibikinsel unterwegs ist, wie wir bei unserem Hausbesuch, für den ist die allgegenwärtige Hitze der Schweiß treibende
Sonderfall, der dazu zwingt, zu jedem Termin das eine oder andere zusätzliche
Hemd zum Wechseln mit sich zu führen.
Wir tauschen unsere frühzeitig verwelkten gegen frische Hemden aus, während
unser Taxi die historische Altstadt passiert. Unwillkürlich denken wir daran,
dass wir uns in der ältesten von Europäern gegründeten Stadt auf dem amerikanischen Kontinent befinden. 1503, elf
Jahre nach der Entdeckung der Insel
durch den „ersten Touristen“ Christoph
Kolumbus, der der Insel den Namen Hispaniola (Kleinspanien) gab, wurde Santo
Domingo an der Einmündung des Rio
Ozama in das Karibische Meer gegründet.
Heute ist die Hauptstadt der Dominikanischen Republik mit zwei Millionen Einwohnern und einer weiteren Million im
Umland zugleich die größte Metropole
des Landes.
In der Altstadt, der Ciudad Colonial, geht
es eher beschaulich und historisch zu,
doch nach und nach weichen die historischen Gebäude Häusern jüngeren Datums. Schließlich ist eine breite Avenida
erreicht und wir befinden uns mitten im
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Verkehrschaos des 21. Jahrhunderts. An
jeder roten Ampel warten Pulks von mobilen Verkäufern, die mit langen Reihen von
Telefonkarten (Tarjetas) wedeln. Früher
wurden an solchen Straßenkreuzungen
sicherlich Zeitungen verkauft, mutmaßen
wir. Ob diese Entwicklung Einfluss auf die
Zeitung genommen hat, die wir heute besuchen, wollen wir herausfinden.
Unsere Fee: Journalistin Felivia
Mejía hat ein Herz für Kollegen
aus fernen Ländern.
An Fragen mangelt es uns nicht, als wir
das moderne Geschäftsviertel „Los Prados“ erreichen, in dem „El Caribe“ in einem Stahlbetongebäude aus der Mitte
der siebziger Jahren residiert. Die beiden
Wachmänner mit ihren kurzläufigen,
hochkalibrigen Waffen im Foyer des angenehm klimatisierten Gebäudes irritieren
uns nicht. Im Gegenteil. Dass hier alles,
was schützendwert ist, auch geschützt
wird, lernt man als Ausländer im Handumdrehen zu schätzen. Das Auswärtige Amt
hat die Situation in seinen Länderinformationen so beschrieben: „Die Kriminalität
im Lande ist hoch. Sie richtet sich allerdings nur selten gezielt gegen Ausländer,
sondern bedroht alle Bevölkerungsgruppen und daher auch die ausländischen
Touristen und Residenten. Zu erhöhter
Vorsicht wird geraten.“
Es ist kein Geheimnis, das jeder dritte Einwohner der Dominikanischen Republik in
Armut lebt, darunter viele der rund 1 Mio.
haitianischen oder haitianischstämmigen
Einwanderer. Jedes Jahr versuchen tausende Dominikaner auf allen erdenklichen Wegen ins benachbarte Puerto
Rico, das zu den Vereinigten Staaten gehört, zu gelangen. Rund 800 000 Dominikaner leben bereits in den USA, die meisten in New York, ein Teil auch in Miami. Die
Vereinigten Staaten sind jedoch seit einigen Jahren konsequent dazu übergegangen jeden illegal eingereisten oder straffällig gewordenen Dominikaner in ein
Flugzeug zu setzen und nach Hause zu
schicken. Hier setzen dann viele dieser
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Dominikanische Republik: Weiße Traumstrände, die Lebensfreude der Menschen, ihre
Gastfreundschaft und das leckere Essen locken jedes Jahr 3
Millionen in den Karibikstaat.
(Foto: Dominikanisches Fremdenverkehrsamt)
unfreiwilligen Rückkehrer ihre kruden
„Geschäfte“ mit in den USA verfeinerten
Methoden fort, was zu einer stetigen Verschlechterung der Sicherheitslage führt.
Nichtsdestoweniger kann man sich als
Ausländer im Lande angstfrei bewegen,
sofern man sich an einige (ungeschriebene) Regeln hält.
Hausbesuch mit Hindernissen
Man hatte uns gewarnt. Die deutsche Botschaft in Santo Domingo, die uns den
Kontakt zu CDN/El Caribe vermittelt hatte,
sprach im Vorfeld unseres Besuchs – nicht
zuletzt wegen der guten Zusammenarbeit
im Zuge der Fußball-WM 2006 – von guten Beziehungen zu den dominikanischen
Medien. Von inoffizieller Seite, sprich von
Landsleuten, die in der Dominikanischen
Republik leben, hatten wir jedoch erfahren, dass die Dominikaner die Berichterstattung über den Inselstaat in den deutschen Medien als allzu negativ empfinden
und deshalb gewisse „Vorbehalte“ gegen
deutsche Journalisten pflegen.
Gemischt sind auch die Erfahrungen der
Dominikaner mit den rund 15 000
Bundesbürgern, die in der Dominikanischen Republik dauerhaft leben. Das
Land ist für viele Deutsche das Paradies in
der Karibik. Allerdings haben sich – neben
vielen braven Aussteigern – auch viele Betrüger, Drogendealer und Pädophile aus
der Heimat in der Dominikanischen Republik nieder gelassen. Das Bundeskriminalamt spricht in diesem Zusammenhang
ganz offen von einem „Rückzugsraum für
gesuchte Straftäter”, der „Spiegel“ bezeichnete das Land im Oktober 2005 gar
als „Paradies für Schwerverbrecher“.
Gleichzeitig kommen jährlich rund
240 000 Touristen aus der Bundesrepublik ins Land, die gutes Geld ins Land bringen und mit Masse einen unbeschwerten
Urlaub verleben und keine Probleme bereiten. Diese Gemengelage schwirrt uns
durch den Hinterkopf, als wir die Redaktionsräume betreten.
In der Tat ist der Chefredakteur der Zeitung „El Caribe“, Manuel Quiroz, nicht im
Hause. Felipe Mora, der Redaktionsleiter,
ein hagerer, strenger drein blickender
Mensch, der uns misstrauisch beäugt, hat
auch nur wenig Zeit für uns. Zum Glück
hat er die junge Journalistin Felivia Mejía
im Schlepptau. Felivia erweist sich als das
genaue Gegenteil ihres Redaktionsleiters. Sie ist freundlich, neugierig und
hilfsbereit. Sie führt uns in die „Schatzkammer“ des Verlags, ins Archiv. Dort
empfängt uns die freundliche Floralba Giménez, die hier schon viele Jahre arbeitet
und viel zu erzählen weis.
Seit 1948 werden hier täglich 22 karibische Zeitungen archiviert. Das Archiv
dient den hauseigenen Redaktionen als
wertvolle Informationsquelle und operiert
unter dem Namen „OGM – Central de Datos“ als separates Profitcenter. Alle wich-
tigen Artikel werden hier nach wie vor erfasst, ausgeschnitten, nach Themen sortiert und abgeheftet. Dabei hat sich einiges angesammelt. In den rund 400 000
ausgewerteten Zeitungen steckt wahrscheinlich eine größere Informationsmenge als beispielsweise in der deutschen Wikipedia mit ihren 514 000 Artikeln (Stand November 2006). Man muss
sich nur hinsetzen und Zeit mitbringen.
Floralba Giménez bietet uns Stühle an.
Geschichte: Ein Wort zuviel
Wir erfahren, dass die Zeitung am 14. April
1948 durch den US-Amerikaner Stanley
Ross in einem alten Kolonialgebäude im
Herzen der Altstadt gegründet wurde. Der
Name „El Caribe“, der auch für die gesamte Region im westlichen, tropischen Teil
des Atlantischen Ozeans steht, geht auf
die indigene Volksgruppe der „Kariben“
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zurück, die zwischen dem 8. und 15. Jahrhundert die Antilleninsel besiedelten und
später von den Spaniern ausgerottet worden sind.
Die Führung der Zeitung „El Caribe“ übernahm schon bald nach der Gründung ein
Mann, der das Blatt ein halbes Jahrhundert lang prägen sollte: German Emilio
Ornes Coiscou (geb. 1919 in Puerto Plata).
Dieser musste sich als Eigentümer und
Herausgeber in den fünfziger Jahren mit
dem Regime des blutigen Diktators Rafael
Trujillo arrangieren. Damals nahm die Verfolgung Oppositioneller in der Dominikanischen Republik mitunter groteske Züge
an.
In diesem Klima der totalen Beherrschung, Kontrolle, Gleichschaltung,
Unterdrückung und Demütigung genügte
es, allein durch ein geringes Missfallen
beim „Jefe“ in Ungnade zu fallen und zu
verschwinden. Ornes gelang es durch
Fügsamkeit zehn Jahre lang die Zeitung
aus allen Konflikten mit dem TrujilloRegime heraus zu halten, bis ein einziges
in „El Caribe“ gedrucktes Wort ihn zu einer 180 Grad Wendung veranlasste. Was
war geschehen? In der Ausgabe vom
27.10.1958 stand in einer Bildunterschrift,
dass Menschen am Grab (tumba) von Trujillo Blumen niedergelegt hatten, tatsächlich taten sie das jedoch an der Büste
(busto) von Trujillo. Der für seinen Verfolgungswahn gefürchtete Diktator weilte zu
jener Zeit allerdings bei bester Gesundheit anlässlich eines Staatsbesuchs in
den Vereinigten Staaten.
Ornes soll, als er die gedruckte und verteilte Ausgabe mit dem fatalen Wort gesehen hat zu seiner in den USA geborenen
Frau Maria Ulina Mota Pichardo gesagt
haben, dass dies eine Wort das Ende von
allem sei. Tatsächlich brach Ornes mit seiner Familie binnen 24 Stunden in die Vereinigten Staaten auf. Dort verkündete er,
Trujillo sei ein Despot und sein Regime
eine Tyrannei. Erst drei Jahre später sollte
sich das Blatt wenden. Am 30. Mai 1961
geriet Trujillo zu nächtlicher Stunde
außerhalb von Santo Domingo in einen
Hinterhalt und wurde erschossen. Alle
Versuche des Trujillo-Clans, sich an der
Macht zu halten, erwiesen sich als erfolglos. Nach einer Militärrevolte im November 1961 wurde die Familie auf Druck von
Präsident John F. Kennedy gezwungen,
das Land zu verlassen. Auch der zuvor bestattete Diktator wurde exhumiert, außer
Landes geschafft und nach Paris verfrachtet, wohin die Trujillos ins Exil gingen.
Von Pressefreiheit in der Dominikanischen Republik konnte jedoch auch nach
Ende des Trujillo-Regimes nicht die Rede
sein. Auch die autoritären Nachfolgeregierungen hielten die Zensur aufrecht. So
erschien die „El Caribe“ Ausgabe vom 18.
Januar 1962 ohne politischen Teil und mit
vielen weißen Lücken, die der Zensor heraus komplimentiert hatte. Im folgenden
Jahr gewann der Linkspolitiker Juan Bosch
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Klartext: „27 % der dominikanischen Bevölkerung leiden
Hunger” lautet die Schlagzeile
der 19 239. Ausgabe der Tageszeitung „EL Caribe“ vom
8.2.2007.
Medien in der
Dominikanischen Republik
Einer Studie der dominikanischen Regulierungsbehörde für Telekommunikation INDOTEL (www.indotel.gov.do)
zufolge ist in fast allen Haushalten
Fernsehen und/oder Radio vorhanden. Es gibt 30 staatliche und private
Fernsehsender, das Meinungsbild
wird allerdings weitgehend durch die
Printmedien bestimmt. Aufgrund der
relativ geringen Anzahl privater Nutzer
(700 000) ist der Einfluss der Onlinemedien minimal. Das führende Onlinemedium ist Clave Digital (www.clavedigital.com). Die wichtigsten Tageszeitungen, Wochenzeitschriften, Fernsehund Radiosender sind in vier Unternehmensgruppen (Grupo Corripio,
Banco León, Banco Popular und Grupo
Listín) konzentriert, die von den großen Banken des Landes geleitet werden. Die wichtigsten Tageszeitungen
sind „Listín Diario“ (Auflage: ca.
80 000), „El Caribe“, „Hoy“ (ca.
20 000) und „El Nacional“ (ca. 20 000).
Außerdem erscheinen zahlreiche kostenlose Zeitungen wie „Diario Libre“,
„El Día“ und Wochenzeitungen wie
„Diario a Diario“, „Clave“ und „Cambio“ mit zum Teil höheren Auflagen.
Eine staatliche Zensur findet nicht
statt. Für verlässliche außenpolitische
Informationen ist die Bevölkerung jedoch auf internationale Sender im Kabel- bzw. Satellitenfernsehen angewiesen.
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Alles unter einem Dach: Die
CDN/El Caribe Mediengruppe in
Santo Domingo, Stadtteil Los
Prados.
die ersten freien Präsidentschaftswahlen,
wird aber schon sieben Monate nach seinem Amtsantritt von rechtsgerichteten
Militärs und unter direkter Beteiligung
der CIA gestürzt. Es folgt ein blutiger Bürgerkrieg, den die USA 1965 durch eine
massive militärische Intervention beenden. Wenig später kehrt German Ornes
aus den Vereinigten Staaten zurück und
übernimmt erneut die Führung seiner Zeitung. Bis zu seinem Tod im Jahr 1998 verteidigt er fortan die Pressefreiheit. Die Inter American Press Association (IIAPA) hat
dieses Bemühen honoriert und Ornes
noch kurz vor seinem Tode zum Ehrenvorsitzenden ernannt.
Noch zu seinen Lebzeiten, genauer gesagt im Jahr 1975, zogen der Verlag und
das Druckhaus in das Gebäude im Stadtteil Los Prados um, in dem sie bis heute
residieren. Floralba Giménez zeigt uns ein
Schwarzweisfoto vom 20.7.1975, auf dem
der damalige Präsident Belaguer den
Startknopf einer neuen Goss-Rollenoffsetdruckmaschine betätigt. Apropos drucken. Bereits beim Betreten des Gebäudes hatten wir buchstäblich die Witterung
Tapfer: Eine Goss-Rollenoffsetdruckmaschine aus den 70erJahren versieht in Santo Domingo an 363 Tagen des Jahres ihren Dienst.
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aufgenommen und das unverwechselbare Geruchsgemisch von Papier und Farbe
als feine Note registriert. Nun wollen wir
den Drucksaal auch mit eigenen Augen
sehen.
Wieder erscheint unsere hilfreiche Fee Felivia und führt uns in die Hallen der
schwarzen Kunst. Gleich neben der mittlerweile betagten Goss-Maschine liegt
das Drucker-Büro. Hier stoßen wir auf den
Druckhausmanager Armando Victoria,
der es kaum glauben kann, dass sich Journalisten aus Europa für seine Arbeit interessieren. Rasch kommen wir ins Fachsimpeln und beim Gespräch über das Drucken an sich, über PDFs und die Drupa
2008 in Düsseldorf, erhalten wir die Antworten auf unsere weiteren Fragen.
Im Drucksaal
Der Medienkonzern CDN/El Caribe mit
landesweit rund 100 Mitarbeitern gehört
den beiden Unternehmern Felix M. Garcia
und Manuell Estrella sowie der Bank
„Banco Popular“. Die Schwergewichte
innerhalb der Unternehmensgruppe sind
der Nachrichtensender CDN (Cadena de
Noticias), der im TV und im Radio verbreitet wird und die Zeitung El Caribe. Alle
Unternehmen der Gruppe operieren unter
einem Dach in Santo Domingo, ausgenommen die Lokalredaktionen in Santiago und weitere Redaktionsbüros in der
Dominikanischen Republik.
Apropos Redaktion: Die Journalisten der
Mediengruppe arbeiten praktisch Tür an
Tür, Schulter an Schulter quer durch alle
Medien an den Inhalten, die dann via TV,
Radio, Web und Zeitung verbreitet werden. Die Berichterstattung ist unabhängig
und durchaus kritisch. Die meiste Aufmerksamkeit wird dabei auf die nationalen Themen aus Politik und Wirtschaft gelegt. Die unsichere Energieversorgung
und die vielen Stromausfälle sind Dauerbrennerthemen für die Journalisten. Zudem steht im kommenden Jahr eine Präsidentschaftswahl an, die im Vorfeld bereits
für viel Zündstoff sorgt. Viel Sport und ein
umfangreicher Anzeigenteil runden das
weit gehend vollfarbig gedruckte Blatt ab.
Die Zeitung im Tabloid-Format (29 x 39,5
cm) erscheint an 363 Tagen im Jahr (außer
25.12. und 1.1.) in einer Auflage von rund
44 000 Exemplaren mit 40 bis 60 Seiten
pro Ausgabe. Eine einzelne Zeitung kostet
15 Pesos (ca. 0,34 Euro). Rund 40 % der
Auflage wird über den Einzelverkauf abgesetzt. Die restlichen 60 % der Auflagen
gehen an Abonnenten, die monatlich 260
Pesos (ca. 6 Euro) oder jährlich 2 635 Pesos (ca. 60 Euro) für ihre „El Caribe“ zahlen. Zwei Magazine liegen der Zeitung regelmäßig bei: „Bureo“ erscheint jeden
Donnerstag mit Freizeit- und Veranstaltungstipps, das Frauen-, Mode- und Lifestylemagazin „Pandora“ erscheint alle 14
Tage.
Produziert wird auf vier Druckwerken der
Goss-Rotationsmaschine. Die vier weiteren Druckwerke der Maschine dienen als
Reserve. Gedruckt wird zwischen 20 Uhr
und 1 Uhr. Sechs Drucker bedienen die
Goss, zehn Mitarbeiter legen die Zeitung
und die Beilagen im Akkord zusammen.
Bereits ab 3 Uhr läuft der Vertrieb. Tagsüber produzieren die Drucker die Werbebeilagen und einige Fremdaufträge wie
die Zeitung „El Mundo“ für die spanische
Gemeinschaft in der Dominikanischen Republik mit 500 Exemplaren täglich sowie
verschiedene Wochenzeitungen. Stolz
zeigt uns Druckhausmanager Armando
Victoria die Druckvorstufe, die bereits vor
einigen Jahren auf die Computer-to-plateTechnologie umgestellt worden ist. Der
Belichter und die Platten kommen aus
Deutschland, das Zeitungspapier bezieht
„El Caribe“ aus Kanada, die Druckfarben
aus den USA.
Mittlerweile haben wir den Drucksaal, an
dem die vergangenen Jahrzehnte harter
Arbeit nicht spurlos vorüber gegangen
sind, durchquert und rüsten uns für unsere abschließende Frage. „Nein“ sagt Armando Victoria, „Elektronische Medien und
Kommunikationsmittel sind in der Dominikanischen Republik noch keine Konkurrenz für die klassischen Medien. Es gibt
sie, aber hier sind nur wenige Dominikaner online.“ Von dieser Seite droht der
Zeitung also keine Gefahr. Wir haben nun
erfahren, was wir wissen wollten und verabschieden uns von Felivia Mejía und
Armando Victoria. Wir haben viel gelernt
und freuen uns auf ein frisches Hemd.
Fazit
„El Caribe“ hat in den letzten 59 Jahren
schon viele stürmische Zeiten überstanden und sich dabei als zäh wie eine Palme
am Strand erwiesen. Wir drücken der Zeitung und dem ganzen Inselstaat mit seinen freundlichen Menschen die Daumen,
dass ihnen die Presse und die Pressefreiheit für immer erhalten bleiben. (www.
elcaribe.com.do)
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Kerstin und Jörg Allner
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Die Perle der Karibik
Östlich von Kuba und Jamaika liegt die
Insel Hispaniola. Im westlichen Teil der
Insel liegt das Land Haiti, im östlichen
Teil die Dominikanische Republik, die
etwa zwei Drittel der Insel ausmacht
und mit 48 700 qkm in etwa so groß ist
wie Niedersachsen. Das Land ist eine
Präsidialrepublik nach US-amerikanischem Vorbild und besteht aus 31 Provinzen und dem Hauptstadtdistrikt
Santo Domingo. Der mit großen Vollmachten ausgestattete Präsident, der
zugleich Regierungschef und Oberbefehlshaber von Armee und Polizei ist,
wird für vier Jahre direkt gewählt. Seit
August 2004 stellt die Partido de la Liberación Dominicana (PLD) unter Präsident Dr. Leonel Fernández Reyna die
Regierung. Fernández, der das Land
bereits in den Jahren 1996 bis 2000 regiert hatte, wurde bei den letzten Wah-
Die Dominikanische Republik wird
heute mehrheitlich von Nachkommen
der einstigen Sklaven aus Afrika bewohnt (Mulatten 79,0 %, Schwarze
15,0 %, Weiße 6,0 %). (Foto: Dominikanisches Fremdenverkehrsamt)
len bereits in der ersten Runde mit
57,11 % der Stimmen gegen Mejía
(PRD) und Estrella (PRSC) zum neuen
Präsidenten des Landes gewählt. Bei
dieser Wahl hatte sich zum dritten Mal
in Folge ein international anerkanntes
demokratisches Verfahren der Regierungsbildung etabliert. Die Menschenrechtsbilanz der Regierung ist im Regionalvergleich zwar eher positiv, in
vielen Bereichen aber verbesserungswürdig, wie Amnesty International
feststellt. Es gibt zwar keine politischen Gefangenen, bei der Polizei und
der Justiz gibt es jedoch weiter erhebliche Defizite. So befindet sich die überwiegende Zahl aller Häftlinge ohne Urteil in Haft (nach Schätzungen 70 %).
Eine Freilassung auf Kaution ersetzt
häufig die Durchführung eines Verfahrens. Nach dem Weltentwicklungsbericht der Vereinten Nationen des Jahres 2004 (UNDP, Human Development
Report) rangiert die Dominikanische
Republik mit Platz 95 etwa in der Mitte
einer Rangliste von 173 Ländern. Auf
der aktuellen Pressefreiheitsliste von
„Reporter ohne Grenzen“ rangiert die
Dominikanische Republik auf Platz 52,
ein Platz vor den USA.