Oh wie schön ist Panama… - Medizinische Universität Graz

Oh wie schön ist Panama…
Sommer 2010 - Fächergruppen 1+3
Der Sommer 2010 – meine letzten großen Ferien – nahte in Riesenschritten, und ich
wollte diese drei Monate für eine große Reise nützen. Als mein Wunschziel hatte ich
Panama ausgesucht.
Im Jahr zuvor hatte ich schon eine Famulatur in Taiwan über das
Austauschprogramm der Meduni Graz gemacht. Damals hatte alles reibungslos
funktioniert, viele organisatorische Dinge wurden uns von der Uni abgenommen. Die
Meduni Graz hat aber leider kein Abkommen mit Universitäten in Panama, so musste
ich die Organisation selbst in die Hand nehmen. Auf die vielen und komplizierten
bürokratischen Anforderungen sowohl von Panama als auch von Graz war ich nicht
vorbereitet, die Sache stellte sich doch als wesentlich komplizierter heraus als zuvor
angenommen. Mit etwas Glück, viel Geduld und der Hilfe meiner Verwandten in
Panama bekam ich den Voranrechnungsbescheid doch noch im Juni, zwei Wochen
vor meiner Abreise. An dieser Stelle möchte ich empfehlen, mit der Organisation
einer Auslandsfamulatur (sofern sie nicht über das Meduni oder AMSA – Programm
geht) möglichst frühzeitig zu beginnen, bei mir hat sich die ganze Sache insgesamt
über 7 Monate hingezogen..
Den Flug habe ich schon ein halbes Jahr vor Abflug gebucht, um 1000 Euro, wenn
man nicht in den Sommermonaten fliegt, bekommt man auch günstigere Tarife.
Empfehlenswert ist die Direktverbindung Amsterdam-Panama, vor allem weil man
sich damit die verrückten Transit-bestimmungen von den USA erspart.. Visum
braucht man als Österreichischer Tourist nur, wenn man länger als 6 Monate im Land
bleibt (neue Regelung seit Juli 2010).
An Impfungen ist für Panama Hepatitis B, Typhus, Tetanus und eventuell Gelbfieber
zu empfehlen. Malarone habe ich mitgehabt, Prophylaxe habe ich aber keine
eingenommen.
Ich habe keine speziellen Reiseversicherungen abgeschlossen, da ich über
Alpenverein und private Unfallversicherung recht gut versorgt war. Das Krankenhaus
in Panama hat aber eine Auslandskrankenversicherung verlangt, die ich auch
schon vor Beginn der Reise vorweisen musste.
Hospital Santo Tomas + Hospital del Niño
Die ersten sechs Wochen verbrachte ich auf der Orthopädie des Hospital Santo
Tomas, danach drei Wochen im Hospital del Niño auf der Pädiatrie. Ein großer
Vorteil meines Auslandspraktikums: Ich konnte die erste und die dritte Fächergruppe,
die in Österreich ein Semester in Anspruch nehmen, in 9 Wochen abschließen.
Die beiden Krankenhäuser sind die einzigen öffentlichen in Panama City, 90% der
Patienten haben keine Krankenversicherung, viele kommen aus der sozialen
Unterschicht. Dementsprechend habe ich auf der Orthopädie sehr viele spannende
Fälle gesehen, die so in Österreich nicht vorkommen.
Gleich am ersten Tag sollte ich ein Röntgenbild beschreiben. Die Fraktur am
Oberarm habe ich gleich entdeckt, das Projektil von der Schusswaffe habe ich aber
für ein Artefakt gehalten… Die Ärzte haben sich sehr über diese komische
Ausländerin amüsiert, vor allem nachdem ich total aufgeregt gefragt habe, ob ich
Fotos machen darf. Später bei der Visite sollte ich herausfinden, dass in jedem
zweiten oder dritten Bett ein Patient mit Schuss- oder Stichverletzung lag. Vor allem
in den ersten beiden Wochen des Praktikums ging es rund auf der Station, weil viele
Patienten von den Straßenunruhen in Bocas del Toro eingeliefert wurden. Zeitweise
hatten wir mehr Polizisten als Patienten auf Station…
Ich habe während meines Praktikums sehr viel mehr gelernt, als ich vorher erwartet
hatte. Die Mittel sind begrenzt und es muss teilweise ziemlich improvisiert werden,
vor allem was die Operationen betrifft. Andererseits sind die Ärzte fachlich sehr gut,
und z.B. in der klinischen Untersuchung viel sattelfester als so einige Ärzte aus
Österreich. Sie müssen das auch sein, da eine Untersuchung wie ein MR nur in
absoluten Ausnahmefällen bewilligt wird, jedenfalls sicher nicht für eine Meniskusoder Bandverletzung. Die Lehre hat im Allgemeinen im Santo Tomas einen sehr
hohen Stellenwert. Die Studenten, Interns und Residents werden ständig von den
Attendings geprüft, sei es während der Visite (bei der immer an die 20 Weißmäntel
gemeinsam unterwegs sind) oder während Ambulanz oder Operationen.
Im OP war ich während der sechs Wochen nur zweimal. In Panama ist es nicht
üblich, dass Studenten in den OP mitdürfen, ganz zu schweigen von Assistenz bei
Operationen. Für meine Studienkollegen aus Panama war es das absolute Highlight,
ich fand es nicht besonders spannend, im hintersten Winkel zu stehen und
zwischendurch einen Blick aufs OP-Feld zu erhaschen. Außerdem war es in der
Ambulanz ohnehin viel interessanter, also habe ich mich in den folgenden Wochen
nicht mehr bemüht in den OP zu kommen.
Für ein Praktikum in Panama sind Spanisch-Sprachkenntnisse sehr zu empfehlen.
Auf der Orthopädie haben nur zwei Ärzte Englisch gesprochen, auf der Pädiatrie gar
niemand, und die Patienten sowieso nicht. Generell sind die Panameños aber ein
sehr geduldiges Volk, und man kann sein Spanisch sehr gut verbessern.
Zu beachten ist, dass in Panama keine Kleidung fürs Krankenhaus zur Verfügung
gestellt wird. Auf Station und in der Ambulanz müssen die Studenten und Interns sich
ganz in weiß anziehen, mit kurzem oder langem Mantel.Die Schuhe müssen
ebenfalls weiß sein. Man bekommt auch keine Scrubs zur Verfügung gestellt. Die
kann man in Panama problemlos kaufen, es gibt schöne zu Normalpreisen (ca. 30
Euro die Garnitur) oder man kauft die Scrubs in den Billig-Geschäften, so wie ich.
Dort kostet die Garnitur dann um die 5 Euro, man muss nur damit leben können,
dass dann Teddybären, Herzerl oder ähnliches aufgedruckt sind.. (siehe Foto…)
Damit fällt man aber im OP nicht auf, mode-technisch haben die Panameños einen
sehr eigenen Geschmack…
Land und Leute
Panama ist ein faszinierendes Land, und auch eines der sichersten von
Lateinamerika. (Man muss sich nur vorher informieren, in welche Gegenden man
sich als große Blondine besser nicht hinwagt…)
Es gibt sehr viele Dinge zu sehen und zu unternehmen, mir ist auch nach 3 Monaten
nicht langweilig geworden.
Von entspannten Tagen auf den unglaublichen karibischen Inseln mit weißen
Sandstränden und türkisem Wasser über Campingabenteuer mitten im Dschungel an
einem Wasserfall bis zum mitreißenden Nachtleben von Casco Viejo, der Altstadt
von Panama City findet hier jeder etwas für sich. Sehr empfehlenswert ist das
Inselarchipel Bocas del Toro an der karibischen Küste, das auch als Surferparadies
bekannt ist. Einen Ausflug machten wir zB auch nach Bouquete, einem Ort in den
Bergen, wo es für panamenische Verhältnisse eiskalt und für unsere Verhältnisse
ganz angenehm ist. Dort wird Kaffe angebaut, unter anderem auch die zweitteuerste
Kaffeesorte der Welt. (Diese schmeckt finde ich nicht so berauschend, aber
probieren muss man es natürlich, wenn man schon dort ist…)
Die Panameños sind ein sehr liebenswertes und aufgeschlossenes und teilweise
sehr verrücktes Volk. Man muss sich anfangs an viele Besonderheiten wie zB das
langsame Tempo gewöhnen Einfach alles in Panama geht sehr viel langsamer als
zuhause. Das kann einen z.B. in Restaurants zur Weißglut bringen, aber nachdem
Weißglut in Panama nichts bringt, sondern alles nur noch schlimmer macht, lernt
man doch recht schnell damit umzugehen und die positiven Seiten dieser Mentalität
zu sehen. Ich bin jedenfalls sehr entspannt und „laid-back“ wieder nach Hause
gekommen. :)