Lehrer sind Mangelware Pädagogenengpass so groß wie seit 20

Lehrer sind Mangelware
Pädagogenengpass so groß wie seit 20 Jahren nicht mehr
Lunzenau/Penig/Rochlitz. Genau 2294 Pädagogen haben im Schuljahr 2010/11 in Mittelsachsen an
allgemeinbildenden Schulen unterrichtet. Der Frauenanteil lag im Schnitt bei 80,8Prozent, der
Altersdurchschnitt bei 50 Jahren. 214 Lehrkräfte sind zwischen 60 und 65 Jahren alt, vier Grundschulund ein Mittelschullehrer sind bereits älter als 65 Jahre. Die Daten des Statistischen Landesamtes aus
Kamenz lassen nicht nur Bildungspolitiker und Forscher aufhorchen, sondern auch die Schulleiter.
Achim Frei, der das Freie Gymnasium in Penig leitet: "Der Lehrernotstand ist in Sachsen
angekommen." Wenngleich vorerst nicht in Penig. Denn mit 28 Lehrkräften ist die
Bildungseinrichtung, an der knapp 300 Schüler unterrichtet werden, laut Frei gut ausgestattet.
"Langfristig werden wir aber im Freistaat und deshalb auch in der Region Probleme haben, gute
Lehrer zu finden, besonders in Mathematik und Physik." Das wird Freis Arbeit erschweren, ist er doch
als Leiter einer nicht-staatlichen Schule für die Personalsuche selbst mitverantwortlich.
Ähnlich äußert sich Daniel Illgen, der die Geschicke der Evangelische Mittelschule in Lunzenau lenkt:
"Es wird zunehmend schwieriger, Personal zu finden." Diesmal hätte alles geklappt. Darüber, wie es
in den nächsten Jahren aussieht, wagt er keine Prognose. 15 Lehrkräfte unterrichten an der freien
Schule momentan 172 Mädchen und Jungen. Die Zukunft fest im Blick, fordert Illgen: "Das
Kultusministerium sollte es Quereinsteigern leichter machen."
Am Johann-Mathesius-Gymnasium in Rochlitz scheint ebenfalls alles in Ordnung zu sein. "Alle
Pflichtstunden sind abgesichert, und wir können das gesamte Ganztagesangebot anbieten", erklärt
Schulleiter Thomas Lohmann. 680 Schüler werden dort von 58 Lehrkräften unterrichtet. Ein großes
Fragezeichen bleibt aber. "In den nächsten Jahren steht das Kultusministerium vor der
Herausforderung, Nachwuchs zu gewinnen", sagt Lohmann. Dabei verweist er auf das hohe
Durchschnittsalter der Lehrkräfte in Sachsen und die damit einhergehende Renteneintrittswelle.
Was auf die hiesigen Bildungseinrichtungen zukommen kann, lässt sich gut an der Entwicklung in
Freiberg ablesen. Am dortigen Geschwister-Scholl-Gymnasium sind 20 der 84 Lehrer stundenweise an
andere Bildungseinrichtungen abgeordnet. "Wir helfen zum Beispiel im Gymnasium Olbernhau sowie
an der Mittelschule 'Clemens Winkler' in Freiberg und der Mittelschule Halsbrücke aus", erklärt
Schulleiter Michael Albrecht. Die Ursache ist klar: Lehrkräfte an den genannten
Bildungseinrichtungen fehlen. Und dass, obwohl sich die Schülerzahlen laut Albrecht in ganz Sachsen
seit 1990 halbiert hätten.
Die Tatsache überrascht. Laut Zahlen des Landesamts für Statistik ist sachsenweit die Schülerzahl in
den zurückliegenden fünf Jahren um neun Prozent gestiegen. Die Zahl der Lehrer indes ist um 3300
auf rund 29.200 voll- und teilzeitbeschäftigte Pädagogen gesunken.
In der Region Mittweida sind die Bildungseinrichtungen im unterschiedlichen Maß vom Lehrermangel
betroffen. So ist die Anzahl der Schüler in der Maxim-Gorki-Mittelschule in Hainichen von knapp 370
im vergangenen Schuljahr auf 435 in 18 Klassen und drei Hauptschulgruppen gestiegen. "Wir haben
36 Kollegen. Das genügt", versichert Schulleiter Frank Dittmann. Damit könnten alle Fächer und
Unterrichtsstunden gesichert werden.
In der Fichte-Mittelschule Mittweida beschäftigt der Personalmangel die Pädagogen bereits. "Es ist
deshalb kein Unterrichtsausfall zu beklagen", sagt Schulleiter Matthias Möbius. Zwar ist die Anzahl
der Lehrer in der Stammbelegschaft seit einigen Jahren mit 40 Pädagogen stabil geblieben, doch an
der Mittelschule müssen bereits acht bis neun Gastlehrer von Gymnasien stundenweise aushelfen -
befristet für ein Schuljahr. Gleichzeitig ist die Schülerzahl - derzeit lernen dort 420 Mädchen und
Jungen - leicht gestiegen. "Das ist ein flächendeckendes Problem an den Mittelschulen", sagt Möbius
besorgt. Ausreichend Nachwuchs sei kaum zu erwarten, denn das Gros der Lehramtsstudenten drängt
an die Gymnasien. Wie man an der Mittweidaer Bildungseinrichtung auf die sich öffnende Schere
zwischen steigenden Schülerzahlen und immer weniger Lehrern reagieren könnte, soll demnächst bei
einem pädagogischen Tag besprochen werden. "Fakt ist, dass zusätzliche Angebote außerhalb des
Unterrichts wohl in Zukunft zurückgefahren werden müssen", prognostiziert der Schulleiter. (mit
jan/jl/ps)
erschienen am 07.10.2011 ( Von Alexander Christoph )