Thema Deutsch. Band 8 Was ist gutes Deutsch? Studien und Meinungen zum gepflegten Sprachgebrauch Herausgegeben von Armin Burkhardt Dudenverlag Mannheim · Leipzig · Wien · Zürich Inhalt Vorwort – 7 0 Einleitung des Herausgebers – 9 ARMIN BURKHARDT: Sprachkritik und „gutes Deutsch“ – 9 1 Rücksichten: Was war gutes Deutsch? – 17 HIROYUKI TAKADA: „Er spricht gut, so wohl richtig, als rein.“ Was war gutes Deutsch im Barock und in der Aufklärung? – 17 DIETER CHERUBIM: Gutes Deutsch im 19. Jahrhundert? Anspruch und Wirklichkeit – 32 GOTTFRIED KOLDE: Zur Sprachkritik und Sprachpflege von 1945 bis 1968. Neuorientierung, Restauration und unerbetene Einmischungen von Sprachwissenschaftlern – 47 2 Einsichten: Was ist gutes Deutsch? – 64 URSULA HIRSCHFELD, BALDUR NEUBER, EBERHARD STOCK: Was ist eine „gute“ Aussprache? – 64 KIRSTEN SOBOTTA: Was ist gutes Deutsch im Bereich der Wortbildung? – 78 HANS-WERNER EROMS: Grammatisch gutes Deutsch – mehr als nur richtiges Deutsch – 90 JÖRG KILIAN: Gibt es gute Bedeutungen? Linguistische Anmerkungen zum Schönen, Guten und Bösen, Wahren und Falschen im Reich der Semantik – 109 ANGELIKA BERGIEN: Der Name zählt! – Reflexionen über gute und weniger gute Namen – 125 PETER BRAUN: Was sind gute Entlehnungen bzw. gute Verdeutschungen? – 140 BARBARA SANDIG: Guter Stil – 157 MARGOT HEINEMANN: Was ist ein guter Text? – 162 FRANK LIEDTKE: Was ist ein gutes Alltagsgespräch? – 171 3 Hinsichten: Was ist gutes Deutsch in der Sprachpraxis? – 186 WERNER HOLLY: Medienspezifik und Ethik. Deutsch in Hörfunk und Fernsehen – 186 KORNELIA POLLMANN: Gutes Deutsch für Zeitungsleser? Ein Medienereignis im Spiegel der Pressesprache – 199 5 Inhalt HAJO DIEKMANNSHENKE: *lol*. Gutes Deutsch in Neuen Medien? – 213 NINA JANICH: Da werden Sie geholfen? Zur Frage eines „guten“ Deutsch in der Werbung – 228 JOSEF KLEIN: Gepflegt kontra funktionsgerecht? Deutsch in der Politik – 241 WILHELM VESPER: Ist gutes Deutsch heutzutage schon das weniger schlechte Deutsch? Einige Überlegungen zu der Frage nach dem guten Deutsch im schulischen Unterricht – 255 UTA HAASE: Was ist gutes Deutsch im Bereich Deutsch als Fremdsprache aus der Perspektive der Interkulturellen Kommunikation? – 265 ANGRIT JANAKIEV: Was ist gutes Deutsch im Bereich Deutsch als Fremd-/Zweitsprache? – 275 WOLFGANG BRAUNGART: Gut und schön, schön und gut. 20 Fragmente zur Frage: Was ist gutes Deutsch in Literatur? – 286 HANS-R. FLUCK: Zum (,guten‘) Stil in Fachtexten – 305 STEPHANIE THIEME: Was ist gutes Deutsch in der Rechtsund Verwaltungssprache? Eine Gratwanderung zwischen Fachsprache und Verständlichkeit – 322 URSULA FÖLLNER, SASKIA LUTHER: Was ist gutes Niederdeutsch? – 331 4 Ansichten: Was wäre gutes Deutsch? – 346 RUDOLF HOBERG: Besseres Deutsch. Was kann und soll eine wissenschaftlich begründete Sprachpflege tun? – 346 MATTHIAS WERMKE: Und wie würden Sie entscheiden? Richtiges und gutes Deutsch in der Sprachberatung – 360 JÜRGEN SCHIEWE: Angemessenheit, Prägnanz, Variation. Anmerkungen zum guten Deutsch aus sprachkritischer Sicht – 369 DIETER E. ZIMMER: Gutes Deutsch – 381 SANDRO M. MORALDO: Steht die deutsche Sprache vor dem Ausverkauf? – Einige Bemerkungen zum gepflegten Sprachgebrauch aus der Sicht der Auslandsgermanistik – 393 5 Autorinnen und Autoren – 405 6 1 Rücksichten: Was war gutes Deutsch? HIROYUKI TAKADA „Er spricht gut, so wohl richtig, als rein.“ Was war gutes Deutsch im Barock und in der Aufklärung? 1 Rhetorik und Grammatik Der barocke Dichtungstheoretiker Martin Opitz (1597-1639) muss sich 1617 in „Aristarchus sive de Contemptu Linguae Teutonicae“ („Aristarchus oder über die Verachtung der deutschen Sprache”) gegen die Geringschätzung der deutschen Muttersprache wenden. Um sich mit der Pflege der deutschen Sprache zu beschäftigen und zudem ein Forum für die Diskussion über die theoretischen und praktischen Probleme des Deutschen zu schaffen, wird im gleichen Jahr in Weimar die „Fruchtbringende Gesellschaft“ gegründet. Opitz, der „Gekrönte“ in dieser Gesellschaft, fordert im „Buch von der Deutschen Poeterey“ (1624) eine hochdeutsche Schriftsprache, die die antiken r h e t o r i s c h e n K r i t e r i e n wie Zierlichkeit, Reinheit und Deutlichkeit erfüllen sollte:1 „Die worte bestehen in dreyerlei; in der elegantz oder ziehrligkeit, in der composition oder zuesammensetzung, vnd in der dignitet vnd ansehen. Die ziehrligkeit erfodert das die worte reine vnd deutlich sein. Damit wir aber reine reden mögen, sollen wir vns befleissen deme welches wir Hochdeutsch nennen besten vermögens nach zue kommen, vnd nicht derer örter sprache, wo falsch geredet wird, in vnsere schrifften vermischen.“ (Opitz 1624: 161, Kapitel 6) Das Hochdeutsche ist somit künftig zur Erfüllung der rhetorischen Tugenden verpflichtet. Die maßgebenden barocken Literaten sehen „die Normen und Formen der westeuropäischen Kultursprachen und der neulateinischen Literatursprache als beispielhaft für die deutschsprachige Poesie“ (Henne 2006: 6) an. Die „ars poetica“ setzt dabei eine „ars grammatica“ voraus, die sich dann findet in der „Teutschen Sprachkunst“ (1641) von Justus Georg Schottelius (1612-1676), dem „größten deutschen Grammatiker des 17. Jahrhunderts“. Überzeugt von den be1 Vgl. Haas (1980: 57f.); Härle (1996: 7-11 u. 141) und Stukenbrock (2005: 80ff.). 17 1 Rücksichten: Was war gutes Deutsch? sonderen Eigenschaften und Vortrefflichkeiten des Deutschen, wendet sich Schottelius, der „Suchende“ in der Fruchtbringenden Gesellschaft, der S p r a c h l e g i t i m a t i o n 2 zu. 2 Richtigkeit der Sprache Christian Gueintz (1592-1650), der „Ordnende“ in der Fruchtbringenden Gesellschaft, veröffentlicht 1641 seinerseits eine Grammatik „Deutscher Sprachlehre Entwurf“. Zwischen Schottelius und Gueintz gibt es in den 1640er Jahren einen Streit um die Sprachnorm. Gueintz richtet sich nach dem empirischen Sprachgebrauch in seinem Heimatland, nach „recht deutscher Meisnischer sprache“ (Gueintz 1641: 28): Der S p r a c h g e b r a u c h müsse den Ausschlag geben. Beim Niedersachsen Schottelius stellt die s p r a c h t h e o r e t i s c h e Regelmäßigkeit der Wortstruktur die Richtschnur der Normierung dar. Jedes Element soll a priori streng aus einer Silbe bestehen. Beim einsilbigen Wort ist nach Schottelius das ganze Wort ein „Stammwort”3 (Freund, reich usw.). Wenn ein Wort aus mehreren Silben besteht, z. B. bei freundlicher, muss das zentrale Element des Wortes, das Stammwort, von den übrigen Bestandteilen unterschieden werden, die Schottelius weiter in zwei Gruppen teilt: -lich als „Hauptendung“ und -er als „zufällige Endung“. Ein mehrsilbiges Wort kann auch eine Verbindung mehrerer Stammwörter, d. h. eine „Verdoppelung“, sein, wie bei Landtag. Mit diesem Verfahren bekennt sich Schottelius in der zweiten Auflage der „Teutschen Sprachkunst“ (1651) in der Tradition der A n a l o g i e - A n o m a l i e -Debatte4 seit der Antike entschieden zur Analogietheorie. Das „Hochteutsche“ wird in der „Ausführlichen Arbeit Von der Teutschen HaubtSprache“ (1663) von Schottelius zum ersten Mal eindeutig als ü b e r a l l e n D i a l e k t e n s t e h e n d e L e i t v a r i a n t e proklamiert: „Die Hochteutsche Sprache aber/ davon wir handelen und worauff dieses Buch zielet/ ist nicht ein Dialectus eigentlich/ sondern Lingua ipsa Germanica, sicut viri docti, sapientes & periti eam tandem receperunt & usurpant“ (Schottelius 1663: 174)5. 2 3 4 5 Zur „Sprachlegitimation“ vgl. vor allem Blume (1978) und Takada (1998: 6-13). Zur „Spracharbeit“ im Barock vgl. Hundt (1990) und zur Sprachkritik und Sprachwissenschaft in ihrem geschichtlichen Umriss vgl. Cherubim/Walsdorf (2005: 31-51). Zum Stammwortbegriff vgl. Takada (1998: 10-13, 25-28), Gardt (1994: 160-166). Zur Alternative Analogie oder Anomalie vgl. Takada (1998: 24-43), Gardt (1994: 368-385). Die Übersetzung des lateinischen Textes: „das Deutsche selbst, wie es die Gelehrten, die Verständigen und die Erfahrenen endlich zurückerhalten haben und jetzt benutzen“. 18 HIROYUKI TAKADA: „Er spricht gut, so wohl richtig, als rein“ Die höchste Bewertung des Hochdeutschen resultiert aus dessen Anerkennung und Verbreitung in öffentlichen und gelehrten Schriften. In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts wird die Idee des Hochdeutschen als eine überregional geltende Sprache bei den Grammatikern am geläufigsten: vgl. Bödikers „Grund=Sätze Der Deutschen Sprachen im Reden und Schreiben“ (Bödiker 1690: 182) und Stielers „Kurze Lehrschrift Von der Hochteutschen Sprachkunst“ (Stieler 1691: 1f.). Im 18. Jahrhundert verschiebt sich die Grundlegung der Normierung „zu einem gegenwarts- und gesellschaftsbezogenen Sprachbegriff“ (Kilian 2000: 842). In seinen „Unvorgreifflichen Gedancken, betreffend die Ausübung und Verbesserung der Teutschen Sprache“ (1717) weist der Frühaufklärer Gottfried Wilhelm Leibniz (1664-1716) auf die Notwendigkeit der Existenz einer deutschen Hauptstadt für die Verbreitung und Festlegung der sprachlichen Norm hin; er bemerkt hier nämlich im Konjunktiv II, dass „wann ein Kayser mitten im Reiche seinen Sitz hätte, die Regel der Sprache besser daher genommen werden könte“ (Leibniz 1717: § 104). Diese sprachnormierende Funktion einer Hauptstadt finden dann Johann Christoph Gottsched (1700-1766) und Johann Christoph Adelung (1732-1806) in dem Hof O b e r s a c h s e n s . Als Anomalisten erheben sie – mit der Formulierung in Adelungs „Umständlichem Lehrgebäude der Deutschen Sprache“ (1782) – den Dialekt der „durch ihren Bergbau, durch ihre Manufacturen, Fabriken und Handlung“ (Adelung 1782: I, 61f.) blühendsten Provinz zur Leitvarietät des Deutschen. Bei Gottsched, dem es gelingt, dem obersächsisch geprägten „Hochdeutsch“ auch in Süddeutschland Geltung zu verschaffen, sind in seiner Grammatik „Vollständigere und Neuerläuterte Deutsche Sprachkunst“ (1762) die Normierungskriterien klar hierarchisiert (vgl. Scharloth 2005: 182f.). Der Sprachgebrauch der „Vornehmern und Hofleute“ (Gottsched 1762: 3) Obersachsens gilt als oberstes Prinzip, bei Zweifelsfällen beruft man sich „auf die besten Schriftsteller“ (ebd.: 729) und beim Versagen dieser beiden Kriterien sollte „die Analogie der Sprache den Ausschlag geben“ (ebd.: 4; ebenso schon Gottsched 1748: 3). Obwohl die Schriftsteller in Obersachsen zwischen 1740 und 1760 (z. B. Christian Fürchtegott Gellert, Christian Felix Weisse und z. T. Gotthold Ephraim Lessing [vgl. Haas 1980: 192]) für Adelung als Muster der weiteren Kultivierung des Obersächsischen gelten, stellt für Adelung der Sprachgebrauch der „obern Classen“ (Adelung 1782: II, 684) Obersachsens die hochsprachliche Norm dar.6 Diejenigen in Oberdeutschland, die die Verbreitung des „gekünstel6 Zum Hochdeutsch-Streit mit Christoph Martin Wieland in den Jahren 1782/83 vgl. Henne (2006: 327-345). 19 1 Rücksichten: Was war gutes Deutsch? ten“ Sachsendeutsch als „eine Ausdehnung der kulturellen Hegemonie Frankreichs“ (Scharloth 2005: 415) über alle Provinzen Deutschlands befürchten, plädieren ihrerseits für die Erhebung des Oberdeutschen zur Schriftsprache. Dabei entscheiden sie sich für das analogische Normierungsprinzip und wollen beim Ausbau ihrer Sprache Sprachregeln formulieren, die sich auf Analogie gründen. 3 Reinheit und Reichtum der Sprache In seinem „Grammatisch-kritischen Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart“ (1793; 1796; 1798; 1801)7 gibt Adelung einer der Teilbedeutungen des Lemmas gut folgende Beschreibung: „Den Regeln der Kunst gemäß. Ein gutes Gemählde. Gut Latein, so wohl von der Richtigkeit, als Reinigkeit. Gut oder gutes Deutsch. Er spricht gut, so wohl richtig, als rein.“ (Adelung 1796: 855)8 Hier beruft sich Adelung zur Erläuterung des „guten Deutsch“ auf die R i c h t i g k e i t u n d R e i n h e i t der Sprache. In seiner Stilistik „Über den Deutschen Styl“ (1785) ist ebenfalls zu lesen, dass die „einmahl vorhandene Schriftsprache nun so wohl sprachrichtig als auch rein gesprochen und geschrieben werden“ muss (Adelung 1785: I, 64). „Sprachrichtig“ bezeichnet, „was den Regeln, d. i. verbindlichen Vorschriften in der Sprache, gemäß ist“ (ebd.: 64) und „rein“ „was nicht mit fremdartigen Theilen vermischt ist“ (ebd.: 84), wobei das Fremdartige „veraltete, provinzielle, ausländische und sprachwidrig gebildete neue Wörter“ (ebd.: 84) darstellen. Als „rein“ gilt nämlich neben dem Verzicht auf fremdsprachliche Elemente auch die Vermeidung von einheimischen Archaismen, Dialektismen und „pöbelhaften“ soziolektalen Eigenschaften in den Bereichen der Phonetik, Orthographie, Morphologie, Syntax und Lexik. Kirkness (1984: 290) spricht dementsprechend für das 17. und 18. Jahrhundert statt von Fremdwortpurismus von „Sprachpurismus”.9 Adelung betont zudem die enge „Verbindung der Sprachlehre [= Grammatik, H.T.] mit der Wohlredenheit [= Rhetorik, H.T.]“ (Adelung 1782: II, 277). Leibniz meint zwar auch, man müsse sich wegen der „Reinigkeit“ vor „Unanständigen, Ohnvernehmlichen und Fremden oder Unteutschen“ (1717: § 81) Wörtern hüten. Dabei warnt er aber vor extremem Fremdwortpurismus, „allzu grosse[r] Scheinreinigkeit“ (ebd.: § 16). Er 7 8 9 Zum Gesamtbild dieses Wörterbuches vgl. Henne (1970). In den Zitaten werden als Beispiele verwendete Wörter und Sätze – anders als im Original – durch Kursivierung hervorgehoben. Vgl. hierzu auch Polenz (1994: 107) und Stukenbrock (2005: 80f.). 20 HIROYUKI TAKADA: „Er spricht gut, so wohl richtig, als rein“ empfiehlt sogar im Gegenzug, „einigen guten Worten der Ausländer das Bürger-Recht zu verstatten“ (ebd.: § 15), weil „mit diesen, Frantzund Fremd-entzen [sic!] auch viel Gutes bey uns eingeführet worden“ (ebd.: § 27) sei. Zur „Anreicherung der Sprache“ (ebd.: § 70) macht er außerdem den Vorschlag, auch alte Wörter, „Landworte des gemeinen Mannes” (ebd.: § 34) und sogar unter Umständen das „Bäurische“ (ebd.: § 35) aufzunehmen. Der R e i c h t u m der Sprache hängt für Leibniz davon ab, ob sich jede Sache mit einem W o r t benennen lässt. Mit Hilfe von Wörtern, die „den Sachen antworten [entsprechen, H.T.]“ (ebd.: § 40), könne man ja die Sachen leichter erkennen und besser verstehen. Zur A u f k l ä r u n g d e r V e r n u n f t ist der Ausbau der Sprache notwendig. Leibniz bemerkt, dass die deutsche Sprache an abstrakten Wörtern, vor allem an wissenschaftlichen Termini, arm sei. Damit die Deutschen mittels ihrer eigenen Muttersprache die W i s s e n s c h a f t e n auf europäisches Niveau erheben könnten, seien „die Technica oder Kunst-Worte“ (ebd.: § 39) „allmählig anzureichern“ (ebd.: § 12). Christian Thomasius (1655-1728) beginnt denn auch 1687 in seinen Vorlesungen an der Universität Halle, die deutsche Sprache zu benutzen. Obwohl auch Schottelius schon den Tag erwartet, an dem „jedes Stükke der Wissenschaften gemählig auf Teutsch bekant werden müchte“ (1663: 99), lässt sich bei Leibniz der Gedanke der n a t i o n a l e n E r z i e h u n g ausdrücklicher erkennen: Deutsche Terminologie werde „zu einer allgemeinen Wissens-Lust (oder Curiosität) und zu fernerer Oeffnung der Gemüther in allen Dingen nicht wenig dienen“ (1717: § 55). Nach Adelung könne ein Volk „keine andern Vorstellungen ausdrucken, als es wirklich hat“ (Adelung 1782: I, 7). Das Denken und die Sprache oder Kultur „stehen in dem genauesten Verhältnisse mit einander“ (ebd: I, 7). In diesem sprachepistemologischen Sinne muss das Hochdeutsche „ausgeübt“ und schulisch organisiert der Nation vermittelt werden. Im Interesse des Sprachreichtums, der das Deutsche als Literatur- und Wissenschaftssprache garantieren sollte, ist das W o r t b i l d u n g s v e r m ö g e n der deutschen Sprache wichtig, zumal in einer Epoche, in der „das Deutsche zu einer relativ starken ,Wortbildungssprache‘ wurde“ (von Polenz 1994: 280f.).10 4 „Gute“ Wortbildung? Das Wortbildungsvermögen relativiert Adelung aber aus der Perspektive der „ V e r s t ä n d l i c h k e i t “ . Obwohl das Deutsche „noch täglich 10 Zur Theorie und Praxis der Wortbildung im 17. Jahrhundert vgl. näher Takada (1998: 137-168). 21
© Copyright 2024 ExpyDoc