ALLGEMEINE STAATSLEHRE II. Staatsbegriff und

Prof. Dr. Alexander Proelß
WS 2009/2010
ALLGEMEINE STAATSLEHRE
II. Staatsbegriff und Staatsdefinitionen
Vorbemerkung
• abstrakt zu formulieren, was eigentlich den Staat ausmacht, gestaltet sich
von alters her schwierig, ist jedoch erforderlich, weil
o das Völkererrecht an die Staatlichkeit Rechte und Pflichten knüpft
o nur der Staat als berechtigt angesehen wird, nach innen Gewalt anzuwenden und Sanktionen zu verhängen = sog. Gewaltmonopol des
Staates
• Definition des Begriffes Staat ist unumgänglich, um klare Feststellungen
über bestimmte Rechtsbeziehungen treffen zu können
o z.B. entbehrten sowohl die Treuepflicht der Staatsbürger als auch
die Schutzpflichten der Staatsgewalt ihnen gegenüber jeder Grundlage, wenn man „Staat“ nicht definieren könnte (verfassungsrechtliche Notwendigkeit)
o Rechtserheblichkeit von Handlungen eines Staatsverbandes im
internationalen Raum kann nur festgestellt werden, wenn es sich
tatsächlich um einen Staat handelt (völkerrechtliche Notwendigkeit)
1. Historische Voraussetzungen
a) Mindestvoraussetzung: Gemeinschaft mehrerer vernunftbegabter Menschen
(Arg.: der Mensch ist ein auf die Gemeinschaft hin bezogenes Wesen [zoon politikon])
b) größere Herrschaftsverbände
• (P) auch Großfamilie ist bereits eine solche Gemeinschaft
• daher müssen Bedürfnisse jenseits der sozialen Bindungen i.e.S. bestehen,
arbeitsteilige Gesellschaften zu entwickeln und sich gegen äußere Gefahren zu schützen
• mit der Bebauung von Boden und damit einhergehender Sesshaftigkeit
entstand zunehmend eine Bindung an feste Territorien; es bildeten sich
hierarchische Strukturen aus
c) Verknüpfung mit einem bestimmten Territorium
• ursprünglich wurden Herrschaftsverbände als personale Verbände gebildet, z.B. in Stämmen oder durch persönliche Bindung an den jeweiligen
Herrscher
• im Lauf der Zeit: Abkoppelung von Personen und statt dessen Bindung an
ein bestimmtes Territorium; Begr.: Änderung der Wirtschaftsweise (Sesshaftigkeit)
d) Änderung und Ausdifferenzierung der gesellschaftlichen Strukturen
• Differenzierung der Aufgaben des Einzelnen
• Herausbildung von Personen, die ausschließlich im Dienst der Gemeinschaft tätig sind (Soldaten / Beamte)
• Herausbildung von Hierarchien innerhalb der Gesellschaft
• allmähliche Schaffung allgemein verbindlicher Normen in Form von Gesetzen o.ä., die nicht mehr nur religiös begründet werden
• zunehmend Stärkung „staatlicher“ Macht gegenüber dem Einzelnen
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2. Einzelne Elemente des Staates
• zunächst zum Begriff „Staat“: lateinischer Begriff „status“, aber die Römer bezeichneten ihr Gemeinwesen als „populus romanus“ oder generell
als „res publica“ (Republik); „status“ eher im Sinne „Stand“ oder „Zustand“ zu verstehen
• erst im ausgehenden Mittelalter taucht der Begriff des Staates im modernen Sinne auf
o Niccolo Machiavelli (1469–1527), Florenz, Jurist, Historiker,
Staatsmann, Diplomat spricht in „Il Principe“ (Der Fürst) von der
Idee der Staatsräson
o jedoch wird auch bei Machiavelli der Staat noch eher personalbezogen verstanden, der territoriale Bezug des Staates wird erst später
herausgearbeitet
• die sog. Drei-Elementen-Lehre von Jellinek ist bis heute maßgeblich für
die Definition von Staat
o Georg Jellinek = österreichischer Staatsrechtler, 1851–1911
o um als „Staat“ gelten zu können, muss eine Wirkungseinheit drei
Elemente in sich vereinen: Staatsgebiet, Staatsvolk, Staatsgewalt
a) Staatsgebiet
• Folgen der Herausbildung des Territorialitätsprinzips:
o zunehmende Tendenz einheitlicher Rechtsanwendung nach innen,
d.h. bis zur Herausbildung territorial gebundener Staaten galten für
einzelne Rechtssubjekte stets die Regeln seines „Stammesverbandes“; dies wird allmählich ersetzt durch eine Bindung aller in einem Territorium lebenden Personen an das dort geltende Recht
o Abgrenzung von Hoheitsbereiche durch Normen, welche die Gültigkeit fremder Rechtsakte im eigenen Gebiet regeln
o zugleich Herausbildung eines Völkerrechts, welches die Rechtsbeziehungen zwischen diesen verschiedenen Territorien regelt
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o Beschränkung der Befugnis zur Setzung von Hoheitsakten auf das
jeweilige Staatsgebiet; die Vornahme von Hoheitsakten auf fremdem Staatsgebiet ist grundsätzlich unzulässig (Interventionsverbot); daraus folgt die Anerkennung, dass der Staat – innerhalb der
Grenzen des Völkerrechts – alleine über seine inneren Angelegenheiten (domaine réservée / domestic affairs) entscheidet
o Wie ließ sich diese Gebietshoheit rechtfertigen?
• Patrimonialtheorie: Staatsgebiet als Eigentum des Landesherren und ggf. als ererbtes Vermögen seiner Familie
• Objekttheorie: Staatsgebiet als territorialer Bereich, in dem
sich die Herrschaft über die dort wohnenden Menschen entfaltet
• Raumtheorie: Staatsgebiet als Kompetenzbereich zur alleinigen Durchsetzung von Rechtsnormen
o heute: Gebietshoheit ist die nicht notwendig alleinige Ausübung
von Hoheitsmacht über das Staatsgebiet
• Abgrenzung des Staatsgebietes
o beachte: Staatsgebiet muss selbst kein einheitliches Territorium
darstellen, d.h. es kann aus verschiedenen Teilen bestehen, die keinen räumlichen Kontakt zueinander haben; Bsp.: Inseln, Ost-/
Westpakistan, deutsche Exklave Büsingen
o grundsätzlich müssen Landgrenzen klar fixiert sein, d.h. i.d.R.
durch Vertrag
o vor der allgemeinen Gültigkeit des völkerrechtlichen Gewaltverbotes konnte durch einseitige Annexion eines Gebietes die Grenze des
annektierenden Staates konkretisiert werden
o beachte: Landgebiet umfasst auch Binnengewässer
• aber: zum Teil internationalisiert, weil Staatengemeinschaft
ein Interesse an einer Öffnung für den internationalen Verkehr hat; Bsp.: Rhein (auch soweit nicht Grenzfluss); Nordostseekanal (Versailler Friedensvertrag)
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o heute sind die Grenzen der Staatsgebiete i.d.R. durch Grenzverträge
festgelegt; Bsp. für die BR Deutschland: Zwei-plus-Vier-Vertrag
i.V.m. deutsch-polnischem Grenzvertrag; z.T. auch bestimmt durch
Verträge der DDR (Grenze zur Tschechischen Republik)
o wenn keine vertraglichen Abgrenzungen im Einzelfall bestehen,
wird v.a. die lang andauernde Übung zwischen den betroffenen
Staaten für die Gebietsabgrenzung herangezogen
• Exkurs: Innerstaatliche Gebietsaufteilung in Bundesstaaten
o in Einheitsstaaten: Zuordnung des gesamten Gebietes zum einheitlichen Gesamtstaat
o anders in Bundesstaaten, wo jeweils noch innerstaatlich geregelt
werden muss, welchem Teilstaat (Land / Bundesstaat [USA]/ Kanton) das fragliche Gebiet zugewiesen wird; i.d.R. geschieht dies
durch die Bundesverfassung bzw. vertragliche Regelungen zwischen den Untergliederungen selbst (insbesondere bei Neugliederungen, ggf. mit Zustimmung des Bundes)
o (P): gibt es bundesunmittelbares Gebiet, d.h. solches Gebiet, welches keinem der Untergliederungen zugewiesen ist, sondern unmittelbar der Bundesstaatsgewalt (und nur ihr!) untersteht?
• geregelt durch Bundesverfassungsrecht oder Landesverfassungsrecht
• Kompetenz kraft Natur der Sache – nur Bund kann mit Wirkung gegenüber allen Ländern regeln!
o unterschiedlich in einzelnen Bundesstaaten
• USA: District of Columbia (D.C.)
• Bosnien und Herzegowina: Brcko
• BR Deutschland: grundsätzlich gibt es kein bundesunmittelbares Gebiet, d.h. das gesamte Gebiet der BRD ist jeweils einem (und nur einem) Bundesland zugehörig
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• Abgrenzung des Staatsgebiets zur See
o wichtig, um Aktivitäten zu Wasser (Fischerei und Ausnutzung des
Meeresbodens, Ausübung von Hoheitsgewalt) rechtlich einem Staat
zuordnen zu können
o historisch betrachtet war die Hohe See sog. „res nullius communis
usus“, also ein „Niemandsland“, das von allen Staaten benutzt werden kann, während die Küstenstaaten eine 3-Seemeilenzone als zu
ihrem Staatsgebiet gehörend angesehen hatten
o heute wird nach folgenden Kriterien differenziert:
• Ausgangspunkt ist der Küstenverlauf, wobei sog. Basislinien
gezogen werden. Def.: Basislinie = Niedrigwasserlinie plus
Befugnis, bei Einbuchtungen und Einschnitten „gerade
Basislinien“ zu ziehen
• Gewässer landwärts der Basislinien sind innere Gewässer,
hinsichtlich derer der Küstenstaat volle Souveränität besitzt
• darüber hinaus üben die Küstenstaaten auch im sog. Küstenmeer Hoheitsrechte aus; völkerrechtlich ist heute eine Ausdehnung des Küstenmeeres auf bis zu 12 Seemeilen zulässig
• aber: die Souveränität des Küstenstaates im Küstenmeer unterliegt Einschränkungen, die aus dem Recht
der friedlichen Durchfahrt anderer Staaten folgen
• jenseits von Staatsgebiet und Küstenmeer erstreckt sich die
ausschließliche Wirtschaftszone (AWZ) von bis 200 Seemeilen; dort sind die Küstenstaaten nicht souverän, verfügen
aber über funktional begrenzte Nutzungsrechte; Gleiches gilt
für den sog. Festlandsockel, d.h. den Meeresboden und untergrund unter der Wassersäule der AWZ, der unter bestimmten Umständen sogar weiter als 200 Seemeilen auf die
See hinaus ausgedehnt werden kann
• Hohe See und Tiefseeboden
o wie sind die staatsfreien Räume des Meeres einzuordnen?
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o Def.: Hohe See = Seegebiete jenseits der 200 Seemeilen Wirtschaftszone; Tiefseeboden = Seeboden jenseits des Festlandssockels
o Hohe See ist gemäß UN-Seerechtskonvention und Gewohnheitsrecht als staatsfreier Raum anzusehen; sog. „res nullius communis
usus“; daraus folgt:
• „Freiheit der Meere“: Schifffahrtsfreiheit, Freiheit der Fischerei (im Wesentlichen entwickelt von Hugo Grotius
[1583–1645]: Mare liberum 1608; De jure belli ac pacis
1625)
o der Tiefseeboden ist das gemeinsame Erbe der Menschheit; es besteht
• Verbot der Aneignung durch einzelne Staaten
• Verwaltung durch die UN-Meeresbodenbehörde (primäre
Aufgabe: Verteilung der aus einer künftigen Ausbeutung der
Tiefseebodenressourcen erlangten Erlöse an alle Staaten unter besonderer Berücksichtigung der Belange der Entwicklungsländer)
o Unterschied zwischen der Hohen See und dem Tiefseeboden: Letzterer ist institutionalisierter Staatengemeinschaftsraum (Meeresbodenbehörde)
• Luftraum
o grundsätzlich erstreckt sich das Staatsgebiet auch auf den Luftraum
über dem Territorium; Grenze zum staatsfreien Weltraum str.
(Staatsgebiet reicht jedenfalls bis dorthin, wo noch geflogen werden
kann und Erdanziehung besteht)
o Folge: Überflug nur mit Genehmigung (heute vielfach geregelt
durch bi- und multilaterale Luftverkehrsabkommen [„open skies“])
b) Staatsvolk
• vgl. Präambel des Grundgesetzes: „hat sich das Deutsche Volk ... dieses
GG gegeben“ oder Art. 1 Abs. 2 der UN-Charta (Anerkennung des
Selbstbestimmungsrechts der Völker)
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• merke: nicht „völkisch“ im Sinne von Kultur-, Sprach- oder einer anderen ethnischen Gemeinschaft (auch Minderheiten gehören zum Staatsvolk)
• das Verhältnis Staat – Volk – Nation wird unterschiedlich verstanden:
o Hans Kelsen (1881–1973) ging davon aus, dass es den juristischen
Begriff des „Volkes“ nicht gebe, es handele sich letztlich um einen
rein metajuristischen Begriff; erst das staatliche Recht mit seinen
konkreten Normen (Staatsangehörigkeitsgesetzgebung) beschreibe
das Volk, welches damit stets zwangsläufig mit dem jeweiligen
Staatsvolk identisch sei
o dagegen argumentierte etwa Jellinek, Nation – Volk sei eine dem
Staat vorgegebene Größe, keine notwendige Identität zwischen
Volk und Staatsvolk; dabei sind zwei Alternativen denkbar:
ein Volk / eine Nation, die sich als solche auch versteht, ist
auf mehrere Staaten aufgeteilt; Bsp.: deutsch-deutsche Situation vor 1990 (BRD / DDR)
ein Staat besteht aus mehreren Bevölkerungsteilen, die sich
keineswegs als ethnisch einheitliches Volk begreifen; Bsp.:
viele afrikanische Staaten, die aufgrund willkürlicher kolonialer
Grenzziehungen
entstanden
sind;
BosnienHerzegowina (Kroaten, Serben, Muslime / Bosniaken); Minderheitensituationen auch in westeuropäische Staaten (Basken, Kurden etc.)
• daraus folgt: statt einheitlicher Kriterien (etwa Rasse, Religion etc.) ist
der subjektive Wille, eine gesondertes Staatsvolk zu bilden, maßgeblich
• erforderlich ist also, dass sich die jeweilige Bevölkerung selbst als einheitliches Staatsvolk begreift und
o einen einheitlichen Staat will (Staatsbildungswille)
o oder sein Selbstbestimmungsrecht in einer anderen Form ausübt,
z.B. durch
Vereinigung mit einem anderen Staat oder Eingliederung in
einen solchen; Bsp.: deutsche Wiedervereinigung, Präambel
des sog. 2 plus 4-Vertrages zur Wiederherstellung der staatlichen Einheit Deutschlands: „In Würdigung dessen, dass das
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deutsche Volk in freier Ausübung des Selbstbestimmungsrechts seinen Willen bekundet hat die staatliche Einheit
Deutschlands wiederherzustellen“
• (P) wie kommt es zur Ausbildung dieses subjektiven Willens, also des
Willens zur „Volksbildung“?
o historisch überkommenes Zusammenleben
o gemeinsam durchlittene Erfahrungen
o gemeinsamer Lebensstil (“american way of life”)
o Abgrenzung gegenüber anderen Verbänden, die als etwas anderes
begriffen werden
o gemeinsame Sprache und Kultur
• (P) gibt es einen Anspruch auf „Sezession“, d.h. auf Austritt aus einem
einmal bestehenden Staatsverband?
o nach geltendem Völkerrecht ist davon auszugehen, dass das Selbstbestimmungsrecht – wenn es zuvor einmal ausgeübt wurde – kein
umfassendes Recht auf Sezession gewährt; Arg.: andernfalls wäre
umfassende Stabilität in Frage gestellt; Ausnahme: Verletzung elementarer Menschenrechte ohne andere Wahl (ultima ratio), Bsp.:
Kosovo (str.); Selbstbestimmungsrecht gilt also grundsätzlich nur
in seiner Ausprägung als „inneres Selbstbestimmungsrecht“ (Anspruch auf Autonomie innerhalb des Staates)
• Zugehörigkeit zum Staatsvolk wird zunächst vom Staat selbst bestimmt
durch Regelung
o in der jeweiligen Verfassung und / oder
o in nationalen Staatsangehörigkeitsgesetzen
o aber: nur innerhalb der Grenzen des Völkerrechts; insoweit ist stets
ein irgendwie geartetes Lebensband (genuine link) erforderlich, vgl.
Nottebohm-Entscheidung des Internationalen Gerichtshofs (IGH)
• Erwerb von Staatsangehörigkeit (grundsätzlich vom Staat zu treffen)
o zwei grundsätzliche Möglichkeiten:
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• jus sanguinis: anknüpfend an die Staatsangehörigkeit der Eltern
• jus soli: anknüpfend an den Geburtsort
• Exkurs: die BR Deutschland hat ein „Mischsystem“
o grundsätzlich jus sanguinis nach der Mutter oder dem Vater
o modifiziertes jus soli, wenn zumindest einer der beiden Elternteile
einen gesicherten Aufenthaltsstatus in Deutschland und Mindestaufenthalt von 8 Jahren hatte (§ 4 Abs. 3 StAG)
• Verlust der Zugehörigkeit zu einem bestimmten Staatsvolk / Verlust der
Staatsangehörigkeit
o Entlassung / Ausbürgerung: nur unter Beachtung menschenrechtlicher Vorgaben zulässig (gilt insbesondere für Zwangsausbürgerung, vgl. Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form der
Rassendiskriminierung) => Verbot der willkürlichen Entziehung
der Staatsangehörigkeit
o z.T. beim freiwilligen Erwerb einer fremden Staatsangehörigkeit
(z.B. durch Heirat), sofern das eigene Staatsangehörigkeitsrecht
dies vorsieht (beachte: anders für die Vertragsparteien des Europäischen Übereinkommens über die Staatsangehörigkeit); aber: Vereinbarkeit mit menschenrechtlichen Verträgen muss gewährleistet
sein
o Eintritt in fremde Heeresdienste
• (P) Doppelstaatlichkeit
o kann entstehen durch
• Eltern mit unterschiedlicher Staatsangehörigkeit
• positiver Konflikt von jus soli und jus sanguinis: Kind
stammt von Eltern ab, deren Heimatstaat dem jus sanguinisPrinzip folgt, der Gebortsort des Kindes jedoch im Staatsgebiet eines jus soli-Staates liegt
• Einbürgerung unter Hinnahme der fremden Staatsangehörigkeit
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o Probleme:
• Schutzkonflikte zwischen den Heimatstaaten sowie in Drittstaaten (wer übt diplomatischen Schutz aus?)
• mehrfache Pflichten (etwa Wahlrechte und Wehrpflicht)
• (P) Staatenlosigkeit
o kein Aufenthaltsrecht
o kein diplomatischer Schutz
o Tendenz zu vermeiden, so auch etwa im GG (vgl. Art. 16 GG
Abs. 1), aber kein absolutes Verbot nach Völkerrecht
• Exkurs: Staatsangehörigkeit und Unionsbürgerschaft
o Art. 17 EG-Vertrag (Unionsbürgerschaft)
„(1) Es wird eine Unionsbürgerschaft eingeführt. Unionsbürger ist,
wer die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedsstaates besitzt. Die Unionsbürgerschaft ergänzt die nationale Staatsbürgerschaft, ersetzt sie
aber nicht.
(2) Die Unionsbürger haben die in diesem Vertrag vorgegebenen
Rechte und Pflichten.“
o Maastricht-Urteil des deutschen Bundesverfassungsgerichts (E 89,
155)
„ (...) Mit der durch den Vertrag von Maastricht begründeten Unionsbürgerschaft wird zwischen den Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten ein auf Dauer angelegtes rechtliches Band geknüpft, das
zwar nicht eine der gemeinsamen Zugehörigkeit zu einem Staat
vergleichbare Dichte besitzt, dem bestehenden Maß existentieller
Gemeinsamkeit jedoch einen rechtlich verbindlichen Ausdruck verleiht. (...)“
o wesentliche Unterschiede
• Bezugnahme nur auf die im Vertrag umschriebenen Rechte (insbesondere sog. Grundfreiheiten)
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• angekoppelt an nationale Staatsangehörigkeiten
• die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Staatsvolk ist durch folgende
Merkmale gekennzeichnet:
o volle politische Rechte (soweit solche nach nationalem Recht gewährt werden)
o Anwesenheitsrecht und Rückkehrrecht in das Heimatland
o ggf. Pflichten wie etwa Wehrpflicht
o nur Staatsangehörige unterliegen der sog. Personalhoheit des Heimatstaates, d.h. sie müssen – auch wenn sie sich ggf. im Ausland
befinden – die Gesetze ihres Heimatlandes beachten; anders demgegenüber Ausländer, die nur im Wege der Gebietshoheit in Anspruch genommen werden können, solange sie sich auf dem Gebiet
eines bestimmten Staates befinden
• (P) Minderheiten
o Definition: Minderheiten sind Angehörige einer
zahlenmäßig gegenüber der Mehrheitsbevölkerung kleineren
Gruppe von Personen
welche die Staatsangehörigkeit ihres Wohnsitzstaates besitzen
sich zugleich aber von der Mehrheitsbevölkerung durch
Sprache, Religion, Rasse/Ethnizität, Kultur oder ähnliche
Kriterien unterscheiden
ferner auf einem abgrenzbaren Territorium leben
und sich – jedenfalls in ihrer Mehrheit – auch subjektiv dieser Minderheit zugehörig fühlen
Bsp. für die BR Deutschland: Dänen in S-H; Friesen in Niedersachsen; Sorben in Sachsen und Brandenburg
o die beiden letzten Beispiele zeigen, dass ein anderer Staat, in dem
die Minderheit die staatstragende Mehrheitsbevölkerung bildet,
nicht existieren muss
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o Minderheiten sind dennoch Teil des Staatsvolkes, d.h. ethnische
oder ähnliche Kriterien reichen nicht aus, um ein Staatsvolk zu bestimmen
o aber: das Völkerrecht etabliert einen Anspruch auf ein Mindestmaß
an kultureller Autonomie (sog. inneres Selbstbestimmungsrecht)
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