16 Medical Tribune Kolloquium ALLERGOLOGIE Allergenquelle zuhause Was tun, wenn’s vom eigenen Vierbeiner kommt? NEW YORK – Seit langem ist bekannt, dass Tierallergene ursächlich für allergische Erkrankungen wie akutes oder chronisches Asthma sein können. Als Tierhalter ist man in den eigenen vier Wänden diesen Allergenen besonders ausgeliefert. Woher die Allergene genau stammen, welche Rolle sie bei asthmatischen Erkrankungen spielen und was man schliesslich dagegen tun kann, beschrieb Dr. Robert A. Wood, Johns Hopkins University, Baltimore, Maryland, an einem Workshop anlässlich des 58. Jahreskongresses der American Academy of Allergy & Asthma Immunology. Tierallergene können in zwei grosse und diverse kleine Gruppen eingeteilt werden. In die beiden Hauptgruppen fallen zum einen Haustiere wie Hunde und Katzen und andererseits die Labortiere wie Mäuse und Ratten. Während man früher pauschal von einer Tierhaarallergie ausging, kann man heutzutage die ursächlichen Allergene wesentlich genauer beschreiben. Bei Hunden und Katzen sind neben den Haaren die Hautschuppen und der Speichel als Hauptallergene bekannt. Bei den Feliden konnte als Hauptallergen das Fel d 1 identifiziert werden, ein tetrameres Polypeptid mit einem MG von 17 bis 18 kD. Es wird vor allem in den Haarfollikeln und zu einem geringen Grad auch im Speichel produziert. Interessanterweise produzieren männliche Katzen wesentlich mehr Fel 1 d als weibliche. Kastration der Kater kann hier bis zu einem gewissen Grad Abhilfe respektive Allergenreduzierung bringen, Kastration der weiblichen Katzen ändert hinsichtlich der Allergenmenge nichts. Bei Hunden ist das wichtigste Allergen das Can f 1, ebenfalls ein Polypeptid. Es wird besonders in den Haaren, den Schuppen und dem Speichel gebildet und hat ein MG von 25 kD. Ein weiteres, wenn auch nicht so verbreitetes Hundeallergen ist das Hundealbumin mit einem MG von 19 kD. MT-Supplement Nr. 3/2002 Bei den Nagetieren ist die grösste „Allergenquelle“ vor allem der Urin, während bei Kühen und Pferden wiederum Haar und Hautschuppen als Hauptallergene gelten. Am weitesten verbreitet sind die Allergene von Hunden und Katzen, und zwar nicht nur in den eigenen vier Wänden, sondern auch in Schulen und Universitäten. Was eben auch zu einer Sensibilisierung von Menschen führen kann, die normalerweise gar keinen Kontakt mit Tieren haben. Klinische Aspekte Dr. Wood stellte eine Studie von Ingram et al., Los Alamos, New Mexiko, vor, in der eine Sensitivität auf Hunde- und Katzenallergene in 22 bis 67 % bei Asthmatikern gezeigt werden konnte. Als spezifischer Antigennachweis gelten IgE-Antikörper. Kontrovers diskutiert wird zur Zeit, ob eine Exposition mit Tierallergenen das Risiko zu erhöhter Sensitivität steigert oder verringert. Dr. Wood stellte mehrere Studien hierzu vor. So zeigte eine Studie unter 21 asthmatischen Kindern, dass 88 % von ihnen in den ersten Lebensjahren mit einer Katze im Haus aufwuchsen, gegenüber 36 % ohne Katzen, jeweils bezogen auf das erste Lebensjahr. Allerdings wurden in der jüngsten Vergangenheit gleich mehrere Studien veröffentlicht, die genau das Gegenteil Hundewaschanlage in New York proklamieren, d.h., dass eine Katze im eigenen Haus die Katzensensitivität respektive Entstehung von Asthma oder anderen allergischen Erkrankungen deutlich verringern kann. Hinzu kommt, dass sich eine Sensitivität durchaus auch ohne direkte Anwesenheit von Tieren entwickeln kann, da Hunde- und Katzenallergene sogar in Häusern ohne Haustiere anzutreffen sind, und zwar insbesondere in Teppichen sowie Polstermöbeln. Sich schützen, aber wie? Was raten Sie nun Ihrem Patienten, nachdem bei ihm eine Sensitivität gegen sein eigenes Haustier nachgewiesen werden konnte? „Eigentlich hilft es nur, das Tier abzuschaffen“, so Dr. Wood. Aber die meisten Tierbesitzer sind dazu nicht bereit, hängen sie doch an Fortsetzung auf Seite 17 Kolloquium ALLERGOLOGIE Medical Tribune Heuschnupfen als Risikofaktor Immuntherapie hilfreich gegen Asthma NEW YORK - Wer Heuschnupfen hat, ist ein potentieller Asthmatiker. Doch wie findet man heraus, wer ein solcher ist? Ein italienisches Forscherteam um Dr. Maria Savrà, Università di Catania, hat herausgefunden, dass eine bestehende symptomlose Hyperreaktivität bei allergischen Rhinitis-Patienten ein starker Hinweis für eine spätere Asthmaentwicklung darstellt. Eine spezifische Immuntherapie gegen den Heuschnupfen mag zwar dessen Symptome lindern, ob es aber hilft, das Asthma zu verhindern, ist ungewiss. Um das herauszufinden nahmen die Wissenschaftler 1004 Daten aus den Jahren 1990/ 1991 von nicht asthmatischen Heu- schnupfen-Patienten zwischen 18 und 40 Jahren und befragten diese im Jahr 2000. 42 Prozent der Heuschnupfenpatienten hatten innerhalb dieser 10 Jahre Asthma entwikkelt. Von 371 asthmafreien Heuschnupfen-Patienten wurden zusätzlich News Fortsetzung von Seite 16 ihrem Tier häufig mindestens so stark wie an anderen Familienmitgliedern. Wenn das Weggeben des Tieres also nicht in Frage kommt, sollte zumindest das Zusammenleben zwischen Mensch und Tier stark reglementiert werden (eigener Hunderaum, keine Tiere im Schlafzimmer etc.). „Machen Sie Ihrem Patienten und Tierbesitzer das Zusammenleben mit seinem Liebling so unbequem und problematisch wie möglich, vielleicht wird er dann einsichtig und trennt sich eher von seinem Tier.“ Öfter mal zum Dog-Wash? Aber selbst wenn das Tier aus dem Haus ist, kann es Monate bis Jahre dauern, bis das Allergenniveau entscheidend zurückgegangen ist. Hier hilft nur wiederholtes Hausputzen bis hin zum Austauschen der Matratzen und Polstermöbel, weil sich insbesondere Katzenallergene darin viele Jahre halten können. Wenn schon nicht das Tier abschaffen, so kann man wenigstens die Tierallergenmenge reduzieren, beispielsweise durch häufiges Waschen. In den USA gibt es spezielle Hundewaschanlagen, die langfristigen Effekte sind allerdings als eher 202 Allergiker einer Immuntherapie für mindestens 3 Jahre unterzogen, die restlichen 169 Patienten dienten als Kontrollgruppe. Während die immunisierten Patienten zu 41 Prozent Asthma entwickelten, etablierte sich diese Manifestation in der unbehandelten Gruppe im Laufe der folgenden 10 Jahre bei 53 Prozent. Die Forscher kommen deshalb zum Schluss, dass Heuschnupfen eine grosser Risikofaktor für eine spätere Asthmaentwicklung ist und diese mit einer spezifischen Immuntherapie verhindert oder hinausgezögert werden könnte. bescheiden zu bezeichnen. Hinzu kommt, dass durch zu häufiges Waschen wiederum Haut- und Fellerkrankungen bei den Vierbeinern vorprogrammiert sind. Zu beachten ist auch, dass durch das Schütteln bzw. Trockenreiben der Tiere grosse Mengen an Allergenen freigesetzt werden. Das Haus mit Vakuumstaubsaugern zu reinigen – auch daran glauben viele Tierfreunde, bringt auf Dauer nicht allzu viel. Wirkungsvoller scheinen elektrostatische Staubsauger zu sein, über Dauer und Häufigkeit der Anwendung streiten die Experten. Immuntherapie kann helfen Vor allem für Patienten, die einer Exposition mit Tierallergenen – wissentlich oder unwissentlich – nicht aus dem Weg gehen können, scheint eine Immuntherapie mit Katzen- oder Hundeallergenen sinnvoll zu sein. Bei asthmatischen Tierbesitzern kann die Immuntherapie allerdings langfristig keine Hilfe darstellen. Diesen Patienten lässt sich nur durch eine im weitesten Sinn tierfreie oder tierallegenarme Umgebung helfen. Internationale Hyposensibilisierungsstudie Pollenschuss verhindert Asthma Asthma gehört zuweilen zu den Folgeerscheinungen einer allergischen Rhinitis. Das muss nicht sein, dachten sich Forscher aus Oslo, Wien und Berlin und versahen 205 Kinder wöchentlich mit einer Polleninjektion. Als Erhaltungsdosis spritzten sie die Kinder danach noch alle sechs Wochen während drei Jahren. Unter den 151 Kindern, die vor der Hyposensibilisierung noch kein Asthma hatten, bewirkte der Pollenschuss Erstaunliches: In der Interventionsgruppe entwickelten nur halb so viele Kinder asthmatische Beschwerden wie in der Kontrollgruppe, die keine Immuntherapie erhielt. Während der ganzen Studie war es den Teilnehmern erlaubt, allergie- und asthmalindernde Medikamente einzunehmen. Quelle: Möller C. et al., Pollen immunotherapy reduces the development of asthma in children with seasonal rhinoconjunctivitis (the PAT-study), JACI, Feb. 2002, part 1 • Volume 109 • Number 2, p. 251 MT-Supplement Nr. 3/2002 17
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