Was die Menschen im Altertum voneinander wussten - C.C. Buchner

Was die Menschen im Altertum
voneinander wussten (III) –
Kommen sich China und Europa näher?
Römische Handelskontakte nach Osten
Die Römer haben zwischen 150 und 30 v.
Chr. die hellenistischen Königreiche erobert.
In Vorderasien allerdings übernahmen die
Parther die Herrschaft. Mit ihnen führten
die Römer häufig Krieg.
Die griechisch-römische Kultur hatte jetzt
keine direkte Grenze mehr zu Indien. Schon
in der Zeit des Augustus umgingen deshalb
zahlreiche Händler die schwierige und gefährliche Landroute. Sie erkundeten den
Seeweg nach Osten und segelten mit Schiffen von Ägypten nach Indien. Einzelne
Händler reisten sogar bis nach Vietnam
und China weiter. Heiß begehrte Waren
aus Indien (z. B. Gewürze wie Pfeffer) und
China (vor allem Seide) kamen auch durch
andere Kaufleute ins Römische Reich.
Unter dem römischen Kaiser Antoninus Pius gelangten römische Gesandte im 2. Jh. n.
Chr. nach China. Sie brachten Geschenke
mit, um die Chinesen für sich zu gewinnen.
Allerdings entstanden daraus keine regelmäßige Beziehungen.
Römische Geografen
Händler berichteten wenig über ihre Reisen, um keine Konkurrenz anzulocken. Es
gab in Rom allerdings nicht nur bei geschäftstüchtigen Händlern ein großes Interesse an den fernen Ländern. Gelehrte haben alle Informationen gesammelt, die sie
bekommen konnten. Diese Angaben waren
aber zum Teil unzuverlässig. Neben zutreffenden Angaben erhielten sie auch fantasiereiche Vermutungen.
Ptolemaios von Alexandria fasste im 2. Jh. n.
Chr. das geografische Wissen seiner Zeit in
einem Buch zusammen. Nach seiner Beschreibung wurden Weltkarten gezeichnet.
Auf ihnen waren auch Gebiete enthalten,
die Ptolemaios nicht bekannt waren, die es
aber nach seinen Berechnungen geben
musste.
Chinesen und Römer übereinander
Auch die Chinesen wussten von einem großen Reich im Westen, aber kein Chinese hat
das Römische Reich selbst besucht. Wissen
darüber bekamen sie lediglich durch die
Parther und stellten sich vor, dass das Römische Reich ihrem Kaiserreich sehr ähnlich
sei.
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M1 Weltkarte nach Ptolemaios
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Q 1 Der Weg nach China
Der Gelehrte Ptolemaios, der im 2. Jahrhundert
n. Chr. in Alexandria lebte, berichtet über den
Landweg nach China. Ptolemaios hat viele seiner Informationen aus dem heute verlorenen
Werk des Marinos von Tyros, der am Anfang
des 2. Jahrhunderts im östlichen Mittelmeerraum gelebt hat:
Die Route zu den Serern [Chinesen] ist durch
den Handelsverkehr bekannt geworden. Marinos berichtet nämlich, dass der Makedonier
und Kaufmann Maes aufgeschrieben habe,
5 wie lang die Strecke sei; er sei zwar nicht selbst
nach China gegangen, habe aber einige Leute
zu den Serern gesandt.
Es scheint, dass Marinos den Berichten von
Handelsreisenden misstraut hat, Marinos sagt,
10 dass sie sich nicht darum bemühten, Kenntnisse zu erwerben, da sie nur an den Handelsgeschäften interessiert seien und zudem übertrieben sie die Länge der Wege, weil sie Angeber seien.
Q 3 Verladen
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auf ein römisches
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Nach: Ptolemaios, Geographia 1,11,6 - 8 , Übersetzung: Klaudios Ptolemaios, Handbuch der Geographie, hrsg. von Alfred
Stückelberger, Basel 2006, S. 85 (bearbeitet von Björn Onken).
Q 2 Ein Chinese beschreibt
das Römische Reich
Die chinesische Chronik Hou Han shu wurde in
der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts von dem
hohen Beamten Fan Yeh verfasst. Er berichtet
darin auch über das Römische Reich im 1. - 3.
Jahrhundert n. Chr.:
Sein Gebiet umfasst über 400 mit Mauern geschützte Städte. Die äußere Mauer der Städte
ist aus Stein. Im Land wachsen neben Pinien
und Zypressen auch alle anderen Arten von
5 Bäumen und Pflanzen. Ihre Lebensgewohnheiten sind die folgenden: Sie widmen sich der
Landwirtschaft und ziehen eine große Zahl
von Maulbeerbäumen für den Seidenwurm.
Sie alle rasieren ihre Köpfe, aber tragen mit Sti10 ckereien verzierte Kleidung. Ihr König fährt in
einem kleinen Wagen überdacht von einem
Baldachin. In allen Räumen seines Palastes
sind die Säulen aus Glas, genau wie das Essgeschirr. Sie machen Münzen aus Gold und
15 Silber.
Aus: Hou Han shu 88, zitiert nach: Donald D. Leslie / Kenneth
H. J. Gardiner: The Roman Empire in Chinese Sources (Universitá di Roma „La Sapienzia“, Studi Orientali XV), Rom 1996,
S. 47 - 49
Q 4 Chinesisches Bronzemodell
Einspänniger Reisewagen mit Baldachin.
Chinesisches Bronzemodell 1. - 2. Jh. n. Chr.
1. Beschreibe die Handelsbeziehungen zwischen Rom und dem Osten.
2. Erkläre die Rolle der Händler bei der Ausweitung des geografischen
Wissens in römischer Zeit (Q1).
3. Vergleiche den chinesischen Bericht (Q2) über das Römische Reich
mit deinem Wissen über Rom.
4. Überlege, woher die Chinesen die unzutreffende Vorstellung bekommen haben könnten, dass der römische Kaiser in einem Baldachinwagen fährt und in einem Palast mit Glassäulen wohnt (Q2,
Q4 und Verfassertext).
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