BAUINNUNG WIEN Mittwoch 20. November 2013 EXTRA ENTGELTLICHE KOOPERATION 9 Was die Wiener Bauordnung bringt FOTOLIA/MARCO2811 Interview. Im Teil 3 der Serie analysiert ein Fachexperte die Maßnahmen der Novelle Die Bauverordnung der Gemeinde Wien soll neue Lösungen für eine Erleichterung der Wohnraumbeschaffung in der Hauptstadt bringen Eine neue Bauordnung der GemeindeWiensollimkommenden Jahr in Kraft treten. Die Maßnahmen der Novelle haben eine Erleichterung der Wohnraumbeschaffung zum Ziel, sind jedoch inhaltlich umstritten. Der Fachexperte und Baurat DI Wilhelm Sedlak im KURIER Gespräch über die neue Verordnung, notwendige Adaptierungen und die Chancen einer konkreten Umsetzung. FOTOSTUDIO FLOYD KURIER: Was soll die neue Bauverordnung in Wien bewirken? Wilhelm Sedlak: Einwichtiger Aspekt ist sicherlich die Baurat DI Wilhelm Sedlak Was ist aus Ihrer Sicht an der Umsetzung kritisch zu betrachten? Man hat es leider verabsäumt, die Bauwirtschaft in diesem Verbesserungsprozess miteinzubeziehen, obwohl ja gerade die Vertreter der Bauwirtschaft es sind, die am besten Bescheid wissen, wie man durch Änderungen der Bauordnung zu einer Verbilligung des Bauens kommen kann. Was heißt das konkret? Die Problematik der Novellierung von Verordnungenliegtdarin,dassbeigezogeneExpertenoftversuchen werden, die in ihrem FachgebietliegendenBereiche,z. B. Brandsicherheit, Wärmedämmung, Schallschutz, Barrierefreiheit, etc. zu verbessern, ohne dabei auf die Kosten oder die reale Notwendigkeit zu schauen. Da esimmereinVerbesserungspotential gibt, wird z. B. ein Brandschutzexperte, wenn er nach einer Novellierung gefragt wird, etwas finden, was man verbessern kann. Dadurch kommt es zwar zu Verbesserungen, aber leider auch zu Verteuerungen. Welche Lösungen müsste es also geben und wie sollten diese umgesetzt werden? Um kostengünstiges Bauen zu ermöglichen, müssen dieGrundstückezuvernünftigenPreisenbeigestelltwer- den. Durch die Widmungskategorie „förderbarer Wohnbau“unddurchdiebefristete Baulandwidmung wird dieser Zweck, wie aus den bisher veröffentlichten Unterlagen hervorgeht, gut erfüllt. Gleichzeitig werden jedoch neue Verpflichtungen, nämlich Maßnahmen zur Ökologisierung eingeführt – so wie etwa das Regenwassermanagement und verpflichtende Gestaltungskonzepte für Grünflächen. All dies muss sich natürlich in den Errichtungskosten niederschlagen, sodass eine tatsächliche Senkung der Baukosten in Zweifel gezogen wird. Welche Maßnahmen der Verordnung wirken sich also aus Ihrer Sicht positiv, welche negativ aus? Ich würde hier gerne einige Punkte aufzählen, die ich als besonders wichtig empfinde: – Die Verpflichtung zur Erstellungeines„Bauwerksbuches“ mit der Dokumentationspflicht für Instandhaltungsmaßnahmen wird in die Betriebskosten einfließen und von den Mietern und Wohnungseigentümern bezahlt werden müssen. Das Positive daran ist aber, dass Schäden rasch erkanntundrechtzeitigimAnfangsstadium behoben werden können. – Auch Maßnahmen wie die Reduzierung der Stellplatzverpflichtungen werden sich positiv auf die Baukostensenkung auswirken – aber nur dann, wenn damit die Herstellung eines Garagengeschosses oder Doppelparker eingespart werden können. – Der Entfall der Verpflichtung zum Bau von Notkaminen wird sich wiederum kurzfristig positiv auf die Baukosten auswirken. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass nachträglich kein Kamin mehr errichtet werden kann und somit auch kein Kachelofen oder offener Kamin in der Wohnung aufgestellt und angeschlossen werden kann. Ob Notkamine errichtet werden, ist Entscheidung des Bauherren. – Die angedachte Mindestraumhöhe in Erdgeschoßen erhöht zwar die Flexibilität fürNutzungen,zubedenken istjedoch,dassaufgrundder Begrenzung der Maximalhöhe eines Gebäudes gegebenenfalls ein ganzes Stockwerk weniger errichtet werden kann. In solchen Fällen sollte die Maximalhöhe jedenfalls geringfügig überschrittenwerdenkönnen,da ansonsten diese Bestimmung Kostensteigerungen nach sich ziehen kann. – Die Verpflichtung zur Schaffung eines Regenwassermanagements wird die Errichtungskosten von Gebäuden deutlich erhöhen. Angedacht werden sollten hier aber Lösungen, wo die Kosten auch auf bestehende Gebäude aufgeteilt werden. – Die Notwendigkeit eines geplanten baurechtlichen Geschäftsführers bei juristischen Personen zweifele ich an. Einen positiven Effekt könnte diese Maßnahme aber dann haben, wenn mandamitdas„Pfuscherwesen“ einschränken könnte. Wie würden Sie also den Status quo der geplanten Maßnahmen zusammenfassen? Aufgrund der beabsichtig- ten Pläne kann weder mit einer Reduzierung der Errichtungskosten von Wohnungen noch der Erhaltungsund Betriebskosten gerechnet werden. Bauen und Wohnen dürfte somit auch in Zukunft nicht wirklich günstiger werden. . ·· · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · ·· INTERNET www.bauinnung.at Neue Bauordnung, neue Chance Architekt Walter Stelzhammer, Präsident Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Wien, Niederösterreich und Burgenland Die Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Wien, NÖ und Burgenland steht der kommenden Novelle zur Wiener Bauordnung offen gegenüber. Mit dem Entfall der Verpflichtung zur Errichtung von Notkaminen, der Erleichterung von Dachgeschossausbauten und der Wohnraumschaffung in Kleingärten, der Flexibilisierung der Stellplatzverpflichtung sowie der Ermöglichung von Balkonbauten über Verkehrsflächen werden einerseits wichtige Impulse zur Schaffung neuen Wohnraums sowie zur Kostenreduktion des Wohnbaus und damit des Wohnens andererseits gesetzt. NeueMöglichkeitenbergenauchdieerstmalsvorgesehenen „städtebaulichen Verträge“ zwischen Liegenschaftseigentümer und öffentlicher Hand, in denen transparent die Verpflichtung zur Schaffung von Wohninfrastruktur festgelegt wird ebenso wie die Verpflichtung zur Vorlage von Gestaltungskonzepten für Grünflächen bereits ab Bauklasse II. Berücksichtigt werden muss jedoch, dass diese neuen InfrastrukturverpflichtungenmitzusätzlichenKostenfürdenErrichter verbunden sind. Eine„Entschlackung“derWienerBauordnungkann insgesamt als Beispiel für eine dynamische Rechtserzeugung gewertet werden. Wünschenswert wäre allerdings, wenn in diesem Zusammenhang auch im NormenbereicheinentsprechenderProzessderEntrümpelung einsetzt. © FOTO: ARCH+ING mögliche Reduzierung der Baukosten und die Erleichterung der Grundstücksbereitstellung.DieThemenbereichewurdenbereitspublik gemacht. Tatsächlich fehlt aber zu jedem Punkt der genaue Gesetzestext.
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