Was wird aus Prora? - KdF-Seebad - Koloss von - Friedrich Verlag

■ Sekundarstufe I/II
Was wird aus Prora?
KdF-Seebad –> Koloss von Rügen –> ???
Christine Wenzel
unmittelbarer Küstennähe erstrecken sich über
fast fünf Kilometer gewaltige Bauten, deren
Historie, Größe, Architektur und Nutzung eine
besondere Herausforderung darstellen.“
Karin Timmel, Landrätin des Landkreises Rügen
A
lles begann im Jahre 1935.
Damals hatte Hitler die Idee,
für seine Freitzeitorganisation
„Kraft durch Freude“ (KdF) in
der Nähe von Binz auf der Insel Rügen
ein gigantisches Seebad bauen zu lassen.
Der Beginn des Zweiten Weltkrieges
1939 bedeutete den Stopp der Bauarbeiten. Das, was nach Demontage und Plünderung noch übrig war, wurde ab 1949
zu militärischen Zwecken genutzt. Die
Rohbauten wurden notdürftig fertig gestellt und das gesamte Gelände zum militärischen Sperrgebiet erklärt. Heute
gehört Prora zur Gemeinde Binz. Die
3 252 500 m2 befinden sich im Eigentum
der Bundesvermögensverwaltung und
sind seit 1993 öffentlich zugänglich.
Dem Besucher bietet sich ein imposantes Bild: eine gleichförmige Häuserfront so weit das Auge reicht. Nach Hitlers Vorstellungen sollten hier 20 000
Menschen gleichzeitig Urlaub machen –
der Beginn des modernen Massentourismus. An alles wurde gedacht: alle Zimmer mit Meerblick, Bahnanschluss, Kaianlage für Hochseeschiffe, … Vieles davon wurde gar nicht mehr gebaut. Neben
zahlreichen Ruinen und Rohbauten gibt
es aber auch 6 437 nutzbare Räume. Es
fällt schwer, sich heute den dunklen Koloss als mit Leben gefüllten Ferienkomplex vorzustellen.
Dabei ist die Lage Proras für den Tourismus ideal: nur 3 km vom berühmten
38
geographie heute 168/1999
DAS THEMA IM UNTERRICHT
„Hier soll man Urlaub machen? In diesem Betonklotz!“ So oder ähnlich
werden die Reaktionen der Schüler
sein, wenn Sie Ihnen Material 1 zeigen. Doch so fiktiv ist die Anzeige gar
nicht. Schließlich gibt es schon heute
ein Hotel in Prora und für die Zukunft
sind 3 000 Gästebetten in Planung.
Material 1 macht neugierig – einmal
auf die Herkunft dieser gewaltigen
Gebäude, zudem auf die den Schülern
zunächst ungewöhnlich erscheinende
Nutzung. In Material 2 finden sie einen kurzen Überblick über die Geschichte Proras. Kenntnisse aus dem
Geschichtsunterricht oder das Geschichtsbuch sind hier eine Hilfe. Material 3 stellt den heutigen Zustand
Proras dar – die Grundlage für die
zukünfige Entwicklung. In Material 4
werden neben dem beschlossenen
„Entwicklungskonzept Prora für Rü-
Ostseebad Binz mit seinem IC-Anschluss, inmitten eines waldreichen
Landschaftsschutzgebietes, an einem
breiten Sandstrand, ohne Durchgangsverkehr und mit Blick auf die Kreidefelsen Rügens.
Trotz all dieser Standortvorteile fand
sich kein Investor, der die gesamte Anlage einschließlich der Auflagen des
Denkmalschutzes und der Gemeinde
Binz kaufen wollte. So beauftragte die
Bundesregierung die S.T.E.R.N. GmbH,
Berlin, eine Bedarfs- und Wirtschaftlichkeitsuntersuchung durchzuführen. Unter
Einbeziehung der verschiedenen Interessengruppen wurden auf mehreren Foren
verschiedene Modelle diskutiert, die
schließlich zum „Entwicklungskonzept
▼
„Prora ist nicht irgendeine Liegenschaft. In
gen“ drei diskutierte Denkmodelle
vorgestellt. Hier würde sich auch ein
Rollenspiel anbieten, in dem vier
Schülergruppen die unterschiedlichen
Standpunkte vertreten.
Die Dimensionen von Prora sind gewaltig. Richtig bewusst werden sie einem erst, wenn man kilometerweit an
den gleichförmigen Gebäuden vorbeigeht. Daher ist eine Exkursion nach
Prora – vielleicht auch im Rahmen einer Klassenfahrt – die ideale Möglichkeit, Prora wirklich zu begreifen. In
den Gebäuden befindet sich eine Jugendherberge, das äußerst informative Prora-Museum und das – nicht nur
für Schüler – faszinierende Museum
„Jahrhundert des Wissens“, in dem
die wichtigsten Errungenschaften von
Technik
und
Wissenschaft
im
wahrsten Sinne des Wortes „begreifbar“ gemacht werden.
Prora für Rügen“ führten, das mittlerweile in den verschiedenen raumplanerischen Ebenen verankert ist. Das Konzept
sieht eine Mischnutzung unter Berücksichtigung der Grundsätze der Agenda
21 vor, die für die gesamte Insel Rügen
verträglich sein soll.
❏
Literatur
Besucherbroschüre Prora-Museum –
Jahrhundert des Wissens. 1997.
S.T.E.R.N. GmbH: Entwicklungskonzept
Prora für Rügen. Berlin 1997.
Christine Wenzel ist Redakteurin
von „geographie heute“.