Was bedeutet „Berliner Räumung“? - WG Friedenshort

Was bedeutet „Berliner Räumung“?
I
n der FORUM-Ausgabe Nr. 37 wurden Sie umfangreich über den Inhalt und Verlauf der diesjährigen ordentlichen Vertreterversammlung
unserer Genossenschaft informiert.
In den Erläuterungen des Vorstandes
zum Geschäftsbericht 2006 zog der
bestätigte Räumungsklage der Genossenschaft. Mit dem Vollzug des
Urteils werden die dann ohnehin
schon erheblichen finanziellen Forderungen der Genossenschaft gegenüber dem Schuldner weiter anwachsen. Um hier kostendämpfend zu wir-
Vorstandsvorsitzende, Herr Hirschfeld, eine überwiegend positive Bilanz, unter anderem zu den Themenbereichen Miete, Vermietungsstand,
Betriebskostenmanagement und
Werterhaltungsleistungen. Kritisch setzte er sich jedoch auch
mit der Problematik des durch einige Genossenschafter verursachten
Mietenausfalls auseinander.
ken, werden nun durch die verantwortlichen Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter der Genossenschaft neue
Wege beschritten.
Gerade auf diesem Gebiet leisten die
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des
Unternehmens eine sehr intensive
Arbeit, um schon im Ansatz Einfluss
auf entstehende Rückstände an Nutzungsgebühren nehmen zu können.
Werden letztendlich jedoch alle Hilfsangebote von Seiten der Genossenschaft durch das Mitglied ignoriert,
bleibt die rechtliche Auseinandersetzung im Interesse der genossenschaftlichen Gemeinschaft unausweichlich. Das schlechteste und unbefriedigendste Ergebnis für beide
Seiten ist dann die durch das Gericht
12
Bisher wurde nach dem Modell der
so genannten „Preußischen Räumung“ der Gerichtsvollzieher mit der
Räumung einer Wohnung beauftragt.
Schon am Namen „Preußischen Räumung“ erkennt man, dass hier bereits
fast zwei Jahrhunderte der Rechtsgeschichte ins Land gegangen sind. Bei
diesem immer noch bestehenden
rechtlichen Verfahren wird nach Erhalt eines Räumungsurteils der Gerichtsvollzieher mit der Zwangsräumung einer Wohnung beauftragt. Die Bestellung des Transportunternehmens, der Hilfskräfte und die Einlagerung des Räumungsgutes erfolgen ausschließlich durch diesen Voll­
streckungs­beamten. Bisher mussten
dafür Kosten zwischen 2000 bis 6000
Euro durch die Genossenschaft gezahlt werden. In vielen Fällen war es
dann auch nicht mehr möglich, die se Kosten vom Schuldner zurück zu
erlangen. Das gesamte Procedere ist
nicht nur sehr teuer, sondern auch
sehr langwierig.
Der Bundesgerichtshof hat nun mit
seiner Entscheidung vom November
2005 das Modell der „Berliner Räumung“ für rechtmäßig erkannt. Dieses Räumungsverfahren erspart
dem Vermieter Kosten und Zeit. Der
Gerichtsvollzieher setzt sich ausschließlich nur noch mit dem Mieter
auseinander. Um den Abtransport
des Eigentums des Mieters, sofern
dieses überhaupt als werthaltig anzusehen ist, kümmert sich jetzt die
Genossenschaft selbst. Sie ist dann
auch für die Einlagerung der Sachen verantwortlich. Nicht unerheblich
sind außerdem die deutlich geringeren finanziellen Aufwendungen. Die Räumung kostet uns jetzt nur
noch zwischen 200 bis 1.000 Euro.
Ein weiterer Vorteil der „Berliner Räumung“ ist eine erhöhte Informationsversorgung des Vermieters. Durch
eine direkte Befragung des Mieters
können dann weitere Möglichkeiten
der Schadensminimierung besprochen werden.
Für die FRIEDENSHORT bleibt erfreulich festzustellen, dass es jährlich nur einige wenige Mitglieder
sind, die ihre Pflichten aus dem Nutzungs- und Ge­nossenschafts­ver-
hältnis so grob missachten, dass
letztlich eine Zwangs­­räumung unausweichlich ist.
Es stimmt mich zuversichtlich, dass
solche Maßnahmen nicht zum Alltag in der Genossenschaft gehören
und sie eines Tages gar nicht mehr
notwendig sind.
Heidrun Jorek Justitiarin
FORUM 38