Leseprobe zum Titel: Handelsblatt (26.01.2015)

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Freitag
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MONTAG, 26. JANUAR 2015
DEUTSCHLANDS WIRTSCHAFTS- UND FINANZZEITUNG
1
Der glücklose Herr Kaeser
THEMEN DES TAGES
Der Siemens-Chef steht unter Druck: Seine Zahlen sind nicht besser als die
seines Vorgängers. Arbeitnehmer machen mobil, Fonds klagen – und ein
Milliardendeal in Texas wurde wahrscheinlich viel zu teuer abgeschlossen.
Deutschlands Autobosse machen
mobil für das Freihandelsabkommen mit den USA. Mit einem gemeinsamen Auftritt wollen sie am
Mittwoch in Berlin für das transatlantische Freihandelsabkommen
(TTIP) mit den USA werben. Mit
dabei sind Dieter Zetsche (Daimler), Martin Winterkorn (VW), Norbert Reithofer (BMW), Rupert
Stadler (Audi), Matthias Müller
(Porsche), Bernhard Mattes (Ford),
Volkmar Denner (Bosch) und
Arndt Kirchhoff (Kirchhoff Automotive). Für die deutsche Autoindustrie sind die USA der zweitwichtigste Markt. Hersteller und
Zulieferer erhoffen sich vom TTIP
einheitliche Regeln im Fahrzeugbau. Bisher müssen sie für den Verkauf eines Autos in den USA viele
Komponenten verändern. Seite 12
Aufstand
der Autobosse
Axel Höpner, Hans-Jürgen Jakobs
München
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Siemens-Chef
Kaeser: Will von
allen gemocht
werden.
7,6 Mrd.
Dollar zahlt Siemens
für den texanischen
Öl-Dienstleister
Dresser-Rand – das ist
zu viel, meinen Kritiker.
von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz. „Kaeser
muss endlich zeigen, dass er die immer wiederkehrenden Sonderbelastungen in den Griff bekommt“,
sagt der einflussreiche Investorenvertreter Hans-Christoph Hirt. Den
Worten müssten Taten folgen.
Auf der anderen Seite machen
die Arbeitnehmer mobil. Anfang
Februar steht fest, wie viele Jobs
dem Umbau zum Opfer fallen. Die
größte Reorganisation seit 25 Jahren soll eine Milliarde Euro einsparen – und könnte das gute Verhältnis Kaesers zu Gewerkschaften und
Betriebsräten belasten. „Ich habe
es satt, dass immer wieder Personalabbau als alternativlose Lösung
propagiert wird“, klagt Gesamtbetriebsratschefin Birgit Steinborn.
Lange gelang es Kaeser, es allen
recht zu machen. „Er will von allen
gemocht werden“, sagt ein SiemensFunktionär. Nun entscheidet, ob die
Milliardenwette Dresser-Rand auf-
geht. Im Umfeld Kaesers wird betont, die Zyklen in der Ölindustrie
gingen über Jahrzehnte. Und die angestrebte Elektrifizierung von Öl
und Gas lasse sich via Dresser-Rand
gut bewältigen. Doch der Ölpreis hat
sich seit Vertragsabschluss mehr als
halbiert, und Ölförderer investieren
weniger. Glückloser Herr Kaeser?
Sein großer Deal jedenfalls weckt
böse Erinnerungen: Vorgänger Peter Löscher hatte rasch nach Amtsantritt die US-Medizintechnikfirma
Dade Behring gekauft – und dabei
viel zu viel bezahlt. Später war eine
Milliardenabschreibung fällig.
Dresser-Rand-Debakel, Bilanzcheck Siemens Seiten 4 - 7
Griechen wollen Schuldenschnitt
Stefan Boness/Ipon
Belgien 3,20 € Frankreich 3,70 € Großbritannien 3,30 GBP
Luxemburg 3,20 € Niederlande 3,20 € Österreich 3,20 €
Polen 19,90 PLN Schweiz 5,30 CHF Tschechien 120,00 CZK
Ungarn 1100,00 FT
V
iele freuen sich in diesen Tagen über die extrem niedrigen Ölpreise. Sie gelten als eine
Art Konjunkturprogramm für die Wirtschaft.
Joe Kaeser aber freut sich nicht.
Der Siemens-Chef hat im September den Kauf der texanischen Firma Dresser-Rand angekündigt, eines großen Dienstleisters für Ölund Gasfirmen. Doch weil die Branche unter dem Ölpreisverfall leidet,
wird auch Kaesers Rekordkaufpreis von 7,6 Milliarden Dollar immer fragwürdiger. Ausgerechnet
Kaesers Vorgänger Peter Löscher,
heute im Dienst der Sulzer AG, hatte um Dresser-Rand mitgeboten.
Auf der Siemens-Hauptversammlung am Dienstag in München wird
sich Vorstandschef Kaeser kritischen
Fragen stellen müssen. 18 Monate
nach Amtsantritt steht der vormalige
Finanzvorstand im Feuer. Er hat den
Anteil an Bosch Siemens Hausgeräte
verkauft, die Organisation radikal
umgebaut – und einen sehr teuren
Deal gemacht, der noch teurer werden könnte, falls es nicht bald nach
dem 1. März zum Abschluss kommt.
Für jeden Monat sind zusätzlich
0,55 Dollar pro Aktie fällig.
Die Siemens-Zahlen der Ära Kaeser sind nicht besser als in der Ära
Löscher, zeigt der Bilanzcheck des
Handelsblatts. „Der Dampfer ist in
die richtige Richtung unterwegs,
die Geschwindigkeit ist nur zu langsam“, kritisiert Daniela Bergdolt
Der Retter aus dem
Schwabenland
Der frühere Daimler-Manager Andreas Renschler tritt am heutigen
Montag seinen neuen Job bei
Volkswagen an: Er soll die LkwSparte des Konzerns auf Vordermann bringen. Renschler will die
Marken Scania und MAN enger
verzahnen. Wer aber einen lauten
Knall gleich zu Beginn erwartet,
der wird enttäuscht werden.
Renschler will sich Zeit lassen und
sucht den engen Kontakt zu den
Betriebsräten. Seite 16
Experten zweifeln am
Erfolg der EZB-Politik
Führende Volkswirte und Banker
halten es für wenig wahrscheinlich,
dass durch die angekündigte Geldschwemme der EZB die Kreditvergabe angekurbelt wird. Sie sehen
das Vertrauen in die Allheilkraft
der Notenbanken schwinden, nicht
nur was die Wirksamkeit von Anleihekäufen angeht. Der Transmissionsmechanismus zwischen Notenbanken, Banken und Wirtschaft
funktioniere nicht mehr. Seite 28
Bei den Wahlen siegt das Linksbündnis. Die EZB pocht auf Schuldenbegleichung.
Banker in den USA
gönnen sich hohe Boni
G
Bei den Bankern in den USA ist die
Bescheidenheit nach der Krise vorbei. Die Chefs der großen amerikanischen Finanzinstitute greifen ordentlich zu. Goldman-Sachs-Chef
Lloyd Blankfein bekommt als Bonus für 2014 eine Million mehr Bargeld und erreicht 7,3 Millionen.
Auch Jamie Dimon, der Chef von
JP Morgan, bekam zum ersten Mal
seit 2011 wieder eine Gratifikation
in bar: Sie lag sogar bei 7,4 Millionen Dollar. Seite 30
riechenland steht vor einem Regierungswechsel, die EU vor einem Problem, und
die Finanzmärkte stehen vor einer möglicherweise turbulenten Woche. Bei der richtungweisenden Parlamentswahl in dem Euro-Land
wurde das Linksbündnis Syriza mit deutlichem
Vorsprung stärkste Kraft. Ersten Hochrechnungen zufolge erreichte die Partei 36,5 Prozent der
Stimmen (Stand 20.30 Uhr) und kann auf eine
absolute Mehrheit hoffen. Die konservative Regierungspartei Nea Dimokratia von Ministerpräsident Antonis Samaras erreichte nur 27,7 Prozent. Das Linksbündnis würde nach dieser Hoch-
rechnung 149 Abgeordnete im Athener Parlament stellen. Für eine absolute Mehrheit sind 151
Mandate nötig. Sollten sich die Ergebnisse bestätigen, würde der 40-jährige Syriza-Chef Alexis
Tsipras zum jüngsten Regierungschef aufsteigen.
Ein Parteisprecher bezeichnete den Wahlausgang als „Erleichterung“ für Europa.
Bei der Wahl stimmten die Bürger über den
künftigen Kurs des hochverschuldeten EU-Landes ab. Tsipras will den von der EU und dem IWF
verordneten Sparkurs beenden und einen Schuldenerlass erreichen. Er betonte im Wahlkampf
jedoch immer wieder, seine Partei wolle Grie-
chenland im Euro halten. Die internationalen
Geldgeber hatten Athen in den vergangenen Jahren mit Milliardensummen vor dem Staatsbankrott bewahrt. Die Europäische Zentralbank
(EZB) machte gestern bereits deutlich, dass sie
keine Möglichkeit für ein Entgegenkommen
sieht. „Es ist absolut klar, dass wir keinen Schuldenerleichterungen zustimmen können, bei denen die griechischen Anleihen einbezogen würden, die bei der EZB liegen“, sagte EZB-Direktor
Benoît Cœuré dem Handelsblatt. HB
Weitere Berichte Seiten 8 und 9
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