SÜDWESTRUNDFUNK Anstalt des öffentlichen Rechts Radio Fernsehen Internet PRESSE Information Liebe Kolleginnen und Kollegen, nachfolgend bieten wir Ihnen eine Meldung an. Simone Peter (GRÜNE), Parteivorsitzende, gab heute, 09.02.17, dem Südwestrundfunk ein Interview zum Thema "Rückführung von Asylbewerbern“. Das „SWR2 Tagesgespräch“ führte Marion Theis. Mit freundlichen Grüßen Zentrale Information Chefredaktion Nachrichten und Distribution Zentrale Information SWR Tagesgespräch Postadresse 76522 Baden-Baden Hausadresse Hans-Bredow-Straße 76530 Baden-Baden Telefon Telefax 07221/929-23981 07221/929-22050 Internet www.swr2.de Datum: 09.02.2017 Grünen-Chefin Peter: Ausreisezentren sind falscher Ansatz Baden-Baden: Die Grünen lehnen Ausreisezentren für abgelehnte Asylbewerber ab. Die Grünen-Vorsitzende Simone Peter sagte im SWR (Südwestrundfunk), in solchen Zentren würden die Menschen völlig vom Leben, von jeglicher Teilhabe abgekoppelt. Das sei der falsche Ansatz, weil Zuständigkeiten der Länder auf die Bundesebene gebracht würden, obwohl die Länder besser in der Lage seien, die Größe der Einrichtungen zu organisieren und zum Beispiel dafür zu sorgen, dass die Kinder in die Schule gingen. Peter forderte die Bundesregierung auf, sich erst einmal um Fragen der Aufnahme von Asylbewerbern zu kümmern, die noch gar nicht alle geregelt seien. Jetzt stattdessen über Rückführung zu sprechen gehe an dem ursprünglichen Ziel vorbei, für mehr Sicherheit der Bürger zu sorgen. Die Grünen-Chefin appellierte außerdem an die Bundesregierung, eine neue Sicherheitsbewertung für Afghanistan vorzunehmen. Zudem müssten die Verfahren des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge weiter verkürzt werden. Hier gebe es noch „erheblichen Handlungsbedarf“, so Peter. Wortlaut des Live-Gesprächs: Theis: „Wer ausreisepflichtig ist, muss unser Land auch verlassen.“ Ein klarer und eindeutiger Satz von Bundesjustizminister Maas, SPD. Können Sie dagegen irgendwas sagen? Peter: Zunächst mal regelt ja wirklich unser Asylrecht, wie die Ein- und Ausreise zu gestalten ist. Grundsätzlich wundert uns, dass die Bundesregierung eigentlich ein Sicherheitspaket vorlegen wollte, jetzt, in diesen Tagen, und eine Sondersitzung mit den Ministerpräsidentinnen und -präsidenten einberufen hat, um jetzt vor allen Dingen über die Abschiebung zu reden. Und viele Fragen der Aufnahme sind noch gar nicht geregelt, da spricht man über die Abschiebung. Klar ist, es muss Rückführungen, Abschiebungen geben, aber das geht an dem ursprünglichen Ziel vorbei, für mehr Sicherheit zu sorgen. Da sollte nicht der erste Blick auf die Asylbewerber sein. Der SWR ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD) Theis: Bleiben wir aber mal bei den Rückführungen. Sie sagen, die muss es geben. Aber die wenigsten Menschen gehen freiwillig. Was machen wir mit den anderen? Peter: Immerhin erkennt die Bundesregierung an, dass das Thema Rückführung stärker Platz greifen muss und gefördert werden muss. Immer mehr Bundesländer - Rheinland-Pfalz war da sehr vorbildlich unterwegs - haben freiwillige Rückführung, Rückführungsberatung, Rückführungsförderung, an die Stelle der gewaltsamen Abschiebung gesetzt. Das ist ein deutlich humaneres Mittel und ist auch effizienter für die Länder und für die Kommunen. Dass man solche Möglichkeiten sucht, das auch besser zu koordinieren, Bund, Länder besser zu koordinieren, das ist richtig. Nur, einige Forderungen, die da jetzt drin sind wie zum Beispiel Ausreisezentren, die die Menschen vollkommen abkoppeln von jeglicher Teilhabe - manche haben Duldungen, die über Jahre gehen - das ist der falsche Ansatz. Theis: Zentrale Ausreisezentren, Sie haben das angesprochen, möchte die Bundesregierung einrichten und dort Ausreisepflichtige sammeln und von dort aus dann auch die Abschiebung koordinieren. Klingt das nicht vernünftig? Peter: Nein, das klingt nicht vernünftig. Zum einen, weil Zuständigkeiten der Länder möglicherweise auf die Bundesebene gebracht werden sollen. Aber die Länder haben das ja in erster Linie in den letzten Monaten und Jahren koordiniert, weil es darum ging, die Größe der Einrichtung zu organisieren, die Aufenthaltsdauer, soziale Probleme zu vermindern, indem sie zum Beispiel an die Kommunen weitergegeben haben, oder die Schulpflicht zu gewährleisten. Das ist ja ein ganz wichtiger Punkt gerade für Kinder. Hier jetzt Menschen in große Ausreiseeinrichtungen zu bringen, das ist gegenteilig von dem, was man will, also möglichst auch soziale Probleme zu beseitigen. Das kann es nicht sein. Theis: Aber andererseits handhabt das doch jedes Land unterschiedlich. Ist das dann nicht unfair? Peter: Nein, es gibt viele viele Dinge in unserem föderalen System, die unterschiedlich gehandhabt werden. Die meisten Bundesländer sind dazu übergegangen, nach der Erstaufnahme, die erfolgt ist, dann in die Kommunen zu überführen und dann eben Kindern zum Beispiel die Möglichkeit der Kindergarten- oder Schulteilhabe zu gewährleisten, weil die Verfahren an sich ja sehr lange dauern. Unser Apell nach wie vor ist: Die Verfahren des Bundesamtes für Migration müssen deutlich verkürzt werden, so dass man generell zu schnelleren Entscheidungen kommt, ob die Menschen bleiben oder nicht. Und generell ist das Verwaltungshandeln noch zu lange. Hier ist erheblicher Handlungsbedarf. Theis: Es ist trotzdem für manche schwer verständlich, dass das eine Land den Vollzug bei Abschiebung und Rückführung so macht, das andere so. Länder wie Rheinland-Pfalz schieben ja zum Beispiel zur Zeit nicht nach Afghanistan ab, Baden-Württemberg schon. Können Sie das nachvollziehen? Peter: Also ich kann nicht nachvollziehen, dass die Bundesregierung dieser dringenden Bitte der Länder nicht nachkommt, eine neue Sicherheitsbewertung für Afghanistan vorzunehmen. Wir sind uns alle klar und einig, von Grüner Regierungsseite und Bund, dass Afghanistan kein sicheres Land ist. Die Länder setzen diese Abschiebungen teilweise aus, sie dürfen das aber auch nur drei Monate, stehen dann wieder vor der Frage, wer kann und muss abgeschoben werden. Dass Gefährder, Straftäter abgeschoben werden, ist für Grüne kein Dissens, aber grundsätzlich die unbefriedigende Lage, dass die Bundesregierung nicht die Sicherheitsbewertung neu vornimmt. Das ist sehr unbefriedigend, und da liegt der Ball im Feld des Bundesaußenministers bzw. des Innenministeriums. Theis: Die SPD trägt ja offenbar den 16-Punkte-Plan größtenteils mit, und SPDFraktionschef Oppermann hat die Tage sogar vorgeschlagen, dass Flüchtlinge, die im Mittelmeer gerettet werden, nach Nordafrika zurückgebracht werden. Ist so eine SPD für Sie noch ein möglicher Koalitionspartner? Der SWR ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD) Peter: Also ich nehme in Rückkopplung mit den Ländern wahr, dass noch nicht klar ist, dass die SPD heute bei der Ministerpräsidentenkonferenz auf Länderseite alles mitträgt. Das warten wir aber noch ab, das war jetzt erst mal ein Kompromiss auf Bundesebene. Aber Herr Oppermann ist da schon als Hardliner bekannt. Also, zu vielen Asylgesetzen hat er sehr früh eine Zustimmung signalisiert. Und gerade das Vorhaben, jetzt Menschen nach Libyen, einen Staat, der eigentlich keiner ist, in dem Gewalt, Folter vorherrscht, Geflüchtete wirklich dramatische Zustände antreffen, dorthin zurück zu schieben und dort Lager zu errichten, das ist vollkommen inhuman. Das verstehe ich nicht, das versteht aber auch ein Teil seiner Parteileute nicht. - Ende Wortlaut - Der SWR ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD)
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