konjunktur kompakt

Helaba Volkswirtschaft/Research
KONJUNKTUR KOMPAKT
2. Februar 2017
REDAKTION
Dr. Stefan Mitropoulos
Tel.: 0 69/91 32-46 19
[email protected]
Die Welt im Blick ............................................................................................................................ 1
HERAUSGEBER
Dr. Gertrud R. Traud
Chefvolkswirt/
Leitung Research
Schweiz: Auf der „schwarzen Liste“? .......................................................................................... 4
Helaba
Landesbank
Hessen-Thüringen
MAIN TOWER
Neue Mainzer Str. 52-58
60311 Frankfurt am Main
Telefon: 0 69/91 32-20 24
Telefax: 0 69/91 32-22 44
Prognoseübersicht......................................................................................................................... 7
Deutschland: Stabil in unsicheren Zeiten .................................................................................... 2
USA: Einer gegen den Rest der Welt? .......................................................................................... 3
Niederlande: Weiter geht’s mit Schwung ..................................................................................... 5
Österreich: Abfahrt mit Hindernissen .......................................................................................... 6
Die Welt im Blick
Patrick Franke
Tel.: 069/91 32-47 38
Die „schlimmsten Zehn“: Deutschland auf Platz drei
Defizit in der Warenhandelsbilanz der USA 2015, Mrd. US-Dollar
400
400
350
350
300
300
250
250
200
200
150
150
100
100
50
50
0
0
China
Mexiko
Deutschland
Japan
Kanada
Vietnam
Irland
Italien
Südkorea
Indien
Quellen: Bloomberg, Helaba Volkswirtschaft/Research
Die Publikation ist mit größter
Sorgfalt bearbeitet worden.
Sie enthält jedoch lediglich
unverbindliche Analysen und
Prognosen zu den gegenwärtigen und zukünftigen
Marktverhältnissen. Die Angaben beruhen auf Quellen,
die wir für zuverlässig halten,
für deren Richtigkeit, Vollständigkeit oder Aktualität wir
aber keine Gewähr übernehmen können. Sämtliche in
dieser Publikation getroffenen Angaben dienen der Information. Sie dürfen nicht
als Angebot oder Empfehlung für Anlageentscheidungen verstanden werden.
Mit der Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten sind Exporterfolge zum politischen Risiko geworden, vor allem wenn das entsprechende Land (aus Gründen seiner Größe oder wegen anderer
Faktoren) vergleichsweise weniger aus den USA einführt. Auf Basis der Daten zu den Warenströmen für 2015 (und gerechnet in US-Dollar) liegt in dieser „Liste der Bösen“ der bilaterale Überschuss Chinas mit hohem Abstand vor dem Rest der Welt. Allerdings folgt Deutschland nach Mexiko bereits auf Platz drei. Auf den weiteren Plätzen finden sich mit Kanada nicht nur Amerikas
zweiter Nafta-Partner, sondern auch die Industrieländer Japan, Italien, Irland und Südkorea. Unter
den Schwellenländern schaffen es neben China nur Vietnam und Indien in die „Top-Ten“. Von der
Größenordnung her spielt „der Spitzenreiter“ in einer anderen Liga – die Überschüsse der nächsten sechs Länder auf der Liste erreichen zusammen nicht den Wert Chinas. Entsprechend überrascht, dass Präsident Trump in seinen ersten zwei Wochen im Amt noch nicht schärfer auf China
geschossen hat. Oder wartet man auf eine gute Gelegenheit für eine volle Breitseite?
H E L A B A V O L K SW I R T S C H A F T / R E S E A R C H · 2 . F E B R U A R 2 0 1 7 · © H E L A B A
1
KONJUNKT UR KOMPAKT
Deutschland: Stabil in unsicheren Zeiten
Die deutsche Wirtschaft ist zurzeit einem Belastungstest ausgesetzt. Die Verunsicherung, die
schon 2016 ein beträchtliches Maß erreicht hatte, hat sich zu Beginn dieses Jahres sogar nochmal
vergrößert. Bislang ist kaum abzusehen, wie sich die Politik der neuen US-Administration auf den
Welthandel auswirkt. Ein Mehr an protektionistischen Maßnahmen würde nicht nur, aber wesentlich auch die deutsche Wirtschaft treffen. So nehmen die USA als wichtigste Exportdestination
immerhin knapp 9 % der deutschen Warenexporte ab und gut 6 % der deutschen Importe kommen
aus den Vereinigten Staaten. Auch der Brexit und die anstehenden Wahlen in Europa lassen Investitionsentscheidungen riskanter werden. So war es nicht überraschend, dass sich die vom ifoInstitut erhobenen Geschäftserwartungen der deutschen Wirtschaft im Januar verschlechtert haben, während sich die aktuelle Lage sogar nochmals leicht verbesserte. Trotz dieser jüngsten
Eintrübung signalisieren die Wirtschaftsindikatoren in der Summe für Deutschland weiterhin eine
positive Konjunktur.
Dr. Stefan Mütze
Tel.: 0 69/91 32-38 50
Zu einer konjunkturellen Trendwende sollte es nicht kommen, u.a. weil das deutsche Wachstum
fast ausschließlich vom privaten und öffentlichen Konsum ausgeht. Steigende Realeinkommen und
Beschäftigung wirken sich weiterhin positiv auf die Ausgabebereitschaft der privaten Haushalte
aus, auch wenn die höhere Inflation den Konsumzuwachs dieses Jahr begrenzen dürfte. Die öffentlichen Gebietskörperschaften profitieren von steigenden Steuereinnahmen. Nach Einschätzung
des Arbeitskreises Steuerschätzung dürften diese 2017 um über 4 % zulegen.
Prognoseübersicht Deutschland
Kaum Wachstum vom Außenhandel
Wachstumsbeiträge in Prozentpunkten, real
2015
2016
% gg. Vj.
1,5
1,8
1,5
1,4
Budgetsaldo
% des BIP
0,7
0,6
0,3
0,3
Leistungsbilanzsaldo
% des BIP
8,3
8,6
8,5
8,4
%
6,4
6,1
6,0
5,9
% gg. Vj.
0,3
0,5
1,4
1,5
BIP*, real
Arbeitslosenquote
Inflationsrate
Quellen: Macrobond, Helaba Volkswirtschaft/Research
Industrie schaltet
einen Gang hoch
2017p 2018p
*kalenderbereinigt p=Prognose
Quellen: Macrobond, Helaba Volkswirtschaft/Research
Positiv wirkt sich zudem aus, dass die mannigfaltigen Risiken von den Unternehmen im Umfeld
einer an Dynamik gewinnenden Industrie verkraftet werden müssen. So sind die deutschen Industrieaufträge zwischen September und November um 2,8 % gegenüber den drei Monaten zuvor
deutlich gestiegen. Überdurchschnittlich verliefen die Bestellungen aus dem Ausland, insbesondere aus den Ländern außerhalb der Eurozone.
Die positive Entwicklung der Auftragseingänge aus dem Ausland zeigt sich bereits in steigenden
Exporten. Deutsche Produkte sind durch die Euroschwäche zudem im Ausland günstiger geworden. Trotzdem dürfte der deutsche Außenhandel auch 2017 keinen positiven Wachstumsbeitrag
liefern. Bereits seit 2013 sind dessen Wachstumsbeiträge entweder negativ oder nur leicht positiv.
Die Investitionstätigkeit dürfte 2017 zwar zunehmen. Aufgrund der zu erwartenden Zurückhaltung
der Unternehmen werden die Ausrüstungen allerdings voraussichtlich nur moderat höher ausfallen. Mit den Bauinvestitionen geht es ebenfalls weiter aufwärts. Der Bedarf an neuen Wohnungen
ist hoch und im öffentlichen und Wirtschaftsbau nimmt die Nachfrage zu. Insgesamt sollte das
Bruttoinlandsprodukt 2017 mit kalenderbereinigt 1,5 % kaum schwächer expandieren als im vergangenen Jahr (1,8 %).
H E L A B A V O L K SW I R T S C H A F T / R E S E A R C H · 2 . F E B R U A R 2 0 1 7 · © H E L A B A
2
KONJUNKT UR KOMPAKT
USA: Einer gegen den Rest der Welt?
Mit der Wahl Donald Trumps ins Weiße Haus schieden sich die Meinungen in zwei große Lager:
Die Pessimisten sahen eine lange Phase politischer Unsicherheit, Investitionszurückhaltung, drohende Handelskriege und schwache Finanzmärkte. Die Optimisten hofften auf eine Wandlung vom
Saulus zum Paulus – und dass Trumps vollmundige Wahlkampfaussagen nur dazu dienten, andere Regierungen an den Verhandlungstisch zu bringen. Im Notfall würde ihn der Kongress auf den
Boden der Tatsachen zurückholen. Es ist schwierig, nach nur zwei Wochen Amtszeit bereits ein
Fazit zu ziehen, aber nach dem aktuellen Stand der Dinge haben beide Lager danebengelegen.
Zwar hat Trump nicht wie versprochen bereits am „Tag 1“ im Amt seine lange „To-Do“-Liste abgearbeitet. Mit etwas Verspätung ist er jetzt aber dabei, in allen Kernthemen „zu liefern“ – zumindest
soweit das auf der Basis von präsidialen Anordnungen möglich ist. Trotzdem ist an den Finanzmärkten keine Rede von großer Verunsicherung – der US-Aktienmarkt boomt in Erwartung geringerer Regulierungsdichte und niedrigerer Unternehmenssteuern. Am Rentenmarkt sind die Zinsen
seit Anfang November deutlich gestiegen, weil man mit einem umfangreichen Infrastrukturpaket
und höheren Leitzinsen rechnet. Ausgeblendet wird dabei, dass die bisher erfolgten konkreten
Maßnahmen die Wachstumsaussichten eher negativ beeinflussen. Der diplomatische Flurschaden,
den Donald Trump in der kurzen Zeit im Amt bereits angerichtet hat, könnte nur der Einstieg in
einen echten Handelskrieg mit Mexiko und – schlimmer noch – China oder (angesichts des hohen
Leistungsbilanzüberschusses) sogar Deutschland sein. Das Aufkündigen der pazifischen Freihandelszone TPP hat den amerikanischen Interessen schon konkret geschadet – es stärkt den politischen und wirtschaftlichen Einfluss Chinas in der Region.
Patrick Franke
Tel.: 069/91 32-47 38
Prognoseübersicht USA
Pendeln um den Wachstumstrend
Reales Bruttoinlandsprodukt, Veränderung in % (ab Q1 2017 Prognose)
2015
2016
2017p 2018p
6
BIP, real
% gg. Vj.
2,6
1,6
2,2
2,0
% des BIP
-3,3
-3,3
-4,2
-4,7
6
gg. Vq. (Jahresrate)
4
4
Trend
2
2
0
Budgetsaldo*
Leistungsbilanzsaldo
Arbeitslosenquote
Inflationsrate
% des BIP
-2,6
-2,6
-2,8
-2,8
%
5,3
4,9
4,6
4,6
% gg. Vj.
0,1
1,3
2,2
2,5
* Bundesebene einschl. Sozialversicherungen (NIPA-Basis)
Quellen: Macrobond, Helaba Volkswirtschaft/Research
p = Prognose
0
-2
-2
gg. Vj.
-4
-4
-6
-6
-8
-8
-10
-10
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
2015
2016
2017
Quellen: Macrobond, Helaba Volkswirtschaft/Research
Konjunkturell bleibt die US-Wirtschaft auf ihrem moderaten Expansionskurs. Nachdem das Wachstum im Sommer 2016 auf 3,5 % (annualisierte Vorquartalsrate) angezogen hatte, legte das reale
BIP im Jahresendquartal nur noch um 1,9 % zu. Für das Gesamtjahr hat es damit trotz des höheren Schwungs im zweiten Halbjahr lediglich für einen Zuwachs um 1,6 % gereicht. Für die kommenden Quartale rechnen wir im Schnitt mit Wachstumsraten im Rahmen des Potenzials von ca.
2 %. Passend zu den gestiegenen Stimmungsindikatoren wie den ISM-Einkaufsmanagerindizes
wird die Vorjahresrate beim BIP bis zum zweiten Quartal 2017 anziehen. Wie es danach weitergeht, hängt unter anderem davon ab, ob und wie viel fiskalischer Stimulus verabschiedet wird.
Teuerung Richtung 2,5 %
Die Teuerung bewegt sich weiterhin im Rahmen unserer Prognosen. Die Kernrate ohne Energie
und Nahrungsmittel liegt seit geraumer Zeit im Bereich von 2 % bis 2,3 %. Daran dürfte sich zunächst nicht viel ändern. Wir gehen davon aus, dass der Ölpreis bis Ende 2017 in der Bandbreite
von 45 bis 60 Dollar je Barrel bleiben wird. Dies reicht aus, um über einen Basiseffekt bei der
Energiekomponente die Gesamtteuerung gemessen am Verbraucherpreisindex in den kommenden Monaten auf rund 2,5 % zu hieven (Dezember: 2,1 %). Vor diesem Hintergrund erwarten wir
unverändert, dass die Notenbank ihrer Zinserhöhung im Dezember 2016 in diesem und im nächsten Jahr weitere Schritte folgen lässt.
H E L A B A V O L K SW I R T S C H A F T / R E S E A R C H · 2 . F E B R U A R 2 0 1 7 · © H E L A B A
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KONJUNKT UR KOMPAKT
Schweiz: Auf der „schwarzen Liste“?
Wenn der Wind im Welthandel rauer wird, müssen sich die Eidgenossen warm anziehen. Das Jahr
2009, als das globale Warenhandelsvolumen um 13 % schrumpfte, war gemessen am Wachstum
das schlechteste seit 1975. Im Jahr 2015 exportierten Schweizer Unternehmen Waren und Dienstleistungen im Wert von etwa 400 Mrd. Franken (rund 65 % am BIP). Mit einem Leistungsbilanzüberschuss von ca. 11 % am BIP liegt die Schweiz auf der Weltrangliste unter den Industrieflächenstaaten (also ohne Singapur und Brunei) auf Platz 1. Seit 2016 steht sie daher auf der
„Watchlist“ der US-Treasury, die gesetzlich verpflichtet ist, „Währungsmanipulatoren“ zu identifizieren. Dabei kommen drei Kriterien zur Anwendung: ein Leistungsbilanzüberschuss von mehr als
3 % am BIP, ein bilateraler Handelsbilanzüberschuss mit den USA über 20 Mrd. Dollar und jährliche Devisenmarktinterventionen zur Schwächung der eigenen Währung in Höhe von mindestens
3 % am BIP. Im abgelaufenen Jahr sind die Devisenreserven der Schweizer Nationalbank (SNB)
um 86 Mrd. Franken (13 % am BIP) gestiegen, was den entsprechenden Grenzwert um ein Mehrfaches überschreitet. Damit sind zwei der drei Kriterien bereits erfüllt. Der bilaterale Überschuss
mit den USA lag 2016 bei 17,5 Mrd. US-Dollar, nicht mehr weit von der Grenze entfernt.
Patrick Franke
Tel.: 069/91 32-47 38
Der neue US-Präsident hat zudem angekündigt, dass die Kriterien geändert werden sollen, damit
es einfacher wird, China als Manipulator zu designieren. Dadurch könnten sich auch die Schweizer
plötzlich im Visier der Washingtoner Protektionisten wiederfinden. Mit Warenexporten in die USA
von gut 30 Mrd. Franken (nominaler Anstieg in Franken 2016: +16 %) wäre das unangenehm.
Während die Schweiz aktuell von der guten konjunkturellen Lage in Deutschland profitiert, bleibt
die Dynamik in anderen wichtigen Nachbarländern wie Frankreich und Italien unbefriedigend. Die
Schweizer Binnennachfrage ist gedämpft, im Jahr zum dritten Quartal 2016 legte der private Konsum real nur um 0,6 % zu – trotz der niedrigen Teuerung und einer starken Währung, die beide die
Kaufkraft der Haushalte stützen.
Prognoseübersicht Schweiz
Exporte als wichtigster Konjunkturtreiber
Reale Veränderung gegenüber Vorjahr in %
2015
2016
2017p 2018p
5
40
4
Bruttoinlandsprodukt (LS)
30
3
BIP, real
% gg. Vj.
0,8
1,3
1,3
1,3
% des BIP
0,1
0,2
0,0
0,0
20
2
10
1
Budgetsaldo
Leistungsbilanzsaldo
Arbeitslosenquote
Inflationsrate
% des BIP
11,5
10,7
10,0
10,5
%
3,2
3,3
3,2
3,0
% gg. Vj.
0
0
-1
-1,1
Quellen: Macrobond, Helaba Volkswirtschaft/Research
-0,4
0,0
0,5
p = Prognose
-10
Exporte (RS)
-2
-20
-3
-30
-4
-5
-40
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
2015
2016
Quellen: Macrobond, Helaba Volkswirtschaft/Research
Insgesamt hat die Schweizer Wirtschaft den starken Franken „relativ gut verdaut“. Die von manchen befürchtete Rezession nach der abrupten Aufwertung Anfang 2015 blieb aus. Mit Wachstumsraten von 0,8 % 2015 und (geschätzt) 1,3 % im letzten Jahr hat sich die Schweiz wacker
geschlagen. Für 2017 rechnen wir mit einem Plus von 1,3 %, wobei wir bereits die dämpfende
Wirkung protektionistischer Tendenzen im Welthandel unterstellt haben. Selbst in einem optimistischeren Szenario für den Welthandel wäre aber wohl nicht mehr als knapp 2 % Wachstum drin.
SNB in Wartestellung
Die Verbraucherpreise sind in der Schweiz seit 2012 ständig gefallen, im vergangenen Jahr um
0,4 %. Das Preisniveau dürfte 2017 angesichts wieder steigender Rohstoffpreise weitgehend stabil
sein und 2018 leicht zulegen. Die SNB definiert ihr Ziel der Preisniveaustabilität als einen Anstieg
der Verbraucherpreise um weniger als 2 % pro Jahr. Dies wird im Prognosehorizont erfüllt sein, so
dass eine spürbare Frankenschwäche Vorbedingung für eine geldpolitische Straffung wäre. Wir
rechnen allerdings damit, dass der Franken gegenüber dem Euro weitgehend stabil sein wird.
H E L A B A V O L K SW I R T S C H A F T / R E S E A R C H · 2 . F E B R U A R 2 0 1 7 · © H E L A B A
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KONJUNKT UR KOMPAKT
Niederlande: Weiter geht’s mit Schwung
Die niederländische Volkswirtschaft setzt 2017 ihren dynamischen Entwicklungspfad fort und dürfte mit einer BIP-Wachstumsrate von rund 2 % erneut über dem Eurozonen-Durchschnitt liegen.
Nachdem sich das Exportvolumen bislang recht unbeeindruckt von den internationalen Unsicherheiten zeigte, wird es angesichts des aufkeimenden Protektionismus wohl nun moderater zulegen.
Schließlich sind die Niederlande eine sehr offene Volkswirtschaft mit international bedeutenden
Häfen, die auch als Zwischenstation im weltweiten Güterhandel fungieren. Gleichwohl bleibt die
gesamtwirtschaftliche Expansion des fünfgrößten Mitgliedstaates der Eurozone breit aufgestellt
und verfügt über die solide Basis einer starken Inlandsnachfrage.
Ulrike Bischoff
Tel.: 0 69/91 32-52 56
Der robuste Privatkonsum geht auf einen deutlichen Anstieg des verfügbaren Einkommens zurück.
Denn bei niedrigen Preissteigerungsraten wurden signifikante Lohnzuwächse verzeichnet, auch
die Beschäftigung nahm sichtlich zu. Einhergehend ist die Arbeitslosenquote bis auf 5,4 % Ende
letzten Jahres gesunken. Dementsprechend gut ist die Stimmung der privaten Haushalte, das
Konsumentenvertrauen liegt weit über dem langfristigen Durchschnitt. Das hohe Niveau des Indikators spiegelt auch die fortgesetzte Erholung des niederländischen Wohnimmobilienmarktes
wider. Sowohl die Anzahl von Eigenheimverkäufen als auch der Hauspreisindex zeigen sich weiter
dynamisch – mit positiven Rückwirkungen auf die Inlandsnachfrage. So werden beispielsweise
mehr Möbel zur Ausstattung neuer Immobilien benötigt. Auch im laufenden Jahr werden Investitionen in den Wohnungsmarkt einen signifikanten Wachstumsbeitrag leisten. Mit der wieder anziehenden Inflation schwächen sich allerdings die Reallohnzuwächse ab. Nach einer gesamtwirtschaftlichen Preissteigerungsrate von 0,1 % im Vorjahr ist für 2017 mit jahresdurchschnittlich
1,2 % zu rechnen, was mit der soliden Konjunkturerholung korrespondiert.
Prognoseübersicht Niederlande
Spürbare Konsumnachfrage im Stimmungshoch
Index
2015
2016
% gg. Vj.
2,0
2,1
1,9
1,5
Budgetsaldo
% des BIP
-1,9
-1,1
-0,9
-0,7
Leistungsbilanzsaldo
% des BIP
8,7
7,8
8,0
8,0
%
6,9
5,9
5,4
5,0
% gg. Vj.
0,2
0,1
1,2
1,5
BIP, real
Arbeitslosenquote
Inflationsrate
Quellen: EIU, Macrobond, Helaba Volkswirtschaft/Research
Parlamentswahlen im März
– Wahrscheinlichkeit für
EU-Referendum gering
% gg. Vj.
2017p 2018p
p=Prognose
Quellen: Macrobond, Helaba Volkswirtschaft/Research
Ebenso solide wie die Konjunkturerholung präsentieren sich weiterhin auch die öffentlichen Finanzen. Denn der Konsolidierungskurs der niederländischen Regierung hat dazu geführt, dass der
Budgetsaldo bereits vor einigen Jahren unter den Maastrichter Referenzwert gesunken ist und sich
nun bei rund 1 % bewegt. Dementsprechend müsste die aktuelle Regierung eigentlich mehr Ansehen genießen. Doch es gibt in den Niederlanden auch Skepsis gegenüber einer multikulturellen
Gesellschaft bzw. Einwanderung, wofür die „Partei für die Freiheit“ mit ihrem Vorsitzenden Wilders
eintritt. Anders als in Großbritannien sollte es hier allerdings nicht zu einem Referendum über
einen EU-Austritt kommen. Schließlich haben vergangenes Jahr lediglich 18 % aller Niederländer
in einer Eurobarometer-Umfrage geäußert, dass es ihrem Land bei einem EU-Austritt besser gehen würde. Die entsprechende Quote war in allen anderen EU-Mitgliedsländern höher (Durchschnitt: 33 %, Großbritannien: 45 %). Und Wilders, dessen Partei zwar derzeit in den Wahlumfragen führt, müsste erstmal Bündnispartner finden. Bei den am 15. März stattfindenden Parlamentswahlen läuft es wohl auf eine Koalition von vier bis fünf Parteien hinaus – die Regierungsbildung
wird also ohnehin nicht einfach.
H E L A B A V O L K SW I R T S C H A F T / R E S E A R C H · 2 . F E B R U A R 2 0 1 7 · © H E L A B A
5
KONJUNKT UR KOMPAKT
Österreich: Abfahrt mit Hindernissen
Falls es in Österreich einen Vorsatz für 2017 gibt, der „Wachstum auf Kurs halten“ lautet, stehen
die Chancen auf Umsetzung gut. Mit dem vermehrten Schwung, den die Konjunktur im Schlussquartal 2016 aufgenommen hat (+1,8 % gegenüber Vorjahr), wird auch dieses Jahr mit angeschoben, und wie vom Rodeln bekannt, kann der Anschub am Start entscheidend sein für die ganze
Fahrt. Getragen von gut gelaunten Konsumenten, die seit Anfang 2016 von Entlastungen durch
eine Steuerreform profitieren, und einem fortgesetzten Investitionsaufschwung dürfte sich das
Wachstum stabilisieren. 2017 wird mit einem Plus von voraussichtlich 1,6 % abermals das Niveau
der Eurozone erreicht, so dass die eher mageren Jahre 2013-2015 in den Hintergrund treten.
Marion Dezenter
Tel.: 0 69/91 32-28 41
Bremswirkung haben in Österreich weder Deflationsängste noch die seit Herbst anziehende Teuerung entfaltet: Die Inflationsrate lag im Jahresdurchschnitt 2016, bedingt durch stärkere Preissteigerungen im Bereich Freizeit und Tourismus sowie bei Mieten, mit 0,9 % auf einem im EUVergleich (+0,2 %) zwar rekordhohen, aber dennoch moderaten Niveau. 2017 ist bei höheren
Ölpreisen mit durchschnittlich 1,7 % zu rechnen – ein Wert, der ebenfalls oberhalb des EurolandMittelwerts liegen dürfte.
Die Staatsverschuldung gehört mit über 80 % des BIP zu den höheren in der Eurozone, wenngleich sie noch weit von den dreistelligen Niveaus mancher Krisenländer entfernt ist und das niedrige Zinsniveau die Kosten für die Schuldenlast reduziert. Das öffentliche Defizit weist mit nur
knapp 1 % des BIP hingegen genügend Abstand zur Maastricht-Grenze von 3 % auf. Allerdings
steigen die Belastungen im Sozialetat, da mittlerweile geburtenstarke Jahrgänge in die noch immer
vergleichsweise frühe Rente gehen. Außerdem hat sich die Arbeitslosigkeit 2016 zwar stabilisiert,
das Niveau bleibt aber trotz der steigenden Beschäftigungszahlen in diesem Jahr mit jahresdurchschnittlich 9 % relativ hoch. Somit warten zahlreiche Themen auf Bearbeitung.
Prognoseübersicht Österreich
BIP mit Schwung ins neue Jahr gestartet
Reales BIP in % gegenüber Vorjahr und Vorquartal
2015
2016
% gg. Vj.
1,0
1,5
1,6
1,5
Budgetsaldo
% des BIP
-1,0
-0,9
-0,8
-0,7
Leistungsbilanzsaldo
% des BIP
1,9
2,3
2,7
2,6
%
9,1
9,1
9,0
8,9
% gg. Vj.
0,9
0,9
1,7
2,0
BIP, real
Arbeitslosenquote
Inflationsrate
Quellen: EIU, MB, Helaba Volkswirtschaft/Research
Bruch der Koalition
vorerst abgewendet
2017p 2018p
p=Prognose
Quellen: Macrobond, Helaba Volkswirtschaft/Research
Grund, die entspannte Fahrt einfach zu genießen, gibt es daher kaum. Vielmehr wird es einige
zusätzliche Anstrengungen benötigen, um den Schlitten in der Spur zu halten. Direkt zum Jahresauftakt knirschte es zwischen den Koalitionspartnern SPÖ und ÖVP. Deutliche Meinungsunterschiede gibt es etwa in der Finanzpolitik und bei Rententhemen, aber auch der Zulauf zur rechtsgerichteten FPÖ sorgt für Stress. Dies gipfelte Ende Januar in einer Regierungskrise. Vorzeitige
Neuwahlen konnten jedoch abgewendet werden, die große Koalition hat sich bis zum Wahltermin
im September 2018 nachjustiert. Schwerpunkte sollen unter anderem die Beschäftigungs- und die
Einwanderungspolitik sein. Offenbar motivieren die Umfragewerte der FPÖ zur Zusammenarbeit.
Nach einem turbulenten Jahr 2016 mit Neubesetzungen im Amt des Bundeskanzlers und des
Bundespräsidenten bleibt zu hoffen, dass sich die Schlittenlenker nun auf die Strecke konzentrieren können und nicht übergangslos in den nächsten Wahlkampf rutschen.
H E L A B A V O L K SW I R T S C H A F T / R E S E A R C H · 2 . F E B R U A R 2 0 1 7 · © H E L A B A
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KONJUNKT UR KOMPAKT
Prognoseübersicht
Bruttoinlandsprodukt
Verbraucherpreise
reale Veränderung gg. Vorjahr, %
Veränderung gg. Vorjahr, %
2015
2016
2017p
2018p
2015
2016
2017p
2018p
1,9
1,7
1,4
1,4
0,0
0,2
1,2
1,4
Deutschland
1,5
1,8
1,5
1,4
0,3
0,5
1,4
1,5
Frankreich
1,2
1,1
1,2
1,3
0,1
0,3
1,2
1,4
Italien
0,6
0,8
1,1
1,2
0,1
-0,1
1,1
1,2
Spanien
3,2
3,2
2,5
2,1
-0,6
-0,3
1,1
1,3
Niederlande
2,0
2,1
1,9
1,5
0,2
0,1
1,2
1,5
Euroland
Österreich
1,0
1,5
1,6
1,5
0,9
0,9
1,7
2,0
Griechenland
-0,2
-0,7
1,3
1,7
-1,1
0,0
1,0
1,5
Portugal
1,6
0,9
1,1
1,4
0,5
0,7
1,1
1,4
Irland
26,3
4,5
3,0
3,2
0,0
-0,2
0,7
1,5
Großbritannien
2,2
2,0
0,8
1,0
0,1
0,6
2,5
2,2
Schw eiz
0,8
1,3
1,3
1,3
-1,1
-0,4
0,0
0,5
Schw eden
4,1
3,1
2,4
2,4
0,0
1,0
1,4
1,4
Norw egen
1,6
1,0
1,5
1,7
2,1
3,6
2,1
2,2
Polen
3,9
2,8
2,7
3,2
-0,9
-0,6
1,7
1,8
Ungarn
3,1
2,0
2,5
2,5
-0,1
0,4
1,6
2,4
Tschechien
4,5
2,5
2,4
2,3
0,3
0,7
1,6
2,0
Russland
-3,7
-1,0
0,8
1,3
15,5
7,1
5,5
4,7
USA
2,6
1,6
2,2
2,0
0,1
1,3
2,2
2,5
Japan
1,2
0,9
0,4
0,3
0,8
-0,1
0,1
0,3
Asien ohne Japan
5,4
5,1
4,8
4,5
2,5
2,8
2,8
2,8
China
7,2
6,7
5,8
5,5
1,5
2,1
1,8
2,0
Indien
7,5
7,0
6,9
6,9
4,9
5,5
5,1
5,0
Lateinamerika
Brasilien
Welt
0,1
-0,5
1,6
2,5
12,6
17,0
14,0
12,5
-3,8
-3,0
0,8
1,5
9,0
8,5
5,5
5,0
3,0
2,8
3,0
2,9
3,0
3,4
3,5
3,4
p = Prognose; BIP-Wachstum soweit verfügbar kalenderbereinigt
Quellen: EIU, Macrobond, Datastream, Helaba Volkswirtschaft/Research
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