Fatale Bilanz HAMAD I MOHAMMED / REUTERS Barack Obama trat 2009 als vermeintlicher Präsident des Friedens an. Statt dessen eskalierte er den weltweiten und unbefristeten »Krieg gegen den Terror«. Von Donald Trump ist ähnliches zu erwarten. Von Knut Mellenthin SEITEN 12/13 GEGRÜNDET 1947 · FREITAG, 20. JANUAR 2017 · NR. 17 · 1,50 EURO (DE), 1,70 EURO (AT), 2,20 CHF (CH) · PVST A11002 · ENTGELT BEZAHLT WWW.JUNGEWELT.DE Flüchtlingsabwehr Netzwerker Ressourcenschutz Geldsack 3 4 5 11 Über die Zusammenarbeit Ägyptens und der EU in der Migrationspolitik. Von Sofian Philip Naceur Richter Gnadenlos in Sachsen: Jurist mit AfD-Parteibuch agitiert gegen »Mischvölker« Kritischer Agrarbericht vorgestellt. Her- Was bedeutet Donald Trump? Zwei ausgeber fordern Beschränkung kleine Bücher begrüßen den des Handels mit Ackerland neuen US-Präsidenten Ich habe gar kein Auto FINBARR O’REILLY / REUTERS Gambia: Jammeh verliert letzten Rückhalt Früherer Manager Martin Winterkorn will nichts von systematischem Abgasbetrug bei Volkswagen gewusst haben. Von Simon Zeise P latzwechsel für den einstigen Vorstandsvorsitzenden von Volkswagen. Martin Winterkorn musste sich am Donnerstag einem Untersuchungsausschuss des Bundestages stellen, der Licht in die dunklen Machenschaften des Wolfsburger Konzerns bringen soll. Im September 2015 war bekanntgeworden, dass VW systematisch Abgaswerte von Dieselfahrzeugen frisiert hatte. Winterkorn war daraufhin zurückgetreten. Gegen ihn läuft ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Braunschweig. Der frühere Manager nutzte gestern in Berlin die Möglichkeit zu einem Eingangsstatement: »Die dramatischen Ereignisse haben unser Unternehmen in eine tiefe Krise geführt«, deren »Folgen noch nicht absehbar« seien. Er stelle sich »die Kardinalfrage: Wer ist dafür verantwortlich?« Winterkorn wolle jedenfalls seine »tiefe Bestürzung ausdrücken, dass wir Millionen Kunden enttäuscht haben«. FABRIZIO BENSCH/REUTERS Augen zu und durch. Der Zeuge gab sich in der Vernehmung ahnungslos (19. Januar) Als Vorstandsvorsitzender zwischen 2007 und September 2015 war Winterkorn Hauptverantwortlicher des Konzerns. Es sei für ihn »nicht nachzuvollziehen«, wie so etwas in einem so großen Unternehmen habe geschehen können. »Lückenlose Aufklärung ist das Gebot der Stunde«, erklärte er. Winterkorn gab keine nennenswerten neuen Erkenntnisse preis. Ihm sei am 20. September 2015 im Vorstand berichtet worden, dass nicht nur 500.000 verkaufte Diesel-Pkw in den USA zurück in die Werkstatt beordert werden müssten, sondern »dass wir auch ein Problem auf dem Rest der Welt haben«. Entgegen der Aussage von VW-Patriarch Ferdinand Piëch sei er nicht bereits während des »Genfer Autosalons« im März 2015 darüber informiert worden. Man müsse zur Kenntnis nehmen, dass »durch harte und ehrliche Arbeit« der VW-Konzern unter seiner Ägide »100.000 zusätzliche Arbeits- plätze geschaffen« habe. Den Fakt, dass er selbst pro Tag eine Betriebsrente von 3.100 Euro kassiert, thematisierte er nicht. Auch nicht die 17 Millionen Euro Bonus, die er für seine »Leistung« in Anspruch genommen hat und die er nicht gedenkt, an Geschädigte zu stiften. Von der Möglichkeit einer »Schummelsoftware« (De feat Device) habe er »sicher nicht vor September 2015 gewusst«. Insgesamt habe er seit seinem Ausscheiden »viel dazugelernt«. Der Ausschussvorsitzende Herbert Behrens (Die Linke) erklärte nach der Vernehmung: »Um es vorsichtig auszudrücken: Herr Winterkorn ist in seinen Aussagen weit hinter dem zurückgeblieben, was er eigentlich wissen muss.« Es sei zwar »legitim, die Aussage zu einzelnen strafrechtlich relevanten Fragen zu verweigern, bei einer spontanen Teilamnesie geht mein Verständnis jedoch gegen null«, so Behrens. Auch der Initiator der VW-Boykott-Bewegung (siehe jW vom 6. Januar), Peter Grottian, verfolgte die Äußerungen Winterkorns. Den Auftritt des geladenen Zeugen bezeichnete Grottian gegenüber jW als »ziemlich professionell«. Winterkorn habe »im Grunde den Konzernherrn gegeben, der angeblich den großen Überblick hat«, aber von »all dem« nichts gewusst haben wolle und selbst noch mit einer Deutung ringe. Grottian fordert eine unabhängige Untersuchungskommission, die die Rolle der Regierung und die von VW aufklärt. »Das Problem ist«, so Grottian, »dass Winterkorn demonstriert hat, welche Macht er hat, nichts zu sagen und nichts kund zu tun, was wirklich zur Aufklärung wichtig ist«. Der VW-Konzern sei so mächtig, dass viele Verantwortliche in dieser Republik »Smog im Hirn« hätten, wenn sie darüber nachdenken müssten, wie man dem Konzern kritisch gegenübertreten könne. Liebesgrüße aus Kiew Ukraine lädt Tausende NATO-Soldaten zu Militärübungen ein D ie Ukraine öffnet der NATO weiter ihre Tore. Das Parlament in Kiew entschied am Donnerstag mit knapper Mehrheit, bis zu 3.000 Soldaten des Militärbündnisses an Manövern in der Ukraine zu beteiligen. Grund für den Beschluss ist nach Angaben der Deutschen Presseagentur der »Krieg mit prorussischen Separatisten«. Bereits seit den 1990er Jahren finden unter dem Titel »Partnerschaft für den Frieden« gemeinsame Übungen der Ukraine und der NATO statt. Nun wurden spezielle Kontingente der Allianz für zwei jährlich stattfindende Großübungen erlaubt. So sollen an der Seeübung »Sea Breeze 2017« im Schwarzen Meer bis zu 2.500 NATO-Soldaten und am Landmanöver »Rapid Trident 2017« bis zu 2.000 teilnehmen. Zudem soll die Allianz mit mehreren Flugzeugen, Hubschraubern und U-Booten präsent sein. Andernorts hat die Aufrüstung bereits begonnen. Am Donnerstag nachmittag machte sich der erste Bundeswehr-Verband vom bayeri- schen Oberviechtach aus auf den Weg nach Litauen. Die ehemalige Sowjetrepublik gehört mit Polen und Estland zu der »Ostflanke«, die die NATO gegen Russland mit rund 1.000 Soldaten stärken will. Litauen und Polen grenzen direkt an die russische Exklave Kaliningrad. Bereits am vergangenen Samstag erreichten fast 4.000 NATO-Soldaten und etwa 450 Panzer Polen. Sie waren im Laufe der vergangenen Woche von Bremerhaven aus quer durch Nord- und Ostdeutschland nach Polen verlegt worden. Russlands Außenminister Sergej Lawrow kritisierte die Stationierung der westlichen Soldaten in den osteuropäischen Ländern am Dienstag mit den Worten: »Wenn die NATOTruppen keine bessere Verwendung für sich finden, als in Estland an der Grenze zu Russland zu stehen, zeigt das, dass ihre Informationsbeschaffung schlecht läuft, und dass sie nicht wissen, was sich in anderen Gebieten ihres Verantwortungsbereichs abspielt.« (dpa/AFP/jW) Siehe Seite 8 Banjul. Militär und Polizei in Gambia haben sich Sicherheitskreisen zufolge vom abgewählten Präsidenten Yahya Jammeh losgesagt. Nachdem dessen offizielle Amtszeit am Mittwoch endete, hätten sich Polizeichef Ousman Sonko und Generalstabschef Ousman Badgie darauf verständigt, keine Befehle mehr von Jammeh anzunehmen. Das erklärte ein ranghoher gambischer Geheimdienstmitarbeiter am Donnerstag. Das Militär hatte bisher als wichtigste Stütze von Jammeh gegolten. Jammeh war bei den Präsidentenwahlen im Dezember nicht wieder gewählt worden, weigert sich jedoch abzutreten. An der Grenze zu Gambia hat die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft (Ecowas) am Donnerstag indes eine Eingreiftruppe mit Hunderten Soldaten aus Nigeria, dem Senegal und Ghana zusammengezogen. Sie wollen den Machtwechsel notfalls erzwingen. (dpa/jW) Überstunden statt guter Ausbildung Berlin. Zahlreiche Auszubildende im Handel klagen einer Gewerkschaftserhebung zufolge über Überstunden. Ein Drittel der Befragten gab an, regelmäßig Mehrarbeit leisten zu müssen, obwohl dies für Azubis nur im Ausnahmefall vorkommen soll, heißt es im am Donnerstag veröffentlichten Ausbildungsreport von ver.di und DGB. Ebenfalls jeder dritte klage über Probleme, sich nach der Arbeit in der Freizeit erholen zu können. Für 28,5 Prozent der Jugendlichen gebe es trotz gesetzlicher Vorschrift keinen Ausbildungsplan. Viele Betroffene würden als »billige reguläre Vollzeitarbeitskräfte« eingesetzt, anstatt eine »qualitativ hochwertige Ausbildung« zu erhalten, kritisierte die für den Handel zuständige ver.di-Jugendsekretärin Franziska Foullong. Es sei deshalb kein Wunder, dass fast jeder fünfte nicht weiter in seinem Lehrberuf arbeiten wolle. (AFP/jW) wird herausgegeben von 1.992 Genossinnen und Genossen (Stand 17.1.2017) n www.jungewelt.de/lpg
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