AKTUELL R o l a n d R e c k Bereitet Probleme Die Ratlosigkeit über die Präsidentschaftswahl in den USA führte mich zu Bino. Institutionen haben versagt, indem Prognosen falsch waren, Analysen nicht stimmten und Medien offensichtlich nur die „halbe Wahrheit“ erkannten. Deshalb bat ich Bino, „meinen amerikanischen Bruder“, mir zu erklären, was in seinem Heimatland passiert ist. Es ist ein Versuch der Annäherung, das Unglaubliche zu verstehen. Liebe BLIX-Leser! Dr. Reck hat mich darum gebeten, einige Fragen zu beantworten, die sowohl die kürzlich abgehaltenen US Wahlen, als auch die allgemeine Einstellung der Amerikaner betreffen, nicht nur zur Wahl, sondern auch zur allgemeinen Stimmung innerhalb des Landes, so wie ich sie wahrnehme. Ich danke Herrn Dr. Reck sehr für seine freundliche Einladung. Es ist meine aufrichtige Hoffnung, dass meine eigenen, bescheidenen Gedanken und Ansichten nützlich sein werden für den offenen Dialog zwischen uns, in erster Linie als Menschen, aber auch als Bürger unserer jeweiligen Länder und Gemeinden. Ich bin 55 Jahre alt, verheiratet, habe bereits erwachsene Kinder und einige Enkelkinder. Momentan lebe und arbeite ich in Baton Rouge, Louisiana (Louisiana grenzt im Westen an Texas und im Süden an den Golf von Mexiko, Baton Rouge liegt etwa 110 Kilometer westlich beziehungsweise nordwestlich von New Orleans). Ich bin Rechtsanwalt und arbeite zudem als Grundstücksvermittler für Unternehmen im Energiesektor. Ich habe sowohl als Staatsanwalt als auch als Strafverteidiger gearbeitet. Von Juni 1978 bis Juli 1979 lebte ich als Austauschschüler in Westdeutschland, für mich bis heute eine große Freude und ein wahrer Segen. Während dieser 13 Monate ermöglichte das Austauschprogramm uns Kindern viel zu reisen, Menschen zu treffen und Erfahrungen zu sammeln. Das führte zu unterschiedlich langen Aufenthalten bei vielen verschiedenen Gastfamilien in Hamburg, Bremen, Kaltenkirchen, Braunschweig und Steinhausen an der Rottum. Während dieser Zeit traf ich Roland Reck. Für sieben Monate durfte ich bei seiner Familie leben und sowohl er als auch seine Familie sind einer der Gründe, warum ich Deutschland als meine zweite Heimat und mich selbst als „Amerikanischen Schwab“ betrachte. Nach der Highschool habe ich vier Jahre lang in der U.S. Armee gedient, anschließend absolvierte ich mein Grundstudium an verschiedenen Universitäten in Louisiana, Kalifornien und Oregon und schloss an der rechtswissenschaftlichen Fakultät an der Louisiana State University mein Studium ab. Zu meinen politischen Ansichten: Ich war bereits eingetragener Wähler für die Demokraten, Republikaner und Parteilose, habe mich aber nie komplett einer Partei verschrieben und sie deshalb gewählt, unabhängig davon für wen ich zum jeweiligen Zeitpunkt registriert war. Ich habe immer nach bestem Wissen und Gewissem gewählt und folgte immer meinem Herzen, ich habe mich nie für eine Partei entschieden. Ich lasse mich nicht beeinflussen vom Konzept ideologischer, politischer Plattformen, weil ich diese Plattformen als bequemes Mittel der Politiker sehe, um Wähler in Gruppen zu spalten. In manchen Fragen könnte meine Meinung als weit links (demokratisch) angesehen werden (zum Beispiel keine oder niedrige Studiengebühren für einen Sekundar- oder Hochschulabschluss oder einen Abschluss an Gewerbeschulen beziehungsweise Berufsschulen; ebenso bin ich für keine beziehungsweise niedrige Kosten für die Gesundheitsvorsorge oder zahnärztliche Vorsorge eines jeden Bürgers). Bei anderen Fragen hingegen könnte man mich eher weit rechts (republikanisch) einordnen (zum Beispiel bin ich für eine kontrollierte Verbrechensbekämpfung und das Recht eines jeden Bürgers, eine Waffe zu tragen). Somit versuche ich aus eigenen Erfahrungen heraus, Antworten zu geben. 6 Carl „Bino“ Duke (55) versteht sich als „amerikanischer Schwab“ und vergisst auch heute noch nicht, seiner deutschen „Mom“ zum Geburtstag zu gratulieren und ihr Blumen zu schicken. Bino, du bist, wenn die Wahlanalysen stimmen, der typische TrumpWähler: weiß und männlich. Verrätst du mir, wen du gewählt hast und warum du wen gewählt hast? Ich bin männlich und ich bin weiß, aber das war nicht entscheidend für meine Wahl. Mein Geschlecht und ethnische Herkunft hatten keinen bewussten Einfluss auf meine Entscheidung. Ich will nicht genau offenlegen, wie ich gewählt habe (seit ich 18 bin, habe ich 37 Jahre lang Stimmzettel in die Wahlurne geworfen und ich habe es zu meiner persönlichen Regel gemacht, anderen nicht von meinen Entscheidungen zu erzählen, was es mir erlaubt, empfänglich für die Sicht anderer zu sein und umgekehrt). Ich kann dir sagen, dass ich einen überaus breitgefächerten Freundeskreis habe und dass die meisten meiner Freunde ein anderes äußerliches Erscheinungsbild haben [äußerlich nicht so wie ich aussehen]. Das Erscheinungsbild eines Menschen ist für mich der am wenigsten wichtige Aspekt wenn es darum geht, ob jemand ein guter Freund ist oder nicht. Das lässt sich auch daran festmachen, dass ich niemandes Vertrauen verletzen möchte, zum Beispiel das zweier homosexueller Freunde (beide kennen sich untereinander nicht), von denen einer denkt, dass Hillary Clinton die Personifikation des Bösen sei, während der andere denkt, dass Donald Trump der Böse sei. Zwei Freunde, von denen man meinen könnte, dass sie politisch gesehen Gleichgesinnte sein müssten, befinden sich also am entgegengesetzten Ende des Spektrums, wenn es um die Frage geht, wie sie die Kandidaten wahrnehmen. Darum glaube ich, dass es eine schlechte Angewohnheit ist, jemanden in eine Schublade zu stecken und zu glauben, der Wahlkreis eines Kandidaten ließe sich daran festmachen, dass sich die Wähler in Anbetracht interner und externer Faktoren in bestimmte Gruppen einordnen ließen. Man muss sich eines klar machen: Weiße Männer bilden eine große Gruppe von Menschen, sowohl hier, als auch in Deutschland. Was wäre also, wenn ich es wagen würde, all diese weißen Männer in Deutschland über einen Kamm zu scheren und sie in eine einheitliche Kategorie einteile, nach der ich dann über deren Gesinnung mutmaße, ohne echte, stichhaltige Gründe dafür zu haben. In Deutschland staunt man darüber, dass ein Kandidat trotz fehlender politischer Qualifikation und trotz seines unmoralischen Benehmens die Präsidentschaftswahl gewonnen hat. Kannst du das verstehen und erklären? Diese Frage zu beantworten bereitet mir Probleme, da sie mindestens einem Kandidaten unmoralisches Verhalten vorwirft (auch wenn die Frage wahrscheinlich beide Kandidaten einschließt). Keiner dieser beiden Leute war während des Wahlkampfs freundlich zu dem anderen, und das scheint mir derzeit ein Trend in der amerikanischen Politik zu sein. Je gemeiner desto besser scheint die Devise zu sein, nach der es in Zukunft gehen wird. Aber viel von diesem Negativ-Trend, so glaube ich, stammt aus den 12 Sekunden Ausschnitten, mit denen die Sendeanstalten die Sensationslust bedienen, um ihre Quoten zu steigern, ebenso wie die Aufmerksamkeit erhaschenden Überschriften der Printmedien, die nur dazu dienen, ihr „Nachrichten-“ Produkt an den Mann zu bringen. Journalismus ist in den USA ausgestorben und wir vermissen ihn schmerzlich. In früheren Zeiten stellten die Reporter AKTUELL Fragen, die Befragten gaben Antworten und das wurde veröffentlicht. Das ist jetzt anders. Da wird immer etwas verdreht, je nachdem wer die Kontrolle über die Medienunternehmen hat. Ich erinnere mich an eine Zeit, in der es mir leichter fiel, mit parteilicher oder komplett voreingenommener Berichterstattung, mit der ich bombardiert wurde, umzugehen, indem ich Reportagen aus dem Ausland gesehen oder ausländische Zeitschriften und Zeitungen gelesen habe. Wie auch immer, es scheint als ob die Nachrichtenorganisationen in anderen Ländern ebenfalls in sich zusammengefallen wären, was es unmöglich macht die Wahrheit von den Nachrichtenagenturen zu erfahren (Erinnert sich jemand noch an Prawda? Hat das damals irgendjemand geglaubt?). Mit Nachrichtenagenturen, die nicht die Wahrheit verbreiten, verstärkt durch voreingenommene Berichterstattung, kann sich die breite Masse unmöglich ein Bild von den Leuten machen, die für die Präsidentschaftswahlen kandidieren. Traurig, wirklich, wenn man die wahren Konsequenzen bedenkt, die all diese Fehlinformationen möglicherweise auf unser aller Gesellschaft haben. In Deutschland spricht man davon, dass die USA ein zutiefst gespaltenes Land sind und sich Demokraten und Republikaner auch deshalb unversöhnlich und ohne Kompromissbereitschaft gegenüberstehen. Stimmt das? Und wenn ja, warum ist das so? Welche Gründe gibt es für diese Spaltung und worin zeigt sich diese Spaltung im Land? In der vorhergehenden Frage war die Rede von einem wahrnehmbaren Mangel an politischer Qualifikation. Wie auch immer, anders als bei einem Medzinabschluss oder einer Schweißerausbildung gibt es hier keinen sicheren Weg um zu bestimmen, ob eine Person, im Großen und Ganzen, ein guter Anführer sein kann. Ich glaube sicherlich nicht, dass es reicht ein Politiker in Washington D.C. zu sein oder irgendein anderes politisch gewähltes Amt inne zu haben, um ein guter Präsident zu sein. Es gibt da tatsächlich ein Sprichwort, das lautet „Throw the bums out!“, zu Deutsch „Werft die Penner raus!“, mit dem sich viele Amerikaner identifizieren können. Das bedeutet, dass viele Amerikaner einen Wechsel in der Führung bevorzugen, so dass keine politischen Dynastien entstehen können. Darum ist die Tatsache, dass nun eine andere Partei am Steuer sitzt und neue Senatoren und Kongressabgeordnete gewählt wurden, nicht überraschend für mich. Dieser Wechsel der Parteien scheint nicht die Ausnahme, sondern eher die Regel zu sein. Am wenigsten stimmt es aber, dass die beiden Parteien zu hundert Prozent gegeneinander arbeiten. Schon mal daran gedacht, wie es sich verhält, wenn ein Politiker den Gefallen an seiner Partei verliert und ins andere Lager wechselt? Ist es nicht seltsam, wenn jemand, der zunächst so auf eine Partei fixiert ist, plötzlich zu etwas ganz anderem überwechselt? Ich bin in der Vergangenheit öfters umgestiegen, weil ich mich keiner Partei verschworen habe, aber bei diesen Leuten ist das doch anders. Bei so viel Unfrieden zwischen den Parteien könnte es sich doch um falsche Konflikte handeln, die dazu benutzt werden, Sorgen und Ängste unter den Wählern zu erzeugen, so dass der Politiker, der gerade an der Macht ist, die Kontrolle über seine Macht behalten kann. Das möchte ich nur zu bedenken geben… Trump ist nicht nur ein Immobiliengeschäftsmann, sondern schon viele Jahre ein Medienstar mit eigener Show im Fernsehen. Wie stark hat dies zu seiner Popularität beigetragen? Wurde Trump gewählt, weil er ein Fernsehstar ist? Es gibt sicherlich immer Leute, die von Stars fasziniert sind und die dann persönliche Entscheidungen aus dem Gefühl heraus treffen, jemanden zu kennen, nur weil ihnen diese Personen aus dem Fernsehen oder anderen Medien bekannt sind. Wie sonst sollte man es sich erklären, dass die Leute sich betroffen zeigen von dem, was ein Schauspieler oder Fußballspieler zu Themen zu sagen hat, die weder Schauspielerei noch Fußball betreffen? Aber sowas kommt vor, daher bin ich ziemlich sicher, dass auch Trump einige Wählerstimmen nur deshalb ergattert hat. Wie auch immer, Hillary Clinton ist nun seit über 30 Jahren in den Schlagzeilen, wenn man es relativiert, war sie also genauso häufig in den Medien präsent. Also wer von den beiden war nun besser bekannt oder glaubwürdiger für die Leute, die nach diesem Muster wählten? Trump gehört von Geburt an zum Establishment. Er ist in einer reichen Familie geboren und vielfacher Milliardär und hat in seiner Karriere noch nie ein soziales Gewissen gezeigt. Nochmal, ich finde die Frage, so wie sie hier gestellt wird, problematisch, insofern dass sie impliziert, dass „[Trump] in seiner Karriere noch nie ein soziales Gewissen gezeigt hat“. Wurde die Frage in dieser Art und Weise gestellt, um die Antwort in eine bestimmte Richtung zu lenken? Oder war die Frage einfach nur schlecht formuliert? Ich persönlich mag keine Verallgemeinerungen: „Er zeigte nie“. Wen kennst du gut genug (lass es deine Eltern sein, deine Geschwister, besten Freunde, den Barkeeper, einen Minister oder jede andere Person in deinem Leben), um so eine verallgemeinernde Aussage über jemanden treffen zu können? Ich kenne niemanden, weder tot noch lebendig, über den ich eine so pauschalisierende Aussage treffen könnte. Ich bin sicher auch Gandhi hat einige seiner Taten bereut, die im völligem Gegensatz zu dem Bild standen, das wir von ihm haben. Dasselbe gilt für Stalin: Er wurde wahrscheinlich von zumindest einigen Leuten geliebt und in Ehren gehalten für seine guten Taten. Also mir erscheint dieser Absolutismus eingebildet, mit der Realität hat das nichts zu tun. Ist Politik ein Thema in der Familie? Als ich jünger war, hatten die Leute Freude am Debattieren und daran, die Meinung anderer zu hören. Das ermöglichte es einem, zu wachsen und sein Wissen zu erweitern. Zu dieser Zeit waren die meisten Unicampusse Schmelztiegel für ein intellektuelles Geben und Nehmen. Jedermann und jede Idee war willkommen, wenn es darum ging, sich an einen Tisch zu setzen und Diskussionen zu führen. Allerdings sieht es heute für mich ganz danach aus, als ob entgegengesetzte Meinungen nicht mehr toleriert werden. Wenn du dir selbst das Abzeichen eines Liberalen anheftest, dann musst du die Ideen der Konservativen niederbrüllen und diese hassen, und wenn du dich selbst als Konservativen bezeichnest, musst du dasselbe mit den Liberalen machen. Diskussionen, in denen man sich bei einem Bierchen gütlich einigt, sich uneinig zu sein, gibt es heute nicht mehr. Es geht nur noch darum, dass die eigene Meinung gehört und akzeptiert wird. 7 AKTUELL Warum glauben so viele Menschen, dass er ihre persönliche und wirtschaftliche Situation durch Trump verbessern wird? Dieses Land hat ein Problem mit seinem sozialen Sicherheitsnetz, das eigentlich dazu gedacht war, den Menschen in Zeiten wirtschaftlicher Krisen zu helfen. Amerika hat ein Sozialsystem, in dem zig Millionen Menschen, die noch nie gearbeitet haben, Wohnungen, Essen und Kleidung bekommen – für all ihre Bedürfnisse wird gesorgt. Dieses System scheint kaputt zu sein und es bedarf einer dringenden Notwendigkeit, es zu reparieren. Ich glaube, dass die Leute denken, dass Trump es zu seiner Priorität machen wird, dieses System zu erneuern. Sobald es um die Verbesserung persönlicher Umstände geht, glaube ich, dass – sofern er zu seinem Wort steht und die Steuern senkt – er damit einen Mechanismus in Gang setzen könnte, der dazu führt, die wirtschaftliche Situation des Einzelnen zu verbessern. Amerikaner neigen oft dazu zu denken und/ oder damit zu prahlen, dass sie weniger Steuern zahlen müssen als die Europäer. Aber es ist eine Tatsache, dass Amerikaner wahrscheinlich unter einer höheren Steuerlast stehen: Wir zahlen Bundeseinkommenssteuern, staatliche Einkommenssteuer dort, wo wir leben und dort, wo wir arbeiten (vorausgesetzt Wohnort und Arbeitsplatz befinden sich in zwei verschiedenen Staaten). Hinzu kommt in einigen Gegenden die städtische Einkommenssteuer, Eigentumssteuern für unsere Geschäfte, für unser Zuhause, Mehrwertsteuern für unser Essen, Benzin, Kleidung usw., in einigen Staaten Sterbe- und Grundstückssteuern und so weiter und so fort. Aber wir haben noch immer keinen kostenfreien Zugang zu höherer Bildung (Hochschulen, Unis/Colleges müssen wir aus eigener Tasche zahlen) oder kostenfreier medizinischer Versorgung (zahlen wir auch aus eigener Tasche) oder kostenfreier öffentlicher Verkehrsmittel (mit Ausnahme der größeren Stadtgebiete, einige davon haben gute Systeme, andere nicht). Darum suchen Amerikaner auch immer nach jemandem, der ihnen einiges von ihrer Last von den Schultern nimmt. Und im letzten Rennen war eben Trump der Kandidat, der versprochen hat, die Steuern zu senken. Oder ist Trump nur gewählt worden, weil Hillary Clinton so ein schlechtes Image hat? Die Dinge, die mich in der Vergangenheit an Trump störten, stören mich auch heute noch. Beispielsweise hörte ich – ich weiß nicht, ob es stimmt – dass er Subunternehmer zu spät bezahlte und sie aufforderte ihn doch zu verklagen, wenn sie ihr Geld haben möchten. Für mich zeugt das von Charakterschwäche. Genauso stören mich Dinge, die Clinton betreffen. Zum Beispiel ihre Vorliebe für die Unwahrheit und dass sie glaubt, Gesetze würden für sie nicht gelten, auch hinsichtlich des Schutzes nationaler Sicherheitsgeheimnisse. Somit sind sie beide Menschen mit Fehlern. In Deutschland sieht man das anders herum: Hillary Clinton hat ein schlechtes Image, aber Trump ist schlecht und deshalb sehr gefährlich. Kannst du diese Sorge verstehen? Ich erkenne diese Besorgnis, allerdings kann ich sie nicht wirklich verstehen. Als Clinton Außenministerin war, hat sie zahlreiche falsche Entscheidungen getroffen, die Menschenleben kosteten. Außerdem sind durch sie die Amerikaner ins Hintertreffen geraten, was die Informationsbeschaffung betrifft. Informationsbeschaffung klingt negativ, aber zu wissen, was ein anderes Land tut, besonders jene Länder, die nicht unbedingt möchten, dass unser Land Erfolg hat, ist notwendig und gesund und kann die Basis sein, um aggressive Handlungen zu verhindern, die andererseits als unumgänglich wahrgenommen werden könnten. 8 Die großen amerikanischen Zeitungen haben klar gegen Trump Position bezogen, viele Künstler haben Clinton unterstützt, selbst prominente Republikaner haben sich von Trump distanziert, in Europa betrachten viele Menschen Trump als „Witzfigur“ oder „Irrer“, aber nun ist er Präsident des mächtigsten Landes. Was wird geschehen? Ich finde es genauso unhöflich und respektlos gegenüber Trump, ihn mit derartigen Begriffen zu betiteln, wie es damals auch bei Obama mit anderen Ausdrücken der Fall war. Man kann ihn mögen oder auch nicht, aber er hat die Wahl gewonnen und wird das Land für mindestens vier Jahre regieren, wenn ihn kein früher Tod ereilt. Deshalb wäre ich genauso skeptisch gegenüber dessen, was du über Trump hörst, wie über das, was du über andere Führungspersonen hörst. Nichts könnte mir egaler sein, als dass Trump von der europäischen Bevölkerung als Witzfigur wahrgenommen wird. Er ist nicht ihr Präsident und sie müssen ja nicht mit ihm arbeiten, genau so wenig wie ich oder irgendein anderer Amerikaner mit Frau Merkel arbeiten muss. Was ich also über irgendeinen europäischen Politiker denke, spielt keine Rolle. Ich denke die aufgeheizte Rhetorik, die Trump im Wahlkampf verwendet hat, wird sich nicht zu einem großen Teil manifestieren. Ich denke er, genau wie Clinton und alle anderen Politiker, sagte das, von dem er dachte, dass es ihm Erfolg bringen würde. Man wird bei jedem Politiker sehen müssen, ob sie die guten oder nicht so guten Erwartungen erfüllen werden, nachdem sie gewählt wurden. Aber Amerikas Zukunft ist hell erleuchtet. Und das liegt an den Menschen, die hier leben. Die USA sind ein Schmelztiegel, in dem Menschen, die sich unter Umständen versuchen würden in ihren Herkunftsländern gegenseitig umzubringen, in Harmonie zusammen in derselben Nachbarschaft leben können, mit ihren Kindern, die zusammen spielen und Sport machen und zur selben Schule gehen und oft die besten Freunde sind. Amerika stand im Laufe seiner Geschichte so mancher Herausforderung gegenüber, und es werden mit Sicherheit noch weitere kommen. Aber Amerikaner sind, in ihrer großen Mehrheit, eine gute, gebende und tolerante Gruppe von Menschen, vielfältig in ihren Bräuchen und Sitten, ihrem Glauben und ihren Bestrebungen. Die Geschichte beweist, dass sie auch in der Lage sind, Differenzen aus dem Weg zu räumen – für das Gemeinwohl, ihr Land und die Welt, in der wir alle leben. Ich erwarte also gute Dinge, nicht wegen oder trotz Trump, sondern wegen den Menschen, die diese Nation bevölkern. Trump hat radikale Wahlversprechen gemacht. Beispiele: die Mauer zwischen den Staaten und Mexiko, die Mexiko bezahlen soll; Ausweisung aller illegalen Einwanderer; Einreiseverbot für Muslime; Kündigung von Handelsverträgen; Abschaffung von Obamacare; Kündigung des Atomabkommens mit Iran etc. Was passiert, wenn Trump seine Wahlversprechen nicht einhält bzw. nicht einhalten kann? Was werden seine Wähler dann tun? Ich denke, ich habe bereits einige Aspekte dieser Frag e mit meinen vorangegangen Antworten abgedeckt, daher möchte ich es auch dabei belassen. Kann Trump als (radikaler) Präsident die Spaltung der Gesellschaft überwinden? Und wenn ja, wie? Ich verstehe den Sinn des Wortes „radikal” in diesem Zusammenhang nicht, darum werde ich darauf auch nicht antworten.
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