Euler Hermes Deutschland Länder Aktuell 26. Februar 2015 Deutschsprachige Version Euler Hermes Economic Research Russland: Währungskrise & schwere Rezession 2015 Allgemeine Information BIP USD 2.015 Mrd. (Rang 8 in der BIP-Länderliste, Weltbank 2012) Bevölkerung 143,53 Mio. (Rang 9 im internationalen Vergleich, Weltbank 2012) Staatsform Föderale Republik Staatsoberhaupt Präsident Wladimir Wladimirowitsch PUTIN Nächste Wahl Parlamentswahlen 2016 Stärken Schwächen Reichtum an natürlichen Ressourcen, vor allem Öl und Gas Leistungsbilanz weist zum 15. Mal in Folge Überschüsse aus (einschließlich des Krisenjahrs 2009) Reformstillstand im strukturellen Bereich Niedrige Staatsverschuldung Komfortables Polster an Devisenreserven Hohe Anfälligkeit für Ölpreisschocks Kapitalflucht Aktuelle Währungskrise; mit starken Wechselkursschwankungen ist weiterhin zu rechnen Abnahme der Vermögensqualität erhöht Druck auf den Bankensektor Schwacher Rechtsstaat und ein hohes Maß an Korruption Aller Corporate Governance-Bemühungen zum Trotz bleibt Korruption ein Problem Die Ukraine-Krise und der damit verbundene Konflikt mit dem Westen (inkl. Sanktionen und Gegensanktionen) stellen ein geopolitisches Risiko dar C4 Länderrating Handelsstruktur Nach Zielland / Ursprungsland (% aller Exporte/Importe) Konjunkturrisiken Geschäftsumfeldrisiken E x por t e Finanzielle Risiken I mpor t e Ra ng Deut s c hl a nd 9% 1 17% Chi na Chi na 7% 2 14% De ut s c hl a nd Uk r a i ne 5% 3 6% Wei ßr us s l a nd US A 5% 4 5% Uk r a i ne Wei ßr us s l a nd 5% 5 4% J a pa n Nach Produkten (% aller Exporte/Importe) E x por t e Politische Risiken Quelle: Euler Hermes Wirtschaftsrisiken Rohöl I mpor t e Ra ng 31% 1 7% PKW und Mot or r ä der E r dga s 19% 2 4% Ma s c hi nen Mi ne r a l öl e r z eugni s s e 17% 3 4% S ons t i ge Ge r ä t e E i s e n und S t a hl 3% 4 4% Nut z f a hr z e uge Ni c ht e i s enme t a l l e 3% 5 4% Kommuni k a t i ons t ec hni k Quelle: Chelem (2012) Überblick zur Wirtschaftsituation Vierfachkrise: Politik, Vertrauen, Öleinnahmen und Währung Prognose zu den wichtigten Wirtschaftsfaktoren 2013 2014 2015 2016 2015 2016 Der andauernde Konflikt mit der Ukraine, die Annektierung der Krim und die daraus hervorgegangenen Sanktionen werden zunehmend zur Belastungsprobe für Russland. Seit dem Frühjahr 2014 steckt das Land in einer politischen Krise. Die Märkte wenden sich ab. Das Vertrauen schwindet. Die weltweit sinkenden Ölpreise haben die wirtschaftliche Situation seit Mitte 2014 weiter zugespitzt. Die Einnahmen aus dem Export von Erdöl schrumpften. Hinzu kam der Absturz des Rubels. Die Folgen für die Konjunktur sind enorm. BIP 101% 1,3 0,6 -5,5 -4,0 -1,6 -4,2 Konsumausgaben 52% 4,9 1,9 -5,0 -4,0 2,5 1,0 Staatsausgaben 20% 1,1 0,5 -0,5 -2,0 1,5 3,0 Investitionen 21% 1,4 -2,5 -15,0 -10,0 -12,0 -15,0 Russland 2013 Anteil * 3% -2,2 -1,0 -3,9 -1,5 -2,0 -2,5 28% 4,6 -2,0 -5,0 -1,0 -5,0 -15,0 23% 3,8 -6,8 -25,0 -10,0 -12,0 -20,0 6% 0,5 1,0 4,2 2,0 1,3 0,2 Die Zeichen für 2015 stehen auf Rezession Leistungsbilanz (%des BIP) 1,6 3,0 2,9 2,7 1,0 0,5 Netto Kapitalabfluss 61 152 80 65 150 200 Nach Einschätzung von RosStat stieg das reale BIP 2014 um 0,6%. Verantwortlich für den bescheidenen Zuwachs war zum einen der private Konsum. Er legte um 1,9% zu. Zum anderen waren es die Nettoexporte, die einen Impuls setzen konnten. Auch sie erhöhten sich leicht um einen Prozentpunkt. Dafür gingen die Importe um 6,8% zurück. Auch die Exporte fielen (-2%), genauso wie die Anlageinvestitionen (-2,5%). Die Warenbestände verringerten das Wachstum um einen Prozentpunkt. Auch wenn Daten und Details für das letzte Quartal 2014 noch nicht vorliegen, ist es sehr wahrscheinlich, dass die Wirtschaft Ende des Jahres in die Rezession abgerutscht ist. Dafür spricht, dass das BIP im Vergleich zum Vorjahr innerhalb der ersten drei Quartale zwar um 0,8 Prozent zulegen konnte, im direkten Quartals-Vergleich aber mehr oder weniger stagnierte. RUB vs USD (aop) 31,9 38,5 65,0 64,0 RUB vs EUR (aop) 42,3 50,8 72,5 73,9 Devisenreserven (USD M rd., eop) 470 338 250 200 350 200 Importdeckung (M onate) 11,9 9,5 9,1 8,0 10,1 7,7 Devisen / jährl. Schuldentilgung (%) 305 244 199 167 6,5 11,4 11,0 9,0 12,0 15,0 -1,3 -1,5 -2,0 -2,0 -2,5 -5,0 In unserem Basisszenario gehen wir bei Euler Hermes davon aus, dass das BIP 2015 um 5,5% schrumpfen wird. Der private Konsum wird aufgrund der hohen Inflationsrate und der schwachen Währung empfindlich zurückgehen. Gleichzeitig wirken sich die niedrigen Einnahmen aus dem Ölgeschäft auch auf die Staatskasse aus. Die öffentlichen Ausgaben werden reduziert. Das sowieso schon negative Investmentklima wird sich aufgrund der politischen und wirtschaftlichen Aussichten für 2015 weiter verschlechtern. Auch wenn manche Bereiche vom schwächelnden Rubel profitieren mögen, werden die realen Exporte einen Dämpfer erleiden. Schuld sind auch hier die niedrigen Öleinnahmen. Einen starken Einbruch erwarten wir bei den realen Importen. Sie leiden besonders unter der schwachen Währung. Die Nettoexporte werden damit die Talfahrt des BIP zwar etwas abbremsen, richtig aufhalten können sie den Verfall aber nicht. Währungskrise und ihre negativen Auswirkungen Sanktionen, Kapitalflucht und vor allem die fallenden Ölpreise – der Niedergang der russischen Währung ist das Ergebnis einer Verkettung besonderer Umstände. Seit Anfang 2014 hat der Rubel gegenüber dem USD die Hälfte seines Werts verloren. Und das trotz massiver Intervention der Russischen Zentralbank am Devisenmarkt. Ein neues Rekordtief erreichte der Rubel Mitte Dezember 2014, als er gegenüber dem USD bei 73 Rubel und gegenüber dem Euro gar bei 92 Rubel notierte. Zum Jahresende erholte sich der Rubel leicht und stieg auf 60 Rubel gegenüber dem USD, beziehungsweise 72 gegenüber dem Euro. Für den Auftrieb hatte die Regierung gesorgt, indem sie die größten staatlichen Exporteure angewiesen hatte, Teile ihrer Deviseneinnahmen zu verkaufen. Auch 2015 hat sich der Rubel nicht stabilisiert. Seit Jahresbeginn unterliegt er ständigen Schwankungen. Am 6. Februar beispielsweise sackte der Rubel gegenüber dem USD ein weiteres Mal um 10% ab. Ein USD kostete damit zwischenzeitlich 67 Rubel. Die weitere Entwicklung des Rubels wird in nächster Zeit mehr von den Wirtschaftssanktionen und dem Ölpreis abhängen als von der Russischen Zentralbank und ihrer Zinspolitik. Wenn wir unser Basisszenario als Grundlage nehmen und davon ausgehen, dass sich die Sanktionen gegen Russland nicht wesentlich verändern werden und der durchschnittliche Preis für ein Fass der Rohölsorte Brent 60 USD beträgt, dann wird sich der Wechselkurs USD:RUB im 2. Halbjahr bei 1:65 einpendeln. Das 1. Halbjahr dagegen wird von starken Kursschwankungen geprägt sein, was den Wechselkurs zwischen USD und Rubel zweitweise auf 1:100 treiben könnte, vor allem wenn der Preis für ein Fass Rohöl längere Zeit unter 50 USD rangiert. Die drastische Abwertung des Rubels trifft Unternehmen, die beträchtliche Verbindlichkeiten in harten Devisen haben. Sie werden Schwierigkeiten bekommen, die fälligen Schulden zu refinanzieren. Zusammen mit der sich abzeichnenden Rezession erwartet Euler Hermes für 2015 damit einen Anstieg der Unternehmensinsolvenzen um rund 30%. Aktien Exporte Importe Nettoimporte * (USD M rd.) Inflation (%, eop) Gesamtstaatlicher Haushaltssaldo (%des BIP) Sofern nicht anders angegeben, gelten die Veränderungen für genannten Zeitraum. * B eitrag zum B IP -Wachstum Quellen: Nationale Statistiken, IHS, IMF, Euler Hermes Ölpreis (Ölsorte Brent) und Wechselkurs USD zu RUB 120 110 100 90 80 70 60 50 40 30 20 Brent (USD/Fass; L) 10 USD:RUB (R) 0 01-1403-1405-1407-1409-1411-1401-15 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75 80 Quellen: Bloomberg, Euler Hermes Leitzins, Inflationsrate, Wechselkurs 18% 16% 14% Leitzins (%; L) Inflation (y/y; %; L) RUB/USD (R) 12% 10% 8% 6% 80 70 60 50 40 30 4% 20 2% 10 0% 0 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Quellen: Nationale Statistiken, IHS, Euler Hermes Inflationsrate weiterhin im zweistelligen Bereich; Geldpolitik zielt auf Wachstum Die Abwertung des Rubels hat die Inflation befeuert. Im Jahresendvergleich erhöhte sich die Rate von 6,5%/2013 auf 11,4%/2014. Im Euler Hermes Economic Research 2 Vergleich zum Vorjahresmonat ist die Rate im Januar 2015 gar auf 15% gestiegen. Im Jahr 2014 hat die russische Zentralbank ihren Leitzins auf 17 Prozent erhöht. In Summe bedeutete das einen Anstieg auf 1150 Basispunkte. Außerdem kündigte die Zentralbank einen Aktionsplan zur Bekämpfung der Inflation an, nachdem der Rubel sich im November im freien Fall befunden hatte. Trotz dieser Bemühungen erwarten wir jedoch, dass sich die durchschnittliche Inflationsrate 2015 bei 14% und 2016 bei 10% einpendeln wird. Die Währung ist nachhaltig geschwächt. Gleichzeitig treiben die russischen Gegensanktionen auf EU-Importe die Lebensmittelpreise in die Höhe. Die Maßnahmen der Zentralbank zeigen bis heute wenig Wirkung. Weder gelang es ihr, die Abwertung des Rubels aufzuhalten, noch die Inflation einzudämmen. Deswegen hat die Zentralbank - wohl auch auf politischen Druck hin - den Leitzins am 2. Februar auf 15% gesenkt. Der Fokus liegt nun auf dem angeschlagenen Bankensektor und dem stotternden Wirtschaftswachstum. Öffentliche Finanzen (% des BIP) 40% Staatl. Finanzierungssaldo (R) Staatl. Bruttoverschuldung (L) 35% Russlands Banken leiden unter den hohen Leitzinsen. Das Kreditgeschäft ist eingebrochen. Die Regierung will die Krise nun mit einem 35 Mrd. USD schweren Hilfsprogramm in den Griff kriegen. Gleichzeitig hat die Zentralbank eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, die vor allem Großbanken und wichtige Unternehmen unterstützen sollen. Auch wenn die Hilfsgelder vielleicht etwas zu schmal bemessen wurden und noch einmal nachjustiert werden müssen, sollten die Behörden doch insgesamt in der Lage sein, eine systemische Krise abzuwenden. Wir zweifeln nicht an der Entschlossenheit der Verantwortlichen. Für uns gibt es daher derzeit keinen Anlass zu Sorge. Allerdings könnten die etwas mehr als 900 kleineren Banken schon bald mit dem Rücken zur Wand stehen. Ihnen droht entweder die Pleite oder der Entzug ihrer Lizenz. 10% 8% 30% 6% 25% 4% 2% 20% 0% 15% Der Bankensektor bleibt anfällig 12% -2% 10% -4% 5% -6% -8% 0% 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 14 15 16 Quellen: IMF, Euler Hermes Ein Staatsbankrott in 2015 ist unwahrscheinlich Russlands Finanzlage bleibt robust. Die Staatsverschuldung (16% des BIP 2104) bleibt niedrig, selbst wenn sich das Haushaltsdefizit von -1,5% des BIP 2014 auf -2% in Jahr 2015 wie erwartet erhöhen wird. Zwei Staatsfonds mit einem Vermögen von rund 160 Mrd. USD (14% des BIP) sollten außerdem genügend Ressourcen bereitstellen können, um das Haushaltsdefizit 2015 auszugleichen und das Krisenmanagement zu finanzieren. Devisenreserven (Mrd. USD) und Importdeckung (Monate) 700 Devisenreserven (ausschl. Gold) Importdeckung 600 Kapitalflucht schwächt Position im Außenhandel Der Leistungsbilanzüberschuss erhöhte sich von +1,6% des BIP 2013 auf +3% des BIP 2014. Zurückzuführen ist das hauptsächlich auf den Kollaps des Rubels und den damit verbundenen Einbruch der Importe. Für 2015 erwarten wir einen Überschuss von mehr als +2% gemessen am BIP. Das Plus wurde 2014 allerdings vom Kapitalabfluss aus dem Privatsektor mehr als wettgemacht. Die Geldsumme, die 2013 aus dem Land geschafft wurde, betrug 61 Mrd. USD. 2014 hat die Kapitalflucht nochmal zugelegt. Im vergangenen Jahr waren es 152 Mrd. USD. Infolgedessen schmolzen die Devisenreserven von 470 Mrd. USD Ende 2013 auf 338 Mrd. USD Ende 2014. Diese Summe bietet immer noch eine komfortable Importdeckung (für 9 bis 10 Monate). Und sie sollte auch ausreichen, um die Auslandsschulden (ca. 150 Mrd. USD) in den nächsten 12 Monaten zu tilgen. Absolut sicher ist diese Entwicklung allerdings nicht, weshalb sie genau beobachtet werden muss. Die Brutto-Auslandsverschuldung ging im vergangenen Jahr um 129 Mrd. USD zurück, sie betrug Ende 2014 noch 600 Mrd. USD (32% des BIP). Es wird erwartet, dass die Verschuldung 2015 weiter fällt. In Bezug auf das BIP wird sie jedoch weiter zulegen, auf 46%. Der Grund: Gemessen am USD wird das BIP weiter deutlich an Boden verlieren. 500 400 25 P r o 20 g n o s 15 e 300 10 200 5 100 0 0 05 06 07 08 09 10 11 12 13 14 15 Quellen: Nationale Statistiken, IHS, Euler Hermes DISCLAIMER Die Einschätzungen stehen wie immer unter den nachfolgend angegebenen Vorbehalten. Dieses Dokument wird von Euler Hermes SA, einer Gesellschaft der Allianz, ausschließlich zu In-formationszwecken veröffentlicht und darf nicht als gezielte Beratung ausgelegt werden. Die Leser sollten sich ihr eigenes unabhängiges Urteil über die in diesem Dokument enthaltenen Informationen bilden, das nicht als alleinige Entscheidungsgrundlage zugrunde zu legen ist. Dieses Dokument darf ohne unsere Zustimmung weder vervielfältigt noch weitergegeben werden und ist nicht zum Vertrieb in Gerichtsbarkeiten, in denen dieser untersagt ist, zugelassen. 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