Helaba Volkswirtschaft/Research WOCHENAUSBLICK 7. Oktober 2016 Testballon REDAKTION Dr. Stefan Mitropoulos Tel.: 0 69/91 32-46 19 [email protected] HERAUSGEBER Dr. Gertrud R. Traud Chefvolkswirt/ Leitung Research Helaba Landesbank Hessen-Thüringen MAIN TOWER Neue Mainzer Str. 52-58 60311 Frankfurt am Main Telefon: 0 69/91 32-20 24 Telefax: 0 69/91 32-22 44 1 Die Woche im Überblick............................................................................................................. 1 1.1 Chart der Woche .................................................................................................................... 1 1.2 Wochen-Quartals-Tangente ................................................................................................... 2 1.3 Finanzmarktkalender KW 41 mit Prognosen .......................................................................... 3 2 Im Fokus...................................................................................................................................... 4 2.1 Renten: Eine Frage der Kurve ................................................................................................ 4 2.2 IWF: Jammern über Niedriginflation ....................................................................................... 5 2.3 EZB-Fähigkeit deutscher Senior-Bankanleihen vorerst bestätigt ........................................... 6 3 Charttechnik ............................................................................................................................... 7 4 Prognosetabelle ......................................................................................................................... 8 1 Die Woche im Überblick 1.1 Chart der Woche Dr. Stefan Mütze Tel.: 0 69/91 32-38 50 Wende bei den ZEW-Erwartungen wahrscheinlich Saldo Saldo Quellen: Macrobond, Helaba Volkswirtschaft/Research Die Publikation ist mit größter Sorgfalt bearbeitet worden. Sie enthält jedoch lediglich unverbindliche Analysen und Prognosen zu den gegenwärtigen und zukünftigen Marktverhältnissen. Die Angaben beruhen auf Quellen, die wir für zuverlässig halten, für deren Richtigkeit, Vollständigkeit oder Aktualität wir aber keine Gewähr übernehmen können. Sämtliche in dieser Publikation getroffenen Angaben dienen der Information. Sie dürfen nicht als Angebot oder Empfehlung für Anlageentscheidungen verstanden werden. Die Geschäftserwartungen der Unternehmen verliefen seit 2015 tendenziell seitwärts. Hingegen sind die vom ZEW befragten Finanzanalysten in dieser Zeit pessimistischer in ihrer Beurteilung der deutschen Wirtschaftsentwicklung geworden. Die schwierige Lage in ihrer eigenen Branche, dem Finanzgewerbe, dürfte hierzu beigetragen haben. Die Einschätzung der Finanzanalysten sollte sich aber nicht soweit verschärfen wie 2011 während der Euro-Schuldenkrise. Viele Risiken sind mittlerweile „eingepreist“. Andere Gefahren sind kleiner geworden: So sind die jüngsten Einkaufsmanagerindizes für die USA ermutigend und China dürfte kurzfristig nicht vor einer deutlichen konjunkturellen Abschwächung stehen. Geblieben sind politische Risiken, wie die US-Wahl oder die Verfassungsabstimmung in Italien. Trotzdem sollten die ZEW-Erwartungen im Oktober leicht zulegen. Der deutsche Einkaufsmanagerindex lässt ein zögerliches Wachstum des Verarbeitenden Gewerbes erwarten. Konsum und Bauinvestitionen stützen die deutsche Konjunktur. Der Außenhandel dürfte 2017 Impulse von sich stabilisierenden Schwellenländern und mehr Wachstum in den USA erhalten. H E L A B A V O L K SW I R T S C H A F T / R E S E A R C H · 7 . O K T O B E R 2 0 1 6 · © H E L A B A 1 W OCHENAUSBLICK Markus Reinwand, CFA Tel.: 0 69/91 32-47 23 1.2 Wochen-Quartals-Tangente Jede Jahreszeit hat ihre Vorzüge. Dass im Herbst mit verstärkt aufkommenden Winden nicht nur Kinder gerne Drachen steigen lassen, hat eine lange Tradition. Relativ neu dagegen ist, dass die Notenbanken inzwischen vermehrt Testballons starten. So philosophieren Vertreter der Fed über den richtigen Zeitpunkt der nächsten Leitzinserhöhung. Der EZB werden Gedankenspiele über eine Verringerung des monatlichen Ankaufsvolumens (Tapering) nachgesagt, was allerdings rasch dementiert wurde. Wie viel geldpolitischer Stimulus ist noch notwendig und wie reagieren die Finanzmärkte, wenn über ein bisschen weniger Unterstützung nachgedacht wird? Am wenigsten beeindruckt zeigte sich der Euro-Dollar-Kurs. Die Rendite 10-jähriger Bundesanleihen legte zu und schwankt inzwischen wieder um die Null-Prozent-Marke (S. 4). Auch der DAX verzeichnete im Vorwochenvergleich ein Plus von 1,2 %. Obwohl steigende Zinsen für sich betrachtet eher einen Belastungsfaktor für Dividendentitel darstellen, bewegen sich derzeit die Kurse in die gleiche Richtung wie die Leitzinserwartungen. Eindrucksvoll zu beobachten ist dies am USMarkt. Fraglich ist nur, ob Zinsen Aktien treiben oder doch eher umgekehrt. Wenn nämlich S&P 500 und Dow Jones fallen, kann man nach den Erfahrungen der vergangenen Jahre davon ausgehen kann, dass von Zinserhöhungen erst einmal wieder Abstand genommen wird. Und wenn dem so ist, wie soll man aus diesem Dilemma entkommen? Wirklich neue Lösungsansätze hat man offenbar auch auf der Jahrestagung des IWF nicht gefunden (S. 5). Am besten wäre es natürlich, die Konjunkturindikatoren stellten eine derart robuste wirtschaftliche Entwicklung in Aussicht, dass der ohnehin ausgesprochen sanfte Entzug durch die Notenbanken keine Angstzustände auslöste. Der jüngste Anstieg der US-Einkaufsmanagerindizes insbesondere der des Dienstleistungssektors ist daher sehr willkommen. Hierzulande könnte eine Erholung des zur Veröffentlichung anstehenden ZEW-Index die Wachstumserwartungen weiter aufhellen (S. 1). Ansonsten rücken mit anlaufender US-Zwischenberichtssaison wieder verstärkt Mikro-Daten in den Fokus der Anleger. Die schon recht hohe Bewertung bietet dabei kaum Puffer für Ergebnisverfehlungen. Allerdings liegt die Messlatte bei den Erwartungen nicht sonderlich hoch. Übrigens: Auch wenn Herbstwinde nicht wirklich das beste Umfeld für Ballonstarts bieten, dürften im Zuge der anstehenden Reden von Fed-Mitgliedern neue Testläufe unternommen werden. Finanzmarktrückblick und -prognosen Veränderung seit... 31.12.2015 29.09.2016 aktueller Stand* jeweils gg. Euro, % jeweils gg. Euro Q4/2016 Q1/2017 Q2/2017 US-Dollar -2,0 0,6 1,12 1,05 1,05 1,05 Japanischer Yen 13,7 -2,6 116 110 115 115 Britisches Pfund -16,5 -2,5 0,88 0,90 0,90 0,90 Schweizer Franken -1,2 -0,4 1,09 1,08 1,10 1,10 -0,30 -0,30 -0,30 -0,30 in Bp 3M Euribor -17 % 0 3M USD Libor 26 3 0,87 0,90 0,90 1,15 10 jähr. Bundesanleihen -65 13 -0,02 0,10 0,15 0,25 10 jähr. Swapsatz -62 10 0,37 0,60 0,60 0,70 10 jähr. US-Treasuries -56 17 1,74 1,90 1,90 2,10 11.200 11.700 12.000 % DAX -2,7 Index 1,2 10.569 % Brentöl $/B 44,0 7,8 53 Gold $/U 18,2 -5,1 1.254 *Schlusskurse vom 06.10.2016 45 48 50 1.500 1.400 1.450 Bei Prognoseänderungen sind die vorherigen Werte in Klammern gesetzt Quellen: Bloomberg, Helaba Volksw irtschaft/Research H E L A B A V O L K SW I R T S C H A F T / R E S E A R C H · 7 . O K T O B E R 2 0 1 6 · © H E L A B A 2 W OCHENAUSBLICK 1.3 Finanzmarktkalender KW 41 mit Prognosen Zeit Land Periode Indikator HelabaBloom berg Vorperiode Prognose Consensus Montag, 10.10.2016 Columbus Day - Rentenmarkt geschlossen US 08:00 DE Aug Handels-/Leistungsbilanz, Mrd. €, n.s.a. 16,0 / 12,0 19,0 / k.A. 20,9 / 18,6 5,0 2,0 0,5 1,5 1,3 0,7 k.A. -1,1 -0,6 250 k.A. 249 Dienstag, 11.10.2016 03:30 US 11:00 DE 17:00 US Chicago Fed Präsident Evans Okt ZEW-Indikator Minneapolis Fed Präsident Kashkari Mittw och, 12.10.2016 11:00 EZ 14:00 US 15:40 US 20:00 US Aug Industrieproduktion % m/m, s.a. % y/y, s.a. New York Fed Präsident Dudley Kansas City Fed Präsidentin George FOMC Minutes Donnerstag, 13.10.2016 14:30 US 18:15 US 08. Okt Erstanträge auf Arbeitslosenunterstützung, Tsd Philadelphia Fed Präsident Harker Freitag, 14.10.2016 03:00 US 14:30 US 14:30 US Minneapolis Fed Präsident Kashkari Boston Fed Präsident Rosengren Sep PPI Erzeugerpreise, % m/m 0,2 0,2 0,0 0,1 0,1 0,1 14:30 US Sep PPI ohne Energie und Nahrungsmittel, % m/m 14:30 US Sep Einzelhandelsumsätze, % m/m 0,6 0,6 -0,3 14:30 US Sep Einzelhandelsumsätze ohne Pkw s, % m/m 0,4 0,4 -0,1 16:00 US Aug Lageraufbau; % m/m 0,1 0,1 0,0 92,0 92,0 91,2 16:00 US 19:30 US Okt Verbrauchervertrauen (UoM); vorl. Index Fed Präsidentin Yellen Quellen: B lo o mberg, Helaba Vo lkswirtschaft/Research H E L A B A V O L K SW I R T S C H A F T / R E S E A R C H · 7 . O K T O B E R 2 0 1 6 · © H E L A B A 3 W OCHENAUSBLICK 2 Im Fokus 2.1 Renten: Eine Frage der Kurve Ulf Krauss Tel.: 0 69/91 32-47 28 Für die Rendite 10-jähriger Bundesanleihen reichte es im September nur für einen kurzen Abstecher in positives Terrain. Insgesamt ist das Chance-Risiko-Verhältnis bei länger laufenden Rentenpapieren besonders ungünstig. Die jüngste Verunsicherung im Zusammenhang mit der angeblichen Drosselung des EZB-Anleihekaufprogramms hat dies ebenfalls gezeigt. Die Inflationsraten dürften einen Boden ausgebildet haben. Die Konjunkturaussichten werden sich vermutlich verbessern. Gegen Jahresende droht neuer Gegenwind vom US-Rentenmarkt. Es stimmt nachdenklich, dass die Zinsstrukturkurven in den Industrieländern angesichts rekordtiefer Leitzinsniveaus selbst unter Berücksichtigung niedriger Inflationserwartungen seit längerem zu flach sind. Die Notenbanken haben durch „Forward Guidance“, Ankaufprogramme und verzögerte restriktive Maßnahmen die zyklischen Erwartungen der Anleger weitgehend paralysiert. Konjunkturindikatoren haben in diesem Umfeld nur einen reduzierten Einfluss. So wirkte sich der jüngste kräftige Anstieg des ifo-Geschäftsklimas kaum auf die Steilheit der deutschen Zinsstrukturkurve aus. Anlagealternativen bei festverzinslichen Papieren sind aus Investorensicht praktisch nicht mehr vorhanden. Selbst achtjährige französische Staatspapiere notieren im negativen Bereich. Allerdings gibt es inzwischen Anzeichen, dass bei den Notenbanken ein Umdenken einsetzt. So beschloss die Bank of Japan die Zinskurve direkt zu kontrollieren, um eine zu starke Abflachung zu verhindern. Ziel ist dabei, die angespannte Lage von Banken, Pensionskassen und Versicherungen nicht außer Kontrolle geraten zu lassen. Kritisch könnte man einwenden, dass dies nur eine weitere Stufe planwirtschaftlicher Eingriffe ist. Die marktseitigen Mechanismen wurden durch die nachhaltige Einflussnahme weitgehend außer Kraft gesetzt. Die Entscheidung der japanischen Notenbank ist gleichwohl als Signal zu werten, dass sich die Zeit für immer weiter fallende Zinsen allmählich zu Ende neigt. Bank of Japan setzt neue Akzente Zinskurve seit 2014 zu flach 30/10-Spread hat gedreht Bundesanleihen, Prozentpunkte Bundesanleihen, Prozentpunkte 2,50 2,50 2,00 2,00 Modell 10/2-Spread 1,50 1.00 1.00 0.90 0.90 0.80 0.80 1,50 30/10-Spread 0.70 1,00 1,00 0,50 0,50 10/2-Spread 0,00 2008 0,00 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Quellen: Datastream, Helaba Volkswirtschaft/Research EZB hat es in der Hand 0.70 0.60 0.60 0.50 0.50 0.40 10/2-Spread JAN FEB MAR APR MAI JUN JUL AUG SEP OKT 0.40 Quellen: Datastream, Helaba Volkswirtschaft/Research Der Renditeabstand zwischen zehn- und zweijährigen Bundesanleihen (10/2-Spread) schwankt seit Jahresmitte um den Wert von rund einem halben Prozentpunkt. Der über ein Jahr alte Abwärtstrend ist noch intakt und wurde zuletzt bestätigt. Regressionsschätzungen auf Basis des Euro-Leitzinses sowie der Inflationserwartungen im Euroraum zeigen jedoch, dass der angemessene 10/2-Spread höher liegt. Unsere Berechnungen sprechen für einen „fairen“ Wert im Bereich von 0,8 Prozentpunkten. Der Renditeabstand ist seit Mitte 2014 historisch betrachtet zu niedrig. Auf mittlere Sicht bleibt u. E. eine wieder etwas steilere Zinskurve das wahrscheinlichste Szenario. Auch der jüngste Anstieg beim 30/10-Spread spricht für eine tendenzielle Ausweitung der Renditeabstände. Ob sich die EZB am Beispiel ihrer asiatischen Kollegen orientiert, bleibt abzuwarten. Es wäre jedoch, trotz der komplexen Situation in der Währungsunion, wünschenswert, wenn sie mehr Rücksicht auf Kapitalsammelstellen nehmen würde. Oft reichen schon wenige Worte aus. H E L A B A V O L K SW I R T S C H A F T / R E S E A R C H · 7 . O K T O B E R 2 0 1 6 · © H E L A B A 4 W OCHENAUSBLICK 2.2 IWF: Jammern über Niedriginflation Patrick Franke Tel.: 069/91 32-47 38 Die Jahrestagung von IWF und Weltbank in Washington findet am 9. Oktober ihren Abschluss. In der ablaufenden Woche wurden die aktuellen Prognosen des neuen „World Economic Outlook“ (WEO) des IWF vorgestellt und ausgiebig diskutiert. Die Finanzminister und Notenbankchefs der G20-Staaten trafen sich am 6. Oktober, um die diversen Herausforderungen zu besprechen, denen sich die Weltwirtschaft derzeit gegenüber sieht. Drei Themenkreise greifen die analytischen Kapitel des WEO auf: Die globalen Effekte von Migrationsströmen und Chinas geändertem Wachstumsmodell, das verhaltene Wachstum des internationalen Handels sowie die Problematik rückläufiger Inflation, wenn viele Notenbanken ihren Leitzins schon auf null gesenkt haben. Hat der IWF zu letzterem Thema etwas Interessantes oder Neues zu sagen? Wenig überraschend ist, dass der kräftige Abwärtsdruck auf die Teuerungsraten in den vergangenen Jahren vor allem durch den Rohstoffpreisverfall bedingt war. Hier sieht der IWF übrigens nicht primär Angebotsfaktoren als ursächlich, sondern in erheblichem Umfang die Umstellung des chinesischen Wachstumsmodells, die zu einer spürbar geringeren Rohstoffintensität des Outputs dort geführt hat. Darüber hinaus werden vor allem globale Trends (fallende Importpreise in US-Dollar; Überkapazitäten im Verarbeitenden Gewerbe – in China, Japan und den USA) für den Abwärtsdruck auf die Kernrate (ohne Energie und Nahrungsmittel) verantwortlich gemacht. Vor allem der geringe Auslastungsgrad der chinesischen Industrie dämpft offenbar weltweit den Preisauftrieb. Geldpolitik und (zu) niedrige Inflation Der IWF liefert zu diesem Thema eine umfangreiche Diagnose, aber bei Prognose und insbesondere Therapie begibt er sich dann auf dünnes Eis. So werden die alten Argumente, warum nachhaltig niedrige Inflation oder Deflation eine Katastrophe wäre, unkritisch wiedergekaut. Neben plausiblen Argumenten (wie der Problematik der global hohen Verschuldung) taucht da auch wieder der Mythos auf, die Verbraucher würden in diesem Umfeld Käufe verschieben, um zukünftig niedrigere Preise abzuwarten – obwohl die Evidenz für ein solches Verhalten in der Praxis (zumindest bei Deflationsraten wie in Japan) praktisch gleich null ist. Merkliche Unterauslastung in der Industrie Gradueller Abwärtstrend Über-/Unterauslastung der Kapazitäten, % der industriellen Produktionskapazität Kerninflation auf der Verbraucherstufe in %, Median 15 >0: Überauslastung 10 China 5 15 7 10 6 5 0 0 -5 -5 -10 Japan USA -10 -15 -15 0>: Unterauslastung -20 -25 2006 2008 2010 2012 2014 6 Schwellen- und Entwicklungsländer 5 5 4 4 3 3 2 2 -20 1 -25 2016 0 Der IWF verwendet hier „Industrie“, d.h. einschließlich Bergbau Quellen: IWF, Helaba Volkswirtschaft/Research 7 1 Industrieländer 0 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016 2016: IWF-Schätzungen Quellen: IWF, Helaba Volkswirtschaft/Research Auch wenn sie die Ursachen der niedrigen Inflation diagnostizieren, hätten die Ökonomen des IWF etwas mehr über den Tellerrand blicken können. Was ist mit der Psychologie? Oder anders formuliert: Welcher Anteil des Rückgangs der Inflationserwartungen ist auf den „geldpolitischen Ausnahmezustand“ selbst zurückzuführen? Hat das ständige Gerede über „marktbasierte Inflationserwartungen“ diese Größen bei den Marktteilnehmern vielleicht erst in den Fokus gerückt? Erschweren hektische Betriebsamkeit der Notenbanken, Negativzinsen und Kaufprogramme von astronomischen Ausmaßen das Erreichen von Inflationszielen nicht sogar? Bei der Therapie setzt der IWF dann auf Altbewährtes. In seinen Empfehlungen rät er zu einer weiterhin äußerst expansiven Geldpolitik. Im Gegensatz zur BIZ blendet der IWF dabei die Risiken für Finanzstabilität und Wirtschaftsstruktur entweder aus oder stuft sie als vernachlässigbar ein. Und natürlich darf die obligatorische Aufforderung nicht fehlen, dass Länder mit fiskalpolitischem Spielraum diesen doch bitte unbedingt nutzen sollten, um die Konjunktur anzuschieben. H E L A B A V O L K SW I R T S C H A F T / R E S E A R C H · 7 . O K T O B E R 2 0 1 6 · © H E L A B A 5 W OCHENAUSBLICK Dr. Susanne E. Knips Tel.: 0 69/91 32-32 11 2.3 EZB-Fähigkeit deutscher Senior-Bankanleihen vorerst bestätigt Gemäß der jüngst durch die EZB veröffentlichten Kriterien für von ihr akzeptierte Sicherheiten bleiben die deutschen erstrangig unbesicherte Bankanleihen vorerst notenbankfähig. Dies dürfte für Erleichterung unter den Investoren sorgen. Die EZB will die Notenbankfähigkeit allerdings 2017 nochmals überdenken und knüpft ihre Entscheidung an Fortschritte bei der Harmonisierung der europaweit divergierenden Regelungen zur Haftung von Bankverbindlichkeiten. EZB schafft vorerst Klarheit bei Notenbankfähigkeit EZB will Entscheidung 2017 nochmals überdenken Von den Marktteilnehmern mit Spannung erwartet hat die EZB nunmehr die ab 1. Januar 2017 geltenden Kriterien für die von ihr als Sicherheiten akzeptierten unbesicherten Bankanleihen klargestellt. Demnach werden die in Deutschland per Gesetz im Insolvenzfall hinter anderen vorrangigen Verbindlichkeiten rangierenden erstrangig unbesicherten Anleihen auch zukünftig EZB-fähig sein. Dagegen werden die in Frankreich vertraglich über die Anleihebedingungen schlechter gestellten Bonds vorerst nicht notenbankfähig sein. Zumindest die Gläubiger der deutschen Bankanleihen dürfen somit zunächst aufatmen, denn die Entscheidung der EZB war keinesfalls sicher. Die EZB betont in ihrer jüngsten Presseerklärung allerdings, dass ihre Entscheidung vorläufig ist und sie diese im Laufe des Jahres 2017 überprüfen werde. Die endgültige Entscheidung sei abhängig vom Fortschritt der Harmonisierung der unterschiedlichen Haftungsregeln bei Bankverbindlichkeiten in den einzelnen europäischen Ländern. Damit erhöht die EZB u. E. den Druck auf die Gesetzgeber, einen europaweit einheitlichen Rahmen für die Haftung von Bankverbindlichkeiten zu setzen. Die Klarstellung zur Notenbankfähigkeit war nötig geworden, nachdem die Länder im Zuge der Umsetzung der europäischen Richtlinie zur geordneten Sanierung und Abwicklung von Banken unterschiedliche gesetzliche Regelungen für die Haftung von Bankverbindlichkeiten geschaffen hatten. Um im Krisenfall den direkten Zugriff auf erstrangig unbesicherte Anleihen als Haftungskapital sicherzustellen, muss deren Rang im Insolvenzfall bekanntlich eindeutig hinter andere vorrangige Verbindlichkeiten, wie strukturierte Verbindlichkeiten und Einlagen von Unternehmen, zurücktreten. Dies ist gleichzeitig Voraussetzung für die Anrechenbarkeit auf das regulatorisch vorzuhal1 tende Gesamtkapital. Bei dieser eindeutigen Einordnung von erstrangig unbesicherten Anleihen innerhalb der Haftungskaskade beschritten die europäischen Länder unterschiedliche Wege. In Deutschland ist dies ab 1.1.2017 per Gesetz sichergestellt. Diesem Beispiel wird wohl auch Italien folgen. Die damit einher gehende Schlechterstellung der bereits ausstehenden Bonds hatte deren EZB-Fähigkeit gefährdet. In Frankreich und Spanien wird die Haftungskaskade zukünftig vertraglich über die Anleihebedin2 gungen geregelt. Wir erwarten die ersten Emissionen der neuen Anleiheklasse in Frankreich nach der Schaffung der gesetzlichen Voraussetzungen noch vor Jahresende 2016. Letztere werden nun nach der Mitteilung der EZB vorerst nicht notenbankfähig sein. Für die bereits ausstehenden Papiere in Frankreich ändert sich dagegen nichts. Europaweit einheitliche Regelungen zur Haftung wünschenswert Für erstrangig unbesicherte Anleihen deutscher Banken ist die EZB-Mitteilung eine klar positive Nachricht. Das grundsätzliche Problem heterogener Regeln zur Haftung von Bankanleihen in Europa bleibt hingegen bestehen. Eine Harmonisierung der Vorschriften auf europäischer Ebene wäre aus unserer Sicht schon der besseren Vergleichbarkeit wegen wünschenswert. In ihrer Mitteilung bestätigt die EZB, dass sie einen europaweit einheitlichen Ansatz unterstützt und konstatiert immerhin, dass Anstrengungen diesbezüglich unternommen werden. Das lässt hoffen. 1 Siehe unsere Außer der Reihe-Publikationen: “Bankanleihen und Bail-in-Regeln“ vom 1.10.2015 sowie “TLAC für global systemrelevante Banken“ vom 25.11.2015 2 Bezeichnet als ‘non-preferred senior debt‘ oder auch ‘junior senior debt‘ H E L A B A V O L K SW I R T S C H A F T / R E S E A R C H · 7 . O K T O B E R 2 0 1 6 · © H E L A B A 6 W OCHENAUSBLICK 3 Charttechnik Bund-Future: Kehrtwende Widerstände: 165,00 165,70 166,36 MACD Unterstützungen: 164,01 163,57 162,56 Bund-Future (daily) Dem Bund-Future ist es zwar gelungen, die seit Wochen zu beobachtende Konsolidierungsspanne zunächst nach oben zu verlassen, Anschlusskäufe blieben aber aus. Daraufhin setzte eine Kehrtwende ein und mit Unterschreiten eines kurzfristigen Aufwärtstrends hat sich die Lage weiter eingetrübt. Nachdem nun auch das 61,8 %-Retracement des letzten Aufwärtsimpulses bei 164,01 unterschritten wurde, droht ein Rückfall bis 162,56. Unterstützungen auf dem Weg nach unten zeigen sich im Bereich 163,57/65. Erste Widerstände sind um 165,00 zu finden. Quellen: Reuters, Helaba Volkswirtschaft/Research Ulrich Wortberg (Tel.: 069/9132-1891) Euro: Abwärtsrisiko Widerstände: Unterstützungen: MACD EUR-USD (daily) 1,1166 1,1046 1,1182 1,1000 1,1249 1,0955 Der lang erwartete Richtungsimpuls scheint sich nun auf der Unterseite zu etablieren, denn nicht nur die 100- und 200-Tagelinien (1,1182 bzw. 1,1166) wurden in dieser Woche gebrochen, auch die Unterstützung bei 1,1123 gab kaum Halt. Die Dreiecksformation ist damit nach unten verlassen worden und so eröffnet sich weiteres Potenzial für Kursverluste. Erste Haltemarken sind bei 1,1046 und um 1,1000 auszumachen. Mittel- und langfristig betrachtet ist die Seitwärtsrange von 1,05/08 bis 1,15/17 aber weiterhin intakt. Quellen: Reuters, Helaba Volkswirtschaft/Research Ulrich Wortberg (Tel.: 069/9132-1891) DAX: Rücksetzer droht Widerstände: 10.570 10.630 10.705 Unterstützungen: 10.447 10.228 10.020 DMI / Ichmoku DAX (daily) Aus charttechnischer Sicht befindet sich der DAX noch immer in einer entscheidenden Phase. Derzeit bedarf es nur weniger Verluste, um sowohl den kurz- als auch den mittelfristigen Trend infrage zu stellen. Dies wäre der Fall, wenn die Unterstützungszone bei 10.480/10.500 Punkten auf Schlusskursbasis unterschritten würde. Im skizzierten Bereich fällt eine große Zahl von Analysetools aufeinander, wie die 144er-Regressionslinie, die 55-Tagelinie sowie die Begrenzung der Ichimokuwolke. Insofern droht bei einem Durchbruch eine dynamische Abwärtsbewegung. Quellen: Reuters, Helaba Volkswirtschaft/Research Christian Schmidt (Tel.: 069/9132-2388) Bitte beachten Sie: Die Ausführungen auf dieser Seite basieren ausschließlich auf der Technischen Analyse und sind kurzfristig orientiert. Die fundamentalen Analysen mit einer mittel- und langfristigen, strategischen Ausrichtung gehen nicht in diese Betrachtungen ein. H E L A B A V O L K SW I R T S C H A F T / R E S E A R C H · 7 . O K T O B E R 2 0 1 6 · © H E L A B A 7 W OCHENAUSBLICK 4 Prognosetabelle Bruttoinlandsprodukt Verbraucherpreise reale Veränderung gg. Vorjahr, % Veränderung gg. Vorjahr, % 2014 2015 2016p 2017p 2014 2015 2016p 2017p 1,1 1,9 1,6 1,5 0,4 0,0 0,4 1,4 1,6 1,5 1,8 1,6 0,9 0,3 0,6 1,5 Frankreich 0,7 1,2 1,4 1,4 0,6 0,1 0,4 1,4 Italien -0,3 0,6 0,9 1,2 0,2 0,1 0,2 1,3 Spanien 1,4 3,2 3,0 2,1 -0,2 -0,6 -0,1 1,3 Niederlande 1,4 2,0 1,7 1,6 0,3 0,2 0,2 1,0 Österreich 0,6 1,0 1,3 1,4 1,6 0,9 1,1 1,6 Griechenland 0,7 -0,3 -0,7 1,4 -1,4 -1,1 -0,1 1,0 Portugal 0,9 1,5 0,9 1,2 -0,2 0,5 0,7 1,1 Irland 8,4 26,3 4,7 3,0 0,3 0,0 0,1 1,4 Großbritannien 3,1 2,2 1,3 0,7 1,5 0,1 0,9 2,7 Schw eiz 2,0 0,8 1,3 1,5 -0,1 -1,1 -0,3 0,6 Schw eden 2,6 4,1 3,1 2,5 -0,2 0,0 0,9 1,4 Norw egen 1,9 1,6 1,3 1,4 2,0 2,1 3,4 2,2 Polen 3,3 3,6 3,0 2,7 0,0 -0,9 -0,6 2,0 Ungarn 4,0 3,1 2,0 2,7 -0,2 -0,1 0,3 2,2 Tschechien 2,7 4,5 2,4 2,5 0,4 0,3 0,8 1,9 Russland 0,6 -3,7 -1,2 1,2 7,8 15,5 7,5 5,5 USA 2,4 2,6 1,6 2,5 1,6 0,1 1,2 2,2 Japan -0,1 0,6 0,4 0,7 2,7 0,8 0,0 0,5 Asien ohne Japan 5,7 5,4 5,1 5,0 3,6 2,5 2,8 3,1 China 7,3 6,9 6,5 6,0 2,1 1,5 2,0 2,3 Indien 7,2 7,5 7,0 6,8 6,7 4,9 5,1 5,5 1,3 0,1 -0,5 1,8 10,7 13,0 17,0 14,0 0,1 -3,8 -3,0 1,0 6,3 9,0 8,5 5,5 3,2 3,0 2,7 3,2 3,4 3,0 3,5 3,7 Euroland Deutschland Lateinamerika Brasilien Welt p = Prognose; BIP-Wachstum soweit verfügbar kalenderbereinigt Quellen: EIU, Macrobond, Datastream, Helaba Volkswirtschaft/Research H E L A B A V O L K SW I R T S C H A F T / R E S E A R C H · 7 . 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